Projekt 18713/01

Verminderung des Flächenverbrauchs bei der Rohstoffgewinnung durch Maximierung der gewinn- und nutzbaren Vorräte von Lagerstätten im Lockergestein (Sand und Kies) unter besonderer Berücksichtigung der Gestaltung von Unterwasserböschungen

Projektträger

Ingenieurbüro Dr.-Ing. V. Patzold
Kleiberweg 20
21244 Holm-Seppensen
Telefon: 04187/312306

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Die bodenmechanischen Grundlagen für den rechnerischen Nachweis der Gesamtsicherheit für Stützbauwerke und der notwendigen konstruktiven Bauteile an Geländesprüngen, abhängig von ihrer Konstruktion und Gründungsart wie für Böschungen und Hänge in Lockergesteinen, sind seit langem unverändert und finden ihren Niederschlag in den geltenden Normen DIN 4084, DIN 4084-100 und EC7. Über die erforderliche Neigung von dauerhaft standsicheren Unterwasserböschungen bei der Gewinnung von Sand und Kies hingegen bestehen im einschlägigen Schrifttum jedoch recht unterschiedliche Auffassungen. Bei zu flachen Böschungsneigungen ergeben sich hohe Abbauverluste, die unter ökologischen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht tragbar sind. Im Rahmen des Projektes sollte daher ein Verfahren entwickelt werden, mit dem unter Berücksichtigung der Kennwerte der Sand- und Kies-Lagerstätten, bei Betrachtung des Gewinnungsverfahrens und -gerätes, unter Zuhilfenahme von Erkundungsergebnissen und Aufzeichnungen von Abbaukontrollanlagen sowie durch Gegenüberstellung mit Standsicherheitsberechnungen qualifizierte Empfehlungen für die Gestaltung von Unterwasserböschungen und Bermen gegeben werden können. Darauf basierend mit einer durchzuführenden Minimierung der söhligen Gewinnungsverluste sollte eine im Vergleich zu bisherigen Methoden wesentlich verbesserte Abschätzung und Maximierung der gewinn- und nutzbaren Vorräte möglich werden.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDer Aufbau des Planungssystems erfolgte in 12 Projektabschnitten mit einer Dauer von jeweils 1 bis 4 Monaten:
1. Detaillierte Projektplanung, Gesamtkonzeptioneller Aufbau des Planungssystems
2. Datenrecherche; Auswertung Unterlagen und Messwerte aus Erkundungen und Abbaukontrolle
3. Durchführung der ergänzenden Feldarbeiten und Laboruntersuchungen
4. Erfassung und Strukturierung der lagerstättenbedingten und materialabhängigen Einflussgrößen
5. Erfassung und Strukturierung der lagerstättenbedingten und materialunabhängigen Einflussgrößen
6. Erfassung und Strukturierung der geräte- und gewinnungsverfahrenbedingten Einflussgrößen
7. Systematisierung und Ordnung der Einflussgrößen nach Relevanz
8. Wertung der Einflussfaktoren, Empfehlungen für die Gestaltung von Unterwasserböschungen
9. Konfigurierung des Planungs- und Entscheidungssystems, Erprobung der Funktionalität
10. Kalibrierung des Planungssystems Durchführung der Planungsaufgaben für die Einsatzfälle
11. Berechnung der Planungsergebnisse
12. Dokumentation des Planungssystems und Erstellung des Abschlussberichtes


Ergebnisse und Diskussion

Die Entwicklung des Planungssystems zur Gestaltung von Böschungssystemen bei der Gewinnung von Sand und Kies wird im Abschlussbericht von Januar 2005 beschrieben. Mit unterschiedlichen Planungs-abläufen zur Gestaltung von Wasserwechselzonen, Unterwasserböschungen und Bermen wird damit erstmalig die Möglichkeit zur Maximierung des Ausbeutegrades in den Lagerstätten bei gleichzeitiger Gewährung der Böschungsstandsicherheit eröffnet - und zwar im Hinblick auf die Neigung der Unterwasserzonen im Sinne von LANGER & VOSS (2001): ... so steil wie möglich und nur so flach wie nötig. Einige ausgewählte Ergebnisse der vorliegenden Studie werden nachstehend zusammengefasst:
Zur Betrachtung der sich langfristig einstellenden Unterwasserböschungen bei unkontrollierter Baggerung wurden archivierte lagerstättenkundliche Daten des INGENIEURBÜROS DR.-ING. V. PATZOLD gesichtet, aufbereitet und kategorisiert. Dabei wurden die vorliegenden Ergebnisse von insgesamt 126 Echolotpeilungen mit zugehörigen Schichtenverzeichnissen zu Aufschlussbohrungen und Ergebnissen von Korngrößenanalysen in einem Lagerstättenkatalog zusammengeführt. Damit wurde eine rechnergestützte Daten-bank mit standortabhängigen Erfahrungswerten zur Ausbildung von Unterwasserböschungen und zur Kennzeichnung von Lagerstättenbezirken bei granulometrischer, genetischer und stratigraphischer Zuordnung erhalten. Die Peilergebnisse als standortspezifische Mittelwerte der profilbezogenen Neigungen wurden den jeweils angetroffenen und angesprochenen Bodenarten sowie den granulometrischen Parametern aus vorliegenden Analysenergebnissen mit den zugehörigen und abgeschätzten Reibungswinkeln als charakteristische Kennwerte der Lagerstätten gegenübergestellt.
Zur Verifizierung der zu vermutenden Einflüsse auf die langfristige Einstellung von Unterwasserböschungen bei der unkontrollierten Baggerung und zur Abschätzung von standsicheren Böschungen für andere Abgrabungen wurde abschließend auf Grundlage der digitalisierten Kennwerte eine lineare Regressionsanalyse als multiple Regression mit schrittweiser Vorwärtsauswahl und Rückwärtselimination durchgeführt. Damit wurde ein erstaunlich einfaches Regressionsmodell erhalten, dass die standsichere Böschungsneigung in ausgeprägter Abhängigkeit von dem effektiven Reibungswinkel und dem jeweiligen Feinkornanteil des nichtbindigen Bodens zeigt. Der zunächst angenommene Einfluss von anderen Parametern hat sich als nicht signifikant erwiesen. Auf Grundlage von empirisch gefundenen und auch statistisch abgesicherten Zusammenhängen können für die zu behandelnden Lastfälle weiterführende Empfehlungen zur Gestaltung von Unterwasserböschungen bei Ausführung der unkontrollierten Baggerung gegeben werden.
Zur Planung zukünftiger Abgrabungen wurden Ablaufpläne erarbeitet, deren fallspezifische Anwendung eine ganzheitliche Betrachtung der lagerstätten-, gewinnungsverfahren- und gewinnungsgerätebedingten Einflussfaktoren unterstützt. Dabei wurden für die einzelnen Bearbeitungsschritte diejenigen Daten, Empfehlungen und Berechnungsmodelle ausgewiesen, die aus einer anzulegenden Stammdatenbank jeweils heranzuziehen sind. Es wurde die prototypische Version eines rechnergestützten Planungssystems entwickelt. Dabei empfahl sich ein modularer Aufbau zur standortabhängigen Gestaltung von:
1. Wasserwechselzonen;
2. Unterwasserböschungen bei Durchführung einer profilgerechten Baggerung;
3. Unterwasserböschungen bei der Durchführung einer Box-Cut Baggerung;
4. Unterwasserböschungen bei der unkontrollierten Baggerung;
5. Bermen im Hinblick auf das Auftreten von Baggertoleranzen;
6. Bermen im Hinblick auf die Suffosion und Erosion im Oberstrom bei einer Saugbaggerung;
7. Bermen im Hinblick auf das Auftreten von Böschungsabflachungen bei Erdbeben und
8. bei Bodenverflüssigung.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Die Verbreitung der Forschungsergebnisse erfolgte im Rahmen verschiedener Vortragsveranstaltungen. Ein Vortrag erfolgte im Juni 2005 anlässlich einer GDMB-Tagung in Freiberg. Darüber hinaus ist eine Dissertation des Bearbeiters entstanden, die derzeit den Gutachtern zur Beurteilung vorliegt. Veröffentlichungen sind in einschlägigen Fachzeitschriften geplant, siehe dazu beispielsweise: PATZOLD, V., KÖBKE, J., LÜBKE, H., BODE, G. & GRUHN, G. (2004): Sagalo - Ein System zur Anlagenplanung für die Gewinnung und Aufbereitung von Lockergestein. - Aufbereitungstechnik 12: 32-40; Gütersloh (Bauverlag).


Fazit

Mit dem Forschungsprojekt wurde die Entwicklung eines rechnergestützten Planungssystems zur Gestaltung von Böschungssystemen bei der Gewinnung von Sand und Kies erfolgreich durchgeführt. Das Planungssystem wurde im Zusammenhang mit einer speziellen Lastfallstudie, die im Abschlussbericht näher erläutert ist, auf seine Funktionstüchtigkeit hin überprüft. Mit Veröffentlichung der For-schungsergebnisse soll das Planungssystem branchenweit Anwendung finden.

Übersicht

Fördersumme

163.991,00 €

Förderzeitraum

15.10.2002 - 15.10.2004

Bundesland

Niedersachsen

Schlagwörter

Klimaschutz
Kulturgüter
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik