Projekt 18315/01

Optimierung von Heizungssystemen durch Information und Qualifikation zur nachhaltigen Nutzung von Energieeinsparpotentialen (OPTIMUS)

Projektträger

Haus des Handwerks Innung für Sanitär- und Heizungstechnik Wilhelmshaven
Kieler Str. 74
26358 Wilhelmshaven
Telefon: 04421/21347

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

In Deutschland wird der größte Teil des Energieverbrauchs für das Heizen und für die Warmwasserbereitung verwandt. Experten gehen davon aus, dass in ca. 80 % der Heizungsanlagen nicht aufeinander abgestimmte Systemkomponenten ihren (fragwürdigen) Dienst verrichten. Hieraus wird ein Energieeinsparungspotenzial prognostiziert, das z. Zt. sowohl in ökologischer als auch ökonomischer Hinsicht ungenutzt bleibt. Das Vorhaben zielt vor diesem Hintergrund in seiner Gesamtheit darauf ab, die bisher nicht genutzten Energieeinsparpotenziale durch eine technische Optimierung von Heizungssystemen systematisch zu ermitteln und freizulegen sowie mittels einer Informations- und Qualifizierungsstrategie nachhal-tig zu sichern.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenIn einer ersten Phase des Vorhabens werden hierzu in der Region Weser-Ems - an ausgewählten Gebäudeobjekten, die sowohl vom Gebäudestand als auch vom Heizungssystem repräsentativen Charakter aufweisen - messtechnische Erhebungen über den Gesamtenergieverbrauch der jeweiligen Heizungssysteme vorgenommen (ökologische Schwachstellenanalyse). Begleitet wird diese technische Ist-Analyse mit einer Befragung der Nutzer (Nutzerverhalten, Zufriedenheit mit der Heizung, Komfort etc.) sowie von Anlagenplanern und -erstellern (Analyse der Schwachstellen der handelnden Akteure). Hieran schließt sich eine Optimierung der untersuchten Anlagen durch Fachbetriebe des Sanitär- und Heizungshandwerks an, die während der Umsetzung fachwissenschaftlich begleitet und unterstützt wird. Die im Ergebnis der Optimierung erbrachten Energieeinsparungen werden in zwei aufeinander folgenden Heiz-perioden quantifiziert. Die Dokumentation der vorgenommenen technischen Veränderungen bildet die Grundlage zur Erstellung eines Anforderungsprofils an das Fachhandwerk und dient gleichzeitig der Entwicklung eines Leitfadens zur Optimierung von Heizungssystemen. Zur nachhaltigen Sicherung der Ergebnisse wird parallel hierzu eine Informationskampagne für unterschiedliche Zielgruppen (Verbraucher, Verbraucherverbände, Umweltschutzeinrichtungen, EVUs, etc.) vorbereitet sowie ein Qualifizierungskonzept für planende und ausführende Facharbeiter des SHK-Handwerks und Lehrkräfte versorgungstechnischer Fachbereiche entwickelt.


Ergebnisse und Diskussion

Insgesamt konnten 92 Gebäude im Raum Hannover/Braunschweig, Bremen und Wilhelmshaven ange-worben und untersucht werden. Diese sind nach 3 Baualtersklassen, Art der Beheizung (Öl- und Gaskessel (59), Fernwärme (33)) sowie Ein- (52) und Mehrfamiliengebäuden (40) differenziert.
Die skizzierten Ausgangsthesen können nach der Auswertung der Messergebnisse bestätigt werden. Durchschnittlich sind
- die Wärmeerzeuger sind rund 1,8-fach überdimensioniert
- die Pumpen etwa 3-fach bezogen auf die ausreichende elektrische Leistung
- die Heizkörper sind etwa 1,7-fach überdimensioniert
- die Durchflusswerte der Ventile 7-10-fach zu groß.
In weniger als 10% der Anlagen waren die Heizkurven eingestellt bzw. ein hydraulischer Abgleich durchgeführt worden. Dem Nutzer wird damit ein enormes Verschwendungspotenzial geboten. Die Effizienz der Wärmebereitstellung ist gering, bzw. nicht dem technischen Stand der Einzelkomponenten angemessen.
Zur nachhaltigen Veränderung dieser Missstände setzten die Projektpartner parallel an verschiedenen Ansatzpunkten an. Dadurch sollte die Basis dazu geschaffen werden, die Optimierung von Heizungsanlagen zu einer marktfähigen und mittelfristig auch marktgängigen Dienstleistung zu entwickeln. Neben dem Nachweis der Einsparpotenziale war es deshalb erforderlich
- Qualifizierungskonzepte zu entwickeln und erproben, die die Entwicklung und Förderung von Systemkompetenz in Aus- und Weiterbildung sicherstellen sowie die entwickelten Konzepte zusammen mit den Schulungsunterlagen zu bewerben und verbreiten,
- die Wirtschaftlichkeit der Optimierung von Heizungsanlagen zu prüfen und ggf. durch geeignete Maßnahmen zu erhöhen,
- Methoden zur Durchführung zu entwickeln, die praxisgerecht und effizient sind sowie gute Ergebnisse gewährleisten,
- die Fachwelt und Öffentlichkeit durch geeignete Maßnahmen und Mediennutzung über die Potenziale der Anlagenoptimierung zu informieren.
Die Produkte und Arbeitsergebnisse
1. Nachweis der Einsparpotenziale
Wichtigste Basis zur Umsetzung aller übergreifenden Zielstellungen ist der Nachweis der Einsparpotenziale in der Praxis. Nur auf der Grundlage der nach wissenschaftlichen Standards ermittelten Daten ist es möglich, die divergierenden, meist auf einzelnen Erfahrungen oder Laboruntersuchungen basierenden Meinungen und Einschätzungen von Experten und Praktikern zu korrigieren und auch haltbare Angaben zu den ökonomischen Bedingungen der Optimierung von Heizungsanlagen zu machen. Der Nachweis der Einsparpotenziale konnte differenziert erbracht werden (siehe oben). Für die technischen Untersuchungen war das TWW federführend tätig und wurde insbesondere in der Akquisition, Umsetzung, Datenhebung und Information der Beteiligten von den Partnern vor Ort, der Innung Wilhelmshaven und der FPB unterstützt. Die Fa. Wilo subventionierte die Optimierungen darüber hinaus durch Sachmittel.
2. Konzeption und Erprobung von Methoden zur Optimierung von Heizungsanlagen
Der Nachweis der Einsparpotenziale kann jedoch nicht für eine Veränderung der Arbeitspraxis ausreichen. Aus Sicht der Fachhandwerksunternehmen stellt sich die Frage, wie die Durchführung von Optimierungen in die Praxis des betrieblichen Alltags integriert werden kann. Dabei stehen i.d.R. Überlegungen zur Effizienz im Vordergrund. Zur Operationalisierung und Absicherung der Arbeitsabläufe wurde daher ein Software-Programm entwickelt und erprobt, das die effiziente und qualitativ hochwertige Berech-nung von Ein- und Mehrfamilienhäusern erlaubt. Mit der Entwicklung und Erprobung wurde eine Fachgruppe mit Teilnehmern aus dem TWW, der Innung Wilhelmshaven, der Fa. Wilo sowie der FPB, eingerichtet. Die FPB entwickelte ein Faltblatt zur Kundeninformation, das von den Betrieben verwendet wer-den kann (siehe CD-ROM).
3. Entwicklung und Erprobung von Qualifizierungskonzepten für die Aus- und Weiterbildung
Zur Entwicklung adäquater Qualifizierungskonzepte wurden bestehende Weiterbildungsangebote und die geltenden Rahmenlehrpläne untersucht (BBS II) sowie die qualifikatorischen Defizite im Fachhandwerk ermittelt (Innung Wilhelmshaven, FPB). Aus den Erfahrungen mit der praktischen Durchführung der Gebäude- und Anlagenanalysen (TWW, Innung WHV, Unterstützung durch FPB) sowie aus der Durchführung der Optimierungen (alle Partner vor Ort) und den betrieblichen Randbedingungen (Innung WHV, FPB) wurden die Kompetenzanforderungen abgeleitet und definiert (alle Partner).
Dabei wurde differenziert nach Ausbildung (Schwerpunkt BBS II) und Weiterbildung (TWW und FPB). Im Anschluss wurden dementsprechende (Weiter-) Qualifizierungsmaßnahmen (FPB, insbesondere in den Bereichen Beratung und Kommunikation, und TWW zur technischen Qualifizierung, mit Unterstützung durch die Fa. Wilo) entwickelt und erprobt. In die Konzeption der Qualifizierungsmaßnahmen flossen daneben die Ergebnisse der Nutzerbefragungen (FPB) und Defektekatalogs für Bauteile in Heizungsanlagen (Wilo) ein.
Nach der Erprobung der Qualifizierungen (TWW, FPB, Innung, Wilo) und deren Evaluation (FPB) wurden ausgewählte Materialien zum Einsatz in Weiterbildungsmaßnahmen ausgearbeitet und medial weiter entwickelt (siehe CD-ROM).
Die BBS II entwickelten eine Ausbildungseinheit inkl. eines Ausstattungskonzepts und Lernprogramms für die Berufsschule www.exclamation-design.de/simuheat.
Projektprodukte und -ergebnisse sind im Einzelnen:
- differenzierte Aussagen zu den durch die Optimierung von Heizungsanlagen möglichen Energieeinsparungen und deren Wirtschaftlichkeit (TWW),
- eine neu entwickelte Software inkl. Handbuch zur Berechung des hydraulischen Abgleichs in Ein- und Zweifamilienhäusern sowie die Weiterentwicklung der zusammen mit proKlima, Hannover, bereits früher entwickelten Software Hydraulischer Abgleich (TWW und Projektarbeitsgruppe; Moderation und Organisation FPB). Beide Programme stehen unter www.optimus-online.de zum Download bereit und sind der Teil der CD-ROM,
- Curriculare Ausarbeitungen, Unterrichtshilfen und Arbeitsunterlagen zur Integration der Inhalte in die Ausbildung der Anlagenmechaniker und Anlagenmechanikerinnen für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik (BBS II) sowie zur Weiterbildung von Fachhandwerkern, Energieberatern und Dozenten (TWW, FPB),
- die CD-ROM Heizungsanlage im Bestand optimieren zur umfassenden Information und Schulung und Unterstützung von Fachhandwerkern in der Entwicklung eines Geschäftsfeldes Optimierung von Heizungsanlagen und der effizienten Durchführung in der Praxis (alle Partner, Schwerpunkt FPB). Die CD-ROM wurde im April 06 in einer Sonderedition durch die Fa. Wilo in einer Auflage von 40.000 Exemplaren kostenlos an das Fachhandwerk verteilt; Bezug: Experts - Das Fachhandwerker-Magazin von Wilo, Ausgabe 1/2006, Wilo AG Dortmund. Die CD-ROM wird darüber hinaus über die VdZ e.V. und die Unternehmen der Heizungsanlagenbranche weiter verbreitet. Sie wird darüber hinaus dauerhaft über den Christiani-Verlag, Konstanz zum Selbstkostenpreis zu beziehen sein,
- eine Website zur Information von Hausbesitzern und Laien (www.optimus-online.de) mit Materialien zum Optimus-Projekt und Energieeinsparthemen.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Zur Sicherung der Projektergebnisse entwickelten die Projektpartner ein Konzept einer Informationskampagne und setzten dieses auch um. Insbesondere differenzierten sie den Einsatz unterschiedlicher Medien - und der Darstellung der inhaltlichen Zusammenhänge - nach Zielgruppen. In diese Konzeption flossen auch die Ergebnisse der Kundenbefragung zum Nutzerverhalten (FPB), mit der auch Erkenntnisse über die Zufriedenheit, den Komfort von Heizungsanlagen, etc. gewonnen wurden, ein.
Neben Verbrauchern und potenziellen Kunden, die über die Anlagenoptimierung aufgeklärt wurden und werden, zielen die Bemühungen insbesondere auf das Fachhandwerk, zentrale Multiplikatoren (z.B. ZVSHK, VdZ, Verbraucherzentralen, Hersteller, etc.) und die Aus- und Weiterbildungsstätten.
Schwerpunkte des Engagements bildeten und bilden
- die Pressearbeit (über 30 Veröffentlichungen insbesondere durch TWW und FPB. Dazu zählen Arti-kel in der SHK-Fachpresse, der regionalen Tagespresse, und überregionale Organen, u.a. in der ZEIT 13/2006, sowie ein Feature im Deutschlandradio am 12.8.2005, 11:35 Uhr);
- die Beteiligung und Organisation von Informationsveranstaltungen, Tagungen, Workshops, etc. (Schwerpunkt FPB, TWW, Innung und Wilo). So wurde das Projekt beispielsweise auf der Woche der Umwelt 2004 des Bundespräsidenten ebenso präsentiert und diskutiert, wie im Rahmen einer von rund 80 Teilnehmern besuchten Abschlussveranstaltung im Zentrum für Umweltkommunikation der DBU, des RIS-Innovationsforum Zukünftige Energieversorgung;
- die Internetseite;- die CD-ROM Heizungsanlagen im Bestand optimieren.


Fazit

Das OPTIMUS-Projekt und dessen Ergebnisse wurden und werden in der Fachwelt breit diskutiert. Insbesondere die Tatsache, dass gerade neuere Gebäude mit guten Dämmstandards von der Optimierung in besonderem Maße profitieren, stieß dabei auf Beachtung. Für solche Gebäude lohnt sich die Optimierung in besonderem Maße, da erst dadurch die vollen möglichen (und versprochenen) Gewinne auch realisiert werden können.
So haben sich mit dem ZVSHK, der dena und dem VdZ bereits während der Untersuchungen wichtige Institutionen in die Arbeiten eingebracht und regelmäßig über den Stand der Entwicklungen informiert. Jetzt, nach dem Abschluss des Projektes fragen zunehmend auch andere Initiativen und Institutionen (z.B. Energieberater der Verbraucherzentralen, Klimaschutzkampagne, kommunale und regionale Einrichtungen) sowie Fachhandwerker und Hausbesitzer nach Informationen, Kooperationen und Weiterbil-dungen nach Informationen zum Thema.
Positiv wird auch der Ansatz der Qualifikationen aufgenommen: gleichzeitig in der Ausbildung und Wei-terbildung anzusetzen, Systemkompetenz zu schulen und mithin die geschäftliche Komponente in den Blick zu nehmen erscheint als zukunftsfähiges Modell.
Konkret wird der OPTIMUS-Ansatz in diversen Projekten und Aktivitäten aller Beteiligten, inkl. der im Beirat vertretenen Institutionen weiter verfolgt. So ist die Optimierung von Heizungsanlagen im Rahmen der Projekte AQzEnT (Handwerkerqualifizierung) und NeMO (Handwerkernetzwerke) der FPB jeweils zentrales inhaltliches Element. Das TWW führte und führt Qualifizierungen mit dem ZVSHK, der Bremer EnergieKonsens und anderen Institutionen durch, die Fa. Wilo entwickelte zusammen mit der Fa. Oventrop einen Datenschieber zur Hydraulikberechnung (erhältlich unter www.wilo.de und www.oventrop.de) und qualifiziert bundesweit die Handwerker in den Wilo-Brain-Zentren. Insbesondere die VdZ plant eine weitere Veranstaltung speziell für die Heizungsanlagenhersteller bzw. deren Bildungszentren sowie die Herausgabe einer eigenen Broschüre zum Thema. Sie wird darin von der FPB unterstützt.
Die niedersächsische Gemeinde Dötlingen organisiert eine Informationsveranstaltung für die Mitglieder des Bauausschusses. Dort sollen die Weichen für ein neues kommunales Programm zur Förderung der Anlagenoptimierung entwickelt werden.

Übersicht

Fördersumme

615.592,00 €

Förderzeitraum

01.08.2002 - 09.05.2007

Internet

www.wilhelmshaven-handwerk.de

Bundesland

Niedersachsen

Schlagwörter

Klimaschutz
Landnutzung
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umweltkommunikation
Umwelttechnik