Projekt 08931/01

Förderschwerpunkt Bioabfallverwertung (-): Praxisbezogene Anwendungsrichtlinien für den nachhaltigen Einsatz von Komposten im landwirtschaftlichen Pflanzenbau

Projektträger

Gütegemeinschaft KompostRegion Südwest e. V.
Großwaldstr. 80
66126 Saarbrücken
Telefon: 07152/39919-1

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Die Kompostverwertung genoss im landwirtschaftlichen Pflanzenbau bis zu Projektbeginn, bedingt durch emotional dominierte Vorbehalte und noch vorhandene Wissensdefizite, eine relativ geringe Akzeptanz, die den realen Möglichkeiten und auch den Zielstellungen des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes zur Schließung von Stoffkreisläufen nicht entsprach. Ziel des Forschungsvorhabens war es, mit Hilfe mehrjähriger Kompost-Feldversuche unter realen Praxisbedingungen noch offene Fragen der nachhaltigen Kompostverwertung beschleunigt zu klären, vor allem die Vorteilswirkungen herauszuarbeiten und mit den möglichen Risiken abzuwägen. Darauf aufbauend waren praxisbezogene Anwendungsrichtlinien zu erarbeiten und betriebswirtschaftliche sowie ökologische Untersuchungen durchzuführen, um auf dieser Grundlage ein professionelles Vermarktungskonzept für die nachhaltige Kompostverwertung in landbaulichen Produktionsverfahren zu erstellen.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenMit Hilfe von sechs einheitlich angelegten Kompost-Feldversuchen auf repräsentativen Standorten in Baden-Württemberg, die auch bundesweite Boden- und Klimabedingungen repräsentieren, wurden unter konkreten Praxisbedingungen, d.h. auf Wirtschaftsflächen von Vollerwerbslandwirten, drei Jahre lang alle bedeutsamen Wertstoff- und Schadstoffaspekte der Komposte und die damit verbundene Umweltentlastung erfasst und bewertet. Ein wesentlicher Vorteil war dabei, dass die Versuche schon vor Pro-jektbeginn angelegt worden waren, so dass zum Projektabschluss je nach Standort auf 5 bzw. 8 Versuchsjahre zurückgegriffen werden konnte. Zum Einsatz gelangten grundsätzlich nur gütegesicherte, d. h. qualitativ hochwertige Komposte mit eindeutigem Wertstoffcharakter. Neben dem wissenschaftlichen Monitoring aller agrochemischen und bodenkundlichen Parameter, das unter Verantwortung der LUFA Augustenberg bearbeitet wurde, waren vor allem die praktischen Beobachtungen und Erfahrungen der Komposthersteller und Landwirte, die als Projektpartner aktiv in das Forschungsvorhaben eingebunden wurden, zu erfassen und in die Beurteilung der Ergebnisse einzubeziehen. Zusätzlich wurden umfangreiche Übersichtsuntersuchungen ausgewertet, um die aktuelle Situation maßgebender Inhaltsstoffe von Komposten zu bewerten. Auf der Basis der Versuchs- und Untersuchungsergebnisse wurden konkrete Anwendungsempfehlungen erarbeitet, die eine nachhaltige, d. h. langfristig umweltgerechte Kompostanwendung gewährleisten.
Ausgehend von den Ergebnissen des wissenschaftlichen Monitorings der Kompost-Feldversuche wurden vom Institut für Agrarpolitik der Universität Hohenheim mit Hilfe eines umfangreichen, mehrperiodischen Kompostevaluierungsmodells (KEM) erstmalig betriebswirtschaftliche Analysen der Nutzwirkungen der Kompostanwendung erstellt. Zusätzlich wurden mit Hilfe eines ökologischen Modellansatzes alle maßgebenden Umweltwirkungen analysiert und bewertet, um auf diese Weise die möglichen Risiken auf objektiver Grundlage zu validieren.
Auf der Grundlage der Ergebnisse des wissenschaftlichen Monitorings der Kompost-Feldversuche und der umfassenden Modellierungsarbeiten wurde von der Fachhochschule Nürtingen ein Marketingkonzept erarbeitet, um Wege und Strategien für einen an den Erfordernissen der Kreislaufwirtschaft orientierten Einsatz gütegesicherter Komposte in der Landwirtschaft aufzuzeigen. Umfangreiche Praxisrecherchen dienten dazu, die Einstellungen, Wünsche und auch Vorbehalte sowohl der Komposthersteller als auch der Kompostanwender, der Landwirte, in Erfahrung zu bringen.
Ein zentrales Anliegen des Vorhabens war es, schon während des laufenden Projektes eine gezielte Öffentlichkeitsarbeit aufzubauen, um die Ergebnisse möglichst zügig in die Praxis zu überführen. Der umfassende und ganzheitliche Bearbeitungsansatz bot eine gute Gewähr dafür, die Regeln guter fachlicher Praxis für den Komposteinsatz zu präzisieren mit dem Ziel, den Nutzen und vor allem die Bedingungen für die Unbedenklichkeit des Komposteinsatzes konkreter und umfassender als bisher zu bestimmen.


Ergebnisse und Diskussion

Der Abschlussbericht verdeutlicht die konkreten Vorteilswirkungen der Kompostanwendung. Mit pflanzenbaulich vertretbaren Kompostgaben von jährlich 6 - 7 t/ha TM werden dem Boden beträchtliche Mengen an organischer Substanz (2,5 - 3,0 t/ha TM) sowie an basisch wirksamer Substanz (2,0 - 3,0 dt/ha CaO) zugeführt. Damit wird die Humusreproduktion des Bodens gewährleistet (Anstiege der Humusge-halte in den Versuchen um 0,2 - 0,5 %) und der pH-Wert des Bodens gehalten bzw. leicht angehoben (Anstiege in den Versuchen um 0,2 - 0,4 pH-Einheiten). Die Kalkzufuhr entspricht damit einer Erhaltungskalkung (Einsparpotenzial). Unter den Nährstoffen ist die Zufuhr an Phosphor und Kalium entscheidend, die auf Grund der hohen Düngeeffizienz die Grunddüngung ersetzen kann (Einsparpotenzial). Das zeigte sich in den Versuchen, in denen die pflanzenverfügbaren Bodengehalte mindestens gehalten bzw. sogar leicht angestiegen waren. Die hohe Magnesiumzufuhr übersteigt zwar den Düngebedarf, wirkt aber der permanenten Auswaschung entgegen und ist deshalb als positiv zu bewerten.
Die Kenntnisse über die Düngewirksamkeit des mit Kompost zugeführten Stickstoffs konnten weiter präzisiert werden. Kurzfristig (1 - 3 Jahre) ist dieser Anteil mit max. 5 % noch vernachlässigbar gering. Mittelfristig (8 - 10 Jahre) ist die mineralische N-Düngung aus Vorsorge jedoch im Mittel um 10 %, bei Einbeziehung der erhöhten Nitrat-Anteile im Boden um etwa 15 % zu reduzieren. Dabei sind in Abhängig-keit von der Kompostart Spannweiten von 0 (vorrangig Grünkomposte) bis 25 % (Stickstoffreiche Biokomposte) möglich.
Mit dem Projekt wurde erstmals eine umfangreiche Prüfung aller relevanten bodenphysikalischen und biologischen Parameter möglich. Durch die Kompostanwendung wurde vor allem der Wasserhaushalt und die Biologie der Böden positiv beeinflusst. Die Aggregatstabilität der Bodenkrümel nahm zu, die Lagerungsdichte ging zurück, d. h. der Boden ist belastbarer und besser durchlüftet. Eine höhere Wasserkapazität ist in Trockenperioden vorteilhaft. Durch Aktivierung der Bodenmikrobiologie wird der Boden belebter und zeigt eine verstärkte Mineralisierung der organischen Substanz. Mittelfristig - das zeigen die Ergebnisse - stellen diese bodenverbessernden Wirkungen die entscheidende Vorteilswirkung dar.
Alle Vorteilswirkungen dokumentierten sich in einer positiven Wirkung auf den Ertrag, die zu einer Ertragsstabilisierung, in günstigen Fällen sogar zu einer Anhebung des standorttypischen Ertragsniveaus führen kann.
Ein wesentliches Anliegen des Projektes war es, mögliche Risiken der Kompostanwendung zu prüfen. Die Schwermetallzufuhr durch Kompostgaben bewegt sich im Mittel gesichert unterhalb der Grenzfrachten der Bioabfall-VO. Trotzdem bedarf es permanenter Bemühungen, die Schwermetallgehalte von Komposten soweit als möglich abzusenken, um im Sinne des vorsorgenden Bodenschutzes zu gewährleisten, dass sich der Schwermetallstatus des Bodens nicht verschlechtert. Die Schwermetallgehalte von Boden und Ernteprodukten wurde im Versuchszeitraum (maximal 8 Jahre) durch Kompost noch nicht verändert. Gefahren für eine irreversible, schädigende Bodenkontamination bestehen deshalb mittelfristig nicht. Die Komposte unterschreiten heute die Grenzwerte für Fremdstoffe und Steine im Mittel erheblich. Für die Akzeptanz der Kompostanwendung in der Landwirtschaft müssen Komposte frei von Fremdstoffen sein, vor allem Plastikfolien können das optische Erscheinungsbild nach der Kompostausbringung massiv beeinträchtigen, obwohl keine Gefährdung für Böden und Ernteprodukte besteht. Die Seuchen- und Phytohygiene der eingesetzten Komposte, das zeigen die Übersichtsuntersuchungen im Rahmen der Kompost-Gütesicherung nach RAL-Gütezeichen 251, ist stets gewährleistet, wenn eine ordnungsgemäße Heißrotte (mind. 65 oC über 7 Tage) erfolgt ist. Gleiches gilt für die keimfähigen Samen und austriebsfähigen Pflanzenteile. Komposte sind heute praktisch frei davon. Auch der Unkrautbesatz der Ackerflächen, das belegen 42 Boniturjahre der Kompost-Dauerversuche, wird durch den Komposteinsatz nachweislich nicht erhöht. Damit konnte die häufig vorgebrachte Befürchtung, dass nach Komposteinsatz mit einer verstärkten Verunkrautung der Ackerflächen gerechnet werden muss, fachlich widerlegt und als nicht zutreffend eingeschätzt werden. Die Kompostgaben verursachten auch keine bedenklich erhöhten Nitratgehalte im Boden, solange die ergänzende mineralische Stickstoffdüngung an den pflanzenbaulichen N-Bedarf angepasst bleibt.
Die umfassende ökonomische Bewertung der Kompostanwendung zeigte, dass die positiven Effekte in reinen Marktfruchtbetrieben mit Deckungsbeiträgen von 30 €/ha (1. Jahr) bis zu 80 €/ha (7. Jahr) besonders hoch ausfallen. Auf schweren Böden sind noch höhere Deckungsbeiträge bis zu 120 €/ha möglich. Der Komposteinsatz wird sich vor allem in landwirtschaftlichen Betrieben mit einer negativen Humusbi-lanz und nicht optimalen Bodenbedingungen ökonomisch lohnen. In Gemischtbetrieben ist die Kompostanwendung dagegen weniger lukrativ. Hier sprechen auch zunehmend die negativen ökologischen Auswirkungen gegen einen Komposteinsatz.
Mit der umfangreichen Marktanalyse wurden die Grundlagen für die Erstellung des Marketingkonzeptes gelegt. Erfolg hat eine Marketingstrategie danach nur, wenn die vier Säulen - Produkt- und Sortimentspolitik, Preispolitik, Service- und Distributionspolitik und vor allem die Kommunikationspolitik - gut aufeinander abgestimmt werden.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Zentrales Anliegen der Projektarbeit war es, mittels einer gezielten Öffentlichkeitsarbeit die Zielgruppe potenzieller Kompostverwerter, die Landwirte und Landschaftsgärtner, schon während der Projektphase anzusprechen und möglichst umfassend zu informieren. Dazu wurde am 30.11.2000 an der Fachhoch-schule Nürtingen ein Projekt-Workshop durchgeführt, zu dem Ziele und erste Ergebnisse eine breiten Fachöffentlichkeit vorgestellt wurden. Weiterhin erfolgte eine Beteiligung an der Woche der Umwelt der DBU am 03./04.06.2002 im Park von Schloss Bellevue in Berlin. Eine Informationsschrift dazu wurde an 150 Organisationen und Einzelpersonen im deutschsprachigen Raum versandt.
Für die überregionale Öffentlichkeitsarbeit wurden 24 Veröffentlichungen in der Landwirtschaftspresse platziert, auf Fachkongressen und -symposien 26 Vorträge gehalten, drei Pressemitteilungen ausgege-ben und drei Informationsblätter zu Tagungen, Workshops u.a. Gelegenheiten verteilt. Schwerpunkt der regionalen Öffentlichkeitsarbeit waren die Komposttage, zu denen die Kompost-Dauerversuche als regionale Demonstrationsversuche genutzt wurden, um die Landwirte unmittelbar vor Ort über aktuelle Ergebnisse zu informieren und die Regionalberatung zu unterstützen. Insgesamt wurden 11 öffentliche Feldbegehungen durchgeführt, über die von der Landwirtschaftspresse sowie der Lokalpresse in 13 Beiträgen informiert wurde.
In einem Expertengespräch am 25.03.2003. an der Fachhochschule Nürtingen wurden führende Vertreter von Berufsverbänden aus Landwirtschaft, Gartenbau und Sonderkulturanbau Baden-Württembergs über die Ergebnisse des Projektes informiert. Als


Fazit

der Veranstaltung konnte festgestellt werden, dass die Verbände den Wert der landbaulichen Kompostanwendung vor allem für die Ressourcenscho-nung und wirtschaftliche Produktion verstärkt erkannt haben und in ihren Bereichen entsprechend fördern wollen.
Abschluss der Projektarbeit war der DBU-Workshop am 13.11.2003 an der Universität Hohenheim, auf dem im Rahmen der Humus-Tage der Bundesgütegemeinschaft Kompost e. V., Köln, die Ergebnisse des Projektes einer bundesweiten Fachöffentlichkeit von ca. 350 Teilnehmern vorgestellt wurden.


Fazit

Die Projektbearbeitung hat das ganzheitliche Bearbeitungskonzept bestätigt. In der öffentlich geführten Diskussion wurde als positiv herausgestellt, dass es gelungen sei, alle Vorteilswirkungen und möglichen Risiken der landwirtschaftlichen Kompostanwendung objektiv zu bewerten und sie vor allem auf den Prüfstand der Praxis zu stellen, unter Berücksichtigung des betriebswirtschaftlichen Nutzens und der Vermarktungschancen. Die Projektergebnisse zeigen, dass die möglichen Risiken der Kompostanwendung tolerierbar und kalkulierbar sind, wenn die Regeln der guten fachlichen Praxis eingehalten werden. Unter diesen Bedingungen gibt es, im Sinne der Kreislaufwirtschaft die Vorteilswirkungen von Komposten zu nutzen, wenn Bedarf an Nährstoffen, Bodenverbesserung usw. besteht. Die detaillierten Anwendungsempfehlungen und Bewertungen des Projektes (z. B. Anrechnung der Nährstoffe in der Düngebilanz) bestimmen den aktuellen Stand des Wissens. Die Ergebnisse der differenzierten ökonomischen und ökologischen Analysen gehen über den bisherigen Wissenstand hinaus. Mit ihrer Hilfe ist es zukünftig möglich, die sinnvollen Einsatzgebiete nach Standortbedingungen und Bewirtschaftungsweise fachlich begründet abzugrenzen. Die intensive Öffentlichkeitsarbeit hat maßgeblich dazu beigetragen, die Ergebnisse des Vorhabens bundesweit gut bekannt zu machen. Hervorzuheben ist die vertrauensvolle Zusammenarbeit mehrerer wissenschaftlicher Einrichtungen mit der Gütegemeinschaft Kompost Region Süd e.V., einem Fachverband mittelständischer Unternehmer, die letztlich die möglichst praxisnahe Projektbearbeitung erst ermöglicht hat.

Übersicht

Fördersumme

291.436,37 €

Förderzeitraum

01.10.1999 - 31.05.2003

Internet

www.bgkev.de

Bundesland

Baden-Württemberg

Schlagwörter

Landnutzung
Naturschutz
Ressourcenschonung
Umwelttechnik