Projekt 14295/01

Kontrolle der Varroatose bei Honigbienen mittels Hyperthermie von verdeckelten Brutwaben in einem mobilen, mit Solarenergie betriebenen Gerät

Projektträger

Eberhard-Karls-Universität TübingenZoologisches Institut
Auf der Morgenstelle 28
72076 Tübingen
Telefon: 07071/29-74650

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Anlass für dieses Projekt sind Probleme bei der Kontrolle der Varroatose, seit etwa 30 Jahren weltweit das größte Problem der Bienenhaltung. Die in jedem Bienenvolk jährlich notwendige Bekämpfung der Milben wird überwiegend mit chemotherapeutischen Verfahren durchgeführt. Die dabei eingesetzten Mittel wie Ameisensäure und Acarizide sind für den anwendenden Imker nicht ungefährlich, außerdem gelangen Rückstände in das Wachs und auch in den Honig. Zugelassene Mittel werden wegen der Ausbildung von Resistenz der Milben gegen längere Zeit eingesetzte Wirkstoffe zudem vermehrt unwirksam. Daher sind alternative Methoden gefragt. Wir haben in unserem Institut die Hyperthermie von verdeckelten Bienenbrutwaben außerhalb des Volkes entwickelt. Bisher standen hierfür nur stationäre und netzbetriebene Hyperthermie-Geräte zur Verfügung. Zielsetzung des Vorhabens ist nunmehr die Entwicklung von tragbaren und netzunabhängigen, mit Solarenergie betriebenen Geräten, wie sie vor allem von Hobbyimkern gewünscht werden. Wir bezeichnen sie als Apitherm-Geräte.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenBislang existierten nur Werkstatt-Modelle für Solarversionen des Apitherm-Gerätes. Aus den Vorversuchen mit diesen Modellen wissen wir, dass die Luftführung über die zu behandelnden Waben und die sichere Einhaltung der Behandlungstemperatur verbessert werden mussten. Sowohl ein Kühlkreislauf als auch ein verbesserter Heizkreislauf sollten regeltechnisch aufeinander abgestimmt und getunt werden. In Zusammenarbeit mit Spezialfirmen sollten einige Varianten dieser Regelungen zusammen mit Geräte-Konstruktionen entwickelt werden. Vor allem muss eine hohe Temperatur-Konstanz im zentralen Luftraum der Geräte, wo die programmgesteuerte Überwärmung des Behandlungsgutes erfolgt, gewährleistet sein, um eine Schädigung der Bienenbrut auszuschließen. Die entwickelten Geräte-Varianten muss-ten zunächst in technischer Hinsicht und dann hinsichtlich der biologischen Wirkung getestet werden. Die technische Optimierung wurde an 3 Geräte-Varianten durchgeführt. Für die biologischen Experimente musste Bienenbrut verfügbar sein, dies konnte daher nur im Frühjahr und Sommer erfolgen. Um die Ursachen der Empfindlichkeit von Varroa-Milben gegen Überwärmung zu klären, wurde die Expression von Hitzeschock-Proteinen analysiert und mit den Reaktionen von Bienenpuppen verglichen. Um den Verlauf der Überwärmung zu verfolgen, wurden online-Registrierverfahren mit multiplem Einsatz von 20 oder mehr Thermofühlern entwickelt. Nach den erzielten Ergebnissen, insbesondere zur Warmluft-Führung im Bereich der zu behandelnden Brutwaben, wurden 2 Modellversionen beibehalten und konstruktiv verbessert. Ein wesentliches Ziel aller Entwicklungsarbeiten war neben einer einfachen Handhabbarkeit ein geringes Gewicht der Apitherm-Geräte, damit diese von den Imkern auch bei Bienenvölkern auf Außenständen problemlos eingesetzt werden können.


Ergebnisse und Diskussion

Folgende Projektlinien wurden als Varianten eines mobilen Apitherm-Gerätes verfolgt:
1. Leichtmetall-Kiste mit obendrauf montiertem Warmluftkollektor, elektrische Regelung.
2. Zelt mit drei Kammern für kühle, heiße und Behandlungs-Temperaturen, Luft mischbar.
3. Aufsatz in Form eines Deckels für Beuten aus Styropor, Warmluft wird von oben in den Wabenkörper eingeblasen. Energiebedarf hierbei besonders niedrig, wegen guter Isolierung und kompakter Wabenposition.
Alle elektrischen Komponenten sind auf 12 V ausgelegt, Stromquelle ist eine Pkw-Batterie, alternativ aufladbar mit Solarstrom oder am Netz. Behandelt werden gleichzeitig 8 - 12 verdeckelte Brutwaben. Die Linien 2 und 3 erwiesen sich als praxistauglich und wurden gerätemäßig optimiert. Variante 2 eignet sich auch für starke Sonneneinstrahlung. Sie wurde in mehreren Ausfertigungen von der Firma plus-electronics in Florianópolis / Brasilien gebaut und erprobt. Variante 3 wurde unter Beteiligung mehrerer Firmen gebaut und dabei in verschiedenen Schritten vom Geräteaufwand her reduziert. Sie beruht auf einer kommerziellen Styropor-Beute mit Spezialdeckel und ist weitgehend durchkonstruiert. Dieser Typ entspricht ganz besonders den Wünschen der deutschen Imker, was in vielen Diskussionen immer wieder festgestellt wurde.
Die Luftführung muss bei beiden Varianten noch optimiert werden. Um einerseits den Energieaufwand gering zu halten, andrerseits die Austrocknung der Bienenbrut zu verhindern, wird mit geringen Umluft-Volumina gearbeitet. Bei der Einhängung verdeckelter Brutwaben mit normalem Abstand kann die Durchströmung der Wabengassen mit Warmluft wegen unterschiedlicher Oberflächen nicht völlig gleichmäßig erfolgen. Dies führt lokal zu kleinen Abweichungen von der Solltemperatur. Wir prüfen noch, ob dies den Behandlungs-Erfolg einer Hyperthermie wesentlich beeinträchtigt.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

In Vorträgen vor Imkervereinen und auf Fachtagungen habe ich wiederholt über das Projekts berichtet. Die Hyperthermie ist auf unserer Homepage mit eigener Seite dargestellt.
2002 / 2003 kam es in Deutschland zum Verlust von 30% oder mehr aller Bienenvölker. In Gebieten mit Erwerbsobstbau flogen im Mai 2003 mancherorts kaum noch Bienen in den Plantagen, was zu erhebli-chen Ernteausfällen führen dürfte. Nach einer von der Arbeitsgemeinschaft der Institute für Bienenfor-schung durchgeführten Erhebung ist Varroatose die Hauptursache dieser ungewöhnlich hohen Bienenverluste. Dazu kommt eine zunehmende Resistenz der Varroa-Milben gegen die chemotherapeutisch eingesetzten Wirkstoffe. Schließlich fungieren die Milben offensichtlich verstärkt auch als Überträger von Bienen-Pathogenen. Erst kürzlich wurde in Deutschland erstmals das Kashimir-Virus nachgewiesen, und zwar bereits in mehreren Bundesländern jeweils bei stark mit Varroatose belasteten Bienenvölkern.
Aufgrund dieser durchaus dramatischen Situation wurden wir in letzter Zeit mit Anfragen von Medien und Behörden förmlich überschüttet, wobei fast immer nach alternativen Kontroll-Möglichkeiten der Varroatose gefragt wurde. Ich habe insbesondere auf die biotechnischen Verfahren hingewiesen, speziell auf die Hyperthermie, deren gerätetechnischen Probleme allerdings nicht leicht zu lösen sind. Das Interesse an Alternativen zur Chemotherapie ist wieder groß.


Fazit

Die im Förderprojekt erhaltenen Ergebnisse sind aus unserer Sicht positiv zu bewerten.
Es konnte geklärt werden, dass die biologische Grundlage des Hyperthermie-Verfahrens eine bei Varroa-Milben im Vergleich zu Bienenpuppen niedrigere Temperaturschwelle für die Expression von Hitzeschock-Proteinen ist. In der Entwicklung von Geräten wurden drei Projektlinien verfolgt und zwei davon bis zur Einsatzfähigkeit konstruiert. Variante 2 ist eine besonders für sonnenreiche Länder geeignete Zelt-Konstruktion mit Warmluftkollektor. Variante 3 basiert auf einer in Mitteleuropa verbreiteten Styropor-Beute, in deren Deckel die elektrisch betriebene Heizung und eine Warmluft-Ventilation integriert sind. Die Durchführung der Hyperthermie ist hierbei unabhängig von der Besonnung, weil die Energieversorgung durch eine 12 V-Batterie erfolgt, die am Bienenstand mit einem Photovoltaik-Zusatz oder auch am Netz wieder aufgeladen werden. Die Geräte der Versionen 2 und 3 können vom Imker leicht transportiert werden.
Für das Hyperthermie-Verfahren als sanfte Varroatose-Kontrolle sind bei hoher Anwender-Sicherheit einfach zu handhabende und preiswerte Geräte zu fordern. Da sie auf physikalischer Technik basieren, kann Solarenergie genutzt werden. Ohne Einsatz von Chemikalien ist die Hyperthermie besonders umweltverträglich. Mit der Projektlinie 2 konnte eine Lösung für sonnenreiche Länder, mit der Projektlinie 3 eine für mitteleuropäische Bedingungen mit wechselhafter Besonnung erarbeitet werden.

Übersicht

Fördersumme

86.481,95 €

Förderzeitraum

09.07.1999 - 31.07.2002

Bundesland

Baden-Württemberg

Schlagwörter

Klimaschutz
Landnutzung
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik