Projekt 10269/01

Möglichkeiten der Integration von Landnutzung, Naturschutz und Küstenschutz in Überschwemmungsbereichen der Ostseeküste

Projektträger

Hochschule NeubrandenburgFachbereich Agrarwirtschaft undLebensmittelwissenschaften
Brodaer Str. 2
17033 Neubrandenburg
Telefon: 0395 5693 2101

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

In einem interdisziplinär angelegten Projektrahmen werden Renaturierungsmaßnahmen in Form von Rückbauten von Küstenschutzanlagen an der Ostsee, die mit zeitweiligen Flächenüberschwemmungen einhergehen, untersucht. Dabei steht die Analyse der Auswirkungen auf landschaftsökologische Faktoren gleichermaßen im Mittelpunkt wie Fragestellungen hinsichtlich landwirtschaftlichproduktionstechnischer, betriebs- und regionalwirtschaftlicher Aspekte. Ziel ist die Ableitung modellhafter Landnutzungssysteme in renaturierten Überschwemmungsbereichen, die sowohl ökonomische Belange der Bewirtschafter als auch naturschutzfachliche Anforderungen berücksichtigen.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenIn der ersten Projektphase erfolgte eine Status-Quo-Analyse ausgewählter Standorte, auf denen Deichrückbaumaßnahmen geplant waren. Vegetationskundliche und faunistische Ermittlungen wurden ergänzt durch Untersuchungen zur aktuellen Aufwuchsmenge und -qualität des Futters. Erste Erhebungen zur Regionalvermarktung in Form von Nachfrage-Analysen wurden durchgeführt.
Die zweite Phase setzte nach ersten erfolgten Rückbaumaßnahmen ein und verfolgt die nach den Maßnahmen zu beobachtenden Veränderungen auf den Flächen. Die Untersuchungen umfassen die Auswirkungen auf den ökologischen Status (insbesondere Vegetation und ausgewählte Tiergruppen) sowie auf die landwirtschaftliche Nutzbarkeit darüber hinaus wirtschaftliche Konsequenzen, naturschutzfachliche Aspekte sowie Schlussfolgerungen für die agrarumweltpolitische Einordnung dieser Flächen. Außerdem werden Ergebnisse der Untersuchungen auf polnischen Flächen dargestellt.
Zur Unterstützung der interdisziplinären Arbeitsweise erfolgt die Datenbearbeitung und -verwaltung über ein geographisches Informationssystem (GIS).


Ergebnisse und Diskussion

Die Untersuchungsergebnisse zeigen, dass grundsätzlich das naturschutzfachliche Ziel der Reetablierung von Salzgrasland erreichbar ist. Sofern topografische und hydrologische Bedingungen gegeben sind, müssten in Abhängigkeit von der ausgebildeten Vegetation die vorliegenden Erfahrungen auch auf andere Standorte der Ostsee-, Bodden- und Haffküste übertragbar sein. Derzeit besteht die Gefahr, dass bei weiterer Unterweidung der Fläche die sich etablierenden Salzrasengesellschaften durch Brackwasserröhrichte verdrängt werden. Um eine weitere Ausbreitung von Salzgraslandgesellschaften zu fördern, erscheint eine Anpassung des Nutzungsregimes erforderlich. Die aus naturschutzfachlicher Sicht wünschenswerte Erhöhung der Besatzdichte ist auf Grund der agrarpolitischen Rahmenbedingungen problematisch. Es bietet sich an, die bestehenden Extensivierungsverträge zu modifizieren und an die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen anzupassen.
Das Ziel, die Flächen möglichst vollständig in die Nutzung mit einzubeziehen, ist über ein Parzellieren der Weideflächen möglich. Es können somit im Gegensatz zur Standweide einzelne Bereiche einer stärkeren Beweidung zugeführt und damit eine weitere Ausbreitung von Schilf unterbunden werden. Um den mengenmäßig hohen und qualitativ wertvollen ersten Aufwuchs besser nutzen zu können, müsste einerseits ein früherer Weidebeginn in Betracht gezogen werden, andererseits sollte die Möglichkeit zur früheren Schnittnutzung gegeben sein. Darüber hinaus sollten Pflegeschnitte (Nachmahd) generell gestattet sein, um negativen Entwicklungen einer Unternutzung entgegenzuwirken. Neben modifizierten Bewirtschaftungsverträgen sind Lösungsansätze im Umgang mit solchen Flächen in einer differenzierten Prämiengewährung zu sehen. Für Flächen mit erschwerten Bewirtschaftungsbedingungen erscheint es sinnvoll bei der Prämiengewährung einen Salzgrasland-Zuschlag in Betracht zu ziehen, wobei ein Zuschlag von 50-100 €/ha gerechtfertigt sein kann. Ebenso sollte die derzeitige Verwaltungspraxis, nur für Grünlandflächen höher Null Prämien zu gewähren, überdacht werden, denn Flächen unter Null (bis mindestens 0,2 m unter HN) sind als nutzbare Weidefläche zu betrachten.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Die Ergebnisse des Vorhabens (Phase 1 und 2) wurden in zahlreichen Veröffentlichungen in Fachzeitschriften, in der Schriftenreihe der Fachhochschule Neubrandenburg und in Vorträgen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Ferner fand in Neubrandenburg vom 03.07.-05.07.02 eine internationale Tagung zur Thematik Salzgrasland statt. Dort wurden die Ergebnisse in mehreren Vorträgen präsentiert. Aus beigefügter Liste gehen die Veröffentlichungen und Präsentationen hervor (auch auf Diskette unter Datei Veröffentlichungen).


Fazit

Im Forschungsvorhaben konnten Deichrückbaumaßnahmen begleitet und erste Konsequenzen erfasst werden. Für mehrere potenzielle Rückbau-Flächen an der vorpommerschen Ostseeküste wurde in erster Projektphase der Status quo ante untersucht. Die Umsetzung von Deichrückbauvorhaben ging sehr zögerlich vonstatten, wodurch die Untersuchungen nach Rückbaumaßnahmen später als geplant begannen und sich auf ein Hauptuntersuchungsgebiet konzentrierten. Die Untersuchungen zeigen, dass die Bewirtschaftung solcher Flächen und das Ziel einer Etablierung von Salzgrasland möglich ist.
Die bisher zögernde Umsetzung derartiger Vorhaben ist vermutlich durch fehlende Informationen zu den Konsequenzen nach Deichrückbau und durch Unsicherheiten bei betroffenen Gemeinden, Bodeneigentümern und anderen Institutionen bedingt. Eine in dieser Arbeit angesprochene differenzierte Prämiengewährung wird die Akzeptanz für Renaturierungsvorhaben bei den Flächennutzern erhöhen. Ferner dürfte eine weitere wissenschaftliche Begleitung von Renaturierungsvorhaben und die Untersuchung ihrer Konsequenzen an anderen Standorten der Ostseeküste eine notwendige und hilfreiche Aufklärungsarbeit leisten und damit dazu beitragen, die Befürchtungen der Betroffenen abzubauen.

Übersicht

Fördersumme

310.251,91 €

Förderzeitraum

01.04.1997 - 29.01.2002

Bundesland

Grenzüberschreitend

Schlagwörter

Grenzüberschreitend
Landnutzung
Naturschutz
Ressourcenschonung
Umwelttechnik