Projekt 15071/01

Biogasgewinnung aus Gülle, organischen Abfällen und aus angebauter Biomasse – eine technische, ökologische und ökonomische Analyse

Projektträger

Deutsches BiomasseForschungsZentrum gGmbH
Torgauer Str. 116
04347 Leipzig
Telefon: 0341/2434-0

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Vor dem Hintergrund der Anstrengungen der Europäische Union die Verdoppelung des Anteils erneuerbarer Energien an der Energiebereitstellung auf 12 % bis zum Jahr 2010 (Referenzjahr: 1995) zu realisieren, soll der Anteil der Biomasse überdurchschnittlich wachsen. Durch die Auflage des Marktanreizprogramms zur Förderung von Maßnahmen zur Nutzung erneuerbarer Energien (MAP) im Jahr 1999 und das Inkrafttreten des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) am 1. April 2000 wurden in der Bundesrepublik Deutschland Instrumente geschaffen, die der Umsetzung der europäischen Zielvorgaben dienen. Notwendig ist in diesem Zusammenhang somit eine Gesamtbewertung der sich abzeichnenden Trends hinsichtlich Fertigung und Errichtung von Biogasanlagen und Komponenten. Das Projekt hat folglich das Ziel, einen Einblick in verschiedene Bereiche der Biogastechnologie zu vermitteln. Unter Berücksichtigung der aktuellen Potenziale an organischen Stoffströmen und verschiedener Technikoptionen wird versucht, anhand repräsentativer und praxisnaher Beispiele technische und wirtschaftliche Möglichkeiten sowie Grenzen der Biogasgewinnung und -nutzung in Deutschland darzustellen. Hierdurch soll einem Informationsbedürfnis in der Öffentlichkeit Rechnung getragen werden. Des Weiteren soll eine Datenbasis geschaffen werden, die für potenzielle Investoren, Betreiber, Planer und Genehmigungsbehörden bei Entscheidungen bezüglich der Realisierung und des Betriebs von Biogasanlagen hilfreich sein kann. Die erarbeiteten Informationen werden anschließend der interessierten Öffentlichkeit zugänglich gemacht.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDie nachfolgend zusammengestellten Arbeitsschritte wurden im Rahmen dieses Projektes realisiert.
- Erhebung und Charakterisierung der in Deutschland zur Verfügung stehenden Substrate auf der Ebene einzelner Bundesländer.
- Zusammenstellung des aktuellen Standes der Technik landwirtschaftlicher Biogasanlagen durch praxisnahe Recherchen u. a. bei Anlagenherstellern und -betreibern.
- Darstellung des Standes der Nutzung von Biogas in Deutschland und in der EU.
- Prozesstechnische Analyse zur Darstellung nutzbarer technischer bzw. systemtechnischer Kenngrößen
- Ökonomische Analyse verschiedener Substrat-Anlagenkonfigurationen und Parametervariationen
- Ökologische Analyse anhand der Erarbeitung von


Ergebnisse und Diskussion

Potenziale
Die im wesentlichen im landwirtschaftlichen Sektor bestehenden technischen Potenziale der Biogasgewinnung in Deutschland sind beachtlich und energiewirtschaftlich relevant. Die Potenzialnutzung erfolgt dagegen derzeit noch auf einem nur sehr geringen Niveau von etwa 5%. Die im Rahmen der vorliegen-den Arbeit erhobenen Potenziale an nutzbaren Abfall- und Reststoffen betragen für die gesamte Bundesrepublik etwa 182 Mio. t. Der Anteil der Exkremente aus der Landwirtschaft ist mit etwa 75 % am höchsten. Durch energetische Umsetzung des daraus gewinnbaren Biogases ergibt sich ein Stromerzeugungspotenzial von rund 20 TWh pro Jahr (abzüglich Eigenverbrauch der Anlagen). Hierbei resultiert der größte Anteil aus den nachwachsenden Rohstoffen mit etwa 42 % und aus den tierischen Exkrementen mit etwa 41 %.
Stand der Technik
Die zur Erschließung dieser Potenziale eingesetzte Anlagentechnik hat sich in den letzten Jahren erheblich weiterentwickelt und ist verlässlicher sowie betriebssicherer geworden. Damit dieser Trend in den nächsten Jahren weiter anhält, sind jedoch weitere technische Fortschritte notwendig. Bei der Errichtung von Biogasanlagen ist eine deutliche Tendenz zur standardisierten Fabrikation und Montage erkennbar. Die Nutzung von Einrichtungen im Bestand sowie Eigenleistungen der Betreiber werden zunehmend durch den Einsatz von vorgefertigter Elemente verdrängt. Diese Entwicklungen trugen zur Erhöhung der Investitionen für Biogasanlagen bei. Mittelfristig ist - günstige Rahmenbedingungen vorausgesetzt - davon auszugehen, dass sich der Einsatz besserer Technik Effizienz steigernd und somit auch kostensenkend auswirkt. Abschließend kann geschlussfolgert werden, dass die in Biogasanlagen zum Einsatz kommende Verfahrens- und Energieerzeugungstechnik trotz bestehender Optimierungspotenziale grundsätzlich sowie weitestgehend ausgereift sowie praktikabel ist.
Stand der Nutzung
Seit dem Start des Marktanreizprogramms und dem Inkrafttreten des EEG stieg die Anzahl der Biogasanlagen ausgehend von etwa 850 in Betrieb befindlichen Anlagen zum Ende des Jahres 1999 auf über 1700 Anlagen im Sommer 2003. Hinsichtlich der Anlagenleistung ist ein deutlicher Trend hin zu größeren Leistungsbereichen erkennbar: Die durchschnittlich installierte elektrische Leistung pro Anlage betrug Ende 1999 etwa 53 kW. Dies ergab zum damaligen Zeitpunkt eine elektrische Gesamtleistung für alle Anlagen in Deutschland von etwa 45 MW. Für die seit 1999 neu errichteten Anlagen wurde eine mittlere Leistung von etwa 150 kW ermittelt. Mitte 2003 wird somit von einer durchschnittlichen elektrischen Leistung von über 100 kW und einer daraus resultierenden Gesamtleistung der Biogasanlagen in Deutschland von über 175 MW ausgegangen. Daraus resultiert für Biogasanlagen in Deutschland eine erzeugte Strommenge von etwa 1,1 TWh/a Strom und eine erzeugte Wärmemenge von etwa 6,5 bis 7,0 PJ/a. Im Jahr 2002 wurde in der Europäischen Union Biogas mit einem Gesamtenergieinhalt von etwa 31,1 TWh (inklusive Deponie- und Klärgas) produziert. Das entspricht rund 2,1 Mrd. Kubikmeter Biogas. Vom gesamten gewonnenen Biogas wird nicht einmal die Hälfte zur Produktion von Energie in Form von Strom, Wärme oder auch Kraftstoffen eingesetzt. Der Rest wird aus Mangel an wirtschaftlichen Alternati-ven über Notfackeln verbrannt. Es wird davon ausgegangen das 2002 europaweit etwa 12 TWh Energie aus Biogas (inklusive Klär- und Deponiegas) produziert wurden. Hinzu kommt noch die Energiemenge die in einzelnen Staaten bereits als Fahrzeugtreibstoff genutzt wird.
Prozesstechnische Analyse
Eine zentrale Problematik für zukünftige Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten sollte die Untersuchung der Vorgänge des eigentlichen mikrobiologischen Gärprozesses und der dran beteiligten Mikroorganismen sein. Nur auf der Basis dabei gewonnener Erkenntnisse kann es zukünftig gelingen diese Abläufe transparenter sowie verständlicher zu machen und somit für die Prozessführung zu nutzen. Oft fehlen hierzu wiederum einfach umzusetzende Regelkonzepte und kostengünstige Messeinrichtungen auf der Basis einiger, problemlos erfassbarer Größen. Die Etablierung weiterer Lösungsansätze auf dem Gebiet der Optimierung von Biogasanlagen und hier besonders bei der Überwachung, Steuerung, Regelung und Bilanzierung von Gärprozessen sind somit unumgänglich. Die gilt in ähnlicher Weise hinsichtlich der Charakterisierung und Bewertung von Verfahren, Anlagen und Prozessen der Biogastechnik. Prinzipiell existieren eine Anzahl geeigneter Parameter und Kenngrößen, die belastbare Aussagen hin-sichtlich der Qualität bzw. Effizienz von Biogasanlagen liefern können. Jedoch nur unter gleichzeitiger Verwendung von auslegungs- bzw. anlagentechnischen sowie prozesstechnischen Kenngrößen ist es möglich sinnvolle Bewertungen vorzunehmen und geeignete MSR- Techniken zu gestalten.
Ökonomische Analyse
Die Bewertung der Wirtschaftlichkeit von Biogasanlagen erfordert die Einbeziehung diverser Rand- und Rahmenbedingungen und hängt von diversen Einzelfaktoren bzw. deren Interpretation ab. Prinzipiell hängt die Wirtschaftlichkeit verschiedener Anlagenkonfigurationen von der Qualität und der Quantität der eingesetzten Gärsubstrate bzw. Substratgemische ab. Anhand der daraus resultierenden Leistungsfähig-keit einer Anlage ist die erste ökonomische Einschätzung des Anlagenbetriebs möglich. Im Leistungsbereich um 150 kW installierter elektrischer Leistung erreichen bzw. überschreiten unter den derzeit vorliegenden Rahmenbedingungen die meisten Anlagenkonfigurationen die Schwelle zum wirtschaftlichen Betrieb. Dies gilt z.B. für die Monovergärung von Rindergülle sowie die Kovergärung von hygienisch unbedenklichen Reststoffen von außerhalb der Landwirtschaft. Hier ist ein wirtschaftlich darstellbarer Betrieb bei Anlagenleistungen ab etwa 170 kW möglich. Anlagen zur Kovergärung von nachwachsenden Rohstoffen erreichen diese Schwelle in Leistungsbereichen um ca. 650 kW installierter elektrischer Leistung. Dies resultiert zuerst aus den hohen Bereitstellungskosten für nachwachsende Rohstoffe. Dahingegen erreichen Anlagen die hygienisch bedenkliche Rest- und Abfallstoffe als Kosubstrat einsetzen die Schwelle zur Wirtschaftlichkeit bereits in Leistungsklassen von etwa 100 kW. Relativ hohe Gasausbeuten der Substrate sowie einzuwerbende Entsorgungserlöse sind die Ursache dafür. Grundsätzlich ist es möglich den Betrieb von Anlagen die knapp unterhalb der Wirtschaftlichkeit arbeiten durch die gezielte Modi-fikation einzelner oder besser mehrerer Anlagenparameter wirtschaftlich zu gestalten. Hierzu zählen besonders die Absenkung der Anlageninvestitionen bzw. Betriebskosten, der Substratbereitstellungskosten sowie die Erhöhung der Biogasausbeuten der Substrate und der elektrischen Wirkungsgrade von BHKW. Des Weiteren sind die genaue Erfassung der anfallenden Wärmenergie und die verstärkte Erschließung von Möglichkeiten zu deren Nutzung unerlässlich, um die Wirtschaftlichkeit der Anlagen und nicht zuletzt auch die Akzeptanz der gesamten Technologie entscheidend zu steigern.
Ökologische Analyse
Hinsichtlich der Untersuchung ausgewählter Umwelteffekte der energetischen Nutzung von Biogas zeigen die Ergebnisse, dass diese spürbar zur Reduktion der energiebedingten Klimagasfreisetzungen und zur Einsparung von fossilen Energieträgern beitragen kann. Biogas weist im Vergleich mit weiteren Optionen der Stromerzeugung die geringsten Emissionen an klimawirksamen Substanzen sowie den geringsten Verbrauch an fossilen Energieträgern auf. Im Hinblick auf die Emissionen an versauernd wirkenden Gasen stellt eine Nutzung von Biogas jedoch eine Option dar, die durch vergleichsweise hohe Emissionen gekennzeichnet ist. Die Ergebnisse der Ökobilanz der Biogasnutzung werden wesentlich von den Werten für die Emissionen bei der Lagerung und Ausbringung von vergorener Gülle im Vergleich zu unvergorener Gülle bestimmt.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

In der Ausgabe des Magazins Erneuerbare Energien (Ausgabe 11/02) wurde ein Artikel publiziert, der die Ergebnisse des Zwischenberichts in komprimierter Form wiedergibt. Der Ergebnisse des Zwischenberichtes werden im Verlauf Projektes im Rahmen verschiedener Veranstaltung vorgetragen bzw. vorgestellt. Den Auftakt bildeten z. B. die Veranstaltung Fachgespräch - Biogasmärkte der Zukunft (C.A.R.M.E.N. e. V. in Straubing) und die VDI-Tagung Biogas- Energieträger der Zukunft in Leipzig . bereits während der Projektlaufzeit wurden Teilergebnisse aus dem Zwischenbericht mehrfach zitiert.


Fazit

Die im wesentlichen im landwirtschaftlichen Sektor bestehenden technischen Potenziale der Biogasgewinnung in Deutschland sind beachtlich und energiewirtschaftlich relevant. Die Potenzialnutzung erfolgt bisher jedoch auf einem nur sehr geringen Niveau. Die in Biogasanlagen zum Einsatz kommende Verfahrens- und Energieerzeugungstechnik ist trotz bestehender Optimierungspotenziale grundsätzlich und weitestgehend ausgereift sowie praktikabel. Mittelfristig ist davon auszugehen, dass der Einsatz hochwertigerer Technik spürbar zur Steigerung der Effizienz von Biogasanlagen beitragen wird und somit kostensenkend wirkt. Unter der Voraussetzung stabiler wirtschaftlicher und rechtlicher Rand- und Rahmenbedingungen wird sich der Anlagenbestand in Deutschland und Europa nach derzeitigen Abschätzungen kontinuierlich und auf einem stabilem Niveau weiter nach oben entwickeln. Die durchschnittlich installierte Leistung pro Anlage wird damit einhergehend ebenfalls weiter steigen. Eine zentrale Problematik für zukünftige Forschungsaktivitäten bleibt die Untersuchung der Vorgänge des eigentlichen mikrobiologischen Gärprozesses und der dran beteiligten Mikroorganismen. Ziel hierbei ist die Entwicklung geeigneter Steuerungs- und Regelkonzepte mittels kostengünstiger Messeinrichtungen auf der Basis weniger, problemlos erfassbarer Größen. Prinzipiell hängt die Wirtschaftlichkeit verschiedener Anlagenkonfigurationen von der Qualität und der Quantität der eingesetzten Gärsubstrate bzw. Substratgemische ab. Im Leistungsbereich um 150 kW installierter elektrischer Leistung erreichen bzw. überschreiten unter den derzeit vorliegenden Rahmenbedingungen die meisten Anlagenkonfigurationen die Schwelle zum wirtschaftlichen Betrieb. Eine Ausnahme hiervon stellt aufgrund der hohen Bereitstellungskosten für die Substrate die Kovergärung nachwachsender Rohstoffe dar. Grundsätzlich ist es möglich den Betrieb von Anlagen die knapp unterhalb der Wirtschaftlichkeit arbeiten durch die gezielte Modifikation einzelner oder besser mehrerer Anlagenparameter wirtschaftlich zu gestalten. Die energetischen Nutzung von Biogas trägt spürbar zur Reduktion der energiebedingten Klimagasfreisetzungen und zur Einsparung von fossilen Energieträgern bei. Im Vergleich mit weiteren Optionen der Stromerzeugung weist die Biogasgewinnung die geringsten Emissionen an klimawirksamen Substanzen auf. Im Hinblick auf die Emissionen an versauernd wirkenden Gasen ist sie durch vergleichsweise hohe Emissionen gekennzeichnet. Die augenscheinlichsten Fragestellungen für die nahe Zukunft werden im Umgang mit den Gärresten und der effektiveren Nutzung der im KWK-Prozess anfallenden Wärme gesehen.
Ungeachtet der mittelfristig noch zu lösenden Probleme stellt die Gewinnung und Nutzung von Biogas schon jetzt eine ausgereifte und marktgängige Technologie dar. Sie ist als eine vielversprechende Option zur Nutzung regenerativer Energien anzusehen, die in den nächsten Jahren verstärkt zu einer nachhaltigen Energiebereitstellung sowie zur Senkung der Emission von Treibhausgasen wird beitragen können.

Übersicht

Fördersumme

153.315,98 €

Förderzeitraum

03.09.2001 - 03.03.2003

Bundesland

Sachsen

Schlagwörter

Klimaschutz
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik