Projekt 08597/01

ntwicklung und Piloterprobung der Rekonstruktion umweltgerechter modifizierter historischer Putzmörtel mit Stoffen und Techniken eines System-Baukastens für Werkmörtel mit objektspezifischen Rezeptur-Varianten am Beispiel der national wertvollen Kul[…]

Projektträger

Stiftung Weimarer Klassik und Kunstsammlungen Direktion Bauten und Gärten
99401 Weimar
Telefon: 03643/545-0

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Ziel des Projektes war die Entwicklung und Erstellung einer Konzeption für einen Putzmörtel-Systembaukasten, auf dessen Grundlage ein Putzmörtel, welcher materialtechnische und ästhetische Anforderungen eines Objektes berücksichtigt, hergestellt werden kann. Die Erprobung und modellhafte Umsetzung des Systembaukastens erfolgte unter Nutzung objektspezifischer Rezepturvarianten an den Fassaden des Rokokoschlosses in Dornburg und den Orangeriegebäuden des Schlosses Belvedere in Weimar.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDas Entwicklungs- und Modellvorhaben wurde in 4 Arbeitsphasen durchgeführt. In der Arbeitsphase A - Recherche und Objektuntersuchung - wurden Grunddaten zu historischen Putzen in den betreffenden Regionen Thüringens gesammelt und ausgewertet. Dabei wurden Baustoffe, handwerkliche Herstellungstechniken und Rezepturen, Rohstoffquellen, Putzuntergründe, Putzweisen und Fassungen betrachtet und bewertet. Als Ergebnis der ersten Arbeitsphase konnten Basisrezepturen mit Angaben zu allen dazugehörigen Bindemittelkomponenten, Zuschlägen und Zusätzen und den entsprechenden Hinweisen auf die eventuellen Anwendungsfälle formuliert werden.
Die nächste Arbeitsphase (B) - Entwicklung - umfasste Reihenversuche zur Erstellung einer Mischungsmatrix zur Klärung des stofflichen Konzeptes des Baukastensystems. Einbezogen wurden Un-tersuchungen zur Verträglichkeit der Stoffe zu den typischen Untergründen der Thüringer Objekte, zu Anforderungen an den Oberflächenschutz durch eine Farbfassung und zu Kriterien, die die Ästhetik des Erscheinungsbildes einer Putzoberfläche bestimmen.
Die Arbeitsphase C - Konfektionierung und Applikation - beinhaltete die praxisbezogene Weiterentwicklung des Baukastenkonzeptes durch Ausarbeitung von Anforderungsprofilen, Auswahlverfahren von Komponenten und Anwendungskriterien. Die anwendungstechnische Erprobung erfolgte an Testflächen und Versuchsmauern, um Fragen einer werkseitigen Vormischung, Gebindefähigkeit, Nachmischung und Zugabe von Komponenten, Verarbeitbarkeit, mögliche Verarbeitungstechniken und die Ermittlung technologischer Grundeigenschaften und Kennwerte zu klären. Nach der Bewertung der Verarbeitungskriterien und den Untersuchungs- und Laborergebnissen der Putzmörtel an den Testflächen war es zum Teil notwendig, zum Arbeitsschritt B zurückzukehren, um einige Putzmörtel neu zu rezeptieren.
Die Arbeitsphase D - Pilotanwendung - ermöglichte die modellhafte Umsetzung der Entwicklungs- und Testergebnisse aus dem Putzprojekt an den Fassadenflächen des Rokokoschlosses in Dornburg und einem Teil der Orangeriegebäude des Schlosses Belvedere in Weimar. An den Musterflächen beider Objekte wurden die Bausteine bzw. Arbeitsschritte des Baukastensystems erprobt und ausgeführt und letztendlich kam ein für die Objekte konfektionierter und hergestellter Putz zur Anwendung.


Ergebnisse und Diskussion

Mit den Arbeitsphasen des Baukastens erhalten die am Bau beteiligten Architekten, Restauratoren, Material- und Baustoffexperten, Verarbeiter und Hersteller einen methodischen Leitfaden. Er unterstützt inhaltlich die Maßnahmen zur Ergänzung und Wiederherstellung einer historischen Putzfassade von ers-ten restauratorischen und materialkundlichen Untersuchungen bis zur Ausführung der Putzarbeiten und der Farbfassung. Der Einsatz des System-Baukastens soll es dem Nutzer ermöglichen, individuelle auf wissenschaftlichem und denkmalpflegerischem Niveau angepasste authentische Fassadengestaltungen realisieren zu können, ohne die Produkt- und Konzeptentwicklung übernehmen zu müssen. So können regional typische oder für ein Bauwerk markante Gestaltungsabsichten mit hoher Sicherheit und vertretbaren Kosten verwirklicht werden.
Die Putze des Baukastens werden eigens für das Gebäude oder Ensemble nach historischem Befund und gemäß der gestalterischen Absicht hergestellt. Zu jedem der individuellen Putze werden Aussagen zur Verträglichkeit gegenüber den vorhandenen Untergründen und möglichen Restputzen und wichtige Mörtelkennwerte vom Hersteller erwartet.
Bauherren und Architekten haben somit die Möglichkeit, die in der Konzeption erarbeiteten Vorgaben hinsichtlich der Gesamterscheinung der Fassade und der technischen Kennwerte unmissverständlich und konsequent zu realisieren.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Publikationen in der Fachpresse und Literatur informierten zu den Arbeitsphasen und den Ergebnissen. Es fanden Arbeitsgespräche und Kolloquien zu den Musterflächen an der Orangerie Belvedere und den wiederhergestellten Fassadenflächen am Rokokoschloss in Dornburg mit Architekten, Denkmalpflegern, Restauratoren, Handwerkern und Baustoffherstellern statt.


Fazit

Die modellhafte Umsetzung der Ergebnisse des Putzprojektes erfolgte entsprechend der 4 Arbeitsphasen an den Fassaden des Rokokoschlosses in Dornburg und an einem Teil der Orangeriegebäude der Schlossanlage Belvedere in Weimar. Zur Anwendung kamen jeweils die für die Region und Bauzeit der Gebäude typischen Kalk-Gipsmörtel in differenzierten Rezepturen. Zur Gestaltung der unterschiedlichen Oberflächenstrukturen wurde für die Herstellung der Rauhputzflächen je nach Befundlage zusätzlich ein Überkorn eingesetzt.
Mit Hilfe des Putzmörtel-Systembaukasten ist es am Rokokoschloss in Dornburg und den Orangeriegebäuden des Schlosses Belvedere in Weimar gelungen, die für diese Gebäude typischen und das Erscheinungsbild prägenden Fassadenputze wiederherzustellen.

Übersicht

Fördersumme

1.172.999,19 €

Förderzeitraum

30.11.1995 - 31.12.2003

Bundesland

Thüringen

Schlagwörter

Kulturgüter
Umwelttechnik