Projekt 14280/01

Untersuchungen zur Steinauswahl für die durch Umweltbelastungen stark beanspruchten, geneigten Bereiche in der Fassade der Frauenkirche zu Dresden unter dem Aspekt der Ressourcenschonung und Vorsorge (Sachsen)

Projektträger

Stiftung Frauenkirche Dresden
An der Frauenkirche 12
01067 Dresden
Telefon: 0351/83296-0

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Ziel des Untersuchungsprogrammes war es, im Zusammenhang mit dem Verwitterungsverhalten entscheidende Parameter für Elbsandstein qualitativ und quantitativ zu klären, um durch eine fundierte Steinauswahl für Reparatur/Ersatz eine größere Dauerhaftigkeit der stark beanspruchten Bereiche der Fassade zu erreichen. Die überlieferten Sichtflächen und die durchgeführten Reparaturen lassen darauf schließen, dass die Umwelteinflüsse in Abhängigkeit von der eingesetzten Steinvarietät zu unterschiedlichem Schädigungs- und Verwitterungsumfang führen. Daher sollte durch eine gezielte Baustoffwahl ein hohes Maß an Gleichmäßigkeit erreicht, differenzierte Schäden infolge Umwelteinfluss ausgeschlossen und den Sandstein zerstörende Verwitterungsprozesse verzögert bzw. minimiert werden.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenUm eine zielgerichtete und sichere Auswahl des Steinmaterials in den in Frage kommenden Sandsteinbrüchen vornehmen zu können, war eine vorbereitende geologische Feldarbeit notwendig. Zwei Fundstücke aus stark durch Umwelteinflüsse beanspruchten Bereichen der Kuppel waren ausgewählt worden, um die Kalibrierung der Materialkennwerte vornehmen zu können. Wesentliche Anforderungen an die Werksteine der Kuppel und des Kuppelanlaufs wurden aufgestellt. Auf der Grundlage dieses Anforderungsprofils gelangte ein Programm für die Steinauswahl zur Ausführung, welches neben den mineralogisch-petrografischen Analysen eine Reihe vorbereitender materialkundlicher Untersuchungen an ausgewählten Probekörpern von je zwei Bänken aus zwei verschiedenen Steinbrüchen beinhaltete. Da die Gesteinsfeuchte eine Vielzahl von Verwitterungsprozessen beeinflusst und die Reaktionen vorwiegend im Porensystem des Gesteins ablaufen, stand die Ermittlung von hygrischen und thermisch-hygrischen Kennwerten im Mittelpunkt der Untersuchungen. Mit dem vorausgewählten Sandsteinmaterial wurden anschließend Klimasimulationsversuche an einem Fassadenausschnitt im Maßstab 1:1 durchgeführt, wobei die Simulation des Kuppelinnen- und Außenklimas mit Hilfe einer kombinierten Klimakammer erfolgte. Die Beanspruchung des Versuchskörpers geschah durch ein realitätsnahes Bewitterungsregime mit wesentlichen Einflussfaktoren des Dresdner Stadtklimas, wobei durch Auslassung von nicht verwitterungsrelevanten Wetterereignissen eine Zeitraffung realisiert wurde. Der 1:1-Modellversuch diente der umweltrelevanten Verifikation der mittels standardisierter Kleinversuche und numerischer Modelle ermittelten Ergebnisse.


Ergebnisse und Diskussion

Ausgehend von der komplexen Beanspruchung der Kuppeldeckschicht sowie der damit verbundenen Zerstörungsprozesse wurden wesentliche Anforderungen zur Sandstein- und Mörtelauswahl formuliert. Relevante Kenngrößen für den Sandstein sind die Verwitterungsbeständigkeit, Dichtheit und Festigkeit. Aus den Untersuchungsergebnissen ergab sich folgende Auswahl: Sandstein Mühlleite, Eisenhaltige Bank als verwitterungsbeständiger Stein für die Errichtung der Kuppeldeckschicht, Reinhardtsdorfer Sandstein als geeigneter Stein für die Hintermauerung, den spezifischen Anforderungen des Kuppelbaus angepasster Fugenmörtel als Sonderentwicklung. Aufgrund dieser Erkenntnis lässt sich schlussfolgern, dass in solchen Bereichen der Kuppel, in denen Sandsteinplatten ohne Hintermauerung (d = 0,15 bis 0,30 m) als Verdachung Verwendung finden (z.B. Kuppelanlauf und Chordach), aufgrund des großen Wasseraufnahmevermögens konstruktive Maßnahmen zur Gewährleistung des Feuchteschutzes nötig sind, z.B. durch Herstellung eines separaten Unterdaches als zweite Entwässerungsebene. Um die Ergebnisse der durchgeführten Kleinversuche an verspannten und unverspannten Zweisteinkörpern sowie der numerischen Modellierungen hinsichtlich des zu verwendenden Sandsteins, Fugenmörtels und der geplanten Konstruktion zu untersetzen, wurde das komplexe Verhalten des Werksteinmauerwerkes erstmals innerhalb von 1:1-Modellversuchen wirklichkeitsnah untersucht. Die gewonnenen Ergebnisse erlauben folgende Aussagen:
Temperaturverhalten: Die Schichttemperaturmessungen ergaben, dass die Außentemperatur einen wesentlichen Einfluss auf das Temperaturprofil des gesamten Mauerwerksquerschnittes ausübt. Die Oberflächentemperatur an der Innenseite ändert sich in Abhängigkeit der äußeren klimatischen Beanspruchung deutlich. Sie schwankte während der gesamten Versuchsdauer um etwa 12 K, bei einer maximal simulierten Außentemperaturdifferenz von 60 K. Bei längerer, extrem kalter Witterung (sehr selten vorkommender Extremfall für Dresden) kann die Frosteindringtiefe bis zu 56 cm betragen. Die Oberflächentemperatur erreicht dabei an der Innenseite Werte, die sich unmittelbar in Nähe der Taupunkttemperatur befinden. Die beim Versuch durchgeführten Beobachtungen am Sandstein verdeutlichten, dass der Postaer Stein in der Lage ist, aufgrund seines großen offenen Porenraums anfallendes Tauwasser im oberflächennahen Bereich sofort aufzusaugen. Die Temperaturverläufe bestätigen, dass die Frostwiderstandsfähigkeit des in der Kuppeldeckschicht vorzusehenden Mörtels gewährleistet sein muss.
Feuchteverhalten: Die Untersuchungen zeigten, dass die Austrocknung des Kuppelmauerwerks sowohl von der Außen- als auch der Innenseite erfolgt. Im Kernbereich der Hintermauerung stellt sich ein höheres Feuchteniveau ein. In der mittleren Fuge (60 cm unter Sandsteinoberfläche) ist der Feuchtegehalt am höchsten. Aufgrund der ungünstigeren Diffusionseigenschaften des Mörtels verharren die inneren Mauerwerksbereiche auf einem höheren Feuchtezustand. Bei den Sandsteinen ist dagegen aufgrund des guten Diffusionsvermögens eine rasche Abnahme der Feuchte in den oberflächennahen Bereichen zu beobachten. Infolge des hohen Wasseraufnahmevermögens des Sandsteines Mühlleite kommt es in der Kuppeldeckschicht im Anschluss an eine intensive Beregnungsphase zum sprunghaften Anstieg der Feuchte. Unmittelbar nach der Schalenfuge treten jedoch keine entscheidenden Veränderungen mehr auf. Es war zu beobachten, dass die witterungsbedingten Feuchteänderungen im Wesentlichen in der Kuppeldeckschicht ablaufen. Der Mauerwerkskern und die Innenseite unterliegen dagegen einer relativen Konstanz. Die Untersuchung des Einflusses von kurzzeitig auftretenden, aber intensiven Sommergewittern nach einer zuvor stattgefundenen längeren Erwärmungsphase ergab, dass spontane Wetterereignisse keinen großen Einfluss auf den Feuchtehaushalt der tiefer gelegenen Mauerwerksbereiche haben. Beobachtungen während der Beregnung zeigten, dass schon nach kurzer Beanspruchungszeit von etwa 5 min ein großer Teil des Wassers auf der Oberfläche abläuft. Die inneren Bereiche können das Wasser nicht schnell genug aufsaugen und somit sättigt sich der Porenraum im oberflächennahe Bereich relativ schnell. Wesentliches Ergebnis des Projektes bezüglich der Umwelteinflüsse ist, dass der Weg des Wassers als entscheidendes Trägermedium für Schadstoffe erforscht und realitätsnah nachgebildet werden konnte.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Die Ergebnisse des geförderten Projektvorhabens wurden entsprechend den Regeln der DBU aufbereitet. Die Daten werden an das IRB Stuttgart und das Hornemann-Institut Hildesheim zur Gewährleistung einer breiten Nutzung durch die Fachöffentlichkeit und interessierte Leser weitergegeben.


Fazit

Im Ergebnis der Projektbearbeitung liegt auf der Grundlage einer wissenschaftlich fundierten Steinauswahl eine optimierte, technologisch und steintechnisch ausführbare und dauerhafte Konstruktion für die Hauptkuppelaußenschale der Frauenkirche zu Dresden vor. Mit der speziell entwickelten kombinierten Klimasimulationstechnik ist man in der Lage, die witterungsbedingten äußeren Einwirkungen realitätsnah nachzubilden. Eine Erweiterung unter Hinzuziehung von Schadstoffeinflüssen ist möglich. Die gesammelten Erfahrungen bei der Umweltsimulation und gezielten, detaillierten Datenauswertung ermöglichen über das Vorhaben hinaus eine breite Anwendung des Wissens bei der Beseitigung von Umweltschäden an historischen Bauwerken und deren Vorsorge auch im Sinne der Ressourcenschonung.

Übersicht

Fördersumme

97.145,46 €

Förderzeitraum

06.07.1998 - 01.09.2001

Bundesland

Sachsen

Schlagwörter

Kulturgüter
Umwelttechnik