Projekt 11722/01

Verfahrensentwicklung zur Schädlingsbekämpfung in der Hopfenproduktion ohne chemische Pflanzenschutzmittel

Projektträger

Bayerische Landesanstalt für LandwirtschaftInstitut für Pflanzenbau und PflanzenzüchtungArbeitsbereich Hopfen
Hüll 5 1/3
85283 Wolnzach
Telefon: 08442/9257-13

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Die Sonderkultur Hopfen wird im weltweit größten zusammenhängenden Anbaugebiet, der Hallertau, alljährlich regelmäßig von zwei Hauptschädlingen befallen: Der Hopfenblattlaus (Phorodon humuli) und der Gemeinen Spinnmilbe (Tetranychus urticae). Da Hopfen als Monokultur über Jahrzehnte immer auf derselben Fläche angebaut wird, sind die Hopfenpflanzer aufgrund der Forderungen des Braugewerbes als praktisch alleinigem Abnehmer des Erntegutes zu intensivem Einsatz chemischer Pflanzenschutzmittel gezwungen. Zielsetzung des Vorhabens ist, im Rahmen von drei Teilprojekten diesen Pflanzenschutzmittel-Einsatz langfristig flächendeckend erheblich zu reduzieren, was nicht nur zu einer Kostenersparnis für die Pflanzer führt, sondern vor allem die Umweltbelastung deutlich verringert.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDas Vorhaben läßt sich in drei Teilprojekte untergliedern, die jeweils über drei Jahre bearbeitet werden:
· Für die Züchtung blattlausresistenter Hopfensorten ist die Identifikation genetisch verankerter Resistenzen in bestimmten Sorten Grundbedingung. Dafür werden in umfangreichen Freiland- und Gewächshausversuchen Hopfenblattläuse als Biomonitoren an zwei Sorten eingesetzt, um über das Zuflugsverhalten sowie die einzelnen differenzierten Verhaltensweisen und die Vermehrungsraten der Tiere auf den Wirtspflanzen gesicherte Unterschiede zwischen einzelnen Sorten zu ermitteln.
· Für die Erarbeitung einer Bekämpfungsschwelle für die Gemeine Spinnmilbe ist ein flächendeckendes, über die gesamte Hallertau verteiltes Monitoring von mehr als 100 Hopfengärten verschiedener Sorten, mit unterschiedlichen Bodenarten, Bodenbedeckung etc. vonnöten, um auch Rückschlüsse auf die verschiedenen Faktoren zu erhalten, die unterschiedliche Befallshäufigkeit bzw. Befallsstärke bedingen. Eine auch durch Ertrags- und Qualitätsfeststellung gesicherte Bekämpfungsschwelle kann zum Wegfall zahlreicher unnötiger chemischer Präventivbehandlungen führen.
· Die Grundlagen der Erarbeitung einer Methode zur Kontrolle der Gemeinen Spinnmilbe durch Leimbarrieren an den Hopfenreben wurden in vierjährigen Versuchen bereits gelegt, die Methode wird z.T. bereits erfolgreich von Bioland-Hopfenbetrieben angewendet. Die Applikationstechnik dieser äußerst arbeitsintensiven Methode muß für eine großflächige Umsetzung in die Praxis in Zusammenarbeit mit einer Landtechnikfirma jedoch noch verbessert werden.


Ergebnisse und Diskussion

Bei den Untersuchungen zur Resistenz unterschiedlicher Hopfensorten gegen die Hopfenblattlaus konnten zwischen den beiden Sorten Spalter Select (SE) und Hallertauer Magnum signifikante Unterschiede in der Blattlausanfälligkeit ermittelt werden, wobei HM von geflügelten Blattläusen etwa um den Faktor vier bis fünf stärker angeflogen wurde als SE, und die Vermehrungsrate auf HM nach vier Wochen etwa um den Faktor acht höher lag als auf SE. Dieses neue Wissen um die verschiedenen Mechanismen der Blattlaustoleranz von SE kann nun gezielt in biotechnologische bzw. biochemische Untersuchungen für die zukünftige Züchtungsarbeit einfließen.
Bei der Erarbeitung einer Bekämpfungsschwelle für die Gemeine Spinnmilbe im Hopfenbau wurde ein höchst erfolgversprechendes Modell entwickelt, bei dem mit Hilfe eines neuen, sechsstufigen Befallsindex für Spinnmilben über zwei Bonituren (Mitte Juni und Mitte/Ende Juli) für jeden Hopfengarten ein konkreter Befallswert ermittelt werden kann, ab dem eine Akarizidbehandlung tatsächlich notwendig ist oder nicht. Diese Bewertung muss allerdings in jedem Hopfengarten jedes Jahr durchgeführt werden. Die Datengrundlage für dieses Modell bildete ein dreijähriges Monitoring in über 100 Hallertauer Hopfengärten mit akarizid-unbehandelten Parzellen sowie insgesamt 36 Versuchsernten, bei denen der zum Erntezeitpunkt tatsächlich durch Spinnmilben entstehende Schaden festgelegt werden konnte. Die Ergebnisse des Monitorings ergaben, dass in 63% aller bewerteten Fälle (n=310) die präventive Akarizidbehandlung tatsächlich nicht notwendig gewesen wäre. Durch das Bekämpfungsschwellenmodell können bei richtiger Anwendung mindestens 20% der Akarizideinsätze eingespart werden, was allein für die Hallertauer Hopfenpflanzer eine Entlastung von etwa 0,5 Millionen € pro Jahr bedeuten würde - die kaum quantifizierbaren Folgekosten einer deutlich geringeren Umweltbelastung sind dabei nicht mit eingerechnet.
Bei der Weiterentwicklung der Kontrolle der Gemeinen Spinnmilbe durch Leimringe an den Reben konnte die Methodik durch die Entwicklung eines schlepperbetriebenen Gerätes zur deutlich vereinfachten und zeitsparenderen Applikation des Leims entscheidend verbessert werden. Der Prototyp des Gerätes wird zunächst ökologisch wirtschaftenden Hopfenpflanzern als derzeit den Hauptansprechpartnern für das Leimverfahren präsentiert. Für konventionell arbeitende Pflanzer stellt das Verfahren in Zukunft eine wichtige, wenngleich zeitaufwendigere Alternative zum Akarizideinsatz dar: Bei einer möglichen Knappheit zugelassener, wirksamer Akarizide kann das Verfahren sofort und dauerhaft übernommen werden, da die Spinnmilben wohl kaum eine Resistenz gegen Leim entwickeln können.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Im Rahmen von 29 Vortragsveranstaltungen wurde v.a. das Bekämpfungsschwellenmodell mit hervorragender Resonanz etwa 2200 Personen aus Hopfen- und Brauwirtschaft (v.a. Pflanzer) und Forschung vorgestellt. Im Jahr 2001 wird im Anschluß an das Projekt versucht, das Modell vom Projektbearbeiter über die intensive Schulung von Multiplikatoren (z.B. amtliche Berater, Ringbetreuer, Berater der Pflanzenschutzmittelindustrie und des Hopfenhandels) an die Pflanzer weiterzugeben und somit möglichst schnell in der Praxis zu etablieren. Diese Schulungen gehen über Bayern hinaus, da auch das Anbaugebiet Elbe-Saale 2001 mit in die Verbreitung der Ergebnisse eingebunden wird. Zudem wurden bzw. werden die Teilbereiche des Projekts in bislang acht Publikationen in Fachzeitschriften veröffentlicht.


Fazit

Die in dem Projekt erzielten Ergebnisse liefern in allen Teilbereichen wichtige neue Bausteine für ein integriertes Pflanzenschutzkonzept in der Sonderkultur Hopfen. Besonders über das Bekämpfungsschwellenmodell für Spinnmilben wird höchstwahrscheinlich der präventive Einsatz von Akariziden sehr schnell um mindestens 20% verringert werden. Da daraus nicht nur eine entsprechende finanzielle Entlastung für die Hopfenbaubetriebe, sondern auch eine weitere Umweltentlastung durch die Reduktion ausgebrachter Pflanzenschutzmittel resultiert, kann das Ziel des Förderprojektes allein durch diesen Teilbereich als deutlich erreicht bewertet werden. Die beiden anderen Teilbereiche sind hingegen eher als Investitionen in die Zukunft zu betrachten, wobei allerdings das Leimverfahren unter Umständen schlagartig eine wichtige Rolle in der Spinnmilbenkontrolle spielen könnte.

Übersicht

Fördersumme

300.586,96 €

Förderzeitraum

01.04.1998 - 22.11.2001

Bundesland

Bayern

Schlagwörter

Landnutzung
Naturschutz