Projekt 12575/01

Technischer Leitfaden zur Anwendung von ökologisch vorteilhaften Faserverbundwerkstoffen aus nachwachsenden Rohstoffen – am Beispiel eines Kastenträgers als Prototyp für hochbelastete Baugruppen

Projektträger

INVENT GmbH
Christian-Pommer-Str. 34
38112 Braunschweig

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Ziel dieses Vorhabens ist es, ökologisch verträgliche Werkstoffe an den Markt heranzuführen und deren Bekanntheitsgrad zu vergrößern.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenAnhand eines prototypischen Kastenträgers aus Naturfaserverbundwerkstoff auf der Basis nachwachsender Rohstoffe soll aufgezeigt und in Form eines Handbuchs dokumentiert werden,

· welche nachwachsenden Rohstoffe für die Herstellung solcher Strukturen prinzipiell geeignet sind,
· wie ein Faserverbundwerkstoff aus nachwachsenden Rohstoffen aufgebaut und worauf zu achten ist,
· welche Werkstoffkennwerte zugrunde gelegt werden können,
· welche mechanischen Ansätze zu formulieren sind, um Strukturberechnungen durchzuführen,
· welche Konstruktions- und Gestaltungsprinzipien zugrunde zu legen sind,
· wie maßgeschneiderte Werkstoffkompositionen zur optimierten Materialausnutzung möglich sind,
· welche Fertigungstechnologien geeignet sind und worauf zu achten ist,
· nach welchen Entsorgungskonzepten ein solches Bauteil behandelt werden kann.

Der prototypische Kastenträger soll Modellcharakter haben und stellvertretend für lasttragende Bauteile im Schienen- und Straßenfahrzeugbau, im Anlagenbau, in der Wasser- und Abwassertechnik, usw. betrachtet werden, um entsprechend breite Akzeptanz für diese neuartige Werkstoffklasse in der Industrie zu finden.


Ergebnisse und Diskussion

In der vorliegenden Studie wurde am Beispiel eines Kastenträgerprofils die Umsetzung und Realisierung von hochbelastbaren Faserverbundbauteilen auf Basis nachwachsender Rohstoffe beschrieben. Im Zuge einer ganzheitlichen Betrachtung wurden die einzelnen Entwicklungsstufen, ausgehend von der Auswahl der Werkstoffe, der Dimensionierung und Fertigung des Kastenträgers bis hin zu Entsorgungskonzepten für diese innovative Werkstoffgruppe, aufgezeigt.

Anhand der Untersuchungen konnte nachgewiesen werden, daß sich speziell Bastfasern und hier insbesondere Flachs-, Hanf- und Ramiefasern als Verstärkungskomponente für Bioverbundwerkstoffe eignen. Als Bettungsmasse (Matrix) wurden sogenannte Biopolymere eingesetzt, die aus nachwachsenden Rohstoffen wie Stärke, Zucker, Cellulose oder Pflanzenölen gewonnen werden. Zur Evaluierung eines geeigneten Bio-Verbundwerkstoffs wurden statische Untersuchungen an Probekörpern mit den Bio-Matrixsystemen Polylactid, Schellack sowie Elastoflex in Kombination mit den oben genannten Naturfasern durchgeführt. Dabei zeigte sich, daß die spezifischen, d. h. die auf die Dichte des Werkstoffes bezogenen Festigkeiten, bei ca. 35% eines vergleichbaren glasfaserverstärkten Kunststoffes liegen. Für die spezifischen Steifigkeiten wurden hingegen Werte in der Größenordnung von 70% - 110% ermittelt.

Die Auslegung des Kastenträgers erfolgte im vorliegenden Fall gegen eine Biegebeanspruchung mit einer Werkstoffpaarung aus Ramiegarn (Verstärkungskomponente) und Elastoflex (Matrix). Als Fertigungsverfahren wurde auf die Wickeltechnologie zurückgegriffen, da diese sich für Bauteile wie den hier behandelten Bio-Verbundkastenträger hervorragend eignet und als hochwertiges Fertigungsverfahren einzustufen ist.

Insgesamt erfolgte die Entwicklung des prototypischen Bio-Verbundkastenträgers in mehreren Stufen. In einem ersten Entwicklungsschritt wurde der Kastenträger im Trockenwickelverfahren hergestellt. Dabei zeigte sich, daß Ramiegarn im unimprägnierten Zustand eine ausreichend hohe Festigkeit besitzt, um mit der Wickeltechnik verarbeitet zu werden. Beim anschließenden Einstraken des trockenen Profils konnten die Fasern aufgrund der hohen Viskosität bzw. der niedrigen Topfzeit und den daraus resultierenden schlechten Fließeigenschaften des Matrixsystems Elastoflex nicht ausreichend mit Harz benetzt werden, was zur Ausbildung von Fehlstellen im Verbund führte. Eine wesentliche Verbesserung konnte diesbezüglich in einer zweiten Entwicklungsstufe mit dem Einsatz der Naßwickeltechnik erreicht werden. Hierbei wurde das Ramiegarn vor der Ablage auf den Wickelkern zunächst mit einem petrochemisch basierenden Epoxidharz imprägniert, wodurch eine vollständige Durchtränkung des Kastenträgers erreicht werden konnte. Im dritten Entwicklungsschritt konnte die Topfzeit des Elastoflexsystems durch den Einsatz eines neuen Härters erheblich erhöht werden, wodurch dieses auch im Naßwickelverfahren verarbeitet werden konnte. Der nach diesem Verfahren gefertigte Kastenträger zeichnet sich durch eine vollständige Durchtränkung sowie eine qualitativ hochwertige Oberfläche aus. Aus den dimensionierenden Kenngrößen ergibt sich, daß der Bio-Verbundkastenträger mit der Werkstoffpaarung Ramie/Elastoflex ca. 50% der Steifigkeit eines GFK-Kastenträgers erreicht.


Fazit

Im Rahmen der Studie konnte gezeigt werden, daß ein qualitativer Entwicklungssprung weg von Bauteilen mit einer geringen mechanischen Wertschöpfung, wie z. B. Türinnenverkleidungen für die Automobilindustrie, hin zu Konstruktionswerkstoffen für ein hohes Beanspruchungsniveau, wie beispielsweise dem in der Studie dargestellten Kastenträger, heute schon möglich ist. Neben der Charakterisierung der einzelnen Komponenten wurde dabei auch ausführlich auf die Berechnungsgrundlagen und Auslegungsleitlinien für Bio-Verbundwerkstoffe eingegangen sowie die Fertigungstechnologie zur Herstellung solcher Strukturbauteile vorgestellt.

Übersicht

Fördersumme

47.936,17 €

Förderzeitraum

01.02.1998 - 16.07.1999

Bundesland

Niedersachsen

Schlagwörter

Klimaschutz
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umweltkommunikation
Umwelttechnik