Projekt 18708/01

Modellvorhaben: Revitalisierung des Neuwerkgartens als Teil der Gottorfer Parkanlagen unter den Gesichtspunkten von Naturschutz und Gartendenkmalpflege

Projektträger

Stiftung Schleswig-HolsteinischeLandesmuseen Schloss Gottorf
Schloss Gottorf
24837 Schleswig
Telefon: 04621/813-200

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Der Barockgarten von Schloß Gottorf ist in seiner 350jährigen Geschichte nie überbaut worden. Nach einer kurzen Blütezeit begann jedoch bereits im 18. Jahrhundert sein Niedergang, im 19. Jahrhundert wurde er großflächig überschüttet. Hierdurch ergab sich die Chance, den zu seiner Entstehungszeit im 17. Jahrhundert europaweit berühmten Terrassengarten wiedererstehen zu lassen. Ausgangspunkte der Revitalisierung waren neben der reichen Quellenlage, die Ergebnisse gartenarchäologischer Untersuchun-gen. Schriftliche sowie bildliche Quellen und archäologische Befunde wurden in eine Planung überführt. Daneben galt es, die botanischen Besonderheiten des Gartenareals, das Vorkommen von mehr als zwanzig Arten sogenannter Stinzenpflanzen zu erhalten und im Globusgarten - dem am Fuß der Terrassenanlage gelegenen Parterrebereich - in die Bepflanzung einzubeziehen. Bei der gesamten Maßnahme galt es, Anforderungen des Naturschutzes sowie der Denkmalpflege gerecht zu werden.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDie Restitution des Barockgartens von Schloß Gottorf ist ein vielschichtiges Projekt, bei dem es zahlreiche Aspekte zu beachten gilt. Da in dem frühbarocken Garten eine vielgerühmte Pflanzenvielfalt herrschte, die im 17. Jahrhundert im sogenannten Gottorfer Codex festgehalten worden war, stand am Beginn der Restitutionsbemühungen eine Kartierung einstiger Kulturpflanzen des Gartens. Hierdurch wurde festgestellt, wo und in welchem Umfang sich die sogenannten Stinzenpflanzen erhalten haben und ob und in welchem Umfang diese Pflanzen durch die Wiederherstellung des Gartens gefährdet würden und daher transloziert werden mussten bzw. in die neue Gartenanlage einbezogen werden konnten. Dieser Kartierung folgte die Freilegung der in der Nachkriegszeit aufgeforsteten drei von fünf Gartenterrassen sowie archäologische Untersuchungen: Bodenradar und Ergrabung des Areals. Die archäologischen Untersuchungen dienten der Erforschung des barocken Gartens sowie der Verifizierung bzw. Falsifizierung des umfangreichen Quellenmaterials in Schrift und Bild. Parallel zu diesen Maßnahmen entstand die Planung der Gartenarchitektur, wobei einerseits die Kartierungs- und Grabungsergebnisse und andererseits die historischen Inventare und Pläne, besonders der sogenannte Dallin-Plan, den Rahmen der Planung ab-steckten. Alle planerischen Maßnahmen wurden mit dem Landesamt für Denkmalpflege, den zuständi-gen Naturschutzbehörden sowie einem wissenschaftlichen Beirat abgestimmt, so dass ein hohes Maß fachlicher Begleitung bezüglich der Aspekte von Denkmal- und Naturschutz gewährleistet war. Der Gar-ten wurde in zwei Bauabschnitten revitalisiert, die der historischen Genese folgen.


Ergebnisse und Diskussion

Die Ergebnisse einer Stinzenpflanzenkartierung durch das Botanische Institut der Universität Kiel legten die Entschluss nahe, bestimmte Populationen zu translozieren, um auch denen Bestand über die Gartenbauphase hinaus nachhaltig zu sichern. Solcherlei Maßnahmen erweckten jedoch in der Bevölkerung, die der Verpflanzung ausgewählter Populationen anfangs beiwohnte, unstillbare Begehrlichkeiten, die den Bestand einzelner Arten gefährdeten. Daher hat man sich - nach ersten schmerzhaften Erfahrungen - entschlossen, alle bestandserhaltenden Maßnahmen unter Ausschluss der Öffentlichkeit durchzuführen. Statt im natürlichen Umfeld werden heute in einem rekonstruierten Parterrebereich des Neuwerk-Gartens die Stinzenpflanzen den Gartenbesuchern präsentiert, stets unter der Obhut eines Gärtners.
Bei der archäologischen Untersuchung des Gartens wurden die Grenzen bestimmter Methoden deutlich: Der Versuch, das gesamte Gartengebiet mittels Erdradar nach aussichtsreichen Grabungsstellen zu durchforsten, muss als gescheitert betrachtet werden. Nicht erwartete Aufschüttungen des Gartens von teilweise mehr als 1 Meter aus dem 19. Jahrhundert sowie eine Verschwenkung der Mittelachse um wenige Grad, führten dazu, dass nach dieser Untersuchungsmethode keinerlei Funde aus der Entstehungs- und Blütezeit des Gartens zu erwarten gewesen wären.
Trotz dieses eindeutigen Ergebnisses wurden im Garten traditionelle Sondagen durchgeführt: Suchgräben wurden an Stellen angelegt, die durch historische Quellen belegt, erfolgversprechend schienen. Hierdurch konnten nicht nur die historischen Höhenverhältnisse rekonstruiert werden - was eine erhebliche Vermehrung der ursprünglich vorgesehenen Erdarbeiten nach sich zog - sondern auch die Reste der einstmals aufwendigen Wasserachse ausgegraben werden. Nach einem verformungsgerechten Aufmaß der zutage getretenen Schichten wurde die jeweilige Fundsituation weiter untersucht, fotografiert und gezeichnet, wodurch die Geschichte der Veränderung, der Rückbau der Gartenanlage im 18. Jahrhundert dokumentiert wurde.
Mit Hilfe der Grabungsergebnisse konnten jedoch nicht nur die historischen Niveaus der Terrassenanlage wieder rekonstruiert werden. Auch ermöglichten ergrabene Bezugspunkte in der Mittelachse, in Fundamentresten von Postamenten, Bassins und Kaskadenbecken einen Abgleich mit dem von Matthias Dallin um das Jahr 1700 gezeichneten Plan. Der Garten hat damit zum Ende der zweiten Bauphase sei-ne historischen Terrassenniveaus wieder erhalten. Die wassergebundenen Wege und die seitlichen Erschließungstreppen sind nach historischem Vorbild wieder angelegt.
Im Globusgarten und auf der ersten Terrasse finden sich Teile der überlieferten Pflanzenvielfalt bzw. der aufwendigen Beetgestaltung. Der Bestand der Stinzenpflanzen wird sowohl im Garten als auch außerhalb des Gartenparterres gehegt und dadurch dauerhaft gesichert.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Das Projekt wurde während der gesamten Laufzeit durch aktive Pressearbeit begleitet. Daneben wurde und wird in Vorträgen, Gartenführungen und gesonderten Publikationen (u. a. Jahrbuch der Stiftung Schleswig-Holsteinische Landesmuseen Schloß Gottorf, Denkmal! Zeitschrift für Denkmalpflege in Schleswig Holstein, Archäologische Erforschung des Gottorfer Barockgartens, Schleswig 2006) auf die Projektergebnisse sowie die Vorgehensweise aufmerksam gemacht. Daneben wird auf der Homepage der Stiftung Schleswig-Holsteinischen Landesmuseen Schloß Gottorf (www.schloss-gottorf.de) die Gartenwiederherstellung vorgestellt.


Fazit

Im Laufe des mehrjährigen Planungsprozesses hat die Wiedergewinnung des historischen Gartens manche überraschende Wendung genommen. Es wurde deutlich, dass kein historischer Garten rekonstruiert werden kann, ohne zuvor das Areal gründlich und systematisch nach historischen Relikten zu untersu-chen. Was für die baulichen Reste der barocken Gartenanlage von Schloß Gottorf gilt, gilt auch für dessen pflanzliche Ausstattung, deren Rückgewinnung eine Aufgabe ist, die sich noch über Jahre hinziehen wird.

Übersicht

Fördersumme

730.105,38 €

Förderzeitraum

28.09.2001 - 31.07.2006

Bundesland

Schleswig-Holstein

Schlagwörter

Kulturgüter
Naturschutz