Projekt 07355/01

Modellhafte Beseitigung von Umweltschäden am Backstein des Werbener Elbtors in Zusammenarbeit mit der BMBF-Pilotforschung

Projektträger

Stadt Werben
Karl-Marx-Platz 1
39615 Werben
Telefon: 039394/339

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Das Elbtor Werben wurde um 1460 aus mittelalterlichem Backstein errichtet. Es besteht aus einem zweigeschossigen Turm mit Wehrgang und einer Tordurchfahrt. Sowohl Ziegelzerfall an Einzelziegeln, Mörtelverluste, Salzausblühungen und Krusten als auch Risse im Mauerwerk führten neben dem ästhetischen Verfall zunehmend zu Gefahren für den Durchgangsverkehr und zu Nutzungseinschränkungen. Im Rahmen des BMBF-Forschungsprogramms wurden die Ursachen des Ziegelzerfalls geklärt. Ziel des DBU-Vorhabens war die Sanierung des Mauerwerks nach Erkenntnissen der BMBF-Forschungsergebnisse. Dies schloß die Beseitigung der Schadensursachen ein, um einen langfristigen Erhalt des Denkmalbestandes zu sichern. Die Stadt Werben kombinierte das Vorhaben ihrerseits mit der Beseitigung der statisch bedingten Schadensursachen.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenArbeitsschritte:
1. Bau- und Reparaturgeschichte, Baufehlerregistrierung, Schadensbeobachtung im Witterungsverlauf, Schadenskartierung auf Meßbildunterlagen, naturwissenschaftliche Voruntersuchungen (im Rahmen der BMBF-Forschung)
2. baustatisches und Baugrundgutachten (Stadt Werben)
3. baustatische Sanierung mittels Ringanker in der Tordurchfahrt, Verfüllung von innenliegenden Hohlräumen, Nadelung des Zinnenkranzes am Wehrgang, Beseitigung des (statisch unsinnigen) stählernen Außenringes am Turm (Förderung des Landes Sachsen-Anhalt)
4. Sanierung des Außenmauerwerks einschließlich der Schadensursachenbeseitigung (DBU-Projekt)
Methoden:
Im Ergebnis der Voruntersuchungen wurde der Ziegelaustausch an Einzelziegeln festgelegt, die Austauschziegel und Mönch/Nonneziegel (für die Zinnenabdeckung) wurden entsprechend der vorgegebenen Parameter der Ursprungsziegel gesondert hergestellt, die Verfugung erfolgte mit einem dem Ur-sprungsmörtel angepaßtem Kalk-Zement-Mörtel, die Zinnen wurden fachgerecht eingedeckt, die Entwässerung wurde mittels Gefälleveränderung und Verrohrung so verlegt, daß das Mauerwerk feuchtegeschützt bleibt.


Ergebnisse und Diskussion

Bei den im Rahmen der BMBF-Forschung durchgeführten Voruntersuchungen handelte es sich überwiegend um die unbedingt erforderlichen Untersuchungen, die für eine denkmalgerechte Sanierungsplanung erforderlich sind:
1. Archivstudien zur Bau- und Reparaturgeschichte
2. Prüfung des Mauerwerkaufbaus und seiner Feuchtebelastung
3. Prüfung der Salz- und mikrobiologischen Belastung
4. Untersuchung der keramtechnischen Eigenschaften der Ziegel und der chemisch-mineralogischen Eigenschaften der historischen Mörtel
5. Mit einer Schadenskartierung konnte nachgewiesen werden, daß wetterexpositionsunabhängig die Rückwitterung den größten Ziegelschaden darstellt. Die ebenfalls schadensrelevaten Salzausblühungen, Krusten und Abschalungen waren abhängig von der Feuchtebelastung aus Baufehlern.

Es zeigten sich drei Hauptursachen für die Ziegelrückwitterung, die eine komplexe Wechselwirkung haben:
· Schäden durch Salz- und mikrobiologische Belastung aus reaktiven Bestandteilen der Luftverschmutzung, neben Sulfaten besonders Nitrate aus landwirtschaftlicher Umgebung (Umweltschaden)
· der Einsatz nicht vollständig ausgebrannter (Ursprungs-)Ziegel im Vormauerbereich (keine Umweltresistenz)
· Dauerhafte Befeuchtung größerer Mauerwerksabschnitte durch jeweils fehlerhafte Niederschlagsentwässerung und Zinnenabdeckung (Baufehler)

Mit der Beseitigung der Baufehler und der geschädigten Ziegel (die ihrerseits wieder zur Salzbildung beitragen) sowie einer Neuverfugung konnten die Angriffsmöglichkeiten für reaktive Bestandteile aus der Luft so erheblich reduziert werden, daß ein langfristiger Bestand der originalen Denkmalsubstanz gesichert ist. Die in Betracht gezogene Anwendung von Ziegelantragsmassen wurde aus material-technischen und technologischen Gründen abgelehnt. Eine ebenfalls in Betracht gezogene Anwendung von Steinfestigungsmitteln wurde auf Grund entsprechender Erfahrungswerte aus der Forschung als unangemessen verworfen.
Die aus auelehmäquivalentem Ton gefertigten Handformziegel aus der Ziegelei Glindow wurden nach Farbmuster und vorgegebenen Parametern den Parametern: Rohdichte: 1,80 - 1,85 g/cm³, Wasseraufnahme: 14 - 16%, Druckfestigkeit: 15 - 22 N/mm² hergestellt. Der Austausch der Mönch-Nonnen-Deckung auf den Zinnen erfolgte mit Handformdachsteinen aus auelehmäquivalentem Ton nach Farbmuster und den Parametern: Rohdichte: 1,75 - 1,85 g/cm³, Wasseraufnahme: 16 - 18%, Biegefestigkeit: 3,5 - 4,0 N/mm², Durchtropfverhalten nach DIN 452: kein Tropfenabfall nach 3 Stunden. Beide Materialien erwiesen sich als gelungenes Beispiel in der Denkmalsanierung.
Als Fugenmörtel und Putzmörtel wurde mit Mörtel der Zusammensetzung: Weißkalkhydrat und C3A-freier Zement 2:1 und örtlich anstehendem gewaschenem Sand im B-Z-Verhältnis 1: 4 empfohlen und verwendet. Die Verwendung von C3A-freiem Zement ist der Salzbelastung angepaßt.
Auf allen Plattformen und dem Wehrgang wurde ein abgesandeter PUR-Fußboden auf Gefälleestrich mit Gefälle zu je einem Fallrohr auf den (verdeckten) Süd- und Nordseiten des Bauwerks verlegt.
Die statische Sicherung der Tordurchfahrt erfolgte mit Dywidag-Ankern, die Zinnen wurden im Abstand von 1,66 m mit Edelstahlankern von 1,60 m Länge vernadelt. Die aufgefundenen Hohlräume über dem Gewölbe der Tordurchfahrt wurden mit Traßzement verfüllt (nicht Bestandteil des DBU-Projekts).


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Die Ergebnisse des Vorhabens wurden im Kurzbericht der BMBF-Forschung zum Elbtor Werben mit dargestellt (Bezug über Deutsches Zentrum für Handwerk und Denkmalpflege, Propstei Johannesberg, Fulda e.V., 36041 Fulda [ZHD]). Die Ergebnisse und Erfahrungen des Vorhabens wurden und werden in der Architektenfortbildung des ZHD als Beispiel vorgetragen sowie bei vergleichbaren Restaurierungsprojekten angewandt.


Fazit

Die modellhafte Beseitigung von Umweltschäden am Backstein des Werbener Elbtors in Zusammenarbeit mit der BMBF-Pilotforschung zeugt von einem gelungenen Beispiel für die praktikable Anwendung von Forschungsergebnissen. Die positiven Erfahrungswerte dieses Projekts beziehen sich sowohl auf die praxisrelevante Optimierung von Untersuchungsleistungen am Objekt als auch auf die konstruktive Zusammenarbeit zwischen dem Architekten/Baufirma (Praxis), der Stadtverwaltung/ Bauamt/ Denkmalpflegeamt (Theorie) und dem Forschungsteam (Forschung). Der Wissentrasfer ist in dieser Zusammenarbeit gewachsen und wirkt beispielhaft und zukunftsweisend auf anstehende Sanierungsprojekte, vor allem in der Region.

Übersicht

Fördersumme

94.468,84 €

Förderzeitraum

12.05.1995 - 12.04.1999

Bundesland

Sachsen-Anhalt

Schlagwörter

Klimaschutz
Kulturgüter
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik