Projekt 10423/01

Entwicklung von Entscheidungsrichtlinien und modellhaften Verfahren zum Einsatz von Fleischziegen in der Landschaftspflege

Projektträger

Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen (HfWU) Fakultät Agrarwirtschaft, Volkswirtschaft und Management
Neckarsteige 10/1
72622 Nürtingen
Telefon: 07022/201-318

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Angesichts der zunehmenden Nutzungsaufgabe, insbesondere auf ertragsarmen, aber ökologisch wertvollen und landschaftstypischen Flächen und einer damit verbundenen Standortverbuschung war es Ziel des Projektes, mit der extensiven Fleischziegenhaltung ein Verfahren aufzuzeigen, das eine pflegerisch erfolgreiche und zugleich kostengünstige Alternative zur aufwendigen maschinengebundenen Pflege von Sukzessionsstandorten darstellt.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDa eine mit Fachverstand geführte, tiergerechte und leistungsfähige Fleischziegenhaltung Voraussetzung für den erfolgreichen Pflegeeinsatz von Fleischziegen ist, wurde in einem ersten Arbeitsschritt das Verfahren der Fleischziegenhaltung in allen Bereichen (Produktionstechnik, Vermarktung, Ökonomie) analysiert. Grundlage der Untersuchungen waren zum einen 22 Betriebe mit Fleischziegenhaltung im süddeutschen Raum, die zweimal besucht und persönlich befragt wurden. Zum anderen wurden Exaktdaten aus der Fleischziegenherde des Versuchsbetriebes Jungborn der Fachhochschule Nürtingen gewonnen. Aus den Erkenntnissen konnten Aussagen/Empfehlungen für eine erfolgreiche Fleischziegenhaltung abgeleitet werden.
Ein zweiter Arbeitsschritt befasste sich mit Untersuchungen zum Einsatz von Fleischziegen in der Landschaftspflege. Auch dieser Untersuchungsbereich verfolgte den Ansatz, praktische Erfahrungen von verschiedenen Standorten mit den Ergebnissen gezielter Versuche zum Pflegeeinsatz von Ziegen der Versuchsherde der Fachhochschule Nürtingen zu ergänzen. Dabei wurden 26 mit Ziegen gepflegte Standorte bzgl. Sukzessionsgrad, Pflegeerfolg, Beweidungsart, etc. bewertet und die zuständigen Tierhalter zu Durchführungs- und Fördermaßnahmen befragt.
Zur Förderung der Umsetzung wurden abschließend Hinweise zur Realisierung von Ziegenbeweidungen in Pflegegebieten gegeben und modellhafte Verfahren zum Einsatz von Ziegen zur Landschaftspflege vorgestellt.


Ergebnisse und Diskussion

Die Untersuchungen zur Fleischziegenhaltung zeigten, dass sich dieses Verfahren in der Praxis sehr flexibel in verschiedene Betriebstypen einpasst. Die aus dem südlichen Afrika stammende Burenziege wird am häufigsten gehalten. Die Rasse weist eine gute Adaptation an mitteleuropäische Standort- und Klimaverhältnisse auf, überzeugt durch fleischreiche Schlachtkörper und ein ruhigeres Temperament als die milchbetonten Edelziegen. Es konnte jedoch eine signifikante Überlegenheit von Kreuzungsmutterziegen Bunte Deutsche EdelziegexBurenziege in der Aufzuchtleistung nachgewiesen werden. Auch die reinen milchbetonten Edelziegen zeigten als Mutterziegen ein noch respektables Leistungsniveau. Daraus folgt die Empfehlung, eine Fleischziegenherde nicht durch den Zukauf teurer Burenziegen aufzubauen, sondern auf der Grundlage milchbetonter Edelziegen, die mit Burenböcken im Rahmen der Verdrängungskreuzung angepaart werden.
Die Laufstallhaltung im Winterhalbjahr ist die artgerechteste Aufstallung für Ziegen und ist auch in den meisten Betrieben zu finden. Darüber hinaus werden verschiedene Ansätze zur Haltungsoptimierung, wie Stallauslauf, Liegenischen, Aufzuchtkisten, etc. aufgezeigt, die in der Praxis bisher kaum verbreitet sind. Während des Weideganges im Sommerhalbjahr wird dringend geraten, den Ziegen ein Witterungsschutz zu bieten, da so die vergleichsweise witterungsempfindlichen Ziegen bei anhaltend feucht-kalten Wetterlagen einen besseren Konditionszustand aufweisen.
Die begrenzte Nachfrage nach Ziegenlammfleisch ist ein wesentliches Hemmnis für den Aufbau größerer Fleischziegenherden. Durch verschiedene Maßnahmen zur Absatzförderung (Kundeninformationen, Veranstaltungen, ...) konnte unter Nutzung von Synergieeffekten (Tierhalter-Naturschutz-Gastronomie) eine nachhaltige Marktanregung erreicht werden.
Gemäß der betriebswirtschaftlichen Analyse weist die Fleischziegenhaltung bei deutlich höheren Produktpreisen eine ähnliche Wettbewerbsfähigkeit wie die Koppelschafhaltung auf.
Die Untersuchungen belegen, dass die Ziege an unterschiedlichsten Standorten zur Sukzessionsbekämpfung eingesetzt werden kann. Am häufigsten handelt es sich um Heiden, Magerrasen und Felsfluren. Während alle Laub- und Nadelgehölze als auch die meisten dornentragenden Pflanzen schon im ersten Pflegejahr von der Ziege effektiv verbissen und zurückgedrängt werden, ist ein entsprechender Pflegeerfolg bei mit Schwarzdorn durchsetzten Flächen erst nach etwa 3 Jahren festzustellen.
Der Erfolg eines Pflegeeinsatzes von Ziegen ist letztlich entscheidend von den Durchführungsmaßnahmen abhängig, die jedoch mit den Standortverhältnissen und Pflegezielen variieren. Nur durch die Auswahl geeigneter Herdengruppen (mit geringem Nährstoffanspruch), einer angepaßten Weideführung und Zauntechnik kann der erwünschte Pflegeeffekt erzielt, die Konditions- und Leistungsfähigkeit der Ziegen erhalten und Aufwendungen minimiert werden.
Von den verschiedenen fleischziegenhaltenden Betriebstypen müssen die Gemeinschaftshaltungen als vorbildlich herausgestellt werden. Diese vor allem im Schwarzwald etablierte Haltungform hat den Vorteil, dass die Ziegenhaltung von einer Gruppe getragen wird, damit geringe Arbeits-, Kapital- und Risikobelastungen für den Einzelnen bestehen und eine starke zielorientierte Motivation (Ziegen zur Erhaltung der heimischen Kulturlandschaft) bei allen Mitwirkenden vorhanden ist.
Die zusätzlichen Kosten für die Durchführung einer Pflegebeweidung mit Ziegen bewegen sich zwischen 650-700,- DM/ha+Jahr bei mehrjährigem Pflegeeinsatz - abzüglich des Futterwertes der meist pachtfreien Pflegeflächen nur bei 500-600 DM/ha+Jahr. Damit wird offensichtlich, dass Ziegen eine deutlich kostengünstigere Pflegealternative am Sukzessionsstandort darstellen als maschinengebundene Pflegeeinsätze (1500,- bis 8000,- DM/ha+Jahr).
Zur Realisierung von Pflegeverfahren mit Ziegen ist ein verstärkter Kontakt und Informationsaustausch zwischen Naturschutzeinrichtungen und Ziegenhaltern dringend geboten.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Vorträge und Publikationen; Durchführung von Tagungen zum Einsatz von Ziegen in der Landschaftspflege; Präsentation von Erkenntnissen auf Tagungen, Messen, Ausstellungen; Erarbeitung einer Wanderausstellung Ziegen-Mensch-Landschaft; Ausgabe eines Richtlinienpapiers.


Fazit

Die Untersuchungsergebnisse zeigen, dass Ziegen unterschiedlichste Sukzessionsstandorte effizient und kostengünstig pflegen können. Voraussetzung dafür sind sachgemäße pflege- und tierbezogene Durchführungsmaßnahmen, eine möglichst wettbewerbsfähige Fleischziegenhaltung mit erfolgreicher Vermarktung unter Ausnutzung von Synergieeffekten sowie ein kontinuierlicher Kontakt zwischen Ziegenhaltern und Naturschutz.

Übersicht

Fördersumme

99.180,91 €

Förderzeitraum

01.03.1998 - 23.08.2001

Internet

www.hfwu.de

Bundesland

Rheinland-Pfalz

Schlagwörter

Landnutzung
Naturschutz