Projekt 18118/01

Modell zur Handhabung vorgezogener Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen am Beispiel des Flächenpools im Städtequartett Damme, Diepholz, Lohne, Vechta – Maßnahmenbevorratung – Ökokonto

Projektträger

Flächenagentur GmbHim Städtequartett Damme, Diepholz, Lohne, Vechta
Vogtstr. 26
49393 Lohne
Telefon: 04441/886-616

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Die Eingriffsregelung - als wesentliches Instrument zur Wahrung von Naturschutzbelangen bei städtebaulichen und genehmigungspflichtigen Vorhaben - wird seit ihrer Verankerung im Bundesnaturschutzgesetz (1976) intensiv diskutiert. Immer wieder werden Umsetzungsdefizite (Verfahrensverzögerungen, mangelnde Umsetzung der Kompensationsmaßnahmen) beklagt. Mit der Novellierung des BauGB 1998 (§ 135 a BauGB) wurde mit der Möglichkeit der vorgezogenen Durchführung von Kompensationsmaßnahmen (Ökokonto) ein neues Handlungsinstrumentarium in die Planungspraxis eingeführt.
Zielsetzung dieses Projektes ist es zu untersuchen, ob und inwieweit die Gewährung eines materiellen Bonus für vorgezogen durchgeführte Maßnahmen aus naturschutzfachlicher Sicht gerechtfertigt ist und ob dadurch die Durchführung vorgezogener Maßnahmen begünstigt wird. In diesem Fall sollte ein Ökokonto- und Ökozins-Modell entwickelt und am Beispiel der Flächenagentur des Städtequartetts Damme, Diepholz, Lohne, Vechta erprobt werden, durch das sich die Vorfinanzierung vorauslaufender Maßnah-men wirtschaftlich rechnet.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenIn einem ersten Schritt wurden existierende Ansätze des Ökokonto-Modells sowie die Erfahrungen der bereits in einigen Regionen, Städten und Gemeinden aktiven Ökokonten zusammengetragen und ausgewertet. Darüber hinaus erfolgte eine Recherche zu übertragbaren neuen nationalen und internationalen Ansätzen im Naturschutz und in der Flächenhaushaltspolitik.
Zur Klärung der naturschutzfachlichen Rechtfertigung eines Ökozinses wurde in einem zweiten Schritt auf der Grundlage wissenschaftlicher Erhebungen und Auswertungen ein Zeitrahmen ermittelt, in dem sich ein messbarer ökologischer Wertgewinn einstellt.
Im Ergebnis mehrerer Expertendiskussion wurden in einem dritten Schritt zwei Ökokonto-Modelle entwickelt und der Startschuss für die Einführung des Ökokontos inklusive einer Honorierung der vorgezogen durchgeführten Maßnahmen im Rahmen der Flächenagentur gegeben.


Ergebnisse und Diskussion

Der bundesweite Vergleich von Ökokonto-Modellen zeigt, dass die Realisierung der Umsetzung von Flächenpools, Ökokonten und ökologischer Verzinsung sehr stark von den regional vorliegenden Rahmenbedingungen abhängt und es eine generalisierende Lösung nicht geben wird und kann.
Die Auswertung der wissenschaftlichen Ergebnisse eines Biotopentwicklungsprojektes hat gezeigt, dass sich bereits wenige Jahre nach Durchführung der Maßnahme eine relativ hohe ökologische Aufwertung feststellen lässt. Dies, sowie die Sicherstellung der Durchführung der Maßnahmen, führt zu einer deutlichen Verringerung von time-lag Problemen und rechtfertigt eine Erhöhung des Aufwertungspotentials der vorgezogen durchgeführten Maßnahmen und damit einhergehend die Gewährung eines Flächenabschlags. In den projektbegleitenden Expertengesprächen wurde deutlich, dass Unsicherheiten und Schwierigkeiten, die sowohl in juristischer als auch pragmatischer Hinsicht gesehen werden, nur dann aufgelöst werden können, wenn die Instrumente zur praktischen Anwendung kommen. Nur durch ein Learning by Doing im Konsens mit allen Beteiligten können möglicherweise auftretende Probleme erkannt und gelöst und die Effektivität der Instrumente geprüft werden.
Im Rahmen dieses Projektes wurden zwei verschiedene Ökokonto-Modelle entwickelt. Ein Modell arbeitet mit der pauschalen Honorierung der vorgezogen durchgeführten Maßnahmen (Ökozins-Modell). Das andere Modell sieht eine Verzinsung des Aufwertungsfaktors in Abhängigkeit vom Zielbiotop der Kompensationsmaßnahme vor (Wertbonus-Modell). Die Expertendiskussionen haben gezeigt, dass beide Modelle Vor- und Nachteile aufweisen. Aufgrund seiner höheren Praktikabilität wird die Flächenagentur in Abstimmung mit den Naturschutzbehörden das Ökozins-Modell zur Umsetzung zu bringen.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

In den projektbegleitend durchgeführten Expertengesprächen wurde das Projekt sachverständigen Praktikern und mit der Eingriffsregelung befassten Wissenschaftlern vorgestellt und diskutiert. Das Modell der Honorierung der vorgezogen durchgeführten Maßnahmen wurde auf mehreren Sitzungen des Niedersächsischen Städtetages präsentiert und ist hier allgemein auf großes positives Interesse gestoßen Der Entwurf des Projektberichtes wurde auf Nachfrage an verschieden Städte und Gemeinden verteilt.
Mitte Mai 2003 werden die Projektergebnisse auf einem vom Umweltforschungszentrum Leipzig-Halle GmbH und der Sächsischen Landesstiftung Natur und Umwelt veranstalteten Workshop zum Thema Eingriffsregelung und Kompensationsflächenmanagement referiert.
Der endgültig abgestimmte Endbericht wird auf der Internetseite der ARSU (www.arsu.de) als Download zur Verfügung gestellt


Fazit

Die Flächenagentur verwaltet derzeit bereits ein Ökokonto, auf dem Wertpunkte angespart und ausgebucht werden. Die erwirtschafteten Punkte sind über Pflege- und Entwicklungspläne bilanziert und bei den betreffenden Unteren Naturschutzbehörden angemeldet worden. Die vertragliche Absicherung erfolgt über Verträge zwischen Kommune und Flächenagentur. Weitere Flächen können erworben und aufgewertet werden. Aufgrund der hohen erforderlichen Kapitalbindung könnte hier laut Einschätzung der Flächenagentur über die Einführung einer Honorierung vorgezogener Maßnahmen diese erheblich begünstigt werden.
Der Erfolg von Ökokonto und der Honorierung der vorgezogen durchgeführten Maßnahmen für die Eingriffsregelung sollte im Weiteren im Rahmen einer Evaluation verifiziert werden.
Das grundsätzliche Problem der Umsetzungsdefizite der Eingriffsregelung mag darin liegen, dass hier ganz deutlich wirtschaftliche Interessen den naturschutzfachlichen gegenüberstehen. Da Maßnahmen für Natur und Landschaft nicht den Gesetzen des Marktes unterliegen (es gibt keinen Markt für ökologische Funktionen, sie werden daher nicht oder nur unzureichend ökonomisch bewertet), werden die (ökonomisch interessanten) Eingriffsvorhaben immer begünstigt. Ein Blick über die Grenzen Deutschland hinaus eröffnet Visionen, wie ein Flächenmanagement und eine Naturhaushaltspolitik betrieben werden können, so dass über die Verbindung von naturschutzfachlichen mit wirtschaftlichen Interessen win-win-Situationen entstehen. Freiwilligkeit, Schutz durch Nutzung, die Kooperation zwischen den Akteuren sowie Flexibilität sind einige der Stichworte, die den Vorteil von Marktlösungen kennzeichnen und die dennoch (bei einer Reform der staatlichen Regulierung) helfen, die Belange von Natur und Landschaft langfristig zu sichern.

Übersicht

Fördersumme

23.202,43 €

Förderzeitraum

20.03.2001 - 20.03.2002

Internet

www.lohne.de

Bundesland

Niedersachsen

Schlagwörter

Landnutzung
Naturschutz