Projekt 17281/01

Umweltschonendes, automatisiertes High-Throughput-Testing mit Algen

Projektträger

Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule(RWTH) AachenUniversitätsklinikumInstitut für Hygiene und Umweltmedizin
Pauwelsstr. 30
52074 Aachen
Telefon: 0241/8088-292

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Aufgrund ihrer ökologischen Relevanz und ihrer hohen Empfindlichkeit werden einzellige Algen für die Testung von Chemikalien und Umweltproben verwendet (z. B.: ISO 8692 u. DIN 38412 L33). Diese Al-genzellvermehrungshemmtests sind jedoch sehr arbeits- und kostenintensiv. Weiterhin werden große Mengen an Referenztoxen bzw. kontaminierten Umweltproben benötigt, was umwelthygienisch bedenklich ist. Aus diesen Gründen wird in diesem Projekt das Ziel verfolgt, die Ansatzvolumina zu reduzieren und die Testdurchführung zu automatisieren, wobei größtmögliche Übereinstimmung mit den DIN-Normen und die Erfüllung der darin enthaltenen Gültigkeitskriterien angestrebt werden. Der High-Throughput-Algentest kann dann sowohl zur Bewertung von Umweltproben genutzt als auch als Screeningtest an Automaten zur Synthese neuer Substanzen gekoppelt werden, um das Umweltgefährdungspotenzial neuer Stoffe frühzeitig erfassen zu können.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDie Polygen GmbH und die Hölle & Hüttner AG befassen sich mit der Geräteentwicklung, während die Optimierung des biologischen Testsystems und dessen Adaptation an den Automaten sowie die Validierung des Tests Gegenstand der Arbeiten am Institut für Hygiene und Umweltmedizin sowie bei der Henkel KGaA sind. Die automatisierten Schritte sollen die Pipettierung der Substanzen und Medien, den Transport der Mikrotitrationsplatten in den beleuchteten Inkubator und in definierbaren Zeitabständen den Transport der Platten zum Messgerät beinhalten. Die Quantifizierung des Algenwachstums erfolgt über die Messung der Fluoreszenz. Für die Inkubation der Algen wird ein automatisierbarer, temperierbarer, beleuchtbarer Mikrotitrationsplattenschüttler entwickelt, der eine vollständige Durchmischung der Testansätze bei geringen Verdunstungsraten gewährleistet. Die Übereinstimmung der Testresultate mit dem herkömmlichen Testverfahren soll aufgezeigt werden. Das automatisierte Testverfahren wird schließlich anhand von Referenztoxen, Einzelsubstanzen sowie Umweltproben validiert, so dass Schwellen- bzw. Prüfwerte abgeleitet werden können.


Ergebnisse und Diskussion

Es wurde ein automatisierter High-Throughput-Algentest entwickelt, der konform mit den international und national gültigen Normen ist. Damit konnte das Hauptziel des Projekts erreicht werden. Die Ergebnisse lassen sich folgendermaßen zusammenfassen:
Die Möglichkeit der Automatisierung und Anwendung des miniaturisierten Algenzellvermehrungshemmtests als ökotoxikologisches Screeninginstrument in einem High-Throughput-Testsystem wurde von der Henkel KGaA evaluiert. Zu diesem Zweck wurde der miniaturisierte Algentest in 24-Well-Mikrotitrationsplatten erfolgreich im Labor etabliert. Die Ergebnisse zeigten zufrieden stellende Korrelationen mit den Testergebnissen des konventionellen Testverfahrens. Die Machbarkeitsstudie bestätigte die Durchführbarkeit der Automatisation des Tests und der Kopplung mit Robotersystemen der kombinatorischen Chemie. Die Ansatzgröße des Algenzellvermehrungshemmtest wurde soweit verringert, dass die-ser auf 96-Well-Mikrotitrationsplatten mit einem Testvolumen von 200 µL durchgeführt werden kann. Dabei wurde darauf geachtet, dass die Gültigkeitskriterien der entsprechenden Normen eingehalten werden. Das Testverfahren wurde schließlich anhand von Referenztoxen sowie von Umweltproben validiert. Die Testresultate stimmen im Rahmen der Abweichungen biologischer Systeme mit dem herkömmlichen Testverfahren überein. Die Limitierung der Bestimmung der Algentoxizität leichtflüchtiger Verbindungen konnte aufgezeigt werden, wobei ein Schwellenwert abgeleitet wurde. Sowohl die Untersuchungen bei der Henkel KGaA als auch an der RWTH Aachen ergaben weitestgehend keinen signifikanten Einfluss von Oberflächeneffekten. Forschungsbedarf besteht noch im Bereich der Tenside und hydrophoben, stark toxischen Substanzen. Des Weiteren sollte im Bereich der Oberflächeneffekte zur Erhöhung der Akzeptanz des miniaturisierten Testverfahrens noch weitere chemisch-analytische Unter-suchungen angestrebt werden.
In Zusammenarbeit der Projektpartner wurde das miniaturisierte Testverfahren erfolgreich auf einen Prototypen des High-Throughput-Algentests übertragen. Dazu wurden für den Automatenprototypen sowohl der Mikrotitrationsplattenschüttler PolyShake als auch die Beleuchtungseinheit entwickelt und hergestellt. Während der Dauerbelastung wurden mechanische und elektronische Probleme der Schüttler diagnostiziert und beseitigt. Daneben wurden für den Prototypen des High-Throughput-Algentests mehrere Einzelkomponenten entwickelt, wie z. B. abnehmbare Deckel für die Mikrotitrationsplatten. Die An-steuerung aller Komponenten wurde in die neu entwickelte Software BioLaneTM Supervisor integriert. Die Zuverlässigkeit des Prototypen wurde im Laboralltag getestet. Technische Probleme ergaben sich zum Ende des Projekts beim Liquid-Handling, so dass in diesem Bereich weiterer Handlungsbedarf besteht. Die Inkubation am Prototypen des High-Throughput-Algentests wurde anhand zahlreicher Chemi-kalien unterschiedlichster physikalisch-chemischer Eigenschaften validiert. Aus diesen Ergebnissen wird ersichtlich, dass der Prototyp des High-Throughput-Algentests konform mit dem konventionellen Testverfahren ist.
Von den Hardware-Komponenten eignet sich der Mikrotitrationsplattenschüttler PolyShake und das Liquid-Handling-System zur weiteren Verwendung außerhalb den in diesem Projekt gestellten Anforderungen. Zurzeit sind auf dem Markt keine dem PolyShake entsprechenden Geräte erhältlich, bei denen neben dem Schütteln eine Temperierung möglich ist. Das neue Konzept der Pipettierung ist eine preislich gute Alternative zu herkömmlichen eigenständigen Pipettierautomaten, wobei mit dem hier eingesetzten Roboter dieser gleichzeitig auch für andere Handhabungsaufgaben zur Verfügung steht. Bereits erfolgreich in anderen Projekten der Hölle & Hüttner AG eingesetzt wurde die Steuerungs-Software BioLane™ Supervisor. Da die Software vollständig unabhängig von der Art und der Anzahl der verwendeten Geräte ist, kann sie für viele technische Applikationen verwendet werden. Mit BioLane™ Supervisor wurde eine Software entwickelt, die weit über die ursprünglichen Projektanforderungen hinausgeht.Mit dem High-Throughput-Algentest können neben dem routinemäßigen Einsatz von Referenztoxen eine größere Anzahl von Konzentrationen und Parallelen mitgeführt werden. Damit wird die Variabilität und Wiederholbarkeit des Testsystems Algenzellvermehrungshemmtest erhöht. Die Einsatzmöglichkeiten des High-Throughput-Algentests wurden aufgezeigt und beschrieben. Dabei sind insbesondere Untersuchungen interessant, bei denen eine große Anzahl von Proben auftreten. So kann das Testverfahren zur Aufklärung von Kombinationswirkungen oder bereits in der Entwicklungsphase von neuen Chemikalien eingesetzt werden, wie am Beispiel von Proben aus der Pilotanlage der kombinatorischen Chemie der Henkel KGaA beschrieben wurde.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Die Ergebnisse mit dem nicht-automatisierten 24-Well und 96-Well Algentest wurden auf der 72. Sitzung des DIN Arbeitskreises 5.1
Bioteste am 03./04.05.01 präsentiert. Im Laufe der Diskussion wurde bestätigt, dass die Mikrotitrationsplattenteste den Anforderungen der beiden DIN-Normen 38412 L9 und L33 entsprechen. Methodisch bedingte Abweichungen bei den Testresultaten sollten jedoch untersucht werden. In Zusammenarbeit mit dem Audiovisuellen Medienzentrum (AVMZ) des Universitätsklinikums Aa-chen wurde ein Film über den HT-Algentest sowohl in deutscher als auch englischer Sprache produziert. Zurzeit wird ein Faltblatt des Prototypen hergestellt. Daneben wurden die Ergebnisse des Projekts in einer Publikation sowie auf nationalen und internationalen Tagungen mit Vorträgen und Postern der Öffentlichkeit vorgestellt:
- Vortrag auf der 6. Deutschsprachigen SETAC-Tagung Ökotoxikologie und Ökologie in Ballungsräumen - global denken - lokal handeln, Berlin, 2001.
- Poster auf der GDCh-Jahrestagung Chemie, Würzburg, 2001.
- Poster auf dem 12th Annual Meeting SETAC Europe: Challenges in environmental risk assessment and modelling: linking basic and applied research, Wien (Österreich), 2002.
- Poster auf dem 3rd European Meeting on Environmental Chemisty, Genf (Schweiz), 2002.
- Poster auf dem Bioforum 2003, Lüttich (Belgien), 2003.
- Vortrag auf dem 11th International Symposium on Toxicity Assessment, Wilnius (Lettland), 2003.
- Eisenträger, A., Dott, W., Klein, J. & Hahn, S. (2003): Comparative studies on algal toxicity testing using fluorometric microplate and Erlenmeyer flask growth-inhibition assays. Ecotoxicology and Environmental Safety 54: 346-354.


Fazit

In diesem Kooperationsprojekt wurde ein automatisierter High-Throughput-Algentest entwickelt, der konform mit den international und national gültigen Normen ist. Damit konnte das Hauptziel des Projekts erreicht werden. Aus den Ergebnissen folgt aber ein weiterer Forschungs- und Entwicklungsbedarf, um die Akzeptanz des miniaturisierten Testverfahrens zu erhöhen. Es steht ein Messgerät zur Verfügung, das einen wesentlichen Beitrag zum vorsorgenden und nachhaltigen Umweltschutz liefern kann.

Übersicht

Fördersumme

333.613,35 €

Förderzeitraum

01.07.2000 - 31.03.2003

Bundesland

Nordrhein-Westfalen

Schlagwörter

Klimaschutz
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik