Projekt 05919/01

Förderschwerpunkt Bioabfallverwertung: Untersuchungen zum verbesserten biologischen Aufschluß lignocellulosehaltiger Substanzen in Siedlungsabfällen

Projektträger

Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule(RWTH) AachenInstitut für Siedlungswasserwirtschaft
Templergraben 55
52062 Aachen
Telefon: 0241/805158

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Inwieweit ist bei der Nassaufbereitung und der anschließenden Vergärung von Bioabfällen neben der Herstellung von Kompost auch die Produktion anderer vermarktbarer Wertstoffe möglich? Für die Wirtschaftlichkeit künftiger Bioabfallbehandlungskonzepte führt ein verbesserter Stoffumsatz sowohl zu einer höheren Biogasproduktion als auch zu einer Reduzierung der Reststoffmengen. In dem Projekt werden hierzu mehrere Möglichkeiten einer verbesserten Verfahrensführung (Stoffaufschluss, Vergärung) untersucht. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Erzeugung anderer konkurrenzfähiger Wertstoffe aus den entwässerten Gärrückständen. Ihr hoher Anteil an Restcellulose stellt nach der Hydrolyse ein wertvolles Grundsubstrat dar, welches zu Aceton oder Butanol fermentiert werden kann.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenIm Projektverlauf wurden an verschiedenen Abschnitten einer Biogasanlage Stoffströme entnommen. Die Untersuchungen der BTA befassen sich im Zuge der Optimierung der Biogasproduktion mit diversen Verfahrensmöglichkeiten (Thermobehandlung; zweistufige biologische anaerobe Hydrolyse; Einsatz lignocellulytischer Biomassen; Ozonbehandlung; H2O2-Behandlung). Das Institut für Siedlungswasserwirtschaft (ISA) der RWTH Aachen untersucht einen neuartigen Stoffaufschluss, in welchem die Stoffströme für mehrere Minuten (Steam Explosion) mit Sattdampf bei Drü-cken bis zu 20 bar behandelt werden. Die Prozessbedingungen (Druck, Verweilzeit, Temperatur), welche zu einer optimalen Zunahme der biochemischen Verfügbarkeit führen, werden bestimmt. Durch die gezielte Produktion und den Einsatz von Cellulasen, kann auch der Restcelluloseanteil aus dem sattdampfbehandelten Gärrückstand hydrolysiert werden. Die freigesetzten Zucker bieten nach ihrer Aufbereitung (Einsatz einer Ultrafiltration) das Ausgangssubstrat für eine Wertstofffermentation. Die Schaffung der mikrobiologischen Rahmenbedingungen und die Suche nach verfahrenstechnischen Lösungsansätzen (Enzymproduktion und -aufbereitung, Hydrolyse, Wertstofffermentation) stellen die wesentlichen Hauptforschungsgebiete in diesem Teilprojekt dar.


Ergebnisse und Diskussion

Die Verfahren, welche beim Projektpartner der BTA in München durchgeführt wurden, zeigten keine signifikante Auswirkung auf das gesamte Biogaspotential, jedoch in einzelnen Fällen eine Zunahme der biochemischen Umsatzgeschwindigkeit (thermische Behandlung der Rohpulpe zwischen 70-120°C, Ozonierung nach vorherigem Waschen der Gärrückstände). Der Einsatz von lignocellulytischen Enzymen, von Wasserstoffperoxid oder eine pH-Wert kontrollierte Steuerung einer zweistufigen Hydrolyse führte zu keiner Verbesserung des Stoffumsatzes und zu keiner Erhöhung des Biogaspotentials. Unter betriebswirtschaftlichen Aspekten kann ein Einsatz dieser Verfahren mit den beschriebenen Auswirkungen nicht gerechtfertigt werden.
Hinsichtlich der Untersuchungen am ISA der RWTH Aachen können abschließend für den Einsatz von Sattdampf für einen verbesserten Stoffaufschluss folgende Schlussfolgerungen gezogen werden.Die wesentlichen Effekte dieses Stoffaufschlusses können durch eine signifikante Steigerung der gelösten Anteile (CSB, DOC, flüchtige organische Säuren) erklärt werden. Die spezifische Freisetzung der Stoffanteile ist abhängig von der Intensität des Stoffaufschlusses (Druck, Temperatur, Verweilzeit), von der Feuchte des Einsatzmaterials und dessen Stoffeigenschaften. Der Aufschluss mit Sattdampf führt sowohl zu einer Zunahme der Umsatzgeschwindigkeit als auch, in Abhängigkeit der o. g. Einflussgrößen, zu einer Zunahme des spezifischen Biogaspotentials. Die Ergebnisse wurden sowohl in sog. Batch-Ansätzen zur Überprüfung der anaeroben Abbaubarkeit als auch in halbtechnischen Untersuchungen, welche über einen Versuchszeitraum von einem halben Jahr betrieben wurden, bestätigt. Die Sattdampfbehandlung der Abfälle wirkt sich auch auf nachfolgende Prozessschritte einer Vergärung aus. Die hieraus gewonnen Ergebnisse lassen sich für die sattdampfbehandelten Bioabfälle qualitativ zusammenfassen:
· Signifikante Erhöhung der spezifischen Biogasproduktion bei optimalen Prozessbedingungen für den Stoffaufschluss
· Bessere fluiddynamische Eigenschaften des sattdampfbehandelten Materials im Gesamtsystem
· Geringerer Anteil abfiltrierbarer Stoffe im Überstand nach einer Entwässerung der Gärschlämme
· Geringere Stickstoffbelastungen im Prozesswasser infolge einer besseren Stickstofffixierung im Feststoff.
Des weiteren konnte gezeigt werden, dass die infolge einer Sattdampfbehandlung freigesetzten Ligninbausteine einem anaeroben Stoffwechsel im Vergärungsreaktor zugänglich gemacht werden konnten.Für den Betrieb von Biogasanlagen bedeutet dies, dass in Abhängigkeit der verwendeten Einsatzstoffe eine Erhöhung der Wirtschaftlichkeit des Anlagenbetriebs realisierbar ist. Die modifizierte Verfahrensführung ermöglicht bei einem, auf die Gesamtanlage angewandten, optimalen Energie- und Wärmemanagement, eine weitere Reduzierung der Kosten, wobei sich zusätzlich der Stoffaufschluss günstig auf die Dimensionierung anderer Anlagenteile auswirkt. Investitions- und Betriebskosten für den Stoffaufschluss können hierdurch mehr als aufgefangen werden.
Die für die Hydrolyse der cellulosehaltigen Stoffe erforderlichen Enzyme können auf den sattdampfbehandelten Gärrückständen im Labormaßstab produziert werden. Mit Hilfe des Einsatzes einer Ultrafiltration ließen sich aus der Mischung - behandelter Gärrückstand und Enzym - mehr als die Hälfte (ca. 80g/kgTR) der noch vorhandenen Cellulose zu Zucker hydrolysieren und abtrennen, wobei das Enzym selbst für einen weiteren Hydrolysevorgang im System zurückgehalten werden konnte. Für den Betrieb der Ultrafiltration wurden optimale Betriebseinstellungen ermittelt.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

· Optimierung der Verwertung von biogenen Abfällen mittels Kombination von Vergärung und Kompostierung; Verwertung organischer Abfälle - Mode oder nachhaltige Lösung? 10. Aachener Kolloquium Abfallwirtschaft; Dezember 1997 (Vortrag und Paper)
· Verbesserte biologische Abbauleistung von lignocellulosehaltigen Bioabfällen in anaeroben Reaktoren durch vorherige Dampf-Druck-Behandlung; Aachener Umwelttage; Dezember 1997 (Poster)


Fazit

Die hohe Sensitivität eines optimalen Stoffaufschlusses auf die Betriebskosten einer Biogasanlage rechtfertigt die Forderung, die biochemische Verfügbarkeit des Einsatzmaterials durch geeignete Stoffaufschlussverfahren zu erhöhen. Die gezielte Behandlung lignocellulosehaltiger Abfälle mit Sattdampf stellt hierzu eine sinnvolle Möglichkeit dar.
Des weiteren konnte im Projekt gezeigt werden, dass auch eine gezielte Nutzbarmachung der Restcellulose in den Gärrückständen auf biotechnologischem Wege mit Einschränkung möglich ist. Zur Entwicklung eines wirtschaftlichen Gesamtprozesses ist hier noch weiterer Forschungsbedarf notwendig.

Übersicht

Fördersumme

548.699,02 €

Förderzeitraum

21.11.1994 - 12.09.2001

Bundesland

Nordrhein-Westfalen

Schlagwörter

Landnutzung
Ressourcenschonung
Umwelttechnik