Projekt 08289/01

Modellhafter Einsatz von Lehm zur Wärmedämmung im Fachwerkbau und Optimierung des energetischen Konzepts bezogen auf die Raumnutzung im Alten Rentamt Worbis/Thüringen

Projektträger

Stadt Leinefelde-Worbis (ehemals Stadt Worbis)
Triftstr. 2 - 4
37327 Leinefelde
Telefon: 03605/2000

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Bestandteilen unserer Kultur. Eine Nutzung bei heute üblichen Wohnansprüchen und unter dem Aspekt des effizienten Heizenergieeinsatzes erfordert individuelle Lösungen, die gleichermaßen den Prämissen des Klima- und Ressourcenschutzes wie auch der Denkmal- und Landschaftspflege verpflichtet sind.
Erfahrungen aus den letzten Jahren haben gezeigt, dass prinzipiell auch in historischen Fachwerkgebäuden ehrgeizige Ziele zur Heizenergieeinsparung zu realisieren sind. Die dabei vom Neubau übertragenen komplizierten Schichtenaufbauten erfordern jedoch aufwendige Techniken und viel Detailarbeit. Eine Vorfertigung und Elementierung ist nur bedingt möglich. Die Vielzahl von Durchdringungen und Anschlüssen im historischen Fachwerkhaus erschweren die handwerkliche Umsetzung und erhöhen langfristig die Gefahr von Bauschäden. In Kenntnis dieser Zusammenhänge soll am Beispiel des Rathauses der Stadt Leinefelde-Worbis eine modellhafte Optimierung des energetischen Gesamtkonzeptes demonstriert werden. Dazu war es notwendig, einen Kompromiss aus den Anforderungen der Nutzungsfunktionalität, des sparsamen Energieeinsatzes sowie des Erhalts der Denkmalsubstanz zu finden. Ein Schwerpunkt der Arbeit lag auf der Entwicklung und Ausführung einer Dämmschale aus mineralischem Leichtlehm mit integrierter Wandheizung, die auf der Innenseite des Fachwerks liegt. Es soll der Nachweis erbracht wer-den, dass die verfügbaren Rohstoffe aus regionalen Quellen auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten für den zeitgemäßen Lehmbau anwendbar sind.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten Methoden- Einsatz von Lehm als bauwerksverträglichen und wärmedämmenden Baustoff
- Entwicklung, Realisierung und Prüfung eines bedarfsangepassten Energiekonzeptes
- Integration der denkmalpflegerischen Belange in jedem Planungsschritt
- interdisziplinäre Zusammenarbeit von Handwerkern und Fachplanern
- Informations- und Schulungsveranstaltungen zur Qualitätssicherung auf der Baustelle
- Messtechnische Prüfungen zu Bewertung des Projekterfolges
- Ergebnisverbreitung durch Fachseminare und Informationsmedien (z. B. Arbeitsblätter)


Ergebnisse und Diskussion

Gebrauchstauglichkeit
Es gelang, den verwaltungstechnischen Anforderungen des Bauherren an das Raumprogramm und den Innenausbau zu entsprechen, bei weitgehender Wahrung der traditionellen Gebäudekonstruktion. Die fachwerktypische und historisch belegte Raumstruktur des Baudenkmals konnte erhalten werden. Den wärmetechnischen Anforderungen einer modernen Nutzung wurde durch einen an die Substanz angepassten, gleichmäßigen Wärmeschutz entsprochen. Die moderate Dämmstärke und der kompakte Schichtenaufbau mindern die Gefahr von Wärmebrücken und Ausführungsfehlern. Beeinträchtigungen des Feuchteverhaltens der Wand sind, im Gegensatz zu Innendämmungen mit Plattenbaustoffen, nicht zu erwarten. Die Konstruktion ist jederzeit zugänglich und reparaturfähig.
Nutzerzufriedenheit
Das Gebäude wird von den Nutzern angenommen. Während einer Befragung von Mitarbeitern der Stadtverwaltung zeigte sich, dass die bautechnischen Modellösungen, also die Lehmschale mit der Wandheizung und die raumweise Abluftführung von der Mehrheit deutlich positiv aufgenommen werden. Die Strahlungswärme der Wandheizung wird als angenehm empfunden, die individuell gewünschten Raumtemperaturen werden problemlos erreicht.
Dauerhaftigkeit
Vier Jahre nach Beginn der Bauarbeiten und Einbau der Leichtlehmdämmung zeigt das Gebäude ein un-problematisches Feuchteverhalten. Die anfangs, aufgrund der Baufeuchte, hohen Holzfeuchtewerte sind durchgehend auf ein Niveau deutlich unter 20 Masseprozent getrocknet. Während der winterlichen Heiz-periode war keine Auffeuchtung durch Kondensation nachweisbar. Die Wandheizung hat einen positiven Einfluss auf das Feuchteverhalten. Mittlerweile sind die Heizungs- bzw. Lüftungsanlagen auf das Bedienverhalten der Nutzer abgestimmt und einreguliert. Die messtechnischen Untersuchungen bestätigen insgesamt die Qualität und Stabilität der ausgeführten Lösungen. Der Heizenergiebedarf sollte nach der Sa-nierung weniger als 100 kWh/(m²a) betragen. Dieser Zielwert wird in der Heizperiode 2004/2005 erstmalig erreicht.
Praktikabilität Lehmbau
Das Projekt zeigt, dass zeitgemäße Lehmbautechniken durchaus in konventioneller Weise auszuführen sind. Die bei den Handwerkern oft vorherrschende Unsicherheit im Umgang mit dem Baustoff Lehm konnte im Projekt durch konkrete Vorgaben für Konstruktion, Lehmaufbereitung und -verarbeitung von vornherein ausgeräumt werden. Die ausführenden Handwerker - Maurer und Bauwerker - wurden am Objekt in zwei bis dreistündigen Kurzseminaren zunächst mit dem Baustoff Lehm, den Lehmbautechniken und Abschnittsweise mit den Arbeitsschritten vertraut gemacht. Mehr Aufwand war im Vorfeld notwendig, um die mit Planung und Ausschreibung am Projekt Beteiligten von der Machbarkeit des Vorhabens zu überzeugen. Die einfache Handhabung des eingesetzten Rohlehms (Ziegellehm), der ohne weitere Vorbereitung und Bearbeitung für die Mörtelmischungen eingesetzt werden konnte, hat ebenso zum Erfolg beigetragen, wie die unkomplizierte Mischtechnik, mit der alle ausgeführten Lehmmischungen (Mineralleichtlehm, Lehmdämmputz, Lehmputz) hergestellt werden konnten.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Zur Weitergabe der Ergebnisse des Projektes sowohl an Fachleute wie auch an interessierte Bauherren wurden verschiedene Seminare vorbereitet und erfolgreich realisiert. Auf Grundlage der Fachberichte sind im Projekt fünf jeweils sechsseitige Arbeitsblätter entstanden.


Fazit

Im Sinne einer schadens- und nutzungstoleranten Lösung, wie sie für ein öffentliches Gebäude erforderlich ist, sind sowohl die Einheit von Lehmschale und Wandheizung als auch die kombinierte Fugen-Grundlüftung mit manueller bzw. mechanischer Bedarfslüftung eine angemessene Entscheidung. Eine abschließende Aussage zur Dauerhaftigkeit der gewählten Lösungen ist erst nach einem Zeitraum von 5 bis 10 Jahren der Bewährung unter Nutzungsbedingungen möglich. In einem Gutachten für die Ökologische Bewertung wird konstatiert: …das Vorhaben hat wertvolle Erkenntnisse für die Restaurierung historischer Bausubstanzen unter ökologischen Aspekten geliefert. Insgesamt war sowohl für den Bauherrn als auch für die Unternehmer der betrachteten Gewerke ein auskömmliches Wirtschaften möglich. Da auch die Gebrauchstauglichkeit und die technische Funktionalität insgesamt gegeben sind, kann generell von einer Lösung mit Modellcharakter gesprochen werden. Eine Übertragbarkeit der Vorgehensweise setzt voraus, dass in künftigen Bauvorhaben der konzeptionelle Vorlauf und die baubegleitende Beratung deutlich reduziert werden, um ohne anteilige Fördergelder wirtschaftlich zu sanieren.

Übersicht

Fördersumme

305.726,98 €

Förderzeitraum

25.05.2000 - 31.05.2003

Bundesland

Thüringen

Schlagwörter

Klimaschutz
Kulturgüter
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik