Projekt 13040/08

Förderschwerpunkt Biotechnologie: Verbund Industrielle Nutzung von Biokatalysatoren: Entwicklung eines innovativen Verfahrens zur Gewinnung rekombinanter Phospholipase A2 zur umweltschonenden Herstellung von Phospholipiden im Industriemaßstab

Projektträger

Martin-Luther-Universität Halle-WittenbergFB Biochemie/BiologieInstitut für Biotechnologie
Kurt-Mothes-Str. 3
06120 Halle
Telefon: 0345/55-24864

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Zur industriellen Gewinnung definierter Phospholipide verwendet man bisher chemische und zum Teil bereits enzymatische Methoden. Letztere basieren oft auf Enzymen aus Säugetieren, z. B. Phospholipase (PLA2) vom Schwein, die aus Sicherheitsbedenken (Virus- und Prioneninfektion) und religiösen Vor-behalten (bei jüdischer und moslemischer Religionszugehörigkeit) wenig Zukunft haben. Im Rahmen des Vorhabens wurde daher die Entwicklung eines Verfahrens zur Gewinnung von rekombinanter PLA2 angestrebt. Dieses Enzym soll die gegenwärtig verwendete PLA2 ersetzen und außerdem die Basis bilden für neue enzymatische Reaktionen (Re- bzw. Transacylierung von Phospholipiden), die die zz. praktizierten chemischen Verfahren ersetzen und somit energie- und umweltfreundlicher gestalten sollen.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDas Vorhaben umfasste zwei Teilprojekte:
- Entwicklung eines Verfahrens zur Gewinnung von rekombinanter PLA2
- Studien zur enzymatischen Phospholipidtransformation mit PLA2
Für die Lösung der ersten Aufgabe wurden zunächst mittels PCR-Technik synthetische Genkonstrukte hergestellt, die der Proteinstruktur von PLA2 aus Bienengift (bv-PLA2) entsprechen, an deren N-Terminus jedoch modifiziert sind. Die Expression erfolgte in E. coli, wobei die Enzyme als inclusion bo-dies anfielen. Nach deren Solubilisierung und Renaturierung wurden die Enzyme durch Katione-naustauschchromatographie gereinigt. Eine Maßstabsvergrößerung und Optimierung der Enzymherstellung wurde im 10-l-Fermenter vorgenommen. Außerdem wurden 5 Enzymvarianten gewonnen, in denen jeweils eine der fünf Disulfidbrücken der PLA2 durch gerichtete Mutagenese eliminiert wurde.
Die Prüfung von PLA2 zur Katalyse von Reacylierungsreaktionen erfolgte mit den Enzymen aus Schweinepankreas und Bienengift in Glcerol-Methanol- bzw. Glycerol-Ethanol-Mischungen. Zur Behandlung der Reacylierungssysteme wurden Methoden der statistischen Versuchsplanung erprobt. Mittels eines Plackett-Burman-Versuchsplans wurden die Parameter ermittelt, die auf die Produktausbeute einen signifikanten Einfluss haben. Anschließend wurden diese Parameter nach einem modifizierten D-Optimal-Plan variiert.


Ergebnisse und Diskussion

Es wurden vier N-terminal modifizierte Varianten der PLA2 aus Bienengift gewonnen, in denen entweder das N-terminale Isoleucin des Wildtyps durch einen Valin- (I1V-PLA2) bzw. Alanin-Rest (I1A-PLA2) ersetzt wurde oder das Enzym durch das Startmethionin (M-PLA2)bzw. einen His-Tag (His6-PLA2) verlängert war. Ausgehend von einer 1-l-Schüttelkultur konnten alle Enzyme in elektrophoretisch reiner Form hergestellt werden (Proteinausbeuten für His6-PLA2 4 mg, für I1V-PLA2 und I1A-PLA2 10 mg, für M-PLA2 11 mg). Mit Ausnahme von His6-PLA2 zeigten alle Enzyme die gleiche spezifische Aktivität und die gleichen spektroskopischen Eigenschaften (Circulardichroismus, Fluoreszenz) wie die kommerzielle glykosylierte PLA2 (bv-PLA2), die aus dem Gift der Honigbiene gewonnen wird. Auch die thermodynamische Stabilität der Enzyme war identisch und unterschied sich nicht signifikant von bv-PLA2.
Für die Enzymvariante I1A-PLA2 wurde im 10-l-Fermenter ein Hochzelldichtefermentationsverfahren auf Mineralsalzmediumbasis entwickelt. Unter optimalen Bedingungen wurde eine Biotrockenmasse von 50 bis 60 g l-1 mit einem Anteil von 15% des rekombinanten Proteins am Gesamtzellprotein erhalten. Es kann abgeschätzt werden, dass die Ausbeute an PLA2, bezogen auf 1 l Kulturlösung, gegenüber der Schüttelkultur um den Faktor 30 gesteigert wurde.
Zur Testung der rekombinanten Enzyme wurden dem Industriepartner Proben der Enzyme I1A-PLA2 und I1V-PLA2 zur Verfügung gestellt. Alle Enzymproben erwiesen sich als sehr gut geeignet zur Herstellung von Lysophosphatidylcholin (im Grammmaßstab) mit einem Umsatzgrad von > 99 %.
Die zusätzlich in das Arbeitsprogramm aufgenommene Gewinnung der Disulfid-modifizierten Enzymva-rianten I1A/C37S/C63S-PLA2, I1A/C9S/C31S-PLA2, I1A/C61S/C95S-PLA2, I1A/C30S/C70S-PLA und I1A/C105S/C113S-PLA2 gelang nach derselben Strategie wie die von I1A-PLA2. In Abhängigkeit von der Lokalisation der entfernten Disulfidbrücke zeigten die Varianten sehr distinkte Stabilitätsunterschiede, so dass eine gezielte Modulation der Enzymstabilität, die zur Vermeidung von Restaktivitäten in den mittels PLA2 hergestellten Phospholipidprodukten wünschenswert ist, möglich wurde.
Für die Reaktion von 1-Palmitoyl-2-lyso-sn-glycero-3-phosphocholin (Lyso-PC) mit Ölsäure, katalysiert durch PLA2 aus Schweinepankreas bzw. Bienengift, wurden 9 Reaktionsparameter nach einem Plackett-Burman-Versuchsplan zur Selektion der Haupteinflussgrößen analysiert. Dabei erwiesen sich in den gewählten Grenzen die Konzentration an Lyso-PC, der Anteil an Cosolvens, die Puffersalzkonzentration und die Temperatur für die Reaktion mit PLA2 aus Schweinepankreas als signifikant, während die Haupteinflussfaktoren für die Reaktion mit bv-PLA2 neben der Lyso-PC-Konzentration die Enzymaktivität und die Reaktionszeit waren. Die sich anschließenden Versuche lieferten nach einem modifizierten D-Optimal-Versuchsplan Regressionsgleichungen, die eine Vorhersage der Produktausbeuten für alle Bedingungen innerhalb der gesetzten Grenzen und die Analyse von Interaktionen der Haupeinflussfaktoren erlauben. Die maximalen Produktausbeuten lagen bei Verwendung der PLA2 aus Schweinepankreas bei 70% (nach 18 h), bei Verwendung von bv-PLA2 bei 50 % (nach 144 h).


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Es erfolgte eine Patentanmeldung (Verfahren zur Herstellung von Phospholipase A2). Zwei Dissertationen und zwei Publikationen sind in Vorbereitung. Teilergebnisse wurden bei den DECHEMA-Jahrestagungen der Biotechnologen in Wiesbaden 2002 und in München 2003, der Biocat 2002 in Hamburg und dem 2. Innovationskongress Chemie und Biotechnologie 2003 in Halle präsentiert. Eine Vorstellung des Projekts erfolgte in den Publikationen des Verbunds (Faltblatt 2001, Biospektrum 2001, Transkript 2003).


Fazit

Die beiden Hauptziele des Projekts wurden erreicht. Es wurde ein Verfahren zur Herstellung einer PLA2 entwickelt, das ohne den Kontakt mit tierischen Geweben auskommt und zur Gewinnung von Lysophospholipiden sehr gut geeignet ist. Verhandlungen zur Überführung in die Industrie wurden aufgenommen. Noch zu prüfen ist die Frage der Toxizität der neuen Enzyme.
Durch die zur Analyse der Reacylierungssysteme verwendeten Methoden der statistischen Versuchsplanung wurden Grundlagen für eine umfassende Beschreibung und Optimierung dieser Systeme gelegt. Im Vergleich der beiden Enzyme, die für eine industrielle Anwendung in Frage kommen (PLA2 aus Schweinepankreas und PLA2 aus Bienengift), erwies sich erstere hinsichtlich der erreichbaren Produktausbeuten als überlegen.

Übersicht

Fördersumme

239.795,89 €

Förderzeitraum

01.04.2000 - 31.12.2003

Bundesland

Bundesrepublik Deutschland

Schlagwörter

Bundesrepublik Deutschland
Klimaschutz
Landnutzung
Umweltforschung
Umwelttechnik