Projekt 12099/01

Reinigung schwermetallbelasteter Sedimente durch Bioleaching

Projektträger

Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung GmbH - UFZSektion Sanierungsforschung
Permoserstr. 15
04318 Leipzig
Telefon: 0341/235-2207

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Gewässersedimente sind ein bisher ungelöstes Umwelt- und Kostenproblem. Allein aus den Gewässern Sachsens müssen ca. 3,7 Mio. m3 Sedimente beräumt werden, diese sind zum großen Teil mit Schwermetallen aus bergbaulichen und industriellen Aktivitäten belastet. Gegenwärtig werden die ausgebaggerten Sedimente deponiert, da praktikable Sanierungsverfahren fehlen. Die Deponierung ist wegen des weiter bestehenden Gefährdungspotentials keine ökologisch befriedigende Lösung.
Kommen die Sedimente mit Sauerstoff in Kontakt, so gehen die Schwermetalle durch mikrobielle Oxidations- und Versauerungsprozesse in Lösung. Dieses natürliche Bioleaching, welches unkontrolliert ein Gefahrenpotential für die Umwelt darstellt, soll durch Aktivierung der autochthonen schwefeloxidierenden Bakterien (Thiobacilli) beschleunigt und zur Reinigung der Sedimente genutzt werden. Ziel ist es, ein naturnahes Verfahren zur Sedimentdekontamination unter Nutzung des natürlichen biologischen Solubilisierungspotentials bereitzustellen. Die gereinigten Sedimente sollen in den Stoffkreislauf als Bodensubstrat zurückgeführt werden.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDie Verfahrensentwicklung erfolgte am Beispiel von hochbelasteten Sedimenten der Weißen Elster aus dem Südraum Leipzig. Aus ökonomischen Gründen soll das Bioleaching der Schwermetalle durch Festbettlaugung nach dem Perkolationsprinzip erfolgen. Das Verfahren erfordert mehrere Prozeßstufen.
Als wesentliche Teilaufgaben leiteten sich ab:
· Konditionierung der stoffundurchlässigen Baggerschlämme, um sie der Festbettlaugung zugänglich zu machen.
· Kontrollierte Stimulierung der mikrobielle Aktivität der laugungsaktiven autochthonen Bakterien während des Bioleaching im Festbett.
· Revitalisierung der gelaugten Sedimente vor dem Einsatz als Bodensubstrat.
· Abtrennung der im Leachat gelösten Schwermetalle.
Der Schwerpunkt der Untersuchungen im Labor- und Technikummaßstab lag auf der Erarbeitung und technischen Umsetzung von Maßnahmen zur Beschleunigung der Metallsolubilisierung.
Das scale-up erfolgte in zwei Pilotanlagen: Die Konditionierung der Schlämme wurde in der SECON-Anlage an der Weißen Elster bei Leipzig getestet (6 Versuchsbecken je 50 m3 und 2 m Höhe). Die Versuche zur Optimierung der Prozessführung des Bioleaching erfolgten in der BIOLEA-Pilotanlage im Bodenreinigungszentrum Hirschfeld der BMU. Die BIOLEA-Pilotanlage umfasste Perkolatoren (3 Festbettreaktoren mit je 3 m3 und 2 m Höhe) und Technik zur Prozesswasseraufbereitung.


Ergebnisse und Diskussion

Konditionierung der Sedimente
Die Konditionierung anoxischer stoffundurchlässiger Schlämme erfolgt durch Vererdung mit Hilfe von Pflanzen. Die Pflanzen verändern die Eigenschaften der Sedimente in günstiger Weise. Sie entziehen dem Sediment Wasser und transportieren durch ihr Luftleitsystem Sauerstoff in das anoxische Material. Der eingetragene Sauerstoff wirkt als Oxidationsmittel und fördert die Entwicklung der Mikroorganismen. Aus dem anoxischen Schlamm entsteht innerhalb einer Vegetationsperiode ein krümeligerdiges Material, welches gut wasser- und luftdurchlässig ist. Von den getesteten Pflanzen erwies sich Rohrglanzgras (Phalaris arundinacea) als am besten für die Konditionierung geeignet.
In der SECON-Pilotanlage wurde der Einfluss verschiedener Pflanzenarten auf den Vererdungsprozess von ca. 260 m3 Weiße-Elster-Schlamm getestet. Die physikalisch-chemischen und strukturellen Veränderungen erfolgten in den bepflanzten Becken schneller und erreichten eine größere Tiefe. Der Anteil größerer Partikel und die Wasserdurchlässigkeit war deutlich erhöht. Der Schwermetallentzug durch die Pflanzen war praktisch bedeutungslos.

Bioleaching
Der Bioleachingprozess unterteilt sich in die Solubilisierungsphase und die Waschphase. Während der Solubilisierung wird dem Sediment zugemischter Schwefel (S°) mikrobiell zu Schwefelsäure oxidiert, die die Schwermetalle in Lösung bringt. Der Grad und die Selektivität der Schwermetallsolubilisierung lassen sich über die S°-Dosis steuern. Die Aktivität der autochthonen schwefeloxidierenden Bakterien (Thiobacilli) wird über das Belüftungs- und Befeuchtungsregime kontrolliert stimuliert. In der Waschphase werden die solubilisierten Schwermetalle aus dem Sediment gewaschen. Die Schwermetalle gehen je nach Bin-dungszustand und den Laugungsbedingungen unterschiedlich gut in Lösung. Aus den Weiße-Elster-Sedimenten konnten bis zu 80 % des enthaltenen Zn, Cd, Ni, Mn und Co entfernt werden, Cu nimmt eine Mittelstellung ein, wenig löslich bis nahezu unlöslich waren Cr, Pb und As. Das Bioleaching hat gegenüber einer abiotischen Schwefelsäurelaugung den Vorteil, dass die Versauerung im Festbett schneller und ohne räumliche Gradienten verläuft.
In der BIOLEA-Pilotanlage war der Laugungsprozess ebenso effektiv wie im Labormaßstab, und die Ver-sauerung war bereits nach 21 Tagen beendet. Die mikrobiellen Oxidationsprozesse führen zu einer starken Wärmeentwicklung, wodurch die Temperatur im Festbett auf über 50 °C ansteigen kann. Mittels der Prozesswasserzirkulation lässt sich die Temperatur auf einen für die laugungsaktiven Bakterien optimalen Wert regeln.

Prozesswasseraufbereitung
Die schwermetallhaltigen schwefelsauren Waschwässer können durch Alkalisierung mit Ca(OH)2 problemlos gereinigt werden. Die Grenzwerte für Schwermetalle in Abwässern wurden auch im Pilotmaßstab erreicht. Der Anfall an schwermetallhaltigem Abfallschlamm betrug ca. 6 % der Sedimentmasse. In Zusammenarbeit mit der TU Dresden wurden Grundlagen für ein elektrochemisches Verfahren der Pro-zesswasseraufbereitung entwickelt.

Revitalisierung
Die gelaugten Sedimente werden durch Zumischung von Kalk und Kompost revitalisiert. Langzeitversuche zeigten, dass die Eluatkennwerte des revitalisierten Materials unbedenklich sind und keine Hemmung des Pflanzenwachstums erfolgt.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Fischer, R., H. Seidel, D. Rahner, P. Morgenstern, C. Löser (2002) Elimination of heavy metals from process waters of the bioleaching process by electrolysis. J. Soils Sediments (eingereicht)
Löser, C., A. Zehnsdorf, P. Hoffmann, H. Seidel (1999) Conditioning of heavy-metal-polluted river sediments by helophytes. Int. J. Phytoremediation 1, 339-359
Löser, C., M. Fussy, A. Zehnsdorf, H. Seidel (2000) Revitalisierung mikrobiell gelaugter Sedimente als Teil eines Sanierungsverfahrens zur Behandlung schwermetallbelasteter Gewässersedimente. Freiberger Forschungshefte A 859, 129-146
Löser, C., H.Seidel, P. Hoffmann, A. Zehnsdorf (2001) Remediation of heavy-metal-contaminated sediments by solid-bed bioleaching. Environ. Geol. 40, 643-650
Löser, C., A. Zehnsdorf, M. Fussy, P. Morgenstern (2001) Möglichkeiten zur Kostenreduzierung bei der Entsorgung schwermetallkontaminierter Flusssedimente - ein Fallbeispiel. Altlasten Spektrum 10, 18-27
Löser, C., A. Zehnsdorf, M. Fussy, H.-J. Stärk (2002) Conditioning of heavy metal-polluted river sediment by Cannabis sativa L. Int. J. Phytoremediation 4, 27-45
Löser, C., A. Zehnsdorf, P. Hoffmann, H. Seidel (2002) Ein Verfahren zur Reinigung schwermetallbelasteter Gewässersedimente durch Bioleaching im Festbett. Umweltmagazin 3, 52-53
Löser, C., A. Zehnsdorf (2002) Conditioning of freshly dredged heavy metal-polluted aquatic sediment with reed canary grass (Phalaris arundinacea L.). Acta Biotechnol. 22, 81-89
Seidel, H., R. Wennrich, P. Morgenstern, C. Löser (2002) Effektivität der Abtrennung der Schwermetalle und von Sulfat aus Prozesswässern des Bioleaching-Vefahrens durch Alkalisierung. Vom Wasser 99 (im Druck)
Zehnsdorf, A., C. Löser, P. Hoffmann, H. Seidel (2001) Konditionierung schwermetallbelasteter Gewässersedimente mit Pflanzen. Wasser Boden 53, 33-41


Fazit

Mit dem Bioleaching-Verfahren wird ein naturnahes umweltschonendes Verfahren bereitgestellt, das schwermetallbelastete Sedimente zu einem verwertbaren Bodensubstrat aufbereitet. Das Verfahren zeichnet sich durch niedrigen Energieeinsatz, die Verwendung umweltverträglicher Zusatzstoffe und den Anfall geringer Mengen an zu deponierenden Reststoffen aus. Andererseits sind nicht alle Sedimente mit dem Verfahren behandelbar. Über die Anwendbarkeit entscheidet in erster Linie das Spektrum und die Bindungsform der Schwermetalle im Sediment, seine Durchlässigkeit und Pufferkapazität.
Die erzielten Ergebnisse zeigen, dass das Verfahrenskonzept auch unter praxisnahen Bedingungen tragfähig ist. Studien zur großtechnischen Anwendbarkeit und zur Wirtschaftlichkeit des Bioleaching-Verfahrens weisen einen fortgeschrittenen Stand auf dem Weg zur Marktreife aus. Mit der zu erwartenden Veränderung in der Deponierungspraxis rückt das Verfahren auch wirtschaftlich in den Bereich einer attraktiven Lösung. Mit dem Ziel der Umsetzung des Bioleaching-Verfahrens in die Praxis ist im Boden-Reinigungszentrum Hirschfeld ein Großversuch geplant.

Übersicht

Fördersumme

660.548,21 €

Förderzeitraum

01.04.1998 - 30.11.2001

Internet

www.ufz.de

Bundesland

Sachsen

Schlagwörter

Klimaschutz
Kulturgüter
Landnutzung
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik