Projekt 18343/01

Entwicklung eines Entscheidungs- und Auslegungswerkzeuges für die energieeffiziente Heizung und Kühlung durch bauteilintegrierte und geothermische Gebäudetemperierung

Projektträger

Hochschule BiberachStudiengang Gebäudetechnik/-klimatik
Karlstr. 9 - 11
88400 Biberach
Telefon: 07351/582-0

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Die Nutzung oberflächennaher Geothermie ist wegen der damit erreichbaren Primärenergieeinsparung ökologisch wünschenswert. Über die reine Raumheizung hinaus bietet bei Nichtwohngebäuden die kombinierte geothermische Heizung und Kühlung in Verbindung mit thermischer Bauteilaktivierung ein deutlich erweitertes Einsparpotential. Die Untersuchungen zur Entscheidungsfindung und Planung solcher Systeme sind bislang aufwändig und kostenintensiv, was ihre Verbreitung in der Praxis behindert. Gegenstand des Vorhabens war die Entwicklung und softwaretechnische Implementierung eines Entscheidungs- und Auslegungswerkzeuges, welches die Vorplanung dieser Systeme vereinfacht. Im Forschungsvorhaben wird dies am Beispiel von Bürogebäuden mit thermischer Bauteilaktivierung zur Heizung und Kühlung, umschaltbarer Wärmepumpe/Kältemaschine mit integrierter hydraulischer Umschalteinheit sowie Erdwärmesondenfeldern untersucht.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenUm für das Planungs- und Auslegungswerkzeug eine experimentell abgesicherte Datenbasis zu schaffen, wurde im Technikum Gebäudeklimatik der Hochschule, einem Lehr- und Versuchsgebäude mit thermischer Bauteilaktivierung in verschiedenen Räumen, eine Versuchsanlage aufgebaut. Kernstück der Anlage ist eine umschaltbare Wärmepumpe/Kältemaschine mit integriertem Hydraulikmodul (Geothermische Energiezentrale), welche als Wärmepumpe, Kältemaschine und Einrichtung zur direkten geothermischen Kühlung mit verschiedenen Verbrauchern und Quellen betrieben werden kann. Die gewonnenen Messergebnisse dienten in erster Linie zur Parametrisierung und Validierung eines Simulationsmodells für das Gesamtsystem.
Mit dem Modell wurden in einer Simulationsstudie zuvor entwickelte Modellgebäude mit Büronutzung (Typgebäude) samt Bauteilaktivierung, Anlagentechnik und geothermischen Komponenten systematisch untersucht. Aus den stündlichen Simulationsergebnissen wurden u. a. monatliche Nutzungsgrade der solaren und inneren Gewinne der Gebäude berechnet. Diese flossen in ein modifiziertes Monatsbilanzverfahren ein, mit dem sich Heiz- und Kühlenergiebedarfswerte von Gebäuden mit thermischer Bauteilaktivierung mit hinreichender Genauigkeit berechnen lassen. Für die geothermische Berechnung wurde ebenfalls ein vereinfachtes Rechenmodell entwickelt. Modelle der Anlagentechnik vervollständigen den Rechenkern des Planungswerkzeuges.


Ergebnisse und Diskussion

Die Ergebnisse des experimentellen Teils des Vorhabens sind die an der aufgebauten flexiblen Versuchsanlage gewonnenen Messdaten, mit denen die benötigten Simulationsmodelle in wesentlichen Teilen validiert bzw. parametrisiert werden konnten. Neben der Ermittlung von Einzeldaten, wie z. B. der tatsächlichen Wärmeverluste von gedämmten Rohrleitungen und der realen Leistungszahlen der Wärmepumpe / Kältemaschine, konnte auch das Betriebsverhalten der gesamten Anlage vom Erdreich bis in den Raum zur Validierung der Simulationsergebnisse mit herangezogen werden. Die Versuchsergebnisse zeigten insbesondere die Wirksamkeit und Energieeffizienz der direkten geothermischen Kühlung, aber auch die Abhängigkeit der tatsächlich erreichten energetischen Kennwerte von einer hohen Detailqualität der ausgeführten Anlage. Aufgrund von Verzögerungen und unvorhergesehen hohem Aufwand im experimentellen Teil konnten einige Versuche nicht im ursprünglich geplanten Umfang durchgeführt und vollständig ausgewertet werden. Von diesen sind noch quantitative Verbesserungen sowie die Absicherung der Übertragbarkeit auf bislang nicht erprobte bzw. ausgewertete Anwendungsfälle zu erwarten, nicht jedoch eine inhaltliche oder methodische Änderung der Projektergebnisse.
Aus der Gebäudeanalyse und Modellbildung steht ein flexibles Modell eines Typgebäudes mit Büronutzung zur Verfügung, dessen Kenndaten durch automatisierte Berechnung verändert werden können. Für dieses Typgebäude, seine Anlagentechnik zur Raumkonditionierung und die geothermische Anlage (Erdwärmesondenfeld) wurde ein Simulationsmodell in der Simulationsumgebung TRNSYS entwickelt, mit dem das thermische und energetische Verhalten des Gesamtsystems abgebildet werden kann. Aus den Ergebnissen der durchgeführten Simulationsstudien ließen sich die benötigten Kenndaten ableiten, um das angestrebte vereinfachte Rechenverfahren zu realisieren.
Das daraus entwickelte Planungswerkzeug GEOSYS stellt eine Weiterentwicklung vereinfachter Rechenverfahren für Gebäude mit geothermischer Energienutzung dar. Die Integration beider Teile, Gebäude und Geothermie, in einer Software erlaubt die direkte Berücksichtigung der Wechselwirkungen zwischen Gebäude, Anlagentechnik und Erdreich auch auf der Ebene vereinfachter Rechenverfahren. Es wurde ein arbeitsfähiger Prototyp implementiert und ersten, erfolgreichen Tests unterzogen. Die durchgeführten Vergleiche mit den detaillierten Simulationsmodellen ergaben, dass das entwickelte Verfahren und Programm GEOSYS die für einen bestimmten Anwendungsfall erforderliche Gesamtlänge der Erdwärmesonden im Sondenfeld auf etwa 10 % genau berechnet. Innerhalb der Projektlaufzeit ließen sich nicht mehr alle entwickelten oder geplanten Funktionalitäten in der Software umsetzen, z. B. die Berücksichtigung kurzzeitiger Lastspitzen. Die weiterentwickelten und umgesetzten Methoden sind nicht auf den vorhabensspezifischen Anwendungsfall beschränkt, sondern auch auf andere Gebäude- und Anlagenkonfigurationen anwendbar. Der ökologische Nutzen des Planungswerkzeuges selbst ist darin zu sehen, dass die Planung primärenergiesparender Gebäude mit geothermischer Heizung und Kühlung in frühen Planungsphasen wirkungsvoll unterstützt wird.
Die rechnerischen und experimentellen Ergebnisse zeigen, dass Gebäude mit thermischer Bauteilheizung und -kühlung in Verbindung mit oberflächennaher Geothermie gegenüber dem gesetzlichen Mindeststandard (Energieeinsparverordnung EnEV) und konventionellen Gebäudetechniken über 20 %, je nach Ausführung und Referenzfall auch mehr, Primärenergie einsparen können.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Die Ergebnisse wurden bzw. werden auf folgenden Fachtagungen präsentiert:
Bauphysikertreffen, HfT in Stuttgart am 28.11.2003;
Fachforum Oberflächennahe Geothermie in Garching am 18.02.2004;
Symposium Erdgekoppelte Wärmepumpen in Landau am 12.11.2004;
Geothermietag in Biberach am 04.11.2004;
Fachforum Oberflächennahe Geothermie in Garching im April 2005.
Veröffentlichungen zum Gesamtergebnis und zu Teilaspekten in Fachzeitschriften sind vorgesehen. Der Fernsehsender n-tv sendete in einer Reihe über DBU-Projekte einen Beitrag über das Vorhaben. Im Zuge weiterer Geothermieaktivitäten an der Fachhochschule Biberach sind auch Weiterbildungsveranstaltungen vorgesehen, in denen u. a. auch das Werkzeug GEOSYS eingesetzt werden soll.


Fazit

Es wurden rechnerische Näherungsverfahren aufgestellt und in einer Software prototypisch implementiert, mit denen sich monatliche Heiz- und Kühlenergiebedarfswerte von Gebäuden mit thermischer Bauteilaktivierung sowie die thermische Reaktion des Erdwärmesondenfeldes mit einem Eingabeaufwand berechnen lassen, welcher ungefähr dem eines EnEV-Nachweises entspricht. Das Hauptziel des Vorhabens, ein zunächst für eine begrenzte Gruppe von Gebäuden taugliches Werkzeug für die Grobdimensionierung zu entwickeln, ist damit erreicht. Der im Ergebnis realisierte Ansatz eines modifizierten Monatsbilanzverfahrens in Verbindung mit einem einfachen, aber genauen Näherungsverfahren für die Temperaturentwicklung im Sondenfeld, ist dem ursprünglich angedachten Kennlinienverfahren methodisch überlegen, weil er auf einer direkten physikalischen Betrachtung beruht. Weiterer Forschungs- und Entwicklungsbedarf besteht noch in der Erweiterung und Vertiefung der zugrunde liegenden Datenbasis.

Übersicht

Fördersumme

90.000,00 €

Förderzeitraum

08.03.2002 - 08.12.2003

Bundesland

Baden-Württemberg

Schlagwörter

Klimaschutz
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik