Projekt 12125/01

Reduzierung der Umweltbelastung in der Kaltmassivumformung von Stahl durch Vermeidung von Phosphatierungen bei minimiertem Schmierstoffeinsatz

Projektträger

Fuchs Schraubenwerk GmbH
Bismarckstr. 38
57076 Siegen
Telefon: 0271/4095-0

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Das in der Kaltmassivumformung übliche Schmiersystem basiert auf einer Zinkphosphatschicht, die auf die Werkstückoberfläche aufgebracht wird. In der Regel kommen als Schmierstoffe Kaltpressöle, reaktive Seifen und Molybdändisulfid zum Einsatz. Die Aufbringung und Entfernung des Schmierstoffsystems erfolgt meist auf chemischem Weg in verschiedenen Bädern. Die Bäder müssen mit einem hohen Energieaufwand betrieben werden, unbrauchbar gewordene Bäder sind zu entsorgen. Das Abwasser enthält Beiz- und Beschichtungschemikalien, die eine Umweltbelastung darstellen. Ziel des Projektes war es, ein umweltfreundliches Tribosystem im industriellen Einsatz durch die ganzheitliche Betrachtung der Prozesskette zu entwickeln.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDie Funktionen der Phosphatschicht mussten nun anderweitig übernommen werden. Als Schmierstoffträger sollte die Werkstücktopografie dienen, die Trennschichtfunktion von Werkzeug und Werkstück übernahm eine Hartstoffschicht, die auf die Werkzeuge aufgebracht wurde.
Zuerst wurden in grundlegenden Untersuchungen die Werkzeuge, Hartstoffschichten und Drahtbehandlungsmöglichkeiten hinsichtlich der Anforderungen der phosphatschichtfreien Fertigung angepasst und optimiert. Dazu wurden Reibversuche durchgeführt, die es erlauben, die unterschiedlichen Eigenschaften der Tribosysteme zu analysieren. Um geeignete Hartstoffschichten zu ermitteln, wurden Verschleißuntersuchungen durchgeführt. Damit ließen sich Aussagen über die Schichthaltbarkeit und die Verschleißmechanismen treffen. Während des gesamten Projektzeitraums erwies sich die FEM-Simulation als hilfreich bei der Optimierung der Werkzeuge und Prozesse. So lassen sich tribologisch kritische Werkzeuggeometrien entschärfen und Beanspruchungskollektive für Werkzeugbeschichtungen definieren.
Im zweiten und dritten Projektjahr fanden Produktionsversuche bei den Anwenderfirmen statt. Hier wurden die Erkenntnisse der grundlegenden Untersuchungen in die Praxis umgesetzt. Damit ging eine Prozessoptimierung einher, die zuerst an einer M16-Sechskantschraube, später auch an komplexeren Bauteilen verwirklicht wurde.


Ergebnisse und Diskussion

Die Experimente umfassten salzbeschichtete Drähte als Stellvertreter für alternative Trägerschichten, gebeizte Drähte und gestrahlte Drähte. Die Drahtvarianten wurden mit drei unterschiedlichen, neu entwi-ckelten Schmierstoffen kombiniert.
Bei den Drahtausführungen konnte die salzbeschichtete Variante im Labor-Reibversuch fast die Ergebnisse der phosphatierten Variante erreichen. In den Produktionsversuchen mit der M16-Schraube zeigte sich dann die Problematik der mangelnden Schichthaftung in Verbindung mit großen Oberflächenvergrößerungen. Die gebeizten Drähte wiesen in den Laborversuchen hohe Reibung auf, in der Produktion ergaben sich Probleme in der zweiten Stufe beim Anstauchen des Schraubenkopfes. Nach dem Stauchvorgang haftet die Schraube an der Bohrungswandung fest, was beim Auswerfvorgang zu Bohrungsbrüchen führen kann. Die gestrahlten Drähte wiesen nur geringe Reibung auf. Dies kann in Verbindung mit Flüssigschmierstoff auf den Schmiertascheneffekt zurückgeführt werden. Restliche Zunderreste führten z.T. zu unbefriedigenden Produktionsergebnissen.
Werkzeugseitig wurden verschiedene Beschichtungen und Beschichtungskombinationen hinsichtlich ihres Reib- und Verschleißverhaltens untersucht. Die Beschichtungen können dabei in fünf Gruppen eingeteilt werden: unbeschichtetes Werkzeug, CVD TiC/TiN-Beschichtung, CVD TiC/TiN+Kohlenstoffschicht, CVD TiC/TiN+weiche Auflageschicht u. Kohlenstoffschichten. Unter den kohlenstoffbasierten Schichten wurden eine W-DLC-Variante und eine DLC-Variante ausgewählt. CVD-Beschichtungen hatten sich be-reits in einem vorangegangenen Projekt zu diesem Themenkomplex bewährt. Bei der Kombination der CVD-Beschichtung mit einer weichen Auflageschicht bestand die Idee, dass Einlaufverhalten der CVD-Schicht zu verbessern. Diese Erwartungen konnten nicht erfüllt werden, wie die Laborversuche ergaben. Ist die Auflageschicht fest auf der CVD-Beschichtung verankert, so schädigt ihr Abtrag gleichzeitig die CVD-Beschichtung. Am Beispiel der CVD+MoS2-Beschichtung wird deutlich, dass es sich hier um eine leicht zu lösende Schichtverbindung handelt. Die MoS2-Schicht wird bereits nach einem Hub fast vollständig abgetragen, die CVD-Beschichtung ist danach noch intakt.
Die W-DLC- und die CVD+W-DLC-Variante wirken stark reibungsmindernd. Dies konnte in den Reibuntersuchungen herausgefunden werden. Ihr Verschleißverhalten in den Produktionsversuchen mit der M16-Schraube zeigte sich in den Verjüngstufen verbesserungsbedürftig, da die Schichthaftung insbesondere auf der CVD-Beschichtung unzureichend war. Aus diesem Grund wurde die Schichthaftung optimiert. Die erzielbaren Ergebnisse blieben aber unter den CVD-TiC/TiN-Ergebnissen zurück.
Eine generelle Problematik bei Reduzierteilen hängt damit zusammen, dass hier der Auftreffstoß des Drahtes auf die Matrize erheblich ist. Dies kann zu einem verfrühten Verschleiß des Werkzeugs der ersten Stufe im Einlaufbereich führen, was einen verfrühten Ziehkantenverschleiß nach sich zieht. Die geforderten Bauteiltoleranzen können dann nicht mehr erreicht werden. Dennoch konnten in den Produktionsversuchen sowohl bei Fließpressteilen wie auch bei Reduzierteilen gute Resultate erzielt werden.Bei einem schwer umformbaren Fließpressteil mit einer Querschnittsreduktion von über 50 % konnten in Verbindung mit einer CVD-Matrize, gestrahltem wie auch gebeiztem Draht und feststoffpigmentiertem Kaltfließpressöl ca. 84.000 Teilen hergestellt werden. Hinsichtlich des Verschleißeindrucks an den Werkzeugen konnte nur ein geringer Unterschied zur konventionellen Fertigung mit Phosphatschicht festgestellt werden.
Eine signifikante Standzeiterhöhung ergab sich bei der Fertigung eines M6-Reduzierteils mit gebeiztem Draht, Kaltfließpressöl und PVD TiN-beschichteter Matrize.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Vortrag und Veröffentlichung mit dem Schwerpunkt Verjüngtest auf dem World Tribology Congress.
Groche, P.; Kappes, B.; Dünkel, V.; Mauer, G.: Signification of Tribology Bench Tests in Cold Bulk Forming. In: Franek, F; Bartz, W.J.; Pauschitz, A. (Editors): Proceedings of the WTC 2001. Bd.: Tribology 2001 und Bd.: Abstracts of Papers. Vienna: Österreichische Tribologische Gesellschaft, 2001.
Eine weitere Veröffentlichung in der Zeitschrift Tribologie und Schmierungstechnik ist geplant.


Fazit

Für ein breites Anwendungs- bzw. Produktspektrum ist die phosphatschichtfreie Kaltmassivumformung noch nicht wirtschaftlich durchführbar. Mit diesem Projekt wurden aber beachtenswerte Erfolge erzielt. So konnte ein Fließpressteil phosphatfrei bei ansprechenden Standzeiten umgeformt werden. Ebenso konnte ein Tribosystem gefunden werden, mit dem ein Reduzierteil im Vergleich zur konventionellen Fertigung mit einer erheblichen Standzeiterhöhung der Werkzeuge produziert werden konnte. Es ergibt sich in einigen Bereichen aber noch weiterer Forschungsbedarf. So sind die Werkzeugkonstruktionen der phosphatschichtfreien Kaltmassivumformung anzupassen. Ziel ist, die Werkzeugbeanspruchung zu minimieren und gleichmäßiger zu verteilen. Auch in den Bereichen der Schmierstoffadditive und Hartstoffschich-ten stecken weitere Optimierungspotenziale.

Übersicht

Fördersumme

511.291,88 €

Förderzeitraum

01.07.1998 - 01.07.2001

Bundesland

Nordrhein-Westfalen

Schlagwörter

Klimaschutz
Umweltforschung
Umwelttechnik