Projekt 13123/01

Förderschwerpunkt Biotechnologie: ICBio: Hochselektive Bioaktivierung von Plattform-Intermediaten: Molekulares Screening, funktionale Überexpression und umweltfreundliche elektrochemische Verfahren

Projektträger

International University Bremen Institut für Technische Biochemie
Campus Ring 8
28759 Bremen
Telefon: 0421-200-3543

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Das Projektziel umfasste die Entwicklung eines umweltfreundlichen elektroenzymatischen Verfahrens zur Herstellung verschiedener chiraler Epoxide und Ketone mit hoher Enantiomerenreinheit mittels kofaktorabhängigen Biokatalysatoren. Um dieses Ziel zu realisieren, sollten bekannte Katalysatoren möglichste einfach hergestellt werden, um als Shelf-Enzyme zur Verfügung zu stehen. Außerdem sollten mit Hilfe neuer Screeningsysteme weitere Oxygenaseaktivitäten aus Umweltproben isoliert werden. Durch die Kombination von in silico und in vitro Methoden sollten die Katalysatoren in Ihrer Aktivität und Spezifität verbessert werden, um für die Anwendung interessant zu sein.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenMethodisch erstreckten sich die Arbeitsschritte vom Durchsuchen natürlicher Diversität bis zur optimierten Prozessentwicklung. Konzeptionell war wichtig, dass entlang der industriellen Verwertungskette neue Katalysatoren aus der Biodiversität für die Entwicklung von Epoxygenierungs-/Hydroxylierungsprozessen gesucht, und insbesondere die industriell bedeutsame Enzymklasse der Epoxygenasen für Methoden der gelenkten Evolution zugänglich gemacht wurden. Gleichzeitig wurde die elektrochemische Prozesstech-nologie weiterentwickelt, um eine rasche Nutzung/Verwertung der aufgefundenen Aktivitäten in neuen nachhaltigen Prozessen zu gewährleisten. Im Einzelnen wurden folgende verzahnte Arbeitspakte definiert:
A) Entwicklung von Screeningsystemen zum Auffinden neuer Monooxygenasen für Hydroxylierung und Epoxydierungsreaktionen an Substraten, die von der BASF AG benannt wurden und industriell bedeutsam sind.
B) Screening und Bereitstellung neuer Monooxygenasen aus kultivierbarer Biodiversität
C) Identifikation und Isolierung der Volllängen-Gene neuer Monooxygenasen und heterologe Darstellung der Enzyme, sowie Herstellung genomischer Genbanken und Bereitstellung von Metagenom-Genbanken aus nicht-kultivierter Biodiversität für ein hochdurchsatzfähiges Monooxygenase-Screening.
D) Entwicklung eines FACS-Nachweissystems zum Durchmustern von Metagenomen.
E) Prozessentwicklung mit der Styrolepoxygenase StyAB und der thermostabilen Alkoholdehydrogenase TADH: Evaluierung des elektrochemischen Prozesses, Optimierung des Expressionssystem und gerichtete Evolution der Styrolepoxygenase.
F) Erstellung eines Strukturmodells der TADH basierend auf einer Strukturdatenbank aller bekannter Alkoholdehydrogenasen. Darauf basierend in silico Vorhersagen über Mutationsansätze, um Substratspezifitäten des Katalysators zu verändern.
G) Umsetzung der in silico Vorschläge und Anwendung des mutierten Katalysators auf, aus pharmazeutischer Sicht interessante, Substanzbibliotheken im elektroenzymatischen Reaktor.
F) Umweltevaluation des verbesserten Prozesses am Beispiel der Styrolmonooxygnease.
Um diese Ziele zu erreichen, wurden komplementäre Ansätze in zwei getrennten Modulen bearbeitet. In dem Modul Biooxidation lag der Schwerpunkt auf der Suche nach neuen Oxygenasen. Ferner wurden Katalysatoren technisch gereinigt, als Pulver für Prozessanwendungen bereitgestellt und mittels eines neuen Mutageneseverfahrens (SeSaM) evolviert.
Das Modul Bioreduktionen versuchte eine in silico Anpassung von enzymatischen Hydrierungskatalysatoren zur Umsetzung verschiedener Wirkstoffklassen. Aufbauend auf einer Datenbank homologer Proteine wurde ein Modell der Bindungstasche und des Katalysators entwickelt, welches basierend auf Vorhersagen von Substratspezifitäten rationale Mutationen ermöglichen sollte. Die Vorhersagen wurden im Labor verifiziert und die Ergebnisse dem Modell wieder zugeführt.
Biokatalysatoren aus beiden Modulen wurden in einem neu zu entwickelnden umweltfreundlichen elektroenzymatischen Reaktor, zur Herstellung verschiedener chiraler Epoxide und Alkohole/Ketone eingesetzt.


Ergebnisse und Diskussion

Modul 1 Biooxidationen- Screeningsysteme zum Auffinden neuer Monooxygenasen für Hydroxylierungs- und Epoxydierungsreaktionen wurden erfolgreich entwickelt, validiert und zur BRAIN AG transferiert. Für die benannten Substrate und Substratklassen wurden Durchmusterungssysteme zunächst im 96-Well-Mikrotiterplatten entwickelt und publiziert (siehe Zwischenbericht).
Aus der Stammsammlung der BRAIN AG und unterschiedlichster Umweltproben konnten so etwa 100 Stämme isoliert werden, die auf interessanten Kohlenwasserstoff-Verbindungen wachsen. Zur Identifikation und Isolierung der Volllängen-Gene neuer Monooxygenasen und der heterologen Darstellung der Enzyme wurde eine Genbank vom Isolat HD1106 erstellt. Für das Durchmustern der Metagenombank ist ein Assay in der Entwicklung, welcher auf Doppelemulsionen basiert, die in einem FACS sortiert werden. Diese Arbeiten werden Mitte Mai abgeschlossen sein.
Außerdem wurde ein Nachweissystem für Aromatenhydroxylierungen auf der Basis von 4-Aminoantipyrin auf unsere Anwendung adaptiert[9]. Beim Durchmustern von Sättigungsmutantenbibliotheken der Monooxygenase P450 BM3 wurden Varianten mit 8-fach erhöhter Aktivität für Phenoxytoluol aufgefunden[7]. Das Epoxidnachweissystem wurde für die Styrolmonooxygenase StyAB optimiert und in einer ersten Runde der Gelenkten Evolution wurden drei Klone isoliert, die nach wiederholtem Durchmus-tern im Rohextrakt eine ca. zweifach erhöhte Aktivität zeigten.
Der elektroenzymatische Prozess mit der Styrolmonooxygenase als Modellenzym wurde detailliert evaluiert und die grundlegenden Limitationen des Systems identifiziert. Es konnte gezeigt werden, dass die Regeneration des Kofaktors FAD zum FADH2 hochspezifisch abläuft. Die Hauptproblematik in diesem System besteht im sogenannten Sauerstoffdilemma. Da bedingt durch die Reaktion es nicht in Frage kam, unter anaeroben Bedingungen zu arbeiten, wurde als Alternative ein artifizielles sauerstofftolerantes Deazaflavin synthetisiert und unter unseren Prozessbedingungen getestet. Leider konnte keine nennenswerte Aktivität mit diesen Kofaktor erzielt werden, weshalb nun hauptsächlich an prozesstechnischen Lösungen gearbeitet wird.
Modul 2 Bioreduktionen- Um ein Strukturmodell der Alkoholdehydrogenase TADH zu erstellen wurde zunächst eine umfangreiche Datenbank aufgebaut, welche alle zur TADH homologen Proteine enthält. Die Datenbank enthält zum gegenwärtigen Zeitpunkt 7500 Sequenzeinträge von über 3000 Proteinen. Basierend auf dieser Datenbank konnte ein Modell der Bindetasche von TADH konstruiert werden und in silico Vorschläge für gezielte Mutationen zur Veränderung der Substratspezifität gemacht werden. Parallel wurde eine einfache Ein-Schritt-Reinigung mit anschließender Lyophilisierung für technisch reine TADH entwickelt. Somit kann nun 8200 U TADH (85% rein) innerhalb von zwei Tagen zur Verfügung gestellt werden. Die vorgeschlagenen Mutationen wurden technisch umgesetzt und in vitro charakterisiert. Dazu wurde eine erste Auswahl an speziellen Substraten, welche pharamazeutisch von Interesse sind, von der EMC-GmbH synthetisiert und auf Umsätze getestet. Die in silico Vorhersagen konnten für einige Mutationen bestätigt werden. Um den elektroenzymatischen Prozess voranzubringen wurde eine kontinuierliche Durchflusszelle entwickelt. Ein neues Elektrodenmaterial ermöglichte eine Erhöhung der Kofaktorregenerationsrate um Faktor 20. Außerdem wurden unterschiedliche Ansätze verfolgt, um eine Inaktivierung des Biokatalysators im elektroenzymatischen Prozess zu vermeiden. Es wurde sowohl versucht, die Oberfläche des Enzyms chemisch zu modifizieren, als auch prozesstechnische Lösungen zu finden. Während die chemischen Modifikationen nicht besonders erfolgreich waren, konnte durch eine Optimierung der Prozessbedingungen die Stabilität des Biokatalysators auf > 7 Tage unter Prozessbedingungen verbessert werden.
Wirtschaftlichkeitsbetrachtung & Umweltevaluation- Eine abschließende Wirtschaftlichkeits- und Umweltbetrachtung des elektroenzymatischen Prozess ergab, dass im Falle der Oxidation die wirtschaftlichen Bedingungen noch nicht erfüllt sind. Die Aktivität der Monooxygenasereaktion ist viel zu gering, um wirtschaftlich interessant zu sein. Dies spiegelt sich auch in der Umweltevaluation wider, die für den Bio-prozess aufgrund der hohen Spezifität und der milden Reaktionsbedingungen zwar sehr positiv ausfällt, allerdings von der Produktivität die Anforderungen nicht erreicht. Eine Evaluation anderer Prozesse, welche ebenfalls auf elektroenzymatischer Kofaktorregeneration basieren ergab, dass es derzeit keine Monooxygenase-Reaktion gibt, die die wirtschaftlichen Anforderungen soweit erfüllt, dass sie für eine Anwendung interessant sein könnte. Anders sieht es mit der Dehydrogenase-Reaktion aus. Hier ist es im Rahmen dieses Projekts gelungen, den Prozess entscheidend zu verbessern. Enzymstabilität und Produktivität konnten soweit erhöht werden, dass dieser Prozess nun im Rahmen industriell interessanter Reaktionen liegt.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Sensitive assay for laboratory evolution of hydroxylases toward aromatic and heterocyclic compounds. Wong, T. S., Wu, N., Roccatano, D., Zacharias, M., Schwaneberg, U. (2005) Journal of Biomolecular Screening 10:246-252. (Titelseite)
A screening system for directed evolution of epoxygenases: validation reveals importance of position 184 in P450 BM3 for stereoselective styrene epoxydation. K.-L. Tee, U. Schwaneberg (2006) Angewandte Chemie, 45: 5380-5383.
A host/guest complex enables directed evolution of a two-component epoxygenase (StyAB) for styrene epoxidation, Tee, K. L., Dmytrenkoa, O., Otto, K., Schmid, A., Schwaneberg, U., (zur Publikation eingereicht)
Productivity of electroenzymatic reduction and oxidation reactions: theoretical and practical considerations. R. Ruinatscha, V. Höllrigl, K. Otto and A. Schmid (2006) Advanced Synthesis & Catalysis 348:2015-2026
Electroenzymatic asymmetric reduction of rac-3-methylcyclohexanone to (1S,3S)-3-methylcyclohexanol in organic/aqueous media catalyzed by a thermophilic alcohol dehydrogenase. V. Höllrigl, K. Otto, A. Schmid (2007) Advanced Synthesis & Catalysis (Accepted)


Fazit

Dieses sehr ehrgeizige und vielschichtige Projekt ist ein Beispiel für erfolgreiche interdisziplinäre Zusammenarbeit. An den Hochschulen entwickelte Methoden wie z. B. der Epoxidscreen konnten direkt beim KMU Partner implementiert werden. Als sehr interessant und vielversprechend hat sich die Kombination von in situ und in vitro Charakterisierung in Verbindung mit der Produktion von pharmazeutisch interessanten Ausgangsstoffen erwiesen. Etwas ernüchternd ist die Bilanz bei der Entwicklung eines elektrochemischen Prozesses für eine Anwendung mit einer Monooxygenase. Das Sauerstoffdilemma konnte nur bedingt gelöst werden und auch die Evolvierung des Enzyms brachte keine wesentliche Verbesserung des Prozesses. Die Anwendung der Elektroenzymologie auf sauerstoffunabhängige Reaktionen hingegen, wurde entscheidend vorangebracht und sollte unbedingt weiterverfolgt werden.

Übersicht

Fördersumme

432.970,00 €

Förderzeitraum

01.08.2004 - 31.01.2007

Bundesland

Bundesrepublik Deutschland

Schlagwörter

Bundesrepublik Deutschland
Klimaschutz
Umweltforschung
Umwelttechnik