Projekt 16393/01

Modellhafte Anwendung und Weiterentwicklung von Schutzüberzügen und Korrosionsinhibitoren zur Konservierung des umweltgeschädigten barocken Chorgitters im Osnabrücker Dom

Projektträger

Deutsches Bergbau-MuseumForschungsbereich Denkmalschutz/Materialkunde
Herner Str. 45
44787 Bochum
Telefon: 0234/968-4032

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Der Dom St. Petrus zu Osnabrück beherbergt ein wertvolles Kleinod barocker Schmiedekunst, das perspektivisch gestaltete Chorgitter von 1664. Die barocke Farbfassung ist jedoch an vielen Stellen durch Korrosionsprodukte vom Untergrund abgetrennt und geht schollenartig verloren. Die Konservierungsmaßnahme wirft besonders bei der Behandlung der Korrosionsphänomene eine Reihe nicht geklärter Fragen auf, für die in Laborprüfungen Lösungsansätze gefunden werden sollen. Dazu gehört vor allem eine starke Verminderung des Korrosionsfortschrittes bei gleichzeitigem Erhalt der z. T. unterrosteten Originalfassung. Die Umsetzung in der eigentlichen Maßnahme soll dann die Möglichkeiten der vielversprechenden Produkte und Techniken bei der Erhaltung des gefassten Objektes aufzeigen.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDie Entwicklungsaspekte des Vorhabens lassen sich in drei große Bereiche unterteilen:
a) Schutzüberzug für Gitterbereiche ohne Fassungsreste (besonders Gitterrückseite):
Bei Korrosionsflächen ohne Fassung soll ein bestehendes Konzept, zweischichtiger Acrylataufbau und Wachsabschluss, mit Lacksystemen aus einem weiteren DBU-Vorhaben (Az. 06834) in Laborbelastungstests verglichen werden (incl. Zink und Glasflakes als mögliche Pigmentierung). Als Prüfverfahren sind Kondenswasser-Konstantklimatest und moderater Temperaturwechsel-Test mit Betauung vorgesehen.
b) Einsatz von korrosionsinhibierenden Substanzen:
Für die Erhaltung der unterrosteten Originalfarbschichten auf der Gittervorderseite sollen Beschichtungsstoffe getestet werden, die die Malschichten hinterwandern können. Neben anderen penetrierfähigen Substanzen mit passivierender Wirkung soll Tannin auf seine Wirksamkeit hin untersucht werden.
c) Schutzüberzug der vorhandenen originalen Farbschichten:
Im Anschluss an eine Behandlung mit einem Inhibitor ist die Beschichtung der Originalfassung mit einem transparenten Decksystem notwendig. Diese Deckschicht muss dabei die Möglichkeit anschließender Retuschen erlauben, selbstverständlich mit der originalen Ölfarbe verträglich und reversibel sein.
Bei der Umsetzung in die eigentliche Maßnahme soll neben den reinen Korrosionsschutzaspekten auch die optische Beeinflussung durch die Beschichtungsmaterialien berücksichtigt werden.


Ergebnisse und Diskussion

Die Arbeiten (Planung und Ausführung) am Chorgitter fanden in enger Abstimmung von Eigentümer, Denkmalpflege, Restaurierungswerkstatt und materialkundlicher/naturwissenschaftlicher Begleitung statt. Alle Arbeitsschritte wurden in dieser Projektgruppe vorbesprochen, in ihrer Ausführung begleitet und danach begutachtet. Eine in die Zukunft gerichtete Begutachtung der Wirksamkeit der Maßnahmen ist angedacht.
Die Chorgitter wurden nach einer partiellen Festigung loser Farbschollen mittels Cyclododecan in Osnabrück demontiert und in die Werkstatt der Fa. Haber & Brandner gebracht. Dort wurde die verbesserte Zugänglichkeit im ersten Schritt für eine Detailaufnahme des Erhaltungszustandes und einer daraus abgeleiteten Maßnahmenentwicklung genutzt. Erfasst wurden: herstellungstechnische Merkmale, Aufbau der originalen Farbfassung, Altreparaturen sowohl im Hinblick auf materialtechnische Ergänzungen wie auch die Erneuerung der Farbfassung und eine Überprüfung des Schadensbefundes.
Entgegen der ursprünglichen Meinung konnten auf der Gitterrückseite unter dem monochromen, grauen Deckauftrag noch Reste der barocken Fassung festgestellt werden. Auf Grund des schlechten Erhaltungszustandes wurde allerdings beschlossen, hier auf eine Freilegung zu verzichten und so keine weiteren Verluste (durch eine schwierige Abnahme der Übermalung) zu verursachen. Als Konsequenz wurde daher festgelegt, die Vorderseite mit der sichtbaren, in großen Teilen erhaltenen barocken Fassung vorsichtig zu ergänzen und mit einem neuen transparenten Schutzüberzug zu versehen, die Rückseite in ihrer monochromen Fassung beizubehalten und ganzflächig zu überfassen. Um den störenden, verbräunten Firnis auf beiden Seiten zu entfernen, wurde ein kombiniertes mechanisch/chemisches Freilegungsverfahren entwickelt. Der bestehende Firnis wurde mit Edelstahl-Zirkularbürsten ausgedünnt und/oder durch Feinstrahlen mit Kunststoffgranulat aufgeraut. Auf der Vorderseite konnte die restliche, dünne Firnisschicht danach vorsichtig mit Ethanol (bewirkte Aufquellen) unter Verwendung von Wattestäbchen gereinigt werden. Auf der Rückseite wurde der Firnis nur ausgedünnt und aufgeraut, um einen tragfähigen Untergrund für eine pigmentierte, neue Fassung zu liefern. Partien mit lose aufliegenden Korrosions-schichten wurden ebenfalls mechanisch (Bürsten, Glasfaserradierer, Skalpell, Feinstrahlgerät) gereinigt. Starke Korrosionsherde wurden so weit als möglich ausgeräumt, Restrost wurde belassen. Notwendige Ergänzungen und mechanische Stabilisierung wurden fachgerecht ausgeführt.
Die naturwissenschaftlichen Untersuchungen konzentrierten sich parallel darauf, geeignete Substanzen für die verschiedenen Bearbeitungsbereiche zu finden. Verschiedenste Substanzen wurden auf Testble-chen in einem beschleunigten Prüfverfahren (Kondenswasser-Konstantklima (DIN 50017)) auf ihre Dauerhaftigkeit untersucht sowie ihre Verträglichkeit untereinander und mit der bestehenden Fassung getestet. Für die Behandlung der offenen Korrosionsstellen vor allem in schwer zugänglichen Überlappungszonen wurden gut penetrierende Substanzen gesucht. Als bestgeeignete Substanz erwies sich ein durch Feuchte ausreagierendes, sehr dünnflüssiges Einkomponenten-Polyurethan-System. Auf Grund der unerwünschten Farbreaktion wurde hier auf Tannin als Inhibitor verzichtet. Um die offenliegende barocke Fassung auf der Gittervorderseite zu erhalten wurde als transparente Schutzschicht letztlich ein Acrylat (Paraloid B72) gewählt. Durch dieses reversibel zu entfernende Material bleibt die Möglichkeit zur späteren, erneuten Freilegung der originalen Fassung erhalten. Da auf der Rückseite keine Freilegung erfolgte, wurde auf die verbliebene, ausgedünnte Firnisschicht eine reversible Trennschicht (Acrylat) und darauf ein grauer Standard-Grundprimer (Alkydharz/PVC) aufgebracht. Auf beiden Gitterseiten wurde eine Retusche (Acrylatsystemen) zur Farbanpassung vorgenommen. Auf der Gittervorderseite erfolgte diese sehr sparsam, nur um Fehlstellen, die optisch störend wirkten, auszugleichen (Lascaux Transparentlack 575). Auf der Rückseite wurde ein optisch ansprechender Grauton durch Polymer Varnish w/UVLS-Satin (leicht pigmentiert mit Trockenpigmenten) erreicht. Als verschleißende Deckschicht mit der zusätzlichen Aufgabe einer Oberflächenmattierung wurde ein mikrokristallines Wachs (Cosmoloid H 80) aufgebracht.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Die Arbeiten wurden zusammenfassend in den Zeitschriften RESTAURO (1/2000, S. 7) und das Münster (2/2000, S. 179-180) präsentiert. Eine umfangreiche Ergebnispublikation unter Einbeziehung weiterer Fachartikel ist unter dem Titel Konservierung von gefasstem Eisen durch das NLD für 2001 geplant. Die Ergebnisse sollen auch auf der Dombaumeister-Tagung 2003 in Osnabrück vorgestellt werden.


Fazit

Die Zusammenarbeit im vorliegenden Vorhaben hat die Chancen einer interdisziplinär agierenden Restaurierungsgruppe auch für die Aspekte der Metallrestaurierung deutlich aufgezeigt. Die gezielte und durch begleitende Versuche abgesicherte Auswahl von Restaurierungs- bzw. Konservierungsstoffen unter Berücksichtigung von Materialzustand und zu erwartende Umwelteinflüsse verspricht sowohl einen hohen Schutz des Objektes wie auch eine größtmögliche Erhaltung der originalen Substanz.

Übersicht

Fördersumme

43.509,92 €

Förderzeitraum

19.04.1999 - 03.12.2001

Internet

www.bergbaumuseum.de

Bundesland

Niedersachsen

Schlagwörter

Umwelttechnik