Projekt 17299/01

Integriertes Risikomanagement im Umgang mit chemischen Produkten

Projektträger

Ökopol Institut für Ökologie und Politik GmbH
Nernstweg 32 - 34
22765 Hamburg
Telefon: 040/391002-0

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Das Hauptprinzip der EU Chemikalienpolitik, nämlich dass die Verantwortung für die Risikokommunikation im Umgang mit Chemikalien einzig und alleine bei Industrie und Handel liegt, kann in den baltischen Staaten - wie auch im übrigen Osteuropa - nur umgesetzt werden, wenn in der dortigen Industrie ein Umdenken in Richtung selbstverantwortlicher Kommunikation und weg vom alten command and control Verhalten stattfindet - unterstützt von intensiven Schulungen. Und es ist sicherlich ein langan-dauernder Prozess.
In diesem Sinne war es das Projektziel, verschiedene Handlungsinstrumente für die Betriebe zu entwickeln und deren selbständige Durchführung gemeinsam zu trainieren, so dass die Zielfirmen am Ende imstande wären, ein so genanntes integriertes Chemikalienmanagement in ihren Betrieben durchzusetzen. Dies würde sie dazu befähigen:
· mit EU Richtlinien und Prinzipen zum Chemikalienmanagement im Einklang zu sein,
· die EU Umwelt- und Arbeitsschutzgesetzgebung umzusetzen,
· wettbewerbsfähig zu sein.
Im Projektantrag waren als Ziele angegeben:
· mindestens 10 baltische Betriebe mit verantwortungsbewusstem Chemikalienmanagement bekannt zu machen, die Situation diesbezüglich in den Firmen zu analysieren und die entwickelten Handlungsinstrumente anzulernen;
· die Ergebnisse sollten an einen erweiterten Kreis von Betrieben weitergegeben werden;
· ein praktisches Handbuch zum Umgang mit Chemikalien auf betrieblicher Ebene sollte entwickelt werden sowie
· ein Entwurf einer Empfehlung an HELCOM verfasst werden mit dem englischen Titel: Draft recommendation on Integrated Chemicals Risk Management tools for the implementation of HELCOM 19/5.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenZur Verwirklichung des BACCON 2.4 - Projekts sollen folgende Aktivitäten durchgeführt werden:
- Herausragende Beispiele für fortschrittliches Umwelt- und Gesundheitsmanagement und für beste Product Stewardship-Praxis wurden ermittelt und dokumentiert. In Workshops und Seminaren wurde dieses weitervermittelt.
- Mindestens 10 Unternehmen sollten sich bereit erklären, ein Zertifikationsverfahren aufzunehmen und die neuen Instrumente in ihre Organisations-Systeme einzuführen. Dies beinhaltet die Aufstellung neuer Verfahrensweisen in Informations-, Beteiligungs-, Prioritätensetzungs- und Entschei-ungsprozessen, neue Kommunikationsweisen mit der Außenwelt sowie die Schulung der Belegschaft.
- Die Handhabung der neuen Instrumente sollte über einige Monate hinweg begleitet und ausgewertet werden. Erfolg und Misserfolg wurden dokumentiert.
- Die Organisations-Instrumente sollten - basierend auf den gewonnenen Erfahrungen - in einer konzeptionellen Empfehlung zusammengestellt werden. Diese sollte verschiedenen Experten aus In-dustrie und staatlichen Institutionen zur Kommentierung vorgelegt werden.
- Die durchgesehene Empfehlung sollte in Handel und Industrie verbreitet und außerdem HELCOM zur Übernahme auf internationaler Ebene vorgeschlagen werden.
- Mehrere Workshops für andere Unternehmen sollten organisiert werden, um die Erfahrungen aus den Fallstudien zu verbreiten und um weitere Betriebe zu motivieren.


Ergebnisse und Diskussion

- Das letzte Ziel (HELCOM Empfehlung) war dann während der Projektdurchführung nicht mehr aktuell, da die entsprechende HELCOM Arbeitsgruppe ihre Arbeit beendet hatte. Daher hat der Projektbeirat beschlossen, diese Aufgabe zu streichen.
- Die anderen Ziele sind erreicht worden - und weit mehr als eigentlich gedacht:
- Anstelle von 10 Firmen nahmen 12 Firmen als Pilotbetriebe am ganzen Projektprogramm teil. Niemand hat zwischendurch aufgehört, wie eigentlich erwartet wurde;
- Ein weiter Zirkel von Industriebetrieben hat einen - fast kann man schon sagen - Fan Club gebildet und ist zu Seminaren und Trainingskursen gekommen;
- Die baltischen Betriebe sind sehr an weiterer Zusammenarbeit interessiert um ihr Wissen zu vertiefen, es gibt viele neue Betriebe, die gerne an einem Trainingsprogramm basierend auf den Handbuch teilnehmen würden;
- Es wurden insgesamt 20 Veranstaltungen organisiert (gegenüber 18 im Antrag vorgesehenen);
- Das Handbuch ist veröffentlicht und baut auf den Projekterfahrungen auf;
- Ca. 165 Personen wurden auf den Präsentationen mit den Projekterfahrungen vertraut gemacht, 99 Industrievertreter haben an Workshops teilgenommen, viele mehr als einmal; ca. 170 Handbücher wurden schon auf den Präsentationen verteilt, der Rest wird intensiv in den BEF Büros nachgefragt.
- Die entwickelten Chemikalienmanagementelemente sind gute Hilfe bei der Umsetzung der allgemeinen EU Chemiepolitik sowie vieler einzelner Anforderungen aus anderen Richtlinien wie Lösemittel, Wasserrahmenrichtlinie, IVU etc.
- Ein Fortsetzungsprojekt, genannt BACCON 3, mit dem Ziel, Verwaltung und Industrie mit der neuen EU Chemiepolitik (REACH) vertraut zu machen, ist von verschiedenen Gebern bewilligt worden und hat am 1.8.2003 begonnen;
- Ein weiteres Fortsetzungsprojekt in diesem Prozess wurde vom Projektpartner Ökopol bei der DBU beantragt um die Trainingskapazität der baltischen Berater in der EU-REACH-Politik zu entwickeln.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Für das Projekt wurde im Rahmen der entsprechenden Branchenverbände geworben, deren Beteiligung und Öffentlichkeitsarbeit leistete einen wichtigen Beitrag bei der Auswahl der Betriebe und der Projektdurchführung.
Im Rahmen des Projektes wurden verschiedene Flugblätter sowie ein umfangreiches Handbuch für Betriebe erstellt und in den Nationalsprachen gedruckt. Dieses Handbuch wurde in großen Veranstaltungen in den drei Umweltministerien der Öffentlichkeit und Presse präsentiert.
In Form von Workshops und Seminaren wurde in weiteren Betrieben für Integriertes Risiko-Management von Chemikalien geworben.
Das Projekt selber unterstand einem Vorstand, dem sowohl die Geldgeber als auch die Unwelt- und Gesundheitsbehörden der drei Baltischen Staaten angehören. Dort wurden Projektergebnisse und Aktivitäten halbjährlich präsentiert.
Zu Werbezwecken wurde eine Projektbroschüre mit Hinweis auf die Aktivitäten in den Baltischen Interessengruppen verteilt.


Fazit

Das Hauptziel des Projektes, nämlich die baltischen Betriebe bei der Umsetzung von integrierten Chemikalienmanagementsystemen zu unterstützen, ist erreicht - allerdings nicht wie ursprünglich angedacht: Einfach aus dem Grunde, weil die Betriebe in den baltischen Staaten weit hinter den Arbeitsweisen von westlichen Betrieben zurück sind - und die Erfahrung in westlichen Betrieben war die Basis für die gesteckten Projektziele - es herrscht eben noch sowjetisches Denken. Daher wurde im Projektmana-gement entschieden, Basiskenntnisse intensiv zu vermitteln (z. B. gute Inventarisierungen in den Betrie-ben anzuleiten) und Themen nicht zu weit auszudehnen, sondern sich erst einmal auf die Nutzerfirmen von Chemikalien zu konzentrieren, und nicht auch noch Importeure und Verbraucher anzusprechen.
Wichtigste Herausforderungen und Lernerfolge
- Die baltischen Betriebe sind auf dem richtigen Wege zu verantwortungsvollem Chemikalienmanagement, aber es gibt noch viel zu tun und zu verbessern um die EU-Anforderungen zu erfüllen. Die Firmen haben angemerkt, dass es sehr schwierig ist, die Gesetze ohne fremde Hilfe richtig zu interpretieren und ständig auf dem Laufenden über Veränderungen und Neuerungen zu sein. Besonders schwierig scheint es zu sein, einen holistischen Gesamtüberblick über Zusammenhänge unter ver-schiedenen Bestimmungen zu erkennen, die Menschen sind eher imstande einzelne Regelwerke zu sehen und kennen als etwa den Zusammenhang zwischen Wasserpolitik, Chemiepolitik und Genehmigungsverfahren. Hier muss weiterhin ein intensiver Dialog zwischen Legislative und Industrie organisiert werden.
- Was in den Betrieben fehlt sind Selbstbewertungsroutinen und eigene Zielsetzungen. Dies scheint für die Betriebe alleine schwierig zu sein und erfordert externe Beratung, um die Bewertungssyste-me zu installieren und im Anfang zu assistieren. - Der Hauptbeweggrund für Veränderung in der baltischen Industrie sind gesetzgeberische Aktivitäten, also neue Bestimmungen, EU Richtlinien etc. Nur einige wenige Betriebe sind heute schon auf dem Weg, nachhaltigen Arbeitsschutz und ökologisch orientierte Firmenpolitik zu betreiben. Dies ist erst einmal als teuer und noch nicht nötig angesehen, Hier muss viel Aufklärungsarbeit geleistet wer-den.
- Die meisten industriellen Nutzer von Chemikalien sind sich ihrer Rolle in der Wertschöpfungskette noch nicht im Klaren und damit nicht vorbereitet auf die neue EU Chemikalienpolitik mit Namen REACH. Vor allem KMUs und auf dem nationalen Markt operierende Firmen sind noch nicht wirklich auf ihre Informationspflicht vorbereitet.
- Auch wenn die Firmen vielfach betont haben, dass sie unglaublich viel in dem Projekt gelernt haben, bleibt abzuwarten, wie sich die Firmenpolitiken in Zukunft verändern.
- Neben den anfangs definierten Projektzielen hat das Projekt auch anderweitig zur besseren Qualifikation der Pilotfirmen beigetragen, so zum Beispiel bei deren Schritten in Richtung ISO 14000 Zertifizierungen, die von vielen Betrieben angestrebt wird.
- Die Industrieverbände der Nutzerbranchen wie Textil, Holzverarbeitung oder Metallverarbeitung sind sehr schwach in den baltischen Staaten, die Chemieverbände halbwegs organisiert, allerdings weit entfernt von westlichen Verbänden, deren Lobbypolitik und Beraterleistungen für die Betriebe.
- Der Informationsfluss über Gefahrenstoffe von Produzenten zu Endnutzern ist nicht intensiv in den baltischen Staaten. Der größte Schwachpunkt ist von Importeuren und Händlern zu Nutzerfirmen - beide Seiten sind sich ihrer Verpflichtung Informationen weiterzugeben bzw. anzufordern nicht wirklich bewusst.
- Das Projektmanagement dieses Projektes mit seinen vielen Partnern war sehr kompliziert und hat einige Kraft gekostet - allerdings auch viele großartige Erfahrungen gebracht.

Übersicht

Fördersumme

245.999,91 €

Förderzeitraum

01.04.2001 - 30.09.2003

Internet

www.oekopol.de

Bundesland

Grenzüberschreitend

Schlagwörter

Grenzüberschreitend
Umweltkommunikation
Umwelttechnik