Projekt 17619/01

Evaluierung von Schutzmaßnahmen an umweltgeschädigten Denkmälern aus Naturstein am Beispiel Alte Pinakothek in München und Schloß Schillingsfürst in Franken (Bayern)

Projektträger

Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege
Hofgraben 4
80539 München
Telefon: 089/2114-0

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Die seit Mitte 1960 mit siliciumorganischen Festigern und Hydrophobierungsmitteln konservierten Denkmäler aus Naturstein bedürfen in absehbarer Zeit einer erneuten Behandlung, da sich die Wirkung der Schutzstoffe in der Zwischenzeit abgebaut hat. Trotz der verminderten SO2 - Immissionen beseht nach wie vor eine hohe Umweltbelastung, insbesondere durch NOx-Verbindungen, die einen wirksamen Schutz der Natursteine erforderlich machen. Das Projekt untersucht die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen die Wiederbehandlung mit einem Risiko für die Originalsubstanz verbunden ist. Mögliche Risiken resultieren aus der Tatsache, dass die in der Vergangenheit im Gestein angereicherten Schadstoffe weiterhin schädigend wirken. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, dass entscheidende Materialeigenschaften so nachteilig verändert werden könnten, dass mittel- oder langfristig mit Folge-schäden gerechnet werden müsste.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDie Alte Pinakothek in München und Schloss Schillingsfürst in Franken bieten die Voraussetzung, die Risiken einer Wiederbehandlung auch quantitativ zu untersuchen, da die Fassaden beider Objekte in den Jahren 1986 bis 1992 eingehend untersucht und dokumentiert sind.
Ausgehend von den im Leitfaden Steinkonservierung aufgestellten Anforderungskriterien soll zunächst die Restwirksamkeit von Festigung und Hydrophobierung im Vergleich zu den Vormessungen beurteilt werden. In Screening Tests werden aus handelsüblichen und modifizierten Steinschutzstoffen sogenannte Favoriten ausgewählt, welche an Originalgestein im Labor und nachfolgend an Musterflächen an den Objekten erprobt werden.
Für die Eignung eines Konservierungsmittels zur Wiederbehandlung werden insbesondere die Änderung der Wasserdampfleitfähigkeit, das Festigkeitsprofil sowie der Verlauf des E-Moduls bewertet. Zusätzliche Kriterien werden durch Messung der Ultraschallgeschwindigkeit und der Mikrobohrhärte gewonnen. Die Ergebnisse werden gegen Ende des Projekts in einem Seminar den interessierten Denkmalpflegern, Restauratoren und Gutachtern im Bereich Steinkonservierung zugänglich gemacht.


Ergebnisse und Diskussion

Die bisherigen Untersuchungen zur Wasseraufnahmeprüfung an der Alten Pinakothek ergaben, dass die in den 1980er Jahren aufgebrachte Hydrophobierung gegenwärtig noch als zufriedenstellend einzustufen ist. Durch die Wiederbehandlung konnte bei allen Varietäten eine Absenkung der Wasseraufnahme bis auf Werte unter 0,1 kg/m2Öh erreicht werden.
Die Trocknung der Fassade der Alten Pinakothek ist nach einem Regenereignis mit Hinblick auf die Ergebnisse der Wasserdampfleitfähigkeit nicht gefährdet.
Die Messungen zur Festigkeit des Regensburger Grünsandsteins zeigen, dass die Verwitterung in den vergangenen 12 bis 15 Jahren eine Entfestigung des Materials verursacht hat. Die Festigkeitsprofile aus dem Jahr 2001 weisen auf eine Gefügelockerung in den ersten 5 mm ab der Oberfläche hin. Im Rahmen der Wiederbehandlung konnte in Abhängigkeit vom Schutzmittel eine Steigerung der Festigkeit erreicht werden, ohne kritische Heterogenitäten im Tiefenprofil zu schaffen. Allerdings sind deutliche Unterschiede zwischen Labor- und Objektbehandlung festzustellen, wobei sich die letzteren als weit weniger wirkungsvoll erwiesen.
Die bisherigen Untersuchungen zur Wasseraufnahmeprüfung an Schloss Schillingsfürst ergaben, dass die in den 1970/80er Jahren eingesetzte Hydrophobierung der Fassade - insbesondere auf Originalmaterial - mittlerweile vollkommen unwirksam ist. Zum Teil liegen die Werte der Wasseraufnahme ebenso hoch wie die des unbehandelten Gesteins. Durch die Wiederbehandlung im Labor mit Unil 290, Funcosil SL und Funcosil SNL konnte bei der Schilfsandsteinvarietät aus Diebach/Gailnau eine Absenkung der Wasseraufnahme auf Werte z. T. deutlich unter 0,4 kg/m2Öh erreicht werden. Das Austauschmaterial erreicht sogar w-Werte von kleiner 0,1 kg/m2Öh. Die Wiederbehandlung an der Fassade bewirkte bei beiden Varietäten nur eine ungenügende Minimierung der Wasseraufnahme (im Mittel > 0,5 kg/m2Öh). Bei den Auswertungen der Festigkeitseigenschaften in Folge der Wiederbehandlungen konnte für das Austauschmaterial aus Schleerith festgestellt werden, dass widererwartend eine Steigerung der Biaxialen Biegezugfestigkeit und des E-Moduls erfolgt war. Das Originalmaterial zeigt keine vergleichbaren Ergebnisse.
Den Ergebnissen d. Wasserdampfleitfähigkeit als Resultat einer Wiederbehandlung zur Folge, sollten d. Schutzmittel zur Applikation auf Austauschmaterial unbedingt in verdünnter Form eingebracht werden.
Generell kann zusammenfassend festgestellt werden, dass bei einer Wiederbehandlung eine Applikation verdünnter Agenzien höhere Eindringtiefen erreicht und somit harmonischere Profile gesteinphysikalischer Parameter bewirkt. Diese Resultate an den Musterflächen stehen im Gegensatz zu den Laborexperimenten, in deren Verlauf bei den verdünnten Produkten der E-Modul unerwünscht stark angestiegen ist. Bei der Anwendung auf Originalmaterial an Schloss Schillingsfürst konnte jedoch durch diese modifiziert Anwendung keine genügende Minderung der Wasseraufnahme erreicht werden.
Die Ergebnis zeigen eindeutig, dass eine Wiederbehandlung von Natursteinfassaden zu deren Schutz und weiterem Erhalt vertretbar ist. Allerdings sind Laboruntersuchungen im Vorfeld einer jeden Behandlung und eine sehr gewissenhafte Vorgehensweise ein absolutes Muss. Die genetisch bedingten Heterogenitäten der unterschiedlichen Natursteine erschweren generell die Vorhersagbarkeit diverser Wechselwirkungen. Es hat sich jedoch gezeigt, dass eine gealterte Konservierung als Basis für eine erneute Konsolidierung die Schwierigkeiten, deren Erfolg vorherzusagen, deutlich erschwert.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Im Rahmen des Projekts wurde der DBU Workshop zum Thema Wiederbehandlung von Natursteinen gemeinsam mit der EUROMARBLE Tagung in München veranstaltet. Bei dieser Gelegenheit wurden die erzielten Ergebnisse vorgestellt und mit WissenschaftlerInnen und DenkmalpflegerInnen auf internationalem Podium diskutiert. In Folge dieser Veranstaltung erschien ein umfassender Tagungsband. In einer Denkmalpflege-Info wurde über diese Tagung und deren Ergebnisse berichtet. Des weiteren werden die Kernaussagen der Untersuchungen in der Reihe der Arbeitsblätter des BLFD veröffentlicht, wodurch sie eine große Verbreitung unter Baubehörden und Handwerkern erreichen. Internationale Fachkreise werden durch Beiträge in den Proceedings der Konferenz Stone 2004 in Stockholm informiert.


Fazit

Vor dem Hintergrund der Realisierbarkeit einer erfolgreichen Wiederbehandlung von Natursteinfassaden können für die untersuchten Objekte Alte Pinakothek in München und Schloss Schillingsfürst in Mittelfranken folgende Empfehlungen gegeben werden:
Im Zeitraum von der ursprünglichen Behandlung bis 2001 kam es zu einem Nachlassen der Festigkeit des Regensburger Grünsandsteins. Sollte die Entfestigung in der selben Geschwindigkeit voran schreiten wie in den letztem 10 Jahren, so wird eine erneute Behandlung des Sandsteins dringend notwendig sein. Aus diesem Grund wird eine erneute Nachkontrolle in einem Zeitraum von 5 bis 7 Jahren empfohlen.
Mit Hinblick auf das Wasseraufnahmeverhalten des Schilfsandsteins an Schloss Schillingsfürst wird unbedingt eine Erneuerung der Hydrophobierung an den exponierten Süd- und Westfassaden empfohlen, um die Schäden an der Fassade nicht weiter zu verstärken.

Übersicht

Fördersumme

101.338,05 €

Förderzeitraum

06.12.2000 - 31.07.2003

Internet

www.blfd.bayern.de

Bundesland

Bayern

Schlagwörter

Kulturgüter
Umwelttechnik