Projekt 10477/01

Rationelle Energieverwendung in der Verbandskläranlage Herdorf/Sieg durch Wärmerückgewinnung aus der Druckluft für die Belebungsbecken sowie aus dem Faulschlamm und Schlammwasser aus Faulbehältern

Projektträger

Abwasserverband Hellertal
Bahnhofstr. 3
57290 Neunkirchen
Telefon: 02735/767-34/35

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Im Blick auf den für die biologische Behandlung zuständigen Teil der Abwasseranlagen, das Belebtschlammverfahren, hat eine Verbesserung der Reinigungsleistung in der Regel aufgrund beengter Platzverhältnisse eine Vertiefung der Becken zur Folge. Mit derart ausgeführten Becken - zur Zeit liegt die Planungstiefe bei etwa 4 bis 6 m - ist beim Einsatz der feinblasigen Druckbelüftung in den Belebungsbecken gleichzeitig eine prozentual größere Ausnutzung der Druckluftwärme als eine Möglichkeit der E-nergieeinsparung auf Kläranlagen möglich. Die Temperatur der Druckluft kann hierbei, vornehmlich im Bereich niedriger Abwasserkonzentration und damit niedriger Drehzahlen der Drehkolbengebläse über die Tagesganglinie hin, Werte bei den derzeitigen Beckentiefen bis zu 150° Celsius erreichen. In der Gebläsedruckluft ist daher ein großes, ungenutztes Energiepotential vorhanden. Zielsetzung des Projektes war die optimale Rückführung eines relativ hohen Prozentsatzes der in Form von Wärme anfallenden Verlustenergie aus der Gebläsedruckluft in den klärtechnischen Verfahrensablauf bei einer angemessenen Amortisationszeit für die Wärmerückgewinnungsanlage durch die erstmalige Umsetzung der patentierten Verfahrenskombination.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenIm Projekt wurde ein ‚vorher - nachher- Vergleich auf der Verbandskläranlage ´Herdorf/Sieg´ im Rahmen einer Wärmebilanz mit Wirtschaftlichkeitsbetrachtung durchgeführt. Es wurden vergleichbare Zeiträume vor und nach Installation der Wärmerückgewinnungsanlage detailliert analysiert und bewertet. Neben der wissenschaftlichen Begleitung wurden die erforderlichen Daten erfasst, dokumentiert und dargestellt. Als Arbeitsprogramm war vorgesehen:
Phase A: Aufnahme der Situation auf der Verbandskläranlage vor dem Einsatz der Wärmerückgewinnungsanlage zwecks Ermittlung von Vergleichsdaten; Phase B: Begleitung der Anlagenkonzeption und detaillierte Abstimmung der erforderlichen Messstellen, Parameter, Geräte etc.; Phase C: Messtechnische Erfassung der maßgeblichen Rahmenbedingungen und Versuchsergebnisse während der betriebstechnischen Erprobung der Wärmerückgewinnung, Erstellung eines Messprofils zu den Anlagen-Komponenten; Phase D: Auswertung der gewonnenen Daten in Form von Zwischenberichten - Dokumentation und Abschlussbericht.


Ergebnisse und Diskussion

Zum Projekt liegt der ausführliche Bericht vom Januar 2001 vor. Die Inbetriebnahme der Anlage erfolgte am 14. September 1999. Durch die Einbindung der dezentralen Steuerung und die Verknüpfung mit den Komponenten des Faulschlamm- und Belebtschlamm-Bereiches, ist eine gezielte Beeinflussung und damit Verminderung der Verbrauchsparameter möglich. Die konzipierte und ergänzte Mess-, Steuer- und Regelungstechnik mit geeichten Messgeräten gestattet zudem eine rasche Angleichung des Sekundärkreises über die Frisch- bzw. Rohschlammförderung an die wechselnden Erfordernisse der Druckluftversorgung für die Belebung sowie eine Kontrolle der Messdaten. Im Sommerbetrieb ist die Anlage z.B. in unterschiedlichen Temperatur-Niveaus zu fahren, wodurch das Grundwasser-Notkühlsystem für die BHKW nicht betrieben werden muss. Über eine Daten-Bus-Leitung ist das Betriebssystem der Wärmerückgewinnung mit dem zentralen Prozessleitsystem der Kläranlage verbunden. Hier laufen alle Betriebs- und Störmeldungen sowie die Messergebnisse der Pilotanlage zusammen und werden dort in einem Prozessleitbild dargestellt. Alle Daten sind extern über e-mail von Seiten der ´Wissenschaftlichen Versuchsbegleitung´ aus der zentralen Prozessleitstation abrufbar. Parallel zum Bau und zur Montage der Komponenten führte die Universität-Gesamthochschule-Siegen die Feststellung und Bewertung der aktuellen Anlagenfahrweise durch. Seit September 1999 erfolgte die Aufnahme der Daten für das über ein Jahr laufende Messprogramm mit vierteljährlichen Zwischenberichten. Das Messprogramm wurde Ende 2000 nach Auswertung der Messergebnisse mit dem detaillierten Gesamtbericht abgeschlossen. Der ‚vorher - nachher-Vergleich führte zu folgenden Ergebnissen: In den ausgewerteten 6 Monaten vor dem Einbau der Wärmerückgewinnungsanlage wurden insgesamt 18.241 Liter Heizöl verbraucht. Nach dem Einbau der Wärmerückgewinnungsanlage wurden in den ausgewerteten korrespondierenden 6 Monaten insge-samt 12.492 Liter Heizöl verbraucht. Bei einer jährlichen Rohschlammmenge von 26.690 m3 und einem Heizölpreis von 1,00 DM pro Liter kann eine Kostenersparnis in Höhe von 37.366,00 DM und Liter pro Jahr erzielt werden. Vor dem Einbau der Wärmerückgewinnungsanlage wurden in den BHKW durch die Faulgasverwertung insgesamt 378.799 kWhth Wärme und 165.019 kWhelektrisch elektrischer Strom erzeugt. Nach dem Einbau der Anlage bei einem Rohschlammanfall von 12.690 m3 pro Monat wurde die jeweilige Differenz der spezifischen Wärme- bzw. Stromproduktion vorher/nachher zu 9,0 kWhth bzw. 4,4 kWh elektrisch je m3 aufzuheizender Rohschlamm ermittelt. Durch Einspeisung des zusätzlich erzeugten elektri-schen Stromes in das öffentliche Versorgungsnetz kann zusätzlicher wirtschaftlicher Ertrag von 17.615,00 DM erzielt werden. Somit können künftig 117.436 kWhelektr. mehr pro Jahr erzielt werden. Die Investitionskosten für die Wärmerückgewinnungsanlage belaufen sich auf insgesamt 250 TDM. Die Jahreskosten liegen insgesamt bei 30.418 DM. Dem stehen jährliche Einsparungen auf der Energiekostenseite von 54.981,00 DM gegenüber. Somit beläuft sich die mögliche jährliche Kostenersparnis auf etwa 24,6 TDM pro Jahr. Es ist erkennbar, dass sich die Anlage ab einem Heizölpreis von 0,34 DM pro Liter wirtschaftlich trägt.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Neben allgemeinen Informationen über Wärmerückgewinnung an überregionale Ingenieurbüros und Kläranlagenbetreiber erfolgte am 12.12.97 ein Vortrag der HUMATEC GmbH anlässlich des Wasserbaukolloquiums WS 1997/98 an der Uni GH Siegen. Der Abwasserzweckverband Hellertal stellte am 21.08.98 in der Vortragsveranstaltung beim Landesumweltamt NRW in Essen die Anlage vor und teilte in einem Vortrag am 24.05.99 u.a. die ersten Betriebsergebnisse mit. Parallel hierzu wurde in Presseartikeln auf die werdende Wärmerückgewinnung auf der KA Herdorf hingewiesen. Auf dem 10. Siegener Fachkolloquium Siedlungswasserwirtschaft am 3.11.1999 stellte die Uni GH Siegen erste Betriebsergebnisse der Anlage vor. Mit einem weiteren Zwischenbericht in der Fachzeitschrift ´Wasserwirtschaft Wassertechnik wwt´, Ausgabe März 2/2000, informierte die Uni GH Siegen über das Projektziel, die abwassertechnischen Vorgaben, das Steuerungskonzept, die Betriebsergebnisse und die Wirtschaftlichkeit der Pilotanlage.


Fazit

Das Projekt verzögerte sich vom Ablauf her um etwa ein Jahr, konnte aber mit klarem Erfolg durchgeführt werden. Nach den Betriebsergebnissen können bis zu 60 % der Gebläseleistung zurückgewonnen werden. Über den Jahresverlauf hin ist durch die Angleichung des Sekundärkreises an das niedrige Tempe-raturniveau des Primärschlammes, sowohl die Fahrweise der BHKW ohne Notkühlung als auch u.a. die Außerbetriebnahme der Ventilatoren zur Raumkühlung möglich. Insgesamt handelt es sich um ein bei-spielgebendes Projekt, dessen Technologie nach derzeitiger Einschätzung aufgrund der relativ wenigen Amortisationsjahre weitere Nachahmer finden wird. Aus Sicht der Förderarbeit der Umweltstiftung war es leider erst das einzige Projekt, das Möglichkeiten der Energieeinsparung auf Kläranlagen so eindrucksvoll bewiesen hat. Das rheinland-pfälzische Umweltministerium hat im November 2000 vier Kläranlagen bis 20.000 EW, darunter Herdorf, als Sieger des Landeswettbewerbs Vorbildliche Kläranlagen 2000 ausgezeichnet. Kriterien bei der Auswahl der Sieger waren die Reinigungsleistung, die Ergebnisse der Eigenüberwachung, der Gesamteindruck der Kläranlage sowie die Einbindung der Anlagen in Natur und Landschaft. Der Abwasserverband Hellertal führte gegenüber dem Fachreferat aus, dass das Projekt im Wettbewerb einen wesentlichen Beitrag hat liefern können.

Übersicht

Fördersumme

102.258,38 €

Förderzeitraum

13.08.1998 - 09.03.2001

Bundesland

Nordrhein-Westfalen

Schlagwörter

Klimaschutz
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik