Projekt 10994/01

Umweltinformationsvermittlung und -beratung für Spätaussiedler am Beispiel Abfallwirtschaft in der ehemals Britischen Siedlung in Belm

Projektträger

Institut für Angewandtes Umweltmanagement (IfAU)Umweltberatung GmbH
Nottulner Landweg 90
48161 Münster
Telefon: 02534/8001-0

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Bei dem Zielgebiet handelt es sich um eine Siedlung mit ca. 70 Wohnungen, die durch eine stark verdichtete Bauweise mit 4- bis 8-geschossigen Wohngebäuden charaktersiert ist. Die Siedlung ist einseitig zu über 80% mit Spätaussiedlern aus der ehemaligen Sowjetunion belegt und durch einen überdurchschnittlich hohen Anteil an Arbeitslosen und Sozialhilfeempfängern gekennzeichnet. Hieraus resultiert insbesondere eine problematische abfallwirtschaftliche Situation.
Hauptursache der derzeitigen Situation ist ein hohes Informationsdefizit in großen Teilen der Bewohnerschaft über Möglichkeiten zur Vermeidung sowie der richtigen Sammlung und Sortierung von Abfällen. Die Hauptanforderung im Zielgebiet besteht deshalb darin, durch ein innovatives und auf die Zielgruppe zugeschnittenens Kommunikations- und Informationskonzept das Umweltbewußtsein zu erhöhen und das Abfallverhalten der Bewohner zu verbessern.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDas Kommunikations- und Informationskonzept zeichnet sich dadurch aus, daß es die Abfallwirtschaft im Untersuchungsgebiet nicht isoliert von den sozialen Aufgaben, der Integrationsthematik und der individuellen Infrastruktur des Stadtteils behandelt und einen ganzheitlichen Ansatz verfolgt.
Für die Aufgaben, die im Rahmen der Informationsarbeit und der abfallwirtschaftlichen Tätigkeiten zu leisten sind, werden deshalb (Langzeit-)Arbeitslose oder Sozialhilfeempfänger aus dem Stadtteil in einer Beschäftigungsmaßnahme über einen Personalträger eingestellt.
Die Informationsarbeit stützt sich im wesentlichen auf fünf Kommunikationsmittel, die sowohl die direkte (Mieterversammlung, Hausbesuche, wohnblockbezogene Informationsstände) als auch die indirekte Bewohnerinformation (Information über Multiplikatoren, allgemeine Informationsarbeit über Presse/Medien und Informationsblätter) umfassen. Insbesondere werden im Rahmen der Informationsarbeit Teilprojekte und Aktionen mit Kindern und Jugendlichen sowie mit Multiplikatoren durchgeführt. Beispielsweise sollen über gemeinsame Aktionen in und mit Kindergärten und Schulen im Rahmen der Umwelterziehung Informationen in die Familien transportiert werden.


Ergebnisse und Diskussion

Die Ergebnisse der Untersuchung zeigen, daß die Zielsetzungen im Bereich der Abfallwirtschaft auf der Grundlage des Umsetzungskonzeptes im Untersuchungsgebiet realisiert werden konnten. Das vorgehaltene Containervolumen für Restmüll konnte um etwa 40% reduziert werden und das Volumen für die Fraktionen Leichtverpackungen und Papier/Pappe/Kartonagen konnte um 60% bzw. 80% gegenüber den Ausgangswerten erhöht werden
Die Pilotversuche zur Einführung der Biotonne sowie der betreuten Gemeinschaftskompostierung sind ebenfalls sehr positiv verlaufen. Es werden nun mit 2,5 Litern Biomüll pro Person Werte erreicht, die denen in anderen Wohngebieten entsprechen. Darüber hinaus kann die Sortierqualität der Abfälle in den Kompoststiegen und den Biotonnen als sehr gut bezeichnet werden.
Die Resultate im Bereich der Abfallwirtschaft wie auch die Ergebnisse der Fragebogenaktionen bestätigen, daß das angewandte Kommunikationskonzept zur Information der Bewohner erfolgreich gewesen ist. In Schwerpunktbereichen, wie der Sammlung und Sortierung von Leichtverpackungen bzw. Verpackungen mit dem Grünen Punkt sowie Sperrgut und Haushaltsgroßgeräten, konnten Informationsdefizite in erheblichem Umfang abgebaut werden und die Bewohner für ein geändertes Entsorgungsverhalten sensibilisiert und motiviert werden.
Die enge Anbindung des Projektes bzw. der Büroräume an die Beratungsstelle der Gemeinde Belm direkt im Projektgebiet, die sehr stark von den im Untersuchungsgebiet wohnhaften Spätaussiedlern genutzt wird, in Verbindung mit der zu Projektbeginn breit angelegten Informationsarbeit über Informationsstände, Arbeit mit Multiplikatoren (Hausmeister, aktive Mieter, Kinderbetreuung), Pressearbeit und Bewohnerinformation, über Aushänge, Plakate in den einzelnen Wohnblöcken sowie die Verteilung von Informationsschreiben hat dazu beigetragen, daß innerhalb kurzer Zeit ein breiter Bekanntheitsgrad des Projektes erreicht werden konnte.
Zur Überwindung von Sprachbarrieren und Kontaktängsten hat es sich bewährt, Bewohner aus dem Untersuchungsgebiet als Mitarbeiter einzusetzen. Die Bereitschaft bei den russischen Spät-aus-sied-lern (80 % der Bewohnerschaft), sich einerseits informieren zu lassen und andererseits die Umsetzung abfallwirtschaftlicher Maßnahmen zu unterstützen, war dadurch auf breiter Basis vorhanden.
Die soziale Integration der Bewohner konnte aufgrund des Projektes ebenfalls gesteigert werden. Der Abbau von Informationsdefiziten ermöglichte es den Bewohnern, ihr Verhalten im Alltag entsprechend zu ändern, wodurch insgesamt eine Verbesserung der Wohnumfeldsituation erreicht werden konnte. Letzteres führt zu einem ordentlicheren Erscheinungsbild und erhöht dadurch die Akzeptanz des Wohngebietes nach außen.
Im Hinblick auf die Fortführung des Projektes hat sich die enge Zusammenarbeit mit den Wohnungs- und Verwaltungsgesellschaften, insbesondere mit deren Hausmeister und Mitarbeiter vor Ort bewährt. Die Einbindung, Information und Motivation dieser Personengruppe ist von Bedeutung für die kontinuierliche Fortführung der eingeführten Maßnahmen sowie für die Information von Nezuzügen.
Die enge Zusammenarbeit mit den pädagogischen Einrichtungen vor Ort (z.B. den Kindergärten und Schulen) hat gezeigt, das insbesondere Kindern und Jugendlichen eine nicht zu unterschätzende Rolle als Multiplikator von Informationen zukommt. Positive Effekte auf das Bewohnerverhalten konnte durch die Kinder in ihrer Funktion als Mittler erreicht werden.


Fazit

Die abfallwirtschaftliche Situation im Untersuchungsgebiet hat sich stark gebessert, sowohl hinsichtlich der Reduzierung der Restmüllmengen, als auch hinsichtlich der Quantität und Qualität der zu erfassenden Wertstoffmengen. Das Belmer Abfallberatungsprojekt hat gezeigt, daß mit Hilfe eines Kommunikationskonzeptes, das die aktive Beteiligung und Einbindung von Bewohnern und deren Familien sowie den Abbau von Sprachbarrieren und Kontaktängsten zum Inhalt hatte, die Verbesserung der abfallwirtschaftlichen Situation erreicht werden konnte. Nur wenn die soziale Integration der Bewohner eines Viertels gelingt, gelingt es auch sozial- und umweltverträgliches Verhalten im Alltag umzusetzen, wodurch letztlich ein technisch optimiertes Abfallwirtschaftskonzept erst erfolgreich umgesetzt werden kann.

Übersicht

Fördersumme

85.805,00 €

Förderzeitraum

30.05.1997 - 10.02.1999

Bundesland

Niedersachsen

Schlagwörter

Umweltkommunikation