Projekt 13211/01

Förderschwerpunkt-Biotechnologie: ChemBioTec: Erstmaliger technischer Einsatz von Pilzsekretomen zur effizienten stofflichen Verwertung von Stroh- und Holzresten

Projektträger

Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU) FB 08 - Biologie und Chemie Institut für Lebensmittelchemie u. -biotechnologie
Heinrich-Buff-Ring 17
35392 Gießen
Telefon: 0641-9934-900

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Lignocellulosen (Stroh, Holz) sind im Unterschied zu den begrenzten fossilen Rohstoffen Erdöl und Koh-le aufgrund der Primärproduktion höherer Pflanzen in nahezu unerschöpflicher Menge vorhanden. Das komplexe, widerstandsfähige Lignocellulose-Netzwerk ist chemisch nur schwer angreifbar. Um an die ökonomisch interessanten Grundbestandteile zu gelangen, muss das Lignocellulosegerüst aufgeschlossen werden. Vor dem Hintergrund des Nachhaltigkeitsprinzips muss dies so schonend wie möglich erfol-gen. Es erscheint daher vielversprechend, sich des natürlichen Abbaupotentials von Mikroorganismen zu bedienen, die evolutionär einzelne Bestandteile der Lignocellulose als Kohlenstoff- und Energiequelle nutzen. Die effektivsten dieser Organismen finden sich unter den filamentösen Pilzen. Asco- und Basidiomyceten verfügen über eine komplexe, einzigartige Ausstattung an extrazellulären Biokatalysatoren (Sekretom), welche ihnen den enzymatischen Aufschluss lignifizierter Biopolymere ermöglicht. Der Projektansatz kombiniert die moderne Bioverfahrenstechnik mit der Proteomanalytik und der DNA-Rekombinationstechnik, um den in der Natur ablaufenden Kohlenstoffkreislauf effizient nachzubilden und gezielt für die Verwertung von nachwachsenden Rohstoffen einzusetzen. Neuartig ist die vergleichende Untersuchung und verfahrenstechnische Kombination biochemisch unterschiedlicher extrazellulärer Enzymbestecke aus Holz bewohnenden Asco- und Basidiomyceten sowie deren gezielte Nutzung.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDie Schlüsselenzyme des Lignocellulose-Aufschlusses werden zunächst elektrophoretisch und massen-spektrometrisch identifiziert und die codierenden Gene in geeigneten Wirtsorganismen exprimiert. Dadurch werden Enzymcocktails (enzymatischer Werkzeugkasten) zugänglich, welche die Aromatenfraktion des Ligninpolymers einer stofflichen Verwertung zugänglich machen soll. Zur strukturellen Identifizierung niedermolekularer Abbauprodukte kommen massenspektrometrische und chromatographische Methoden Verfahren zum Einsatz. Das Upscaling der Enzymproduktion und die Vermarktung der neuartigen Biokatalysatoren werden durch die Projektpartner gewährleistet.


Ergebnisse und Diskussion

Xylaria polymorpha, ein Ascomycet und Pleurotus sapidus, ein Basidiomycet wurden submers und emers auf Rapsstroh als Kohlenstoffquelle kultiviert. Während der Kultivierung wurden in beiden Vertretern relevante oxidative und hydrolytische Enzymaktivitäten detektiert. Durch die Verwendung von Wildtypkultu-ren (~ 4 - 6 L) und anschließender chromatographischer Reinigung der Enzympräparationen ist es den Projektpartner LCB und IHI Zittau gelungen, sekretierte Proteine aus beiden Modellspezies zu isolieren und zur Umsetzung von Modellsubstraten bereit zu stellen.
Innerhalb des Projektes ist es erstmals gelungen, eine Esterase aus X. polymorpha zu charakterisieren, die eine Ester spaltende Hydrolase mit Rhamnosidase-ähnlicher Peptidsequenz aufweist. Darüber hinaus besitzt diese Esterase die katalytischen Eigenschaften einer Naringinase (EC 3.2.1.40); auch dies wurde bislang noch nicht beschrieben. Mit einer polyvalenten Peroxidase gelang die Umsetzung von Veratrylalkohol (quantitative Oxidation von 0,6 µmol Substrat in 48 h) und Coniferylalkkohol (vollständiger Umsatz nach 6 h).
Für die heterologe Expression in H. polymorpha oder T. reseei wurden folgende Enzyme ausgewählt und erfolgreich heterolog exprimiert: eine Esterase, eine polyvalente Peroxidase, eine Dyp-Typ Peroxidase und eine Lipase aus P. sapidus. Die Peroxidase Produktion wurde im 30 L Fermenter erfolgreich durch-geführt. Eine Arylalkoholoxidase wurde erfolgreich in E. coli kloniert und heterolog exprimiert.
Der synergistische Effekt der katalytischen Aktivitäten verschiedener Pilzenzyme aus X. polymorpha oder P. sapidus bei der Fermentation von Lignocellulose wurde durch die quantitative Bestimmung der einzelnen Holzzucker, der Gesamtphenole und des Gewichtsverlust nachgewiesen. Es wurde deutlich, dass die höchsten Freisetzungen durch Enzymcocktails bewirkt werden, die entweder aus den Hydrolasen XpoFAE & Cell/Xyl (z.B. Glucose 5,5 bzw. 2,8 mg g-1), oder zusätzlich mit der Laccase von X. polymorpha (z.B. Glucose 5,9 bzw. 3,6 mg g-1) ergänzt, bestehen. Durch Optimierung der Inkubationsbedingungen wurden ~30% des eingesetzten Rapsstroh in eine lösliche Form überführt. Auch ein Up-scaling der Reaktion um den Faktor 15 wurde erfolgreich durchgeführt.
In einer Ökoeffizienzanalyse schnitt dass das chemisch-thermische Organosolv-Verfahren trotz der 1,5-fach besseren Ligninausbeute des enzymatischen Verfahrens besser ab. Dies wird überwiegend durch den höheren Ethanolverbrauch des enzymatischen Verfahrens bedingt. Allerdings wurde das enzymatische Verfahren bislang nicht hinsichtlich des Ethanolverbrauchs optimiert. Grundsätzlich setzt eine ökologisch-ökonomische Analyse hierbei die Gleichwertigkeit der Produkte voraus - und greift hiermit vermutlich deutlich zu kurz: Das enzymatische Verfahren hat gegenüber dem Organosolv-Verfahren einen bedeutenden Vorteil: Sowohl der hierdurch gewonnene Zellstoff, als auch das nach der Ligningewinnung verbleibende Permeat sind frei von die Fermentation beeinträchtigenden Salzen (z.B. Sulfaten) und toxischen Stoffen. Dies bedeutet, dass die Nebenprodukte des enzymatischen Pflanzenaufschlusses vollständig wertschöpfend als C-Quelle z. B. zu Bioethanol aus Lignocellulose weiterverarbeitet werden können. In Zukunft kann daher ein enzymbasiertes Holzaufschlussverfahren bei der ökoeffizienten, ganzheit-lichen Betrachtung deutlich besser abschneiden als heute.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Die Projektergebnisse wurden in mehreren Vorträgen auf nationaler und internationaler Ebene präsentiert. Aktuell sind insgesamt 5 wissenschaftliche Publikationen zu den Projektergebnissen in Vorbereitung.


Fazit

Obwohl die Mechanismen der Holzzersetzung durch lignocellulytische Pilzenzyme seit über drei Jahrzehnten intensiv untersucht werden, fehlten bislang systematische Studien zur Analyse des komplexen Sekretoms von Asco- und Basidiomyceten. Mit Abschluss des Projektes stehen nun erstmals umfassende Datensätze zu den Sekretomen des Ascomyceten Xylaria polymorpha und des Basidiomyceten Pleurotus sapidus bei Kultur auf dem nachwachsenden Rohstoff Rapsstroh zur Verfügung. Wildtypenzyme wurden aus Kulturen beider Organsimen präpariert und erfolgreich zur Umsetzung von Modellsubstraten eingesetzt. Mehrere sekretierte Enzyme aus P. sapidus wurden in heterologe Wirte kloniert und in aktiver Form exprimiert. Nach abschließender bioinformatischer Auswertung der generierten Daten wurden optimierte Enzymcocktails zum Aufschluss von Rapsstroh und Holz eingesetzt und dabei Ligninfraktionen freigesetzt. Über die von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt bewilligten Finanzmittel hinaus haben alle beteiligten Partner das Projekt mit Haushaltsmitteln und der Einbindung von zusätzlichem Personal unterstützt.

Übersicht

Fördersumme

499.500,00 €

Förderzeitraum

01.05.2009 - 31.08.2011

Bundesland

Nordrhein-Westfalen

Schlagwörter

Klimaschutz
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik