Projekt 11634/01

Biokonversion durch optimierte Mikroorganismen – Innovatives Verfahren zur Aufbereitung von 3-Chlorphenol-haltigen Abfällen zu Produkten hoher Wertschöpfung

Projektträger

bitop Aktiengesellschaftfür biotechnische Optimierung
Stockumer Str. 28
58453 Witten
Telefon: 02302/91440-0 / -42

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

3-Chlorphenol tritt als Vertreter der Stoffklasse halogenierte Phenole in Abwässern der chemischen Industrie und insbesondere der Kunststoffindustrie auf. Ectoin und Hydroxyectoin sind Naturstoffe mit stabilisierenden und schützenden Eigenschaften, die im Bereich der biotechnischen, pharmazeutischen und kosmetischen Industrie ein breites Anwendungspotential besitzen. Innerhalb des Forschungsprojekts sollen Mikroorganismen und ein Verfahren entwickelt werden, um in Wasser gelöstes 3-Chlorphenol biotechnisch in Ectoine umzuwandeln. Diese sogenannte Biokonversion (biologisches Recycling) demonstriert produktionsintegrierten Umweltschutz am Fallbeispiel der Nutzung eines Toxinsubstrats zur Produktion eines hochwertigen Nutzstoffs.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDas Projekt untergliedert sich in drei Phasen: Zunächst sollen geeignete Bakterienstämme vorausgewählt und charakterisiert werden. Des Weiteren erfolgt die Anpassung der online-Analytik an den Fermentationsprozess. Der zweite Schritt beinhaltet die evolutive Optimierung der Mikroorganismen nach dem ArtEv-Verfahren hinsichtlich Schadstoffabbau und Nutzstoffaufbau. Zeitgleich wird eine modulare und mobile Pilotanlage für den späteren Einsatz bei einem industriellen Abwasserproduzenten konzipiert. Im letzten Projektschritt soll die halbtechnische Anlage zur Biokonversion von Ectoin aus authentischem, 3-Chlorphenolhaltigem Abwasser realisiert und bei einem geeigneten Betrieb angewendet werden. Wichtigste Methode zur Erzeugung der optimalen Bakterienpopulation für die Biokonversion ist das ArtEv-Verfahren. Hierbei werden Organismen zeitnah und effektiv an den Abbau von Schadstoffen angepasst. Neu ist dabei die Verknüpfung eines Abbauvorgangs mit einem Aufbauprozess mit dem Ziel der Wirtschaftlichkeit des Gesamtverfahrens. Angepasst werden muss weiterhin der Verfahrensschritt Separation und die Herstellung des Crude-Produkts, da die nachgeschaltete Aufreinigung (Down-streaming) mit der Gewinnung des Wertstoffs maßgeblich hiervon beeinflusst wird. Statt des klassischen Zellaufschlusses soll das Bakterienmelkverfahren eingesetzt werden, das die Wiederverwendung der Bakterien in mehreren Fermentationszyklen ermöglicht.


Ergebnisse und Diskussion

Mikrobiologische ArtEv-Optimierung
Nach entsprechendem Screening potentieller Starterkulturen wurde das moderat halophile Bakterium Halomonas elongata einer Langzeitadaptation an den für diesen Stamm giftigen Stoff 3-Chlorphenol unterzogen. Die Optimierungsversuche mit dem Ziel des Abbaus von 3-Chlorphenol in Gegenwart von Salz (150 g/l) erfolgte zunächst im Schüttelkolben und anschließend in mehreren Evolutionsfermentationen (FERM D, E, F). Die Adaptation während der Evolutionsfermentation erfolgte nach dem ArtEv-Prinzip. Um die Evolutionsfermentationen durchzuführen, wurde ein dafür geeignetes technisches System entwickelt und bereitgestellt sowie eine online-Fermentationsregelung zur Toxin- und Mediendosiersteuerung mittels Sauerstoffsignal konzipiert. Dieses System erlaubt eine gesteuerte kontinuierliche Fermentation, welche sich ausschließlich an der Vitalität der etablierten Mikroorganismenkultur orientiert. Eine derartige Regelungsstrategie ist im Hinblick auf die Optimierung wesentlich effizienter, als eine Steuerung, die sich lediglich an der absoluten Konzentration eines Schadstoffs orientiert. Die Toleranz von Mikroorganismen kann sich während einer kontinuierlichen Fermentation gegenüber dem vorgelegten Schadstoff erhöhen. Daher ist nicht die absolute Schadstoffkonzentration, sondern die Vitalität des Mikroorganismus in Gegenwart des Schadstoffs ein geeigneter Parameter, den Selektionsdruck konstant aufrecht zu erhalten bzw. zu erhöhen, ohne die Kultur zu vergiften. Die Kulturbedingungen orientieren sich immer an der oberen Leistungsgrenze der Mikroorganismen. Durch die Langzeitkultivierung der Mikroorganismen im Schüttelkolben in Gegenwart von Glucose wurde zunächst ein Co-Kohlenstoffmetabolismus für 3-Chlorphenol und Glucose induziert. Infolge der ArtEv-Behandlung von Halomonas elongata während der Evolutionsfermentation kam es im Selektionsreaktor zur Reduzierung der Konzentrationen an 3-Chlorphenol durch biologischen Abbau. Dieser Abbau fand auch in Abwesenheit von Glucose und mit 3-Chlorphenol als einzig verfügbarer Kohlenstoffquelle statt. Es handelte sich somit um eine neu erworbene mikrobielle Stoffwechselaktivität des optimierten Halomonas-Stamms. Der dabei generierte Stamm, im Folgenden als Halomonas elongata FERM F wurde weiter optimiert. Schließlich konnte der Stamm soweit optimiert werden, dass Hydroxyectoin in Gegenwart von 3-Chlorphenol als einziger Kohlenstoffquelle und Kochsalz gebildet wurde. Das Ziel der ArtEv-Optimierung, nämlich die Biokonversion von 3-Chlorphenol zu (Hydroxy)ectoin, konnte somit prinzipiell erreicht werden. Trotz weiterer Optimierungs-fermentationen und Verbesserung der Fermentationsbedingungen gelang es jedoch nicht, in der Kultivierung von Halomonas elongata FERM F ausreichend hohe Zelldichten zu erreichen, die eine im Vergleich zum etablierten Produktionsstamm ausreichende Produktivität des Verfahrens möglich macht. Dies wird auf eine zu langsame Wachstumskinetik des im Hinblick auf den 3-Chlorphenol-Abbau optimierten Stamm zurückgeführt. Der ursprünglich vorgesehene Zeitrahmen für das Screening von Starterkulturen und die grundlegende Stammoptimierung konnte eingehalten und die Projektziele erfolgreich erreicht werden. Eine mikrobielle Biokonversion von 3-Chlorphenol zu Hydroxyectoin wurde durchgeführt. Die Generierung eines leistungsfähigen Produktionsstamms zur Biokonversion wurde nicht erreicht. Ein Abbau von 3-Chlorphenol in stark salzkontaminierten Prozesswasserströmen ist mit dem optimierten Stamm möglich.
Mobile Biokonversionsanlage
Die Planung und der Bau der mobilen Biokonversionsanlage konnte im hierfür vorgesehen zeitlichen Rahmen erfolgreich vorgenommen werden. Die Fertigstellung der Anlage verzögerte sich lediglich herstellerbedingt um ca. 2 Monate. Die Inbetriebnahme der Anlage verlief plangemäß. Aufgrund des sehr langsamen Wachstumsverhaltens des optimierten Stamms H. elongata gelang es aus strömungsdynamischen Gründen nur sehr schwer eine ausreichend hohe Biomassekonzentration in der Anlage aufzubauen. Da der Abbau des 3-Chlorphenol sehr langsam verlief, musste die Anlage aus sicherheitstechnischen Gründen mit einer zusätzlichen Abluftvorrichtung ausgestattet werden. Dennoch bewies sich in der Praxis das Konzept einer mobilen Pilotanlage zum Schadstoffabbau und zur Produktion von Naturstoffen. Ein im Labor entwickeltes Verfahren kann hiermit sehr schnell vor Ort auf seine Eignung hin ge-testet werden. Die dann erzielten experimentellen Erfahrungen können für die Weiterentwicklung genutzt werden. Übertragungsversuche in den Pilotmaßstab sind gut möglich. Ein problemlose Vorführung bei potenziellen Anwendern ist schnell möglich. Die Anlage wird derzeit bei einem Unternehmen im Bereich Umweltbiotechnologie getestet. Das generelle Konzept der mobilen Anlage traf in Akquisitionsgesprächen mit potenziellen Anwendern stets auf positive Resonanz.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Derzeit fokussiert bitop seine Aktivitäten auf den Bereich der biotechnischen Produktion und Anwendung kompatibler Solute sowie auf die Fermentation Extremophiler Mikroorganismen. Für den Bereich Umweltbiotechnologie (ArtEv) soll ein separates Unternehmen gegründet werden. Dieses Unternehmen soll dann die Patentlizenzen im Bereich ArtEv und das hier entwickelte Know how von bitop übernehmen und kommerziell nutzen. Die Einbindung eines strategischen Partners aus dem Bereich Umweltschutz in das neue Unternehmen erscheint notwendig, daher wurden die im Projekt erzielten Ergebnisse bereits verschiedenen potentiellen Interessenten präsentiert. Ein Artikel in den VDI-Nachrichten beschäftigte sich bereits mit dem wissenschaftlichen Ansatz der Biokonversion.


Fazit

Die geplanten Arbeiten konnten im hierfür vorgesehenen Zeitrahmen ohne große Abweichungen erfolgreich durchgeführt werden. Die ArtEv-Optimierung eines zur Biokonversion von 3-Chlorphenol zu Hydroxyectoin geeigneten Mikroorganismenstamms konnte erreicht werden. Vorteilhaft ist, dass ein bekannter Produktionsstamm der Risikogruppe 1 optimiert werden konnte. Die Akzeptanz eines derartigen Mikroorganismenstamms für Biokonversionsprozesse dürfte ausreichend sein. Die Gewinnung des Produkts Hydroxyectoin mit Hilfe des Bakterienmelkverfahrens ist möglich. Die Generierung eines leistungsfähigen Produktionsstamms zur Biokonversion wurde nicht erreicht. Ein Abbau von 3-Chlorphenol in stark salzkontaminierten Prozesswasserströmen ist mit dem optimierten Stamm möglich. Der ausgewählte Schadstoff 3-Chlorphenol hat sich als gut geeignete Referenzsubstanz erwiesen, um die prinzipielle Machbarkeit des Vorhaben aufzuzeigen. Eine Anpassung des optimierten Mikroorganismenstamms an weitere chlorierte Phenole ist möglich und ein Erfolg aufgrund der strukturellen Verwandtschaft der chlorierten Phenole wahrscheinlich. Die Planung, der Bau und die Inbetriebnahme der mobilen Biokonversionsanlage konnte im hierfür vorgesehen zeitlichen Rahmen erfolgreich vorgenommen werden. Das Konzept einer mobilen Biokonversionsanlage wird von potenziellen Anwendern sehr positiv aufgenommen. Es ermöglicht ein hohes Maß an Flexibilität vor Ort, schnelles Handeln und setzt die Hemmschwelle, welche häufig beim Einsatz neuer Technologien zu beobachten ist, deutlich herunter. Der exemplarische Charakter des Forschungsprojekts muss noch stärker als ursprünglich gedacht hervorgehoben werden. Die Machbarkeit der evolutiven Entwicklung eines Mikroorganismus zur Biokonversion einer definierten Schadstoff-Chemikalie zu einem verwertbaren Nutzstoff (Hydroxyectoin) wurde bewiesen - das proof of principle erfolgreich dokumentiert. Die Ergebnisse sollten nun zu weiteren Applikation der Biokonversion von Abfall- und Schadstoffen anregen. Im Sinne eines produktionsintegrierten Umweltschutzes dürfte der hier gewählte biotechnische Ansatz dann größere Bedeutung gewinnen. Das Potenzial zur evolutiven Anpassung von Mikroorganismen sollte zukünftig noch stärker genutzt werden. Die Vorteile die in vivo Optimierung gegenüber in vitro Verfahren liegen auf der Hand.

Übersicht

Fördersumme

291.947,66 €

Förderzeitraum

01.11.1997 - 16.10.2000

Internet

www.bitop.de

Bundesland

Nordrhein-Westfalen

Schlagwörter

Umwelttechnik