Projekt 11316/01

Praxistest zum Einsatz simulationsbasierter Prognoseinstrumente in der Landschaftsplanung

Projektträger

Johannes-Gutenberg-Universität MainzInstitut für ZoologieDr. Ing. habil Hans-J. Poethke
Saarstr. 21
55099 Mainz
Telefon: 06131/392985

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Quantitative Analysen zum Gefährdungsgrad von Tierpopulationen werden heute im Rahmen von naturschutzfachlichen Begleitplanungen nur sehr selten durchgeführt. Grund dafür ist der oft enorme Datenbedarf hierfür zur Verfügung stehender Werkzeuge sowie ihr hoher Anspruch an die theoretische Vorbildung des Nutzers. Es soll deshalb ein einfach anwendbares Werkzeug zur standardisierten Gefährdungsgradanalyse von Tierpopulationen entwickelt werden. Dazu soll ein Simulationsprogramm und eine Datenbank auf einem zentralen Server installiert und über das Internet und das Telephonnetz interessierten Anwendern zugänglich gemacht werden. Durch die Koppelung mit einer Datenbank sollen - bei möglichst geringem Zeit- und Kostenaufwand für den Anwender - Aussagen zur mittel- und langfristigen Gefährdung von Tierpopulationen in der räumlich stark strukturierten Kulturlandschaft geliefert werden.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenZunächst wurden das Simulationsprogramm und die dazugehörige Datenbank mit interner Administrator-Schnittstelle auf einem Server implementiert. Anschließend wurde eine Benutzerschnittstelle zu diesen Werkzeugen in Java implementiert, um den Zugriff über das Netz zu ermöglichen. Die Funktionstests des kompletten Systems erfolgten mit Fallbeispielen aus der eigenen Forschungsarbeit.
Im zweiten Schritt wurde die Datenbank mit Parametern gefüllt. Dazu wurde die existierende Literatur gesichtet, Kontakt mit Entomologen aufgenommen und diesbezügliche Datenbanken im WWW gesucht.
Es wurden Ableitungsalgorithmen entwickelt und die Genauigkeit der Parameter abgeschätzt.
Die praxisnahe Erprobung anhand von etwa 11 ausgewählten Fallbeispielen aus der naturschutzfachlichen Planungspraxis erfolgte in enger Zusammenarbeit mit Planungsbüros. Zum Abschluss wurden die Ergebnisse dieser Fallbeispiele ausgewertet, um den Umfang und die Präsentation der Simulationsergebnisse an die spezifischen Anforderungen der Planer anzupassen und das System mit interaktiven Hilfen derart auszustatten, dass es ohne Anleitung von jedem interessierten Nutzer bedient werden kann.


Ergebnisse und Diskussion

Inzwischen verfügt das Institut für Zoologie über einen leistungsfähigen Server, der nur als WWW-, Datenbank- und Simulationsserver für SISP zur Verfügung steht. Die Homepage verfügt über eine detaillierte Dokumentation des Simulationswerkzeuges sowie seiner theoretischen Grundlagen, eine gut dokumentierte Beispielanwendung und die Java-Applets für die Benutzeranmeldung und die Eingabe der Simulationsaufträge. Die eigentliche Simulationssoftware wurde so modifiziert, dass sie von der Datenbank mit Übergabe des Simulationsauftrags aufgerufen werden kann. Nach Abarbeitung der Simulation wird das Ergebnis in die Datenbank geschrieben und daraus mittels eines Reports ein automatisierter Bericht erstellt, der auf in der Datenbank gespeicherten Schlüsselsätzen besteht, die nach definierten Bewertungsalgorithmen mit den Ergebnissen kombiniert werden.
Die mit der Literaturrecherche und Ableitung von Modellparametern beschäftigten wissenschaftlichen Hilfskräfte fanden unter 1250 gezielt gesuchten Literaturstellen lediglich 13 Veröffentlichungen, die Primärdaten ausreichender Qualität für das populationsdynamische Modell enthielten. Daraus, aus persönlichen Kontakten und einer Internet-Datenbank konnten jedoch 75 Parametersätze für 40 Arten abgeleitet werden, die zum Teil geographisch differenziert sind. Eine wichtige Erkenntnis war die Feststellung, dass Arten in unterschiedlichen geographischen Regionen nur in der Reaktion auf Umweltstochastizität differieren. Für das Migrationsmodell wurden noch mehr Angaben gefunden, die daraus erstellte Datenbank umfasst 166 Einträge zu 108 Arten. Allerdings reichten die Angaben einiger dieser Zitate nicht zur Ableitung quantitativer Migrationsparameter.
Neben den Tests mit Fragestellungen aus dem unmittelbaren wissenschaftlichen Umfeld wurden insgesamt 11 Studien in Zusammenarbeit mit Planungsbüros durchgeführt. Zur Auswertung dieser Praxistests wurde den Anwendern ein von uns entwickelter Fragebogen vorgelegt. Die Reaktion der Anwender war insgesamt positiv, zeigt jedoch einige Problembereiche auf, die eine Weiterentwicklung des Werkzeuges notwendig machen. Zunächst einmal kamen die Anwender trotz der umfangreichen Kommentare und Hilfestellungen auf der FIFB-Website noch nicht ohne Hilfestellung durch einen unserer Mitarbeiter zurecht. Außerdem war trotz der Datenbank der Aufwand zur Beschaffung der zoologischen Daten (hier vor allem Habitatkapazitäten) zu groß, um die Finanzierung einer solchen Studie in einer Standard-Planungssituation zu erlauben. Hier spielt es eine wichtige Rolle, dass sich im deutschsprachigen Raum (im Gegensatz z.B. zu den USA) quantitative populationsbiologische Argumentationen in der Naturschutzpraxis bisher kaum durchgesetzt haben. Schließlich zeigte die Sichtung der Literatur, dass das zur Ableitung populationsdynamischer Kenngrößen verwendete Datenmaterial ausgesprochen heterogen ist. Hier kann durch die Ableitung zu ungenauer Parameter ein teilweise recht beachtlicher Fehler in den Gefährdungsanalysen resultieren. Bisher reicht der Umfang der Datenbank noch nicht aus, um die Plausibilität neu abgeschätzter Parameter im Vergleich mit den Parametern ähnlicher Arten zu überprüfen.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Das Projekt SISP wurde bereits direkt nach Beginn auf einer Tagung der NNA Risikoabschätzung im Naturschutz vorgestellt sowie im März 98 bei der Fachtagung der ANL mit dem Titel Zielarten - Leitarten - Indikatorarten. Aus beiden Tagungen resultierten gemeinsame Publikationen mit Karin Amler, die aber beide noch nicht erschienen sind. Auch im aus dem FIFB-Projekt hervorgehenden Buch Populationsbiologie in der Naturschutzpraxis konnten Teile des Projektes vorgestellt werden.
Die Präsentation im WWW erfolgt auf der Homepage der Arbeitsgruppe Ökologie am Institut für Zoologie der Universität Mainz, auf der Homepage der Ökologischen Station der Universität Würzburg sowie durch den WWW-Server des SISP-Projektes.


Fazit

Das Simulationsprogramm SISP ist soweit entwickelt, dass es unmittelbar über das Netz benutzt werden kann. Auch die Datenbank enthält genügend Daten zu Mobilität und Populationsdynamik von Insekten, dass eine Reihe von Beispielanwendungen problemlos durchgeführt werden konnte. Unser Ansatz, die Datenbeschaffung durch die Datenbank-Simulation-Koppelung zu vereinfachen und die Simulation unmittelbar auf einem zentralen Server durchzuführen fand die Zustimmung der Nutzer. Allerdings haben die Interviews mit Anwendern ergeben, dass ein Einsatz des Modells ohne Betreuung durch einen Modellierer noch zu schwierig ist. Auch haben sich quantitative Studien in der Planungspraxis in Deutschland noch nicht soweit durchgesetzt, dass die Anwender in jedem Fall den hierfür zusätzlich notwendigen Aufwand an Feldarbeit (vor allem zur Populationsgrößenschätzung) investieren würden.

Übersicht

Fördersumme

44.738,04 €

Förderzeitraum

01.10.1997 - 18.09.2000

Bundesland

Hessen

Schlagwörter

Landnutzung
Naturschutz
Umweltkommunikation