Projekt 18034/01

Entwicklung eines Repellents zur Vermeidung von Verbissschäden durch Wild sowie Nageschäden durch Mäuse im Wald auf der Grundlage eines Extraktes aus Kugeldisteln

Projektträger

Technische Universität Dresden Fakultät Umweltwissenschaften Professur für Waldschutz
Pienner Str. 8
01737 Tharandt
Telefon: 035203/38-31280

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Der Waldumbau ist gekennzeichnet von der Einbringung von Laubbäumen in Wälder der Gemeinen Kiefer (Pinus sylvestris L.) oder der Gemeinen Fichte (Picea abies [L.] Karst.). Gleichzeitig sollen die Wälder naturnah und nachhaltig bewirtschaftet sowie Zertifizierungskriterien eingehalten werden. Die aus Natur- oder Kunstverjüngungen stammenden Laubbäume sind in der Initialphase vor allem biotischen Schadfaktoren in Form von Verbiss durch Schalenwild sowie Nageschäden durch Kurzschwanzmäuse ausgesetzt. Zur Abwehr des Schalenwildes werden vorrangig Zäune gebaut oder Verbissschutzmittel angewendet. Kurzschwanzmäuse werden zumeist mit Pflanzenschutzmitteln bekämpft. Nebenwirkungen dieser Maß-nahmen sind u. a. bei der Zäunung der überproportionale Entzug von Äsungsfläche bzw. bei der Mäusebekämpfung die Vergiftung von Nichtzielorganismen. Die Maßnahmen sind kostenintensiv, befriedigen oft nicht in der Wirkung und sind bei zertifizierter Waldbewirtschaftung nur eingeschränkt anwendbar. Im vorliegenden Projekt wurde ein Repellent aus Extrakten der Samen der Großen Kugeldistel (Echinops spec.) umfassend und anwendungsorientiert untersucht. Die Hauptausrichtung bestand in der Vermei-dung von Nageschäden durch Kurzschwanzmäuse im Wald als naturnahe Alternative zur Mäusebekämpfung mit Rodentiziden. Weitere Anwendungsoptionen zur Mäuseabwehr in anderen Wirtschaftsbereichen, zur Wildabwehr und zum Saatgutschutz wurden einbezogen.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenEs wurden Extrakte aus den Samen Großen Kugeldisteln (Gert Horn) hergestellt (BioService). Eine nachvollziehbare Extraktionsvorschrift für eine spätere Herstellung und eine Nachweismethode per HPLC wurden erarbeitet (BioService). Die Formulierung der repellenten Extrakte sollte deren Wasserlöslichkeit und Haftfähigkeit modifizieren (LIVOS). Die Extrakte und Formulierungen wurden in Labor-, Gehege- und Freilandversuchen an Erd- und Feldmäusen getestet. Parallel erfolgten Fütterungs- und Cafeteria-Versuche an Rehwild (BBA, TU Dresden). Zur Beurteilung der Naturverträglichkeit sind Phytotoxizitätstests durchgeführt worden (TU Dresden). Die Applikationstechnologie Spritzen wurde erprobt (LI-VOS). Zur Ökonomie des Einsatzes erfolgten Berechnungen (TU Dresden). Weitere Anwendungs- und Analyseoptionen (Saatgutschutz) oder Bewitterungssimulation (BBA bzw. TU Dresden) wurden erschlossen. Es erfolgte eine toxikologische Grundbewertung.


Ergebnisse und Diskussion

Aus den Samen der Großen Kugeldistel (Echinops spec.) wird ein Heißwasserextrakt gewonnen. Dieses Extrakt hat eine repellente Wirkung auf die Zielorganismen, ohne dass diese davon Schaden nehmen. Das Heißwasserextrakt kann in wässriger Lösung oder in einer Formulierung auf die zu schützenden Pflanzenteile aufgetragen werden. Erforderlichenfalls ist es auch spritzfähig. Für die Qualitätskontrolle werden Verfahren zur Analytik der Extrakte, der Formulierung und auch der behandelten Rindenoberflächen zur Verfügung gestellt. Weiterhin stehen Auswertungen zur Toxikologie, zur Anwendungstechnologie und zur Wirtschaftlichkeit zur Verfügung.
Im Ergebnis werden als wichtigste Positionen vorgelegt:
1. Grundaussagen zum Anbau und zur Ernte der Großen Kugeldistel sowie zur Aufbereitung des Ausgangsmaterials zur Herstellung des Repellents [Spezielle Untersuchungen dazu waren Gegenstand eines gesonderten Projektes, das von der Fachagentur für Nachwachsende Rohstoffe gefördert und von Herrn Horn (Projektpartner im vorliegenden Projekt) geleitet wurde.],
2. eine Extraktionsvorschrift für eine Heißwasserextraktion zur qualitätsgerechten Produktion des Repellents,
3. eine Analytik zur Qualitätsüberprüfung des Repellets auf der Basis einer HPLC,
4. eine Formulierung, die prinzipiell geeignet ist und die repellente Wirkung des Extraktes erhöht, aber leider unter Witterungseinfluss noch nicht die ausreichende Stabilität gegen Austrag des Extraktes aufweist,
5. mehrere nachvollziehbare Verfahren zur Prüfung von repellenten Wirkungen gegenüber Mäusen in Labor-, Gehege- und Freilandversuchen,
6. der Nachweis der repellenten Wirkung von Echinops-Heißwasserextrakten einschließlich der Formulierung a) gegenüber Kurzschwanzmäusen zur Abwehr von Nageschäden und b) gegenüber Langschwanzmäusen zum Schutz von Saatgut sowie c) gegenüber Rehwild als Verbissschutz,
7. eine Grundcharakteristik zur Toxizität mit dem Ergebnis, dass der Extrakt und das formulierte Präparat keiner Einstufung als giftige oder gesundheitsschädliche Stoffe unterliegen sowie
8. Grundlagen und ökonomische Betrachtungen, die zeigen, dass das Repellent gegenüber vorhandenen Verfahren konkurrenzfähig ist.
Abweichungen zum Projektantrag ergaben sich in negativer Richtung explizit hinsichtlich der Translokation der Repellentien innerhalb der Pflanze. Aufgrund der Tatsache, dass die repellente Wirkung nicht allein den als Wirksubstanzen vermuteten Alkaloiden zugeordnet werden konnte, sondern nur der komplexen Wirkung des gesamten Extraktes, erübrigten sich entsprechende Studien zur Translokation, da eine Aufnahme und Verlagerung des gesamten Extraktes innerhalb der Pflanze ausgeschlossen werden kann. Abweichungen in positiver Richtung sind durch zusätzliche Leistungen hinsichtlich der Abwehr von Langschwanzmäusen an Saatgut einschließlich der diesbezüglichen Untersuchungsmethodik sowie, der künstlichen Bewitterung einschließlich der entsprechenden Analysemethodik ausgewiesen. Diese Leistungen sind im Gesamtkontext der Untersuchungen notwendig oder sehr sinnvolle Ergänzungen gewesen. Sie substituieren die ehemals geplanten, aber nicht vollzogenen Aufgaben nicht nur, sondern ermöglichten, auch durch geschickten und sparsamen Einsatz von Ressourcen, eine Erweiterung des ur-sprünglichen Untersuchungsansatzes bis hin zu weiteren Anwendungsoptionen des Repellents z. B. im Obstbau oder im Saatgutschutz.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Die Ergebnisse wurden als Referate und Poster auf insgesamt fünf teilweise internationalen Tagungen vorgestellt. Aus den Ergebnissen wurden bis zum Projektabschluss mehr als zehn Veröffentlichungen vorgenommen.


Fazit

Mit dem Projekt wurde eine echte naturnahe Alternative zu derzeitigen Verfahren der Schadensabwehr bei Kurzschwanzmäusen eröffnet und vertieft. Gleichzeitig wurden weitere aussichtsreiche Anwendungsgebiete recherchiert. Eine tatsächliche Überführung in die Praxis mit entsprechenden Anpassungsuntersuchungen und dem, trotz des naturnahen Ansatzes, offensichtlich unvermeidbaren Zulassungsverfahren als Pflanzenschutzmittel stehen noch aus.

Übersicht

Fördersumme

200.000,00 €

Förderzeitraum

01.06.2002 - 27.06.2006

Bundesland

Sachsen

Schlagwörter

Landnutzung
Naturschutz
Umwelttechnik