Projekt 15599/01

Berücksichtigung genetischer Aspekte im Waldbau – Durchforstungsempfehlungen für die Praxis

Projektträger

Nordwestdeutsche Forstliche Versuchsanstalt Abt. C - Waldgenressourcen
Professor-Oelkers-Str. 6
34346 Hann Münden
Telefon: 05541/7004-0

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Waldbauliche Eingriffe werden im Allgemeinen nach ökonomischen, ertragskundlichen und ökologischen Parametern vorgenommen. Über die Auswirkungen solcher Maßnahmen auf die genetische Struktur der Bestände ist wenig bekannt. Um langfristig stabile und anpassungsfähige Bestände zu erziehen, ist es notwendig, das genetische System möglichst wenig zu beeinträchtigen. Bestimmte Durchforstungsarten könnten sich allerdings selektiv auf die genetischen Strukturen auswirken. Zielsetzung dieses Projektes ist es daher, Auswirkungen verschiedener Durchforstungsarten und -grade an der Baumart Buche zu quantifizieren und daraus Handlungsempfehlungen für die Bestandesbehandlung herzuleiten.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenGenetische Untersuchungen (Isoenzymanalysen) wurden an jeder Buche von sieben Versuchsbeständen durchgeführt (drei Flächen in Niedersachsen, zwei Flächen in Rheinland-Pfalz und zwei Flächen in Sachsen), von denen fünf Versuchsflächen gleichzeitig Gegenstand waldbaulichertragskundlicher Ana-lysen sind. Dadurch konnten die genetische Daten mit waldbaulichen Merkmalen verknüpft werden. Die Flächen sind unterteilt in verschiedene Behandlungsvarianten. In jedem Bestand wurden drei bzw. zwei waldbaulich unterschiedlich behandelte Parzellen ausgewählt. Folgende Isoenzym-Genorte wurden be-trachtet: AAT-B, IDH-A, MDH-A, MNR-A, PGI-B, PGM-A, 6PGDH-A und zudem nur in einigen Flächen ACO-A, ADH-A, LAP-A, SKDH-A (MÜLLER-STARCK & STARKE, 1993). Aus den genetischen Informationen wurden die genetischen Variationsmaße Vielfalt, Diversität, Differenzierung, Heterozygotie und der genetischer Abstand berechnet.
In der ersten Phase des Projektes wurden waldbaulich jeweils unterschiedlich behandelte Parzellen und eine Nullparzelle ohne Behandlung im Hinblick auf ihre genetischen Strukturen miteinander verglichen. Daneben wurden die beobachteten Genotypen auf ihre zufällige Verteilung innerhalb der Fläche geprüft. Dabei hat sich gezeigt, dass genetische Varianten nicht zwangsläufig zufallsverteilt vorkommen. Die beobachteten genetischen Unterschiede zwischen behandelten und unbehandelten Parzellen können des-halb nicht ausschließlich auf die Art und Stärke der Durchforstungen zurückgeführt werden. Neben der Durchforstung scheinen insbesondere Klumpungen genetischer Varianten bzw. kleinräumige Variationsmuster (Familienstrukturen) für das Ausmaß der Differenzierung verantwortlich zu sein. Deshalb wurde in der zweiten Projektphase dazu übergegangen, die genetischen Effekte von Durchforstungen anhand von Simulationen auf einer Fläche (Nullparzelle) zu ermitteln.
Im Rahmen der Simulationen wurde in den jeweiligen Nullparzellen das Z-Baum-Kollektiv mit den Entnahmebäumen im Falle einer Z-Baum-orientierten Hochdurchforstung hinsichtlich der genetischen Strukturen miteinander verglichen. Zudem wurden Vergleiche der genetischen Strukturen des Bestandes vor und nach einem Durchforstungseingriff (Z-Baum-orientierte Hochdurchforstung, qualitative Gruppendurchforstung, Zielstärkennutzung) durchgeführt, wobei je nach Versuchsfläche und Durchforstungsart bis zu drei verschiedene Eingriffsstärken (mäßig, stark, sehr stark) Berücksichtigung fanden.


Ergebnisse und Diskussion

Räumliche Verteilung genetischer StrukturenDie Ermittlung der Clark-Evans-Indices ergab, dass Klumpungen genetischer Varianten in allen Parzellen auftreten, wobei nicht in jeder Parzelle die gleichen Genorte betroffen waren. Vorwiegend handelt es sich dabei um Allele, die mit relativ geringen Häufigkeiten auftreten. Mit Ausnahme des Genortes AAT-B kommen an allen untersuchten Genorten nicht zufällig verteilte Genotypen bzw. Allele vor.
Vergleich waldbaulich unterschiedlich behandelter Parzellen
Die Diversitätswerte schwanken mit npool: 1,423 bis 1,596 in einer relativ engen Spanne und deuten nicht auf wesentliche Unterschiede zwischen den unterschiedlich behandelten Parzellen hin. Hinsichtlich der Heterozygotie ist kein einheitlicher Trend über die fünf Flächen in Bezug auf die Durchforstungsmaßnahmen zu beobachten. Die genetischen Abstände zwischen den unterschiedlich behandelten Parzellen für die fünf Versuchsflächen liegen in einem Bereich von 3,0 % und 7,2 % (Allele).
Simulation: Vergleich verschiedener Durchforstungsvarianten
Bei dem Vergleich der genetischen Strukturen vor und nach einem Durchforstungseingriff wies der nach der Durchforstung verbleibende Bestand ähnliche Diversitäts-, Differenzierungs- und Heterozygotiewerte auf wie der Bestand vor der Durchforstung. Auch die Werte des genetischen Abstandes sind mit bis zu 1,5 % (Allele) sehr gering. Bei den extremen Durchforstungsvarianten kam es in den meisten Fällen zu einer Abnahme von Allelen. Betroffen sind davon durchweg seltene Allele. Auch für den Vergleich der jeweiligen Entnahmebäume mit den Z-Bäumen ließ sich feststellen, dass die Anzahl der Allele in den Entnahmekollektiven etwas höher ist. Bei den Allelen, die ausschließlich in den Entnahmekollektiven der sehr starken Durchforstung vorhanden sind, handelt es sich auch vorwiegend um Allele mit Häufigkeiten von unter 5 %. Die Diversitäts- und Differenzierungsmaße der ausgewählten Z-Bäume zeigen im Vergleich zu den potenziellen Entnahmebäumen ähnliche Trends in den Genpoolwerten auf. Allerdings lassen die genetischen Abstände teilweise verhältnismäßig große Unterschiede erkennen (bis zu 10,7 % für Allele). Die größten Unterschiede traten dabei in allen Versuchsflächen zwischen den Z-Baum-Kollektiven und den Entnahmekollektiven nach mäßiger Durchforstung auf.
Interaktion Genotyp - Phänotyp
Der genetische Vergleich von zwieseligen und wipfelschäftigen Bäumen sowie zwischen den Baumklassen-Gruppen BKL2, BKL3, BKL4 ergab nur geringe Unterschiede zwischen den berechneten genetischen Parametern Heterozygotie, Diversität und allelische Vielfalt. Die zu vergleichenden Kollektive ließen jeweils ähnliche Häufigkeitsverteilungen der Allele erkennen. Hinsichtlich einer möglichen Interaktion zwischen Genotyp und BHD konnte für einzelne Genotypen eine signifikante Beziehung ermittelt werden. In Uslar und Unterlüss weisen beispielsweise an dem Genort 6PGDH-A die homozygoten Träger des selteneren Allels A3 mit 15,2 cm die signifikant stärkeren Durchmesser auf. Trotzdem kann nicht von einer adaptiven Wirkung der untersuchten Genmarker auf die Durchmesserentwicklung ausgegangen werden. Es ließ sich keine eindeutige Beziehung zwischen dem Durchmesser und den genetischen Strukturen über alle Versuchsflächen hinweg nachweisen.
Schlussfolgerungen
· Insgesamt betrachtet scheinen einmalige Pflegeeingriffe anhand der vorliegenden Untersuchungsergebnisse einen eher geringen Einfluss auf die genetischen Strukturen von Buchenbeständen bzw. geringe Selektionswirkungen zu haben.
· Außerdem ist kein Trend zu erkennen, dass mit Zunahme der Durchforstungsstärke die genetische Variation wesentlich geringer wird.
· In der vorliegenden Untersuchung hätte die Entnahme von zwieseligen Individuen sowie von Individuen einer bestimmten soziologischen Gruppe keine gerichtete Veränderung an den untersuchten Genorten zur Folge.
· Auch die Entnahme der qualitativ guten und starken Bäume (Wertträger) im Zuge der Zielstärkennutzung hat keine wesentlichen Auswirkungen auf die genetischen Strukturen des verbleibenden Bestandes und folglich auch auf die des Folgebestandes an den untersuchten Genorten.
· Geht man allerdings von regelmäßigen, immer wiederkehrenden Durchforstungsmaßnahmen aus und betrachtet man dabei einen Zeitraum von mehreren Jahrzehnten, kann aufgrund dieser Ergebnisse nicht völlig ausgeschlossen werden, dass es zu einer Einengung der genetischen Variation kommen kann.
· Eine gleichmäßige Entnahme von Bäumen über die Fläche reduziert für seltene Allele, die vorwiegend geklumpt vorkommen, die Gefahr, dass sie als Gruppe entnommen werden.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

· Effects of different silvicultural treatments on the genetic structure of European beech populations. Douna-vi, K., Steiner, W., Maurer, W.D. (2002)
· Untersuchungen waldbaulicher Einflüsse auf die genetische Struktur naturverjüngter Buchenbestände. Schüte, G. und Rumpf, H. (2003)
· Posterbeitrag auf der Tagung 2 Jahrzehnte Genressourcenforschung in Rheinland-Pfalz, Oktober 2003
geplant:
· Publikation der Endergebnisse
· Vorstellung der Endergebnisse auf der Tagung Forum Genetik - Wald - Forstwirtschaft in Teisendorf, September 2004


Fazit

Mit den max. 10 analysierten Isoenzym-Genorten wurde nur ein sehr kleiner Ausschnitt aus dem Genom der Buchen untersucht. Daher kann nicht ausgeschlossen werden, dass sich waldbauliche Eingriffe auf andere Genorte auswirken. Es empfiehlt sich, den Einfluss von waldbaulichen Maßnahmen auf die genetischen Strukturen zusätzlich mit dem Einsatz von molekularen Markern zu quantifizieren.

Übersicht

Fördersumme

239.830,15 €

Förderzeitraum

15.09.2000 - 31.03.2004

Internet

www.nw-fva.de

Bundesland

Niedersachsen

Schlagwörter

Landnutzung
Naturschutz