Projekt 11950/01

Untersuchung über umweltverträgliche Bergung und Entsorgung des Treibsels

Projektträger

I.A.V. GmbH
Möwenstr. 4
26160 Bad Zwischenahn
Telefon: 04951-9185-0

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

An den Deichen der Oberläufe der in die Nordsee einmündenden Flüsse und an der Nordseeküste selbst werden insbesondere durch die Herbst- und Frühjahrsstürme große Mengen Treibgut angeschwemmt. Das auch als Treibsel oder Teek bezeichnete Material besteht zum größten Teil (ca. 90%) aus abgestorbenen Pflanzenteilen des Vorlandes. Daneben enthält es auch Holz (5-9%) und anderes schwimmfähiges Material wie Plastikbehälter und Glasflaschen (1-5%).
Die Menge des anfallenden Treibsels ist besonders hoch an den westlich ausgerichteten Deichen, wie am Dollart, an der Leybucht und am Ostufer des Unterlaufes der Weser. Je nach Materialanfall und Witterungseinflüssen erreicht der sich an der Außenböschung des Hauptdeiches ablagernde Saum Höhen von 1 m und mehr und Breiten bis zu 30 m.
Im Rahmen der Deichunterhaltung und -pflege muß der angeschwemmte Teeksaum möglichst umgehend beseitigt werden, da andernfalls die darunterliegende Grasnarbe erstickt wird. Außerdem kann wegen der sich dann ausbildenden günstigen Lebensbedingungen für Wühlmäuse die Stabilität des Deiches beeinträchtigt werden. Für die Deichpflege und den Küstenschutz werden allein in der Bundesrepublik Deutschland mehrere hundert Millionen DM aufgewendet.
Seit Inkrafttreten des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes gilt Treibsel als pflanzlicher Abfall zur Verwertung aus einem anderen Herkunftsbereich als aus Haushaltungen. Die Beseitigung erfolgt hauptsächlich dadurch, daß der Teek weitgehend von Unrat befreit, nach einer gewissen Trockenphase zu Wällen zusammengeschoben und dann verbrannt wird. Ab dem 01.06.1998 tritt nach Ablauf einer Übergangsfrist das generelle Brennverbot in Kraft.
Um vor diesem Hintergrund eine effiziente Kostenentlastung zu erreichen, wird der Einsatz von Teek in der Biomassefeuerung des Heizkraftwerkes Weener vorgeschlagen. Zur fundierten Vorbereitung dieser Nutzung des Teeks sollte eine detallierte Machbarkeitsanalyse durchgeführt werden.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenIm Zuge der Bearbeitung sollen Antworten auf die essentiellen Fragen gefunden werden, wie z. B.
· wie kann Treibsel umweltverträglich geborgen werden?
· Wie kann Treibsel zu einem Biobrennstoff aufbereitet werden, um in dem Biomassenheizkraftwerk Weener einer thermischen Verwertung zugeführt werden zu können?
Die Arbeitsmethodik kann anhand der untenstehenden Bearbeitungsinhalte aufgezeigt werden:
1. Basisdaten und Randbedingungen
· Die Deichverbände
· Deichunterhaltung durch andere Träger
2. Der Brennstoff Treibsel
· Ermittlung des verfügbaren Aufkommens an Treibsel
· Zusammensetzung/Eigenschaften von Treibselarten
· Verfügbare Beseitigungsverfahren und deren Kosten
3. Logistisches Konzept zur Treibgutbereitstellung
· Arbeitsschritte der Bereitstellungslogistik
· Variantenbetrachtung
4. Treibselbergung und Transportlogistik
· Randbedingungen der Treibselbergung
· Methodik der Treibselbergung
· Maschinentechnik
· Zeit- und Energiebedarf
· Transportlogistik
· Erforderliche Lagerkapazitäten
5. Lagerung, Aufbereitung und Beschickung des Treibgutes
· Sortierung
· Zerkleinerung
· Lagerung· Fördertechnik
· Beschickung
· Logistik innerhalb des Kraftwerkgeländes
6. Feuerungsspezifische Eigenschaften von Treibsel und daraus folgende Auswirkungen auf die Brennstoffaufbereitung
· Brennstoffuntersuchungen zur Analyse der natürlichen Schwankungsbreite der chemischen Zusammensetzung des Treibsels
· Untersuchungen mit dem Ziel, den Chlorgehalt des Treibsels vor der Verbrennung zu reduzieren
· Bestimmung der verbrennungstechnischen Eigenschaften: Wassergehalt, Ascheanteil, Gehalt an flüchtigen Bestandteilen, Gehalt des Restkohlenstoffs nach Austreiben der flüchtigen Bestandteile
· Brennwertermittlungen
· Erweichungsverhalten und chemische Zusammensetzung der Asche
Erstellung eines Pflichtenheftes aus den Ergebnissen der vorgenannten Untersuchungen, um zu einer für das Treibsel adäquaten Feuerung zu kommen
7. Ökologische Betrachtungen
· Schutz der Umwelt bei der Bergung des Treibsels:
Erhaltung des dynamischen Lebensraumes Salzwiesen mit seiner großen, natürlichen Artenvielfalt in seinem jetzigen Zustand,
· Luftschadstoffemissionen derzeitiger Entsorgungsverfahren des Treibsels
· Abgasreinigung und Emissionen der thermischen Verwertung des Treibsels, CO²-Bilanz
8. Dokumentation
Erstellung des Abschlussberichtes


Ergebnisse und Diskussion

Das Ziel für die Deichverbände eine effektive Kostenentlastung aufgrund einer günstigen Entsorgung des Treibsels zu erreichen, wurde verfehlt; die Kosten für die thermische Verwertung des Treibsels liegen über den Kosten der zur Zeit angewandten Entsorgungsverfahren Verkuhlen, Humifizieren und freies Verbrennen am Deich.
Das Ziel den Einsatz von Treibsel in einem Heizkraftwerk fundiert vorzubereiten wurde voll erreicht. Sowohl das erschließbare Potential an Treibsel, als auch dessen Zusammensetzung wurden erarbeitet. Mehrere alternative Lösungen unter Favorisierung einer Variante zur Treibselbergung, Transportlogistik, Lagerung, Aufbereitung und Beschickung des Treibgutes sind gefunden und dokumentiert worden. Die feuerungsspezifischen Eigenschaften des Treibsels wurden herauskristallisiert.
Sämtliche erarbeiteten Konzepte standen unter der Prämisse, daß keinerlei Beschädigung des dynamischen Lebensraumes Salzwiesen stattfinden darf und die Luftschadstoffemissionen der anderen Entsorgungsverfahren weit unterschritten werden müssen. Dies ist ebenso voll und ganz gelungen. Die bei der vollständigen (Großanlagen) Verbrennung und der unvollständigen (Verbrennung am Deich) anfallenden EmissionenStickoxide, Schwefeldioxide und Staub fallen bei einer Verbrennung im Kraftwerk in einem wesentlich geringeren Ausmaß an.
CO2-Bilanz:
Im Herbst/Winter 1994/95 fielen im Deichland von Niedersachsen 227.700 m3 Treibsel an. Bei einer Schüttdichte von 0,1 t/m³ ergibt sich eine Jahresmenge von 22.770 t Treibsel. Anhand der Treibselmenge läßt sich unter Einbeziehung des Heizwertes die erzielbare Stromproduktion für eine projektierte Anlage ermitteln. Da Treibsel ein biogener Brennstoff ist und die selbe Menge CO2 auch bei der Kompostierung anfällt, ist die Treibselverbrennung CO2-neutral. Für die Alternative eines 20 MWel GuD-Kraftwerkes und eines Steinkohlekraftwerkes mit Dampfturbine wird aus der errechneten Stromproduktion die erforderliche Brennstoffmenge und produzierte CO2-Menge errechnet. Über die Treibselverbrennung werden die CO2-Emissionen um ca. 9.000 bis 23.000 t/a reduziert.
Die Arbeits- Zeitplan und Kostenkalkulation wurden bis auf die Abgabe des Abschlußberichtes eingehalten.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Die Ergebnisse wurden dem niedersächsischen Umweltministerium, dem Wasserverbandstag und den Deichachten als den Trägern der Deichunterhaltung im Rahmen von persönlichen Gesprächen vorgestellt.


Fazit

Es ist technisch und wirtschaftlich möglich das Treibsel umweltverträglich vom Deich zu bergen, und ebenso umweltschonend als Brennstoff in einem Biomassenheizkraftwerk zu verwerten. Die zur Zeit vorherrschenden Verwertungen wie das Verkuhlen und Humifizieren sind kostengünstiger als die Erzeugung von elektrischer Energie und Abwärme in einem Biomassenheizkraftwerk sind jedoch bezüglich ihrer Auswirkungen auf die Umwelt und der Qualität der Verwertung zu bewerten. Aufgrund der neuen energiewirtschaftlichen Rahmenbedingungen, dem EEG und der geplanten Biomasseverordnung wird der Verwertungspreis für Treibsel in einem Biomassenheizkraftwerk fallen können, so daß der Verwertungs-weg für die Deichachten auch wirtschaftlich eine wirkliche Alternative zu den jetzigen Verwertungswegen darstellt.

Übersicht

Fördersumme

71.580,86 €

Förderzeitraum

25.03.1997 - 29.03.2001

Bundesland

Niedersachsen

Schlagwörter

Klimaschutz
Landnutzung
Naturschutz
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik