Projekt 10575/01

Innovative Prozeßsteuerung zur Oxidation von toxischen Abwasserinhaltsstoffen der chemischen und pharmazeutischen Industrie ohne Chemikalieneinsatz

Projektträger

Antiseptica Forschungs- und Produktionsgesellschaft(AFP) mbH
Otto-Brenner-Str. 16
21337 Lüneburg
Telefon: 04131/55085

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Bei der Firma AFP GmbH in Lüneburg werden chemisch-pharmazeutische Produkte (z.T. AOX-haltige Adsorbierbare Organische Halogenide = X ) für die Bereiche Desinfektion, Infektionsprophylaxe sowie Konservierung hergestellt. Durch das Reinigen von Herstellungskesseln, Rohrleitungen und Abfüllmaschinen fallen Spülwässer an, die hohe Konzentrationen an CSB (Phenole, Formaldehyd, Tenside, Alkohole, Lösungsmittel) und halogenorganische Substanzen enthalten, welche als AOX nachzuweisen sind. Es fallen insgesamt ca. 650 t/a an. Der AOX-Gehalt der Spülwässer beträgt bis zu 459 mg/l.
Durch die in diesem Projekt zu entwickelnde Technik soll eine ressorcenschonende Behandlung vor Ort ohne Chemikalieneinsatz und Reststoffanfall durchgeführt werden.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenUm das Behandlungsziel zu erreichen, wurden umfangreiche Laborversuche und eine Übertragung auf den Betrieb in der technischen Anlage der Fa. AFP durchgeführt. Folgende Versuche zur Entwicklung und Überprüfung der zu entwickelnden Prozeßtechnik wurden durchgeführt:

I. Einfluß von verschiedenen Gasatmosphären auf die CSB- und AOX-Elimination. Durch diese Versuche können Rückschlüsse auf die Reaktionsmechanismen getroffen werden.

II. Welches UV-Strahlungsspektrum ist für die Oxidation verantwortlich? Was bringen neuartige Suprasil-Strahler? Durch Messungen verschiedener Parameter (Quarzglasqualität, Strahlerschutzrohre, Temperatur, Katalysatoren, pH-Wert, Strahlerleistung, H2O2-Zugabe) sollen Einflüsse auf das Behandlungsziel quantifiziert werden. Aus diesen Daten soll eine optimierte Verfahrensführung zur Steigerung der Eliminationsleistung entwickelt werden.

III. Technische Versuche mit Abwässern anderer chemisch-pharmazeutischer Betriebe wurden durchgeführt, um den Einfluß anderer Abwasserzusammensetzungen zu ermitteln.

IV. Toxikologische Messungen sollen den Einfluß der UV-Behandlung ökologisch charakterisieren.


Ergebnisse und Diskussion

Im Rahmen eines zweijährigen Forschungs- und Entwicklungsprojektes wurde ein innovativer UV-Fallfilmreaktor mit nicht ins Abwasser getauchten und freibrennenden UV-Strahlern verfahrenstechnisch soweit optimiert, daß dieser Reaktor selbst bei sehr hohen AOX-Gehalten zuverlässig das Behandlungsziel von 1 mgAOX/I einhält.
Hierzu wurde bei der Fa. AFP GmbH in Lüneburg ein UV-Fallfilmreaktor zwei Jahre lang betrieben (ca. 3 m3 Abwasser/d) und begleitende Untersuchungen von der WACO Wassertechnik Consult GmbH und der Universität Stuttgart durchgeführt.
Die in den Laborversuchen mit dem UV-Fallfilmreaktor gewonnenen Ergebnisse konnten mit Erfolg auf den technischen UV-Fallfilmreaktor der Fa. AFP GmbH übertragen werden:
· Durch die nicht in das Abwasser getauchten UV-Mitteldruckstrahler wird im UV-Fallfilmraktor eine Belagbildung auf den Strahlern unterbunden und eine zuverlässige AOX-Elimination erzielt.
· Der pH-Wert des Abwasser sollte im stark alkalischen Bereich liegen (pH 11 bis 12).
· Die Zugabe von geringen Wasserstoffperoxidmengen (0,2%ig) beschleunigt die AOX-Elimination, besonders, wenn es einmalig zu Beginn der Behandlung zugegeben wird.
· Suprasil-Quarzglas erhöht gegenüber Normal-Quarzglas die AOX-Elimination deutlich.
· Proportional zur UV-C-Leistung läßt sich die AOX-Elimination erhöhen. Das Behandlungsziel wird auch ohne pH-Wert-Korrektur und ohne Wasserstoffperoxideinsatz und damit chemikalienfrei nur durch eine entsprechende UV-C-Strahlerleistung erreicht.
· Die Reaktion der Dehalogenierung erfolgt vorrangig durch die UV-C-Strahlung.
Durch die verfahrenstechnische Optimierung des UV-Reaktors konnten die AOX-Eliminationsleistung von Phase 1 bis 4 wesentlich erhöht werden, siehe Tabelle 1-1:
Tabelle 1-1: Zusammenstellung aller vier Betriebsphasen
Phase von bis Maßnahmen vor UV nach UV AOX-Abbau AOX
MgAOX/I mgAOX/I mgAOX/I Abbau
1 13.08.97 11.11.97 analytische Probleme 80,32 15,37 64,94 80,90 %
2 13.11.97 13.05.98 AOX mit Spüllösung 46,07 7,88 38,18 82,90 %
3 03.09.98 24.09.98 H2O2-Zugabe, pH 12 127,26 4,61 122,65 96,40 %
4 01.10.98 01.03.99 Suprasil-Strahler 135,29 0,99 134,29 99,30 %
In der Phase 4 wurde ein durchschnittlicher AOX-Abbau von 134 mg/l erreicht. Der prozentuale Abbau lag bei über 99 %. Die Ablaufwerte lagen im Mittel unterhalb von 1 mg/l AOX.
Versuche mit dem UV-Fallfilmreaktor waren bei den Firmen Kao Chemicals GmbH für die Dioxan-Elimination, der Akcros Chemicals GmbH für die Organo-Zinn-Elimantion und der BÜFA Büsing und Fasch GmbH & Co. für die AOX- und Kohlenwasserstoffelimination ebenfalls erfolgreich. Nur bei der THOR Chemie GmbH gab es aufgrund der schwierigen Matrix zwar eine deutliche AOX-Elimination, jedoch nicht bis zum Behandlungsziel von 1 bis 2 mg/l.
Gegenüber Verfahren mit Fentons Reagenz, Aktivkohle und Ozon mit Wasserstoffperoxid hat das UV-Fallfilmverfahren Betriebskosten- und gegenüber Fentons und Aktivkohle zusätzlich Abfallentsorgungsvorteile.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Das chemikalienfreie Verfahren wurde auf dem ATV-Seminar zur AOX-Elimination am 17. März 1998 in Essen vorgestellt. Eine Zusammenfassung des Seminars wurde in der Korrespondenz Abwasser 1998 (45) Nr. 8 veröffentlicht: Halogenorganische Verbindungen in gewerblichen und industriellen Abwässern - Expertengespräch in Essen - zusammengefaßt von Rainer Schulze-Rettmer.
Weitere Veröffentlichungen:
[Debus, 1997] Wirtschaftliche Oxidation von chlororganischen Abwasserinhaltsstoffen ohne Oxidationschemikalien. WLB Wasser, Luft und Boden 6/1997.
[Debus, 1998] Auf Chemie verzichtet. Chemie Produktion, 9/1998.


Fazit

Die in Laborversuchen mit dem UV-Fallfilmraktor gewonnenen Ergebnisse konnten mit Erfolg auf die Betriebsbedingungen im technischen UV-Fallfilmreaktor übertragen werden. Daraufhin konnte die Leistungsfähigkeit des technischen UV-Fallfilmreaktors bezüglich der AOX-Elimination 80,3 % auf 99,3 % erhöht werden. Proportional zur UV-Strahlungsleistung läßt sich die AOX-Elimination erhöhen. Das heißt, selbst wenn der pH-Wert nicht optimal liegt, kein Wasserstoffperoxid zugegeben und kein Suprasilstrahler verwendet wird, kann das Behandlungsziel durch eine entsprechende UV-Strahlerleistung erreicht werden. Da sich insgesamt AOX, Aromaten, LHKW, Kohlenwasserstoffe, Cyanide, PAKs, Komplexbildner, Pflanzenschutzmittel und Dioxan mit diesem Verfahren abfallfrei und wirtschaftlich aus dem Abwasser eliminieren lassen, handelt es sich hier um ein breit einsetzbares neues Verfahren.

Übersicht

Fördersumme

84.229,20 €

Förderzeitraum

01.01.1997 - 20.07.1999

Bundesland

Niedersachsen

Schlagwörter

Ressourcenschonung
Umwelttechnik