Projekt 12312/01

Die Lenkung der räumlichen Konzentration brutgestimmter Buchdrucker (Ips typographus L.) zur Unterbindung von Brutherden in Fichtenbeständen

Projektträger

Georg-August-Universität GöttingenInstitut für ForstzoologieFakultät für Forstwissenschaften und Waldökologie
Büsgenweg 3
37077 Göttingen
Telefon: 0551-392291

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Durch die wichtigste Borkenkäferart, den Buchdrucker (Ips typographus L.) entstehen jährlich hohe wirtschaftliche Verluste an der Fichte (Picea abies L.), dem wichtigsten Forstbaum. Die sog. Saubere Wirtschaft ist kostspielig und kann nur unzulänglich neuen Befall vermeiden. Sie wird den Anforderungen einer weit kostengünstigeren naturnahen Waldwirtschaft nicht gerecht und verhindert die natürliche Dynamik auf Naturschutzflächen. Im Vorhaben wird nach Faktoren gesucht, welche eine Lenkung der räumlichen Konzentration der Buchdrucker in gefährdeten Fichtenbeständen ermöglichen. Es soll ein Verfahren zur weitgehenden Kontrolle des Buchdruckers entwickelt werden durch eine wirksame Über-wachung, eine verlässliche Befallsentwicklung und eine gelenkte intensive Abschöpfung.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenNach der Kennzeichnung aller Versuchsbäume und ihrer Vermessung wurde über alle Jahre die allgemeine Flugaktivität mittels über die Flächen verteilter Monitorfallen registriert. Ebenfalls über den gesamten Zeitrum wurde das Klima mittels automatisch aufzeichnender Klimastationen erfasst. An Windwürfen wurden gezielte Befalls-, Verhaltens- und Brutbilduntersuchungen durchgeführt. Untersuchungen zum Konzentrationsvermögen sowie die Erfassung des Zuflugs und der vorzeitigen Abwanderung stan-den dabei neben dem Reproduktionserfolg im Vordergrund. Dispersions- und Konzentrationsverhalten des Buchdruckers wurden an stehenden Fichten über Fallenfänge beobachtet. Die Besiedlung von Einzelfichten, die Entstehung von Brutherden und der Befallsverlauf wurden mitgezeichnet. Geschlechtsbestimmungen von Käferstichproben sollten Aufschluss über evtl. populationsbedingte Gründe schwacher Reproduktionserfolge geben.
Zusätzlich wurden Versuche installiert, die unter vorgegebenen Bedingungen einzelne Faktoren quantifi-zierbar machen sollten. So konnten Anflugversuche Aufschluss über das allgemeine Suchverhalten, aber auch den direkten Anflug von Lockzentren geben. Über eigens entwickelte Aggregationsfallen, eine Kombination aus herkömmlicher pheromonbeköderter Schlitzfalle und einem für den Käfer unzugänglichen Angebot von frischem Fangholz wurde der Einfluss des Fangholzes gegenüber dem Einsatz von künstlichen Pheromonen, aber auch deren Kombination getestet. Präparierte stehende Fangbäume lieferten zusätzliche Vergleichsmöglichkeiten für die Einschätzung der geschnittenen Fanghölzer.


Ergebnisse und Diskussion

Aufgrund der Notwendigkeit naturbelassener Versuchsflächen wurden alle Untersuchungen in den forstschutzfreien Zonen des Nationalpark Harz durchgeführt. Hier befindet sich die Fichte in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet.
Weiträumige Dispersion und durch Aggregationspheromone und optimales Mikroklima gesteuerte räumliche Konzentration bestimmen den Entwicklungszyklus des Buchdruckers. Dispersion und Konzentration werden von attraktiven natürlichen Lockzentren gleichzeitig ausgelöst.
Die Fangzahlen in den beköderten Schlitzfallen und den unbeköderten Kreuzfallen zeigten, dass Buchdrucker allgegenwärtig sind: auf Freiflächen, Lichtungen, an Waldrändern und im Bestandesinnern. Die Aktivitätsdichten können erheblich schwanken, vornehmlich wetterbedingt und durch die Entwicklungszyklen der Art.
Buchdrucker disperieren in Teilpopulationen, von denen etwa ein Drittel ortstreu ist, während unter günstigen Umständen andere bis zum 20 km weit fliegen. Nach der Dispersion setzt die Konzentrationsphase ein. Hier kommt es abhängig von Lage und Qualität natürlicher Lockzentren bei einzelnen ge-schwächten, stehenden Fichten eher zu Streubefall, bei vitalen Fichten ist eine starke Konzentration zur Überwindung der Besiedlungsschwelle notwendig. Die stärksten Flugaktivitäten fanden im Frühjahr statt. Die vorhandenen Windwürfe wurden meist schlagartig und stark besiedelt, soweit sie ausreichend besonnt waren. Diese Brückenköpfe bildeten teilweise den Ausgangspunkt für die Besiedlung stehend benachbarter Fichten.
Im Laufe des Jahres 1998 wurden von fünfzehn vorhandenen Brutherden sechs im Laufe des Jahres durch insgesamt 339 neubesiedelte Fichten erweitert. 1999 gab es nur drei neubesiedelte Fichten, die einen neuen Brutherd bildeten. Die bestehenden Brutherde verzeichneten keine weitere Aktivität. 2000 konnte trotz hoher Flugaktivität keine Fichte mehr besiedelt werden. Nach Aussagen der Nationalparkverwaltung wurden auch im restlichen Gebiet kaum nennenswerte Befallsherde mehr gefunden.
Dieser bedeutsame natürliche Schrumpfungsprozess einer Buchdruckerpopulation deutet an, dass die Anfälligkeit der Fichten wechselt und offenbar weiträumig wirksamen Einflüssen unterliegt. Sie muss daher auch wesentlich über den Erfolg einer künstlichen Lenkung des Buchdruckers mitbestimmen.
Besonderes Augenmerk wurde auf die Besiedlung manipulierter Stämme gelegt. Um den Einfluss der Fanghölzer isolieren zu können, wurden sie in einem neu entwickelten Fallentyp, der Aggregationsfalle angeboten. Entscheidend an diesem Fallentyp ist, dass eine Besiedlung der Fanghölzer unterbunden wird, es also nicht zur Pheromonproduktion der Käfer kommt und nur so die Duftstoffe der Rinde angeboten werden.
Während generell die Lockwirkung der Fanghölzer durch Zugabe von PheroPrax© gesteigert werden konnte, trat der unerwartete Effekt auf, dass diese Fangleistung in allen Fällen erheblich unter der von nur mit PheroPrax© bestückten Fällen blieb. Dies wird vor allem auf die Duftstoffzusammensetzung der Fichtenabschnitte zurückgeführt, die offensichtlich den Anflug hemmende Bestandteile enthielt.
Die Bildung natürlicher Lockzentren wird vor allem vor der Disposition der Fichten bestimmt. Sie unterliegt offensichtlich einem zeitlichen Wechsel, so dass hohe Käferdichten nicht unbedingt einen Befall auslösen und nicht immer aufwendige Bekämpfungsaktionen rechtfertigen.
So wurde eine Methode entwickelt, die es erlaubt, den wechselnden Einfluss der Fanghölzer auf die Lockwirkung des PheroPrax© zu bestimmen, damit sich prüfen lässt, ob dieser Einfluss als Indikator für die jeweilige Befallsanfälligkeit der Fichten verwendet werden kann, um überflüssige Bekämpfungsaktionen zu vermeiden und die natürlichen Regulationsprozesse nützen zu können.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Das Vorhaben wird nicht über die Projektlaufzeit hinaus fortgeführt. Im Rahmen einer Dissertation werden die Ergebnisse weiter vertieft und in den Zusammenhang der gesamten abgelaufenen Borkenkäfer-gradation gestellt.


Fazit

Frische Fanghölzer können die Lockwirkung des PheroPrax© erheblich beeinträchtigen. Dieser unerwartete Effekt hat die aktive Rolle der Fichte in den Wechselbeziehungen zwischen Käfer und Wirtsbaum betont.

Daraus kann abgeleitet werden, dass die Notwendigkeit einer Bekämpfung vornehmlich von dem jeweiligen Anfälligkeitsgrad der Fichten bestimmt wird. Deshalb wurde der Schwerpunkt auf die Entwicklung von Aggregationsfallen gelegt, die diese wechselnde Anfälligkeit der Fichten verdeutlichen können.

Übersicht

Fördersumme

97.278,39 €

Förderzeitraum

01.08.1998 - 03.01.2001

Bundesland

Niedersachsen

Schlagwörter

Landnutzung
Naturschutz