Projekt 13012/01

Förderschwerpunkt Biotechnologie: Standortspezifische Genbanken und Erzeugung rekombinanter Organismen mit neuartigen Fähigkeiten im Hinblick auf industrielle Applikationen

Projektträger

Georg-August-Universität GöttingenInstitut für Mikrobiologie und Genetik
Grisebachstr. 8
37077 Göttingen
Telefon: 0551/393-796

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Das genetische Potential eines Standortes (z. B. Sediment, Boden, Habitate extremophiler Mikroorganismen) soll in seiner Gesamtheit zur Erzeugung von rekombinanten Organismen mit speziellen Eigenschaften ausgenutzt werden. Dabei sollte die erwünschte Eigenschaft oder Fähigkeit jeweils durch die Auswahl des sich anschließenden Screeningverfahrens bestimmt werden. Hierdurch wird eine Anwendung von einmalig angelegten Standortgenbanken auf unterschiedliche Zielsetzungen gewährleistet. Ziel des Projektes ist es, mit Hilfe des dargestellten Systems industriell relevante und neuartige Enzyme mit vorher festgelegten Eigenschaften zu identifizieren. Hierbei wurde angestrebt, biotechnologisch interessante Amylasen und Lipasen/Esterasen zu isolieren.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenZur Anlegung von Standortgenbanken wurde die DNA aus Boden- und Sedimentproben folgender Standorte isoliert: Zuckerrübenfeld (Nörten-Hardenberg, Deutschland), Wiese (Northeim, Deutschland), Kartoffelacker (Harz, Deutschland), vulkanischer Boden (Oregon, USA), Sediment des Flusses Nieme (Deutschland), Boden (Sinai, Ägypten), Sediment (Totes Meer, Israel), Salzgewinnungsanlage (Lanzerote, Spanien), Wasserboiler, Schwimmbad Göttingen. Die gereinigte Standort-DNA wurde jeweils verdaut, größenfraktioniert und ligiert. Als Wirt wurde dafür Escherichia coli und als Vektoren Plasmide, BACs und Cosmide verwendet. Anschließend wurde durch Bestimmung der durchschnittlichen Insertgröße und des Anteils der Klone mit Insert die Qualität der Genbanken überprüft. Die Erhaltung und Amplifikation der Genbanken erfolgte ebenfalls in E. coli. Die DNA-Manipulationen, Sequenzierungen und Klonierungen wurden anhand von Standardmethoden durchgeführt.
Neu angelegte und bereits vorhandene Genbanken wurden auf die Anwesenheit von Genen für Lipasen/Esterasen und a-Amylasen gescreent. Hierfür wurden Plattenschnelltestverfahren verwendet. Im Falle der Lipasen/Esterasen erfolgte das Screening der rekombinanten E. coli-Stämme auf Triolein-(Lipasesubstrat) bzw. Tributyrin (Esterasesubstrat)-haltigen Vollmediumsplatten. Die Identifizierung von E. coli-Klonen mit Genen für a-Amylasen wurde auf Stärke-Azur-Minimalplatten durchgeführt.


Ergebnisse und Diskussion

Zur Auffindung von industriell relevanten Enzymen mit neuartigen Eigenschaften wurde ein neu entwickeltes Verfahren angewendet, das unabhängig von der Kultivierbarkeit der Mikroorganismen das ge-samte genetische Potential eines Standortes ausnutzt. Es wurden bisher 16 Standort-Genbanken angelegt. Die Gesamt-DNA wurde hierzu aus verschiedenen Standorten durch direkte DNA-Extraktion isoliert. Die erhaltene Standort-DNA wurde partiell gespalten und in Vektoren kloniert. Zur Charakterisierung der Genbanken wurde die durchschnittliche Insertgröße bestimmt. Die ermittelten Werte lagen bei 3 bis 8,5 kb für Plasmide, 30 bis 60 kb für Cosmide und 100 bis 120 kb für BACs Die angewendete Methode erwies sich daher als geeignet, um Genbanken aus Standortproben in den 3 verwendeten Vektortypen zu erstellen.
Es wurden 3 verschiedene Standortgenbanken auf die Anwesenheit von Lipase/Esterase-Genen getestet. Insgesamt wurden 1,016.000 E. coli-Klone gescreent und dabei 4 Klone (E. coli/pAH110-113) mit stabilem Phänotyp erhalten und intensiv molekularbiologisch und biochemisch untersucht. Zunächst wurden die DNA-Bereiche, die für die Lipase/Esterase kodieren, identifiziert. Die Sequenzanalyse der aus den 4 subklonierten Genen abgeleiteten Proteine (LipA, Orf111, Orf112 und Orf113) zeigte, dass alle ü-ber die für Lipasen/Esterasen typische Konsensussequenz im Bereich des Serins im aktiven Zentrum der Enzyme verfügen. Homologievergleiche mit bekannten Sequenzen für Lipasen/Esterasen bestätigten die Zugehörigkeit aller 4 Proteine zur Lipase/Esterase-Familie. Eine geringe aber signifikante Ähnlichkeit ü-ber die ganze Länge des Proteins konnte nur bei LipA festgestellt werden. Zur Charakterisierung von Li-pA, Orf111, Orf112 und Orf113 wurde die Substratspezifität mit folgenden Triglyceriden als Testsubstraten bestimmt: Tributyrin, Tricaproin, Tricaprylin, Tricaprin, Trilaurin und Triolein. Das von E. coli/pAH110 produzierte LipA-Protein war in der Lage, alle eingesetzten Triglyceride zu spalten, und besitzt demnach das größte biotechnologische Potential. Die von den anderen drei rekombinanten E.coli-Stämmen gebildeten Proteine (Orf111, Orf112, Orf113) konnten nur das Esterase-spezifische Substrat Tributyrin umsetzen.
Für das Screeningverfahren auf a-Amylase Aktivität wurde ein Plattenschnelltestverfahren (Stärkeazur als Testsubstrat) angewendet. Bei der Durchmusterung von 3 Genbanken in Cosmiden und BAC-Vektoren wurden bisher 34 positive E. coli-Klone mit stabiler Amylase-Aktivität erhalten. Hiervon wurden für 4 Cosmide (CosGö1 bis CosGö4) die a-Amylase-Aktivität auf eine biotechnologische Anwendung hin charakterisiert. Dabei zeigte die Aktivität, die von CosGö3 vermittelt wird, durchaus Industriepotential. Die 4 Inserts der Cosmide CosGö1 bis CosGö4 wurden vollständig sequenziert und die potentiellen offenen Leserahmen, die für den Phänotyp verantwortlich sind (amy1 bis amy5), identifiziert und in Expressionsvektoren kloniert. Die vollständige biochemische Charakterisierung der gereinigten, heterolog exprimierten Enzyme erfolgt zur Zeit.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Die Ergebnisse über das Screening der Umweltgenbanken auf Lipase-Gene wurden im Mai 1999 beim 99th General Meeting of the American Society for Microbiology in Chicago (USA) und ASM-Konferenz für Biodegradation, Biotransformation, and Biocatalysis in Puerto Rico (USA) 2001 präsentiert. Diese Ergeb-nisse sind in einer Publikation von Henne, A., R. A. Schmitz, M. Bömeke, G. Gottschalk, and R. Daniel mit dem Titel Screening of environmental DNA libraries for the presence of genes conferring lipolytic activity on Escherichia coli in Appl. Environ. Microbiol. (2000) 66:3113-3116.
Die erzielten Ergebnisse über die identifizierten Amylasen wurden zum Teil auf der 7th symposium on bacterial Genetics and Ecology Tagung in Bergen (Norwegen) 2002 als Poster vorgestellt. Nach der vollständigen biochemischen Charakterisierung der 5 identifizierten neuartigen Amylasen, werden die Ergebnisse in einer Publikation veröffentlicht.


Fazit

Die hier dargestellten Ergebnisse in Bezug auf die Klonierung von Genen für Lipasen/Esterasen/Amylasen zeigen, dass die angewendete Vorgehensweise erfolgreich ist und durch Screening von Umweltgenbanken neue Enzyme gefunden werden können. Dies wurde durch die molekulare und biochemische Charakterisierung der identifizierten Lipasen/Esterasen bestätigt.
Ferner zeigte sich, dass sich die beschriebene Methodik zur Anlegung von Genbanken nicht nur in Plasmiden sondern auch in Cosmiden und BAC-Vektoren eignet. Ferner belegten diese Untersuchungen, dass die verwendete Methodik sich zur Identifizierung von Proteinen anderer Industriell-relevanter Enzymklassen eignet.

Übersicht

Fördersumme

102.002,73 €

Förderzeitraum

15.09.1998 - 30.09.2002

Bundesland

Niedersachsen

Schlagwörter

Klimaschutz
Umweltforschung
Umwelttechnik