Projekt 09765/02

2. Phase zum Projekt AZ 09765/01Beeinflussung der Leistungsfähigkeit von Kanalstrecken durch konstruktive Veränderungen im Bereich der Schächte

Projektträger

Technische Universität MünchenFachgebiet Hydromechanik
80290 München
Telefon: 089/2892-2583

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Die erste Projektphase hatte gezeigt, dass die Energieverluste in eingestauten Kanalschächten durch das Einsetzen einer Gerinneabdeckung im Schacht reduziert werden können. Das Vorhaben beinhaltete Schächte mit geradem Durchgang und mit 45°-Strömungsumlenkung. Von Seiten der Planer wurde im Anschluss der Wunsch geäußert, auch einen Schacht mit 90°-Umlenkung im Modell zu untersuchen. Dieser Umlenkschacht tritt in Abwasserkanälen häufig auf, da die Kanalisation meist dem Straßennetz folgt. Es ist zu erwarten, dass die Energieverluste an eingestauten Schächten mit 90°-Umlenkung sehr groß werden, da infolge der starken Umlenkung die Strömung nicht mehr der Gerinnewandung folgen und es zu einer starken Durchmischung im Schacht kommen kann. Die Abdeckung des Gerinnes könnte daher eine große Wirkung auf eine Reduzierung des Überstaues von eingestauten Abwasserkanälen haben.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDer neue Schacht wurde im Laboratorium des Lehrstuhls von Modellschreinern im Maßstab 1:1 gebaut. Der Schachtdurchmesser beträgt dS = 1,00 m, der Rohrdurchmesser dR = 0,24 m. Wie die früheren Schächte sollte der Schachtunterbau aus PVC-hart und Makrolon bestehen. Der Schacht selbst wurde aus Plexiglas hergestellt, so dass die Schachtströmungen gut beobachtet werden konnten. Der neue Schacht wurde in den noch betriebsbereiten Versuchsstand der ersten Untersuchung eingebaut.
Untersucht wurden die Energieverluste des Schachtes im Originalzustand, anschließend die Energieverluste des Schachtes mit Gerinneabdeckung. Dazu wurden die Druckhöhen nacheinander an mehreren Punkten vor und nach dem Schacht mit Druckmessdosen aufgezeichnet und zu zwei Drucklinien verbunden. Die beiden Drucklinien wurden bis in Schachtmitte verlängert. Der vertikale Abstand der Drucklinien entspricht dem Energiehöhenverlust. Die Versuche wurden für unterschiedliche Einstauhöhen und Ab-flüsse zwischen 20 l/s und 70 l/s durchgeführt.


Ergebnisse und Diskussion

Im Schacht mit 90°-Umlenkung waren im Gegensatz zu den Schächten mit geradem Durchgang und mit 45°-Umlenkung keine gravierenden Unterschiede des Strömungsfeldes im Schacht bei sich ändernden Randbedingungen zu beobachten. Ursächlich hierfür war, dass die Strömung der starken Umlenkung nicht vollständig folgen konnte. Die verstärkte Umlenkung bedingt einen gegenüber der 45°-Umlenkung noch einmal erhöhten Verlust auf z = 1,0 für hohe Einstaugrade. Die wesentliche Reduzierung der Verlustbeiwerte auf z < 0,2 durch die Abdeckung des Abwasserkanals im Bereich der Berme wurde auch bei der 90°-Umlenkung eindrucksvoll bestätigt. Die genannten Verlustbeiwerte sind in die neue ATV-DVWK-Richtlinie A 110 aufgenommen. Bei Feldmessungen im Kanalnetz eines südwestdeutschen Abwasserverbandes konnten die versuchstechnisch ermittelten Verlustbeiwerte auch im Feldversuch für eine 75°-Umlenkung bestätigt werden. Ebenso wurde dort der Praxiseinsatz der Kanalabdeckung im praktischen Betrieb erprobt. Die experimentellen Ergebnisse des Versuchsstandes konnten auch rechnerisch simuliert werden. Für die Planung von Leistungssteigerungen in überlasteten Kanalnetzen sind wohl die anzusetzenden Verlustbeiwerte bekannt, die Programme für die instationäre Berechnung müssen allerdings noch durch einen Schachtmodul erweitert werden, der an beliebiger Stelle des Systems eingesetzt werden kann.
Aus dieser Sicht konnten die im Untersuchungsprogramm genannten Ziele vollständig erreicht werden. Für den Betrieb von Kanalnetzen steht dank dieser Ergebnisse künftig eine besonders preiswerte Alternative zur Ertüchtigung von partiell überlasteten Kanalnetzen zur Verfügung. Dadurch wird die Gefahr des Einstaus oder gar der Überflutung erheblich reduziert. Das Gefährdungspotenzial durch austretendes Abwasser in Bezug auf die Verunreinigung von Grundwasser und das Entstehen von Vermögensschäden als Folge des unkontrollierten Abflusses auf der Oberfläche kann preisgünstig eingegrenzt werden. Aus ökologischer Sicht sind die einfachen Maßnahmen zur Ertüchtigung besonders wertvoll, da sie aufwendige Baumaßnahmen mit den entsprechenden Umweltbelastungen erübrigen.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Die wissenschaftliche Aufbereitung des Gesamtumfangs der Untersuchungen wurde als Mitteilungsheft Nr. 70 des Lehrstuhls für Hydraulik und Gewässerkunde der TU München im Schriftenaustausch mit ähn-lich ausgerichteten Lehrstühlen national und international verbreitet. In einem in Zusammenarbeit mit der Deutschen Bundesstiftung Umwelt organisierten Seminar über Innovationen in der Abwasserableitung und Abwassersteuerung konnten im März 2002 mit einem Beitrag über die Minderung der Schachtverluste in Kanalsystemen auf nationaler Ebene die Vorzüge der im Untersuchungsprogramm quantifizierten Einflüsse der Wirkung der Schachtabdeckung im Kreis der hier vertretenen Fachkollegen auf dem Gebiet der Abwasserableitung diskutiert werden. Wichtig für die praxisnahe Umsetzung ist der direkte Kontakt mit der Fachwelt, welche hier in erster Linie durch die ATV-DVWK repräsentiert wird. Auf einem Seminar über die Hydraulische Planung von Abwasseranlagen wurde im Juni 2002 von Frau Dr.-Ing. Merlein ein Beitrag über die Bedeutung der Schachtverluste eingebracht.


Fazit

Die experimentellen Untersuchungen an den Versuchsständen an der TU München haben die Angaben über die Verlustbeiwerte für den Einbezug der Schächte in die hydraulische Berechnung auf eine sichere und nachvollziehbare Unterlage gestellt. Sie haben direkt Eingang gefunden in das entsprechende Regelwerk und sind somit für die künftige Gestaltung der Schachtbauwerke richtungsweisend. Die erheblich höheren Verlustbeiwerte der Schächte mit der Auftrittsberme auf der Höhe des halben Rohrdurchmessers oder gar noch niedriger haben dazu geführt, dass diese Art von Schächten als Sonderschächte gekennzeichnet sind, Schächte mit hochgezogener Berme dagegen als Regelschächte fungieren.
Für die einfachen Verhältnisse in der Teststrecke für die Feldmessungen konnte hierfür, ebenso wie für den verwendeten Versuchsstand, der Einfluss der Abdeckung auf die mögliche Leistungssteigerung auch rechnerisch nachgewiesen werden. In größeren Kanalnetzen ist die Verflechtung innerhalb des Netzes mit diesen einfachen Ansätzen nicht mehr möglich. Der Nutzen und die Wirksamkeit der Maßnahmen für eine verbesserte Abflussleistung in derartigen Strukturen bedürfen der Simulation unter den unterschiedlichen Randbedingungen. Hier besteht weiterer Handlungsbedarf für die erfolgreiche Anwendung der vorgeschlagenen Maßnahmen.

Übersicht

Fördersumme

6.688,00 €

Förderzeitraum

02.01.2002 - 02.06.2003

Bundesland

Bayern

Schlagwörter

Ressourcenschonung
Umwelttechnik