Projekt 08553/01

Anwendung populationsgenetischer Methoden zur nachhaltigen Sicherung der Biodiversität in Wirtschaftswäldern

Projektträger

Georg-August-Universität GöttingenInstitut für Forstgenetik und Forstpflanzenzüchtung
Büsgenweg 2
37077 Göttingen
Telefon: 0551/39-3537

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Forstbaumschulen beziehen ihr Saat- und Pflanzgut aus Beständen, die in Mitteleuropa langer forstwirtschaftlicher Beeinflussung unterliegen. Dabei wurden und werden im Zuge der Selektion im Herkunftsbestand und beim Anzuchtprozeß die genetischen Strukturen des Ausgangsbestandes verändert. Dieses Projekt versucht in Zusammenarbeit mit einer Baumschule die Effekte auf das genetische System einer Saat- und Pflanzgutpopulation zu erfassen, sie unter dem Aspekt der Biodiversität als Basis für die An-passungsfähigkeit von Waldökosystemen zu bewerten und das Ergebnis als marktwirtschaftlichen Qualitätsparameter für forstliches Saat- und Pflanzgut zu etablieren.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenAuf der Basis etablierter Methoden der Populationsgenetik, insbesondere der Gelelektrophorese, wurden in mehreren Vermehrungsgutpopulationen die Einflüsse der Produktion auf die genetische Struktur des Vermehrungsgutes über den Zeitraum von drei Jahren untersucht. Der Produktionsprozess umfasste alle Produktionsphasen von der Ernte bis zur Vertriebsreife des Pflanzgutes in der Baumschule. Die Bereitstellung der dazu notwendigen Proben wurde von der Fa. Conrad Appel AG sowie der Darmstädter Forstbaumschule vorgenommen. Aufbauend auf den Häufigkeitsverteilungen der genetischen Informationen in den Produktionsphasen wurde der populationsgenetische Kennwerte der Selektionslast zur Bewertung der genetischen Eigenschaften des Vermehrungsgutes zu einem Maß weiterentwickelt, welches das Vermehrungsgut hinsichtlich der Angepasstheit an die Bedingungen des Produktionsprozesses bewertet. Diese Maß z - Zeta bildet die Grundlage ein Zertifikat über die genetischen Eigenschaften des Vermehrungsgutes. Zur Charakterisierung der Bewertung werden in dem Zertifikat neben den Standortdaten der Quellpopulation auch die Untersuchungsmethode und ihre Rahmenbedingungen dargestellt. Die Umsetzung dieser Parameterberechnung übernimmt eine Software, welche die beteiligte Baumschule in die Lage versetzt, ihr Vermehrungsgut unter adaptiven Gesichtspunkten zu bewerten. Da diese Methode auf eine breite konzeptionelle Basis gestellt ist, kann sie neben der Produktion von Vermehrungsgut auch im Dienstleistungssektor eingesetzt werden (Beratung und Restauration genetisch verarmter Populationen).


Ergebnisse und Diskussion

Aufbauend auf institutsinternen Daten konnte gezeigt werden, dass die Untersuchungsbestände und ihre Nachkommenschaften repräsentativ für die Verbreitung genetischer Informationen bei der Buche (Fagus sylvatica L.) ausgewählt wurden. Trotz dieser repräsentativen Auswahl wurde deutlich, dass die Entwicklungen des Vermehrungsgutes in Abhängigkeit diverser Einflussfaktoren, wie der Auswahl und Durchmischung des Saatgutes oder der Stratifizierung, variieren. Als wesentliche Einflussgröße konnte dabei die Durchmischung dieser großfrüchtigen Samen in Verbindung mit einer frühzeitigen Bildung von Teilpopulationen festgestellt werden, welche zur Veränderung der genetischen Strukturen beiträgt. Mit Ausnahme der Sortierung des Pflanzgutes, welches eine weitere Teilmengenbildung des Vermehrungsgutes bewirkt, konnten in der Phase der Pflanzenanzucht in der Baumschule keine für beide Populationen konsistenten Veränderungen der genetischen Struktur festgestellt werden. Als wesentliche Produktionsphasen, in welchen die genetische Struktur des Vermehrungsgutes deutlichen Veränderungen unterliegen kann, stellten sich alle Teilmengenbildungen der Population bei inhomogener Verteilung der genetischen Information in der Grundgesamtheit heraus. Dazu gehören besonders die Phase der Saatgutbehandlung sowie der Verkauf von Vermehrungsgut, bevor eine homogene Verteilung genetischer Informationen erreicht wurde. Vergleichbare Wirkungen wird auch durch die Sortierung des Vermehrungsgutes erreicht.
Diese Veränderung genetischer Informationen während des Produktionsprozesses kann anhand des weiterentwickelten Maßes z (Zeta) im Hinblick auf die Angepasstheit des Vermehrungsgutes an die Produktionsbedingungen bewertet werden. Im Gegensatz zu der bislang theoretischen Verwendung des Begriffs der Angepasstheit, kann erstmals eine retroperspektive Messung und Bewertung der Angepasstheit des Vermehrungsgutes vorgenommen werden. Aufgrund seiner den gesamten Produktionsprozess zusammenfassenden Wirkung bildet das Maß der Angepasstheit die Grundlage für ein Zertifikat, welches diese genetische Eigenschaft des Vermehrungsgutes verbraucherfreundlich präsentiert und die Bewertungsgrundlagen nennt. Zur Erstellung des Zertifikates wurde eine Softwarelösung entwickelt, welche nach Eingabe der genetischen Rohdaten eine selbständige Berechnung der Parameter und eine graphische Erstellung des Zertifikats vornimmt. Mit dieser konzeptionell fundierten Methode der Bewertung genetischer Eigenschaften forstlichen Vermehrungsgutes wird es möglich, den Produktionsprozess hinsichtlich seiner adaptiven Bedeutung messbar so zu bewerten, dass sowohl die Produktionsbedingungen für die Anzucht von Vermehrungsgut adaptiv optimiert als auch die Vermarktungsmöglichkeiten der Produkte durch die Zertifizierung verbessert werden können.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Die Methode der Bewertung wurde in der Arbeit von Gregorius & von Werder (zur Veröffentlichung eingereicht) dargestellt. Teile der Ergebnisse wurden im Rahmen einer EU-Konferenz (1999) in Göttingen vorgestellt und waren Teil eines Vortrages auf der IUFRO-Tagung 9/1999 in München. Die Umsetzung dieser Methode wird zukünftig besonders von dem Einsatz dieses Verfahrens bei der beteiligten Baumschule und von dem Bekanntheitsgrad unter den Vermehrungsgut-Käufern abhängen. Aus diesem Grunde sind zukünftig Veröffentlichungen mit praxisnaher Anwendung in dem forstnahen Bereich ratsam. Durch die konzeptionelle Fundierung dieser Methode (Gregorius & von Werder, zur Veröffentlichung eingereicht) bietet sie langfristig Anwendungsmöglichkeiten, welche weit über die Vermehrungsgutproduktion hinausgehen.


Fazit

Dieses Projekt baute durch die notwendige Analyse des gesamten Produktionsablaufes bei der Produktion von Vermehrungsgut auf einem sehr großen Anteil an Laborarbeiten auf. Mehr als 8000 Proben wurden zur Analyse des Produktionsprozesses in Zusammenarbeit mit dem Beerntungsunternehmen, der Fa. Conrad Appel GmbH und den Darmstädter Forstbaumschulen hergestellt und untersucht. Die Koordination durch die Bundesforschungsanstalt in Großhansdorf und die Zusammenarbeit mit diesen Unternehmen war sehr konstruktiv und hat insbesondere eine praxisnahe Analyse des Produktionsprozesses gewährleistet. Die mit diesem Projekt entstandenen Daten und Ergebnisse besitzen daher für den beteiligten Vermehrungsgutproduzenten einen hohen Authentizitätswert und gewährleisten eine rasche Umsetzung dieser Methode in den Produktionsprozess dieses und auch anderer Unternehmen.

Übersicht

Fördersumme

98.993,27 €

Förderzeitraum

15.05.1996 - 13.12.2001

Bundesland

Bundesrepublik Deutschland

Schlagwörter

Bundesrepublik Deutschland
Klimaschutz
Landnutzung
Naturschutz
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik