Projekt 15851/01

Erarbeitung von modellhaften Aufbewahrungsbedingungen und Restaurierungsmethoden für stark umweltgefährdete archäologische Gläser national bedeutender Sammlungen

Projektträger

Verband der Landesarchäologen in der Bundesrepublik Deutschland Landesdenkmalamt Baden-Württemberg
Berliner Str. 12
73728 Esslingen
Telefon: 0711/66463100

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Ziel dieses Vorhabens war die Erarbeitung von modellhaften Aufbewahrungsbedingungen und Restaurierungsmethoden für stark umweltgefährdete archäologische Gläser. Die praxisrelevanten Fragen wurden von Restauratoren des Römisch-Germanischen Museums in Köln und des Landesdenkmalamtes in Stuttgart formuliert. Die naturwissenschaftlichen Untersuchungen wurden am Fraunhofer-Institut für Silicatforschung ISC durchgeführt.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDas Arbeitsprogramm gliederte sich in vier wichtige Teilschritte:
1. Analyse von Originalgläsern verschiedener Perioden (chemische Zusammensetzung, Schadensbilder)
2. Herstellung von Modellproben (Herstellung vorgeschädigter Gläser)
3. Optimierung von Aufbewahrungsbedingungen (Bewertung der Umweltbedingungen in Depoträumen und Vitrinen und deren Auswirkung auf vorgeschädigte Gläser)
4. Bewertung von Reinigungsmethoden und Konservierungsmaterialien (Klebstoffe, Festigungsmittel, Ergänzungsmaterialien).
Außerdem enthielt das Arbeitsprogramm: Organisation eines Kolloquiums, einer öffentlichen Abschlussveranstaltung sowie die Veröffentlichung der Ergebnisse.


Ergebnisse und Diskussion

Durch die Zeit, die antike Gläser im Boden verbracht haben, wurden sie zwar vor der vollständigen Zerstörung bewahrt, aber dennoch sind die Fundstücke durch die Einflüsse der Bodenlagerung auf verschiedene Arten geschädigt und teilweise stark korrodiert.
Archäologische Glasfunde zeigen komplexe, andersgeartete und zum Teil weitreichendere Schädigungen als beispielsweise mittelalterliches Fensterglas (Kirchenfenster). So können lamellenartige Korrosionsphänomene auftreten oder die Glassubstanz bis zum Kern durchkorrodiert sein. An den ausgewählten Originalproben konnten neue Einblicke in die Struktur der Oberfläche und in die Morphologie von Verwitterungsschichten gewonnen werden.
Schadensbilder archäologischer Gläser sind so vielfältig, dass sie keinen systematischen Ansatz zulassen, der aufzeigen könnte, welche Bodenbedingungen oder welche Glasparameter zu bestimmten Schäden führen. Im Labor können komplexe Vorgänge hingegen vereinfacht werden. Für das Versuchsprogramm wurden verschiedene Modellgläser, Bodentypen und Additive ausgewählt. Trotz der zahlreichen Versuche kann dies nur als ein Ausschnitt der Realbindungen betrachtet werden.
Geringe Unterschiede im pH-Wert des Bodens können zu einer Änderung des Verwitterungsmechanismus führen und damit völlig veränderte Schadensbilder erzeugen. Außerdem führen kleine Änderungen in der Zusammensetzung der Gläser wiederum zu anderen Schadensbildern. Dies erklärt, dass bei Grabungen selbst im gleichen Fundkomplex Gläser mit sehr unterschiedlichem Erhaltungszustand aufgefunden werden. Dies erklärt auch, dass manchmal sogar auf dem gleichen Fragment kaum bewitterte Teile bzw. stark verwitterte Stellen nebeneinander dokumentiert werden.
Ein weiterer interessanter Aspekt, den man nur im Laborversuch verfolgen kann, ist die Entwicklung der Schadensbilder mit der Zeit. Es gibt Gläser, die sich innerhalb weniger Monate im Boden stabilisieren, indem sie eine ausgelaugte Verwitterungsschicht mit Kruste aufbauen. Für andere Modellgläser wurde gezeigt, dass sie sich kontinuierlich abschälen und immer dünner werden.
Insbesondere der Zeitraum direkt nach der Bergung ist kritisch für das Glas. Durch die Änderung des umgebenden Milieus kann sich innerhalb von Stunden das Schadensbild durch die Störung des Feuchtehaushalts drastisch verschlechtern. Weitere Veränderungen sind auch bei der Aufbewahrung der Objekte in den Ausstellungsräumen von Museen oder in Magazinen möglich.
An Frischfunden konnten gezeigt werden, dass Abplatzungen innerhalb weniger Wochen auftreten, vor allem wenn die relative Feuchte unter 50 % sinkt. Zu feuchte Bedingungen (über 70 %) führen allerdings zu einem Korrosionsfortschritt an empfindlichen Gläsern.
Auch wenn die untersuchten Frischfunde keinen repräsentativen Querschnitt bieten, so soll doch erwähnt werden, dass nur 2 von 10 Proben empfindlich reagierten. Gläser ohne oder mit dünner Verwitterungsschicht sind relativ stabil und unkritisch bei der Erstbehandlung.
Auch bei der Reinigung und Konservierung muss zwischen wenig / kaum geschädigten und stark geschädigten Gläsern unterschieden werden.Versuche an Modellgläsern haben gezeigt, dass eine Behandlung mit Säuren zwar zu einer Aufhellung von Gläsern, aber auch zu gravierenden Schäden führt. Ein drastischer Abtrag der Oberfläche ist gefährlich für empfindliche Gläser, auch bei Anwendung mechanischer Methoden.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Aus diesem Projekt sind bisher 12 Veröffentlichungen und 17 Tagungsbeiträge hervorgegangen. Die Ergebnisse wurden im Rahmen eines Kolloquiums vom 24. - 25.07.2003 in Köln einer breiten Öffentlichkeit vorgestellt.


Fazit

Das Forschungsprojekt Archäologisches Glas widmete sich 3 Jahre lang der Bewertung von Reinigungsmethoden, von Konservierungsmaterialien und von Aufbewahrungsbedingungen für Glasobjekte. Zum ersten Mal wurden in Deutschland in interdisziplinärer Zusammenarbeit von Naturwissenschaftlern, Archäologen und Restauratoren die einzelnen Schritte von der Ausgrabung bis hin zur Ausstellung von Gläsern untersucht. Neue Lösungswege im Umgang mit diesen empfindlichen Objekten können jetzt aufgezeigt werden.

Übersicht

Fördersumme

349.851,47 €

Förderzeitraum

01.07.2000 - 31.08.2003

Bundesland

Baden-Württemberg

Schlagwörter

Landnutzung
Ressourcenschonung
Umwelttechnik