Projekt 04822/01

Entwicklung eines Produktes zur umweltverträglichen Blattlausregulierung im ökologischen und integrierten Obstbau auf der Basis nachwachsender Rohstoffe

Projektträger

Universität HohenheimInstitut für Phytomedizin
Otto-Sander-Str. 5
70599 Stuttgart
Telefon: 0711/459-2400

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Entwicklung eines marktfähigen Produkts zur Regulierung von Blattläusen im Obstbau auf der Basis von Neem und biologischen Formulierungsstoffen. Ziel war es zum einen, die Wirkung dieses Präparates zu optimieren und ein Standardverfahren zur Rückstandanalytik von Neem-Inhaltsstoffen an Äpfeln zu entwickeln, zum anderen aber auch, Datenmaterial für die BBA-Zulassung (Wirkungsprüfung, Nebenwirkungen auf Nützlinge, Rückstandsanalytik) zu erarbeiten.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenBei der Wirkungsprüfung erfolgten Tests mit verschiedenen Formulierungen, Konzentrationen und Anwendungszeitpunkten in Labor- (Aphis fabae) und Freilandversuchen (Dysaphis plantaginea). Die endgültige Formulierung und die im Projekt erarbeiteten Anwendungsempfehlungen wurden in groß angelegten Praxisversuchen evaluiert. Aus der Evaluierung ergaben sich Fragestellungen zur Wirkungsweise, die in Labor- und Halbfreilandversuchen an Topfbäumen untersucht wurden.
Die Prüfung der Nebenwirkungen auf Nützlinge erfolgte in Labor- (Glasplattentests), Halbfreiland-, und Freilandversuchen (Raubmilben). Hierbei wurden zuerst Formulierungen an Chrysoperla carnea und Typhlodromus pyri verglichen, später lag der Schwerpunkt auf Versuchen zu Konzentrationen und Einzelfragen an verschiedenen Nutzarthropoden. Zahlreiche zulassungsrelevante Tests wurden unter GLP durchgeführt.
Aufbauend auf vorhandenen Analysevorschriften wurden bei Trifolio-M standardisierte Verfahren zur Qualitätskontrolle und Rückstandsanalytik entwickelt. Wegen der chemischen Struktur (hohes Molekulargewicht, keine Heteroatome, Ähnlichkeit mit anderen Pflanzeninhaltsstoffen, Unmöglichkeit der Herstellung von sinnvoll markierten radioaktiven Substanzen etc.) der wirksamen Bestandteile der Neem-Kerne wurden die Analyse-Verfahren praktisch auf die HPLC-Methoden beschränkt.


Ergebnisse und Diskussion

In den Formulierungstests erwies sich NeemAzal T/S aufgrund seiner Gesamteigenschaften (Wirkung, Lagerstabilität, Nebenwirkungen, Kosten usw.) als beste Formulierung. In den Versuchen wurde deutlich, daß die einzelnen Komponenten der Formulierung die Wirkung stark beeinflussen. Bei den Nutzarthropoden zeigten sich keine großen Unterschiede zwischen den Formulierungen. In der Evaluierung auf Praxisbetrieben war die Handhabung des Präparats zufriedenstellend. Bei der ersten Evaluierung trat in einigen Betrieben Spätbefall mit Mehliger Apfellaus auf und es entstanden Unsicherheiten bezüglich der optimalen Terminierung der Behandlung. Aus diesem Grund wurde ein starker Schwerpunkt auf die Untersuchung der Wirkungsweise des Präparats im Hinblick auf eine optimale Terminierung gelegt. Dabei zeigte sich deutlich, daß das Stadium der Fundatrices zum Zeitpunkt der Behandlung für den Erfolg eine wichtige Rolle spielt. Sind die Fundatrices zum Zeitpunkt der Applikation des Präparates noch nicht adult, sind Fertilität und Fekundität so stark verringert, daß es nicht mehr zu einem merkbaren Anstieg der Population kommt. Wichtig für die Terminierung ist weiterhin, daß sowohl langfristige Effekte der Behandlung auf junge Blattläuse als auch ein translaminarer und akropetaler Transport nachgewiesen werden konnten. Dies führt im allgemeinen zu einer Kontrolle der Population über den gesamten Entwicklungszeitraum der Mehligen Apfellaus.
Erste Versuche gegen den Fruchtschalenwickler zeigten, daß bei der gegen die Mehlige Apfellaus eingesetzten Konzentration keine völlig ausreichende Kontrolle erzielt werden kann. Höhere Konzentrationen sind aber betriebswirtschaftlich nicht sinnvoll, deshalb wurden diese Versuche nur im Rahmen der Evaluierung fortgesetzt.
Eine sehr gute Wirkung konnte dagegen beim Kleinen Frostspanner nachgewiesen werden. Da diese Behandlung termingleich mit der Blattlausspritzung ist, können hier Mehrfacheffekte genutzt und Kosten eingespart werden, was das Präparat wirtschaftlich interessanter erscheinen läßt.
Bei den Nützlingen zeigte sich unter den Extrembedingungen des Glasplattentests eine starke Wirkung des Präparats gegen Florfliegen- und Schwebfliegenlarven. Während dies für Florfliegenlarven bei realitätsnäherer Versuchsanstellung im Labor und im Halbfreiland nicht bestätigt werden konnte, wurde bei Schwebfliegenlarven auch dort eine hohe Empfindlichkeit beobachtet. In Freilandversuchen ergab sich keine Beeinträchtigung von Raubmilben durch NeemAzal T/S. Auch bei Marienkäferlarven aus Freilandversuchen konnten keine negativen Effekte von NeemAzal T/S festgestellt werden.
Untersuchungen zur Bienengefährlichkeit und zur Aquatox lieferten keine Anhaltspunkte auf eine Gefährdung durch NeemAzal T/S.
Die erarbeiteten Analysemethoden, die Gehaltsbestimmungen unter GLP ermöglichen, werden den höchsten gesetzlichen bzw. von kritischen Verbrauchern geforderten Bestimmungen gerecht. Selbst unter diesen Bedingungen können in Erntegütern bei Anwendung von NeemAzal T/S entsprechend den erarbeiteten Anwendungsbedingungen und selbst bei zehnfach höherer Anwendungskonzentration keine Rückstände im Bereich von 10 ppb nachgewiesen werden.
Auf der Basis dieser Untersuchungen kann NeemAzal T/S als umweltschonendes Präparat zur Schädlingsregulierung im Erwerbsobstbau empfohlen werden.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Die Ergebnisse zu NeemAzal T/S wurden an zahlreichen nationalen und internationalen Tagungen vorgestellt. Während der Projektlaufzeit wurden über 30 Veröffentlichungen erstellt, die sich vor allem an den Kreis der Anwender und Berater richteten. Außerdem wurden 1996 und 1997 zwei Neem-Infos herausgegeben, die in leicht verständlicher Form über praxisrelevante Ergebnisse aus dem Projekt informierten und auf sehr positive Resonanz stießen.


Fazit

Die in dem Projekt erarbeiteten Ergebnisse trugen zur Antragstellung für eine Zulassung als Pflanzenschutzmittel gegen die Mehlige Apfellaus für die Formulierung NeemAzal T/S von der Fa. Trifolio M GmbH bei der BBA bei. Die Zulassung wird für 1998 erwartet. Das Präparat zeigt bei nur sehr geringen Nebenwirkungen gegen Nutzarthropoden eine sehr gute Wirkung gegen die Mehlige Apfellaus und eine gute Wirkung gegen den Kleinen Frostspanner und wird durch diesen Mehrfacheffekt auch für den integrierten Erwerbsobstbau wirtschaftlich interessant. Eine gesplittete Anwendung wird angeregt, bedarf aber noch weiterer Überprüfung.

Übersicht

Fördersumme

356.480,37 €

Förderzeitraum

01.11.1994 - 28.10.1998

Bundesland

Baden-Württemberg

Schlagwörter

Klimaschutz
Landnutzung
Naturschutz
Ressourcenschonung
Umweltforschung