Projekt 13015/01

Förderschwerpunkt Biotechnologie: Enzymatischer Abbau von Druckfarbenbindemitteln – Verbesserung der Druckfarbenablösung und der Sekundäreigenschaften bei der Wiederaufbereitung von Altpapier im neutralen pH-Bereich

Projektträger

TuTech Innovation GmbH
Harburger Schloßstr. 6 - 12
21079 Hamburg
Telefon: 040/ 7 66 29 - 6001

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

In der deutschen Papierindustrie nimmt Altpapier als Faserrohstoff eine bedeutende Stellung ein. So hat sich der Anteil an Sekundärfasern am Gesamtfaserstoffverbrauch in den letzten Jahren auf fast 63 Prozent erhöht. Dabei ist der Einsatz von Sekundärfasern bisher im wesentlichen auf die Produktion von Zeitungsdruckpapier sowie Verpackungs- und Hygienepapieren und Kartonagen begrenzt. Für diese Einsatzgebiete sind die derzeit möglichen maximalen Einsatzmengen von Recyclingpapier erreicht. Die Verwendung in hochqualitativeren Papieren steht die derzeitige Qualität des Sekundärfaserstoffes entgegen: Geringe Festigkeitseigenschaften (Durchreißfestigkeit, Reißlänge, Berstfestigkeit), höherer Entwässerungswiderstand und schlechtere optische Eigenschaften (Weißgrad, Reinheit, Opazität). Mit einem neuen, dabei umweltfreundlicheren Recyclingverfahren könnten die herkömmlichen Prozesse umweltverträglicher gestaltet sowie die Qualität der Sekundärrohstoffe verbessert und damit neue Einsatzgebiete erschlossen werden.
Das Ablösen der Druckfarben, das Deinken, ist dabei von zentraler Bedeutung, das Bindemittel der Druckfarben ist darin wiederum die Schlüsselgröße. Der Grad der Druckfarbenentfernung legt die Qualität (s.o.) und damit die Einsatzmöglichkeiten der Sekundärfaserstoffe fest. Mit den herkömmlichen alkalischen verfahren sind nennenswerte Qualitätssteigerungen nicht mehr möglich.
Ziel des Forschungsvorhabens ist es, mit den neuen enzymatischen Deinkingverfahren im neutralen pH-Bereich die oben beschriebenen Ziele zu erreichen. Der bisherige Einsatz von Enzymen beschränkt sich auf den Einsatz von Cellulase / Xylanasekomplexen und - in beschränktem Maße - Lipasen. Für die Ablösung der Druckfarben können sie aber nur eine unterstützende Funktion übernehmen, da sie Nachteile in der Anwendung aufweisen.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDieses Vorhaben setzt an einem bisher noch nicht berücksichtigten Punkt an: Bei der Vernetzung von Druckfarben während einer oxidativen Trocknung bilden sich Sauerstoffbrücken aus. Die dabei entstehenden komplexen Makromoleküle können mittels Oxidasen an aromatischen und aliphatischen Komponenten aufgelockert und so mechanisch leichter ablösbar werden.
Mit der Aufspaltung dieser oxidativen Verbindungen innerhalb der Bindemittel und zwischen Bindemittel und Cellulose sollte eine Verbesserung der Druckfarbenentfernung möglich sein. Mit Hilfe von Oxidasen und einer Reihe komplexer PAK- und Aliphateabbauenden Enzymen lassen sich insbesondere die Vernetzungen gealterter, pflanzenölhaltiger Druckfarben lösen. Die Fasern werden geschont, Qualität und Ausbeute der Faserrohstoffe erhöht. Durch den Einsatz thermostabiler Enzyme ist eine Anhebung der Prozesstemperatur möglich. Diese verbessert sowohl die Ablösung als auch die Bioverfügbarkeit der Druckfarben für die Enzyme durch eine Auflockerung der Faserstruktur und Erhöhung der Löslichkeit der Druckfarbenbindemittel-Komponenten. Das neue Verfahren erfordert neue Techniken zur Beseitigung der abgelösten Druckfarben, die Umsetzung der Laboruntersuchungen des enzymatischen Deinkens in die industrielle Anwendung eine Versuchsanlage im halbtechnischen Maßstab. Diese Anforderungen werden durch die Einbeziehung der industriellen Partner erfüllt. Sie gewährleisten mit ihrer Begleitung des Vorhabens eine an den industriellen Anforderungen ausgerichteten Entwicklung. Zur Abschätzung der umweltentlastenden Wirkung und der für einen industriellen Einsatz dieses Prozesses erforderlichen Rahmenbedingungen erfolgt eine vergleichende ökologische und wirtschaftliche Bewertung zwischen dem neuen und dem herkömmlichen Deinkingverfahren. Ziel ist der additive Einsatz des Verfahrens in der Papierindustrie ohne gravierende und damit kostenintensive Umstellung der bisher verwendeten Anlagen.


Ergebnisse und Diskussion

An der BFH wurde der Einsatz kommerziell erhältlicher Laccasen an Altpapier definierter Zusammensetzung getestet. Laccasen greifen unspezifisch radikalisch die Druckfarben an. Tests an Sulfatzellstoff zeigten, dass die Zellstoffstruktur von den Laccasen unberührt blieb, was für die Qualität der Fasern wäh-rend der Altpapieraufbereitung positiv zu bewerten ist. Der Nebeneffekt liegt in einer Zerkleinerung der Druckfarben zum Teil unterhalb der Flotationsgrenze. Mittels Einsatz geeigneter Seifen durch die Industriepartner und einer optimierten Enzymdosierung lässt sich diesem Effekt entgegen steuern.
Bei Biotex wurden aus thermophilen Organismen Enzymextrakte gewonnen, die allein oder in Kombination mit der Laccase auf ihre Wirkung im Deinkingverfahren an der BFH untersucht werden. Parallel dazu wurden in Screeningverfahren neue Mikroorganismen gefunden, die mit Druckfarben als einziger Energie- und Kohlenstoffquelle wachsen können und somit die geeigneten Enzymsysteme zum enzymati-schen Angriff auf die Druckfarbenbindemittel darstellen. Durch Anzucht auf Substratanaloga werden diese Enzyme ebenfalls getestet, ob sie in Deinkingprozessen eingesetzt werden können.
Am Fachbereich für Informatik der Uni Hamburg wurden Parameter zur ökologischen und ökonomischen Auswertung der verschiedenen Deinkingverfahren zusammengetragen. Mit Hilfe einer Modellierung können die verschiedenen Verfahren auf einfache Weise verglichen werden.
Die Industriepartner haben während der gesamten Laufzeit ihre fachliche und sachliche Unterstützung zur Verfügung gestellt. Sie haben entscheidend zu einer Normierung der Verfahren beigetragen. Die Industriepartner haben Geräte und Chemikalien bereitgestellt und auch weiterführende Untersuchungen der an der BFH hergestellten Papiere übernommen.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Nach Beendigung der Projektlaufzeit und des Pilotversuches ist es geplant, die erhaltenen Ergebnisse der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.


Fazit

Die Ergebnisse aller Untersuchungen zeigen, dass es enzymatisch möglich ist, Druckfarben von Altpapieren abzulösen. Der Chemikalien- und Energieeinsatz sinkt und die Qualität der erhaltenen Papiere kann ersten Betrachtungen folgend wahrscheinlich sogar gesteigert werden. Als weitere Untersuchungen während der Projektlaufzeit stehen die Verwendung aller Enzyme einzeln oder in Kombination in Labordeinkingversuchen und die Anpassung der Flotation an die veränderten Parameter aus. Am Ende soll ein Praxisversuch in der Deinkinganlage des Firmenpartners VOITH-SULZER stehen. Den Abschluss der Arbeit bildet die ökologische und ökonomische Analyse.

Übersicht

Fördersumme

314.147,96 €

Förderzeitraum

01.07.1999 - 31.12.2001

Bundesland

Hamburg

Schlagwörter

Klimaschutz
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik