Projekt 13889/01

Entwicklung eines nicht-radioaktiven Nachweis-Verfahrens für DNA-Addukte mittels laser-induzierter Fluoreszenz

Projektträger

Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ)Abteilung Molekulare Toxikologie
Im Neuenheimer Feld 280
69120 Heidelberg
Telefon: 06221/42-3311

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Chemische Modifikationen der DNA (DNA-Addukte) spielen bei der Entstehung chronischer Erkrankungen wie Krebs oder Alzheimer eine große Rolle, die zur Zeit allerdings nicht genau verstanden wird. Dies ist unter anderem darin begründet, dass es bisher keine evaluierte analytische Methode gibt, die es erlaubt, alle DNA-Addukte, ob exogenen oder endogenen Ursprungs, mit hoher Empfindlichkeit gleichzeitig nachzuweisen. Ziel dieses Projektes ist es, das bisher verwendete radioaktive 32P-postlabeling-Verfahren zum Nachweis von DNA-Addukten durch ein nicht-radioaktives, hochempfindliches Verfahren für ein breiteres Substanzspektrum an DNA-Addukten zu ersetzen.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenEs soll eine analytische Methode entwickelt werden, die den Nachweis von DNA-Addukten mittels Kapillarelektrophorese und Laserinduzierter Fluoreszenz-Detektion ermöglicht. Dazu werden Verfahren entwickelt, leistungsfähige Fluoreszenzmarker an die durch enzymatischen Verdau adduktierter DNA erhal-tenen Nukleosid-3-Phosphate in hoher Ausbeute zu koppeln. Dies soll mittels der für die Oligonukleotid-synthese entwickelten Phosphoramidit-Technik erfolgen. Desweiteren sollen einige typische Repräsentanten der wichtigsten DNA-Addukt-Klassen (polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe, aromatische Amine, Alkylantien, reaktive Sauerstoff-Spezies) als interne Standards synthetisiert und auf die gleiche Weise fluoreszenzmarkiert werden. Die dabei zum Einsatz kommende Synthesestrategie geht von partiell geschützten Nukleosid-3-Phosphaten aus, die durch Umsetzung mit einem Fluoreszenzmarker am 5-OH-Ende der Desoxyribose markiert werden. Durch eine abschließende Entschützungsreaktion erhält man die gewünschten Standardverbindungen. Die fluoreszenzmarkierten Produkte aus dem enzymati-schen Verdau adduktierter DNA werden dann kapillarelektrophoretisch aufgetrennt, durch Laserinduzierte Fluoreszenz detektiert, durch den Vergleich mit den internen Standardverbindungen identifiziert und quantifiziert.


Ergebnisse und Diskussion

Mit der entwickelten Methode gelang der Nachweis von 5-Methyl-2´-desoxycytidin-3´-monophosphat (5-Me-dCMP), das eine bedeutende Rolle in der Zelldifferenzierung und Genexpressionskontrolle besitzt und somit wahrscheinlich eine wichtige Rolle bei vielen Krebserkrankungen spielt, sowohl in modifizierten Oligonukleotiden, in Kalbsthymus-DNA als auch in humaner, unmodifizierter DNA. Des weiteren wurden 1,N6-Etheno-2´-desoxyadenosin-3´-monophosphat (etheno-dAMP) und 1,N2-Propano-2´-desoxyguanosin-3´-monophosphat (Hex-dGMP), zwei Biomarker ernährungsbedingter Modifikationen und 8-Hydroxy-2´-desoxyguanosin-3´-monophosphat (8-HO-dGMP) als Biomarker für oxidativen Streß analysiert. Ferner wurden noch DNA-Addukte synthetisiert, charakterisiert und nachgewiesen, die auf die kovalente Bindung von 7?,8?-Dihydroxy-9?,10?-epoxy-7,8,9,10-tetrahydrobenzo[a]pyren mit dGMP (B[a]P-dGMP) basieren. Auch wurden DNA-Addukte der Aristolochiasäure (AA-dNMP) untersucht, die als Biomarker der Chinesischen-Heilkräuter-Nephropathie fungieren können. Als weitere DNA-Schäden konnten apurinic sites (AP site) nachgewiesen werden, die sowohl durch saure Hydrolyse von dGMP und von Oligonukleotiden als auch durch Zersetzung von 8-HO-dGMP gebildet wurden.
Zur qualitativen Bestimmung der unmodifizierten und modifizierten fluoreszenzmarkierten Nukleotiden wurden die Migrationszeiten der Analyten mit der Migrationszeit von dAMP normiert. Dies führte zu einer puffer- und kapillarchargenunabhängigen Reproduzierbarkeit der Migrationszeiten mit Standardabweichungen < 3 %. Zur quantitativen Bestimmung der Nukleotide mußten Quantenfaktoren aufgrund der starken Fluores-zenzlöschung durch dGMP bestimmt werden. Da diese Messungen nicht für alle DNA-Addukte durchführbar sind, wurde vorgeschlagen, zukünftig die Peakflächen aller übrigen DNA-Addukte mit dem Quantenfaktor des jeweiligen unmodifizierten Nukleotids zu korrigieren.
Die Reproduzierbarkeit der DNA-Hydrolyse, der Fluoreszenzderivatisierung und der kapillarelektrophoretischen Trennung wurde anhand von aliquotierten Kalbsthymus-DNA-Proben demonstriert. Mit Fluores-cein als internem Standard konnte eine Standardabweichung der Peakflächen zwischen 5,6 und 8,4 % (n = 29) erzielt werden. Für eine exakte Quantifizierung mußten Derivatisierungsfaktoren für die unmodifizierten Nukleotide und 5-Me-dCMP aus mehreren Oligonukleotiden unterschiedlicher Sequenz bestimmt werden, die die nicht quantitativ verlaufende DNA-Hydrolyse und Fluoreszenzderivatisierung berücksichtigen. So wurden korrigierte Peakflächen für jeweils 1 % dAMP (0,070), dGMP (0,038), dTMP (0,062), dCMP (0,042) und 5-Me-dCMP (0,046) mit relativen Standardabweichungen < 18 % bestimmt. Mit diesen Faktoren konnte nachgewiesen werden, daß beispielsweise 2,95 ± 0,18 % (RSD = 6,1 %; n = 7) aller Cytosine in der Kalbsthymus-DNA methyliert vorliegen, während die Konzentration von 5-Me-dCMP in den Leukocyten von an Leukämie erkrankten Personen (1,49 ± 0,09 %, 2 Patienten, n = 10) und in humanen Melanomzelllinien (0,89 ± 0,08 %, n = 5) auf eine Hypomethylierung hinweisen.
Die Nachweisgrenze des Analysensystems liegt bei 6 pM für dAMP, dTMP und dCMP. Durch die Fluoreszenzlöschung verschlechtert sich die Nachweisgrenze des dGMP um Faktor 2. Aufgrund der nicht quantitativ verlaufenden DNA-Hydrolyse und Fluoreszenzmarkierung beträgt die effektive Nachweisgren-ze 8,5 bzw. 17 pM. Mit einem Anreicherungsschritt in der Kapillare (electrostacking with reversed field) konnte die Nachweisgrenze auf 500 fM verbessert werden. Durch den milliardenfachen Überschuss an unmodifizierten Nukleotiden und der hohen Salzkonzentration in der Probe muss diese vor der Injektion allerdings 100-fach mit Wasser verdünnt werden, um eine ausreichend hohe Effizienz gewährleisten zu können. Somit verschlechtert sich die Nachweisgrenze um Faktor 100, was ungefähr einem Adduktlevel von 2,1 auf 106 unmodifizierten Nukleotiden entspricht (bzw. 1,4 auf 107 mit electrostacking with rever-sed field).


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

C.C.T. Wörth, Vortrag, 9th Frederick Conference on Capillary Electrophoresis, Frederick, Oktober 1999
Synthesis of fluorescently labeled alkylated DNA adduct standards and separation by capillary electrophoresis
C.C.T. Wörth, O. J. Schmitz, C. Kliem und M. Wießler, Poster, 10th AEK-Symposium, Heidelberg, März 1999
DNA Analysis by Capillary Electrophoresis and Laser-Induced Fluorescence Detection
O. J. Schmitz, Vortrag, 4th National Postlabeling-Workshop, Wuppertal, Oktober 1999
Postlabeling und Kapillarelektrophorese
O. J. Schmitz, Vortrag, International Workshop of Food Preparation Methods and Cancer Risk, Heidelberg, November 1999
Development of a fluorescence-based method to determine DNA-adducts by capillary electropho-resis
O. J. Schmitz, Vortrag, 13th HPLC-Symposium, Saarbrücken, Februar 2000
Analysis of Fluorescent labeled DNA-Adducts by Micellar Electrokinetic Chromatography
O. J. Schmitz, Vortrag, 3th APCE-Symposium, Hong Kong, June 2000
Analysis of Fluorescent labeled DNA-Adducts by Micellar Electrokinetic Chromatography
O. J. Schmitz, Vortrag, Institut für biologische Forschung (INBIFO GmbH), Köln, August 2000
Entwicklung eines Genotoxizitätstests basierend auf der Analyse von fluoreszenzmakierten DNA-Addukten
O. J. Schmitz, Vortrag, Schering AG, Berlin, Oktober 2000
Entwicklung eines automatisierbaren Genotoxizitätstests durch Analyse fluoreszenzmarkierter DNA-Addukte
D. Stach, C.C.T. Wörth, M. Wießler, O. J. Schmitz, Poster, 14th HPCE-Symposium, Boston, Januar 2001
Measurement of Biomarkers in Chemical Carcinogenesis by CE-LIF
O. J. Schmitz, Vortrag, Institut für angewandte Laserphysik (Universität Bielefeld), März 2001
Analyse von Biomarkern der chemischen Kanzerogenese mit CE-LIF
O. J. Schmitz, Vortrag, Fakultät für Pharmazie (Universität Heidelberg), Juli 2001
Entwicklung einer Methode zur Analyse von DNA-Addukten mittels Kapillarelektrophorese
M. Wießler, O. J. Schmitz, C.C.T. Wörth,
Deutsche Patentanmeldung Verfahren zum Bestimmen von Nukleinsäure-Modifikationen 100 02 402.5
M. Wießler, O. J. Schmitz, C.C.T. Wörth,
Internationale Patentanmeldung Verfahren zum Bestimmen von Nukleinsäure-Modifikationen PCT/DE01/00257
C. C. T. Wörth, O. J. Schmitz, H.-C. Kliem, M. Wießler, Electrophoresis 21 (2000) 2086-2091
Synthesis of fluorescently labeled alkylated DNA adduct standards and separation by capillary electrophoresis
O. J. Schmitz, C.C.T. Wörth, D. Stach, M. Wießler, nalytical Chemistry (eingereicht)
DNA adducts as biomarkers for carcinogenesis analyzed by capillary electrophoresis


Fazit

Ein entscheidender Vorteil des Verfahrens besteht darin, dass DNA-Addukte, hervorgerufen durch unterschiedliche Klassen von Kanzerogenen, im Gegensatz zur klassischen 32P-Postlabeling-Methode, simul-tan nachgewiesen werden können. Verbunden mit der Automatisierbarkeit der entwickelten Derivatvisie-rungstechnik, der gesundheitlich unbedenklichen Durchführung und der kapillarelektrophoretischen Trennung ermöglicht das erarbeitete Konzept einen hohen Probendurchsatz und ist so zum Beispiel hervorragend für die Konzentrationsbestimmung von 5-Me-dCMP geeignet.

Übersicht

Fördersumme

296.932,76 €

Förderzeitraum

15.01.1999 - 01.08.2001

Internet

www.dkfz.de

Bundesland

Baden-Württemberg

Schlagwörter

Umwelttechnik