Projekt 04763/01

Kunststoffe aus nachwachsenden Rohstoffen: Vergleichende Ökobilanz für Loose-fill-Packmittel aus Stärke bzw. aus Polystyrol

Projektträger

bifa Umweltinstitut GmbH
Am Mittleren Moos 46
86167 Augsburg
Telefon: 0821/7000-157

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Der Ersatz fossiler Ressourcen durch nachwachsende Rohstoffe hat in einer nachhaltigen Wirtschaftsweise einen hohen Stellenwert. Kunststoffen aus nachwachsenden Rohstoffen wird dabei häufig eine wichtige Rolle zugewiesen: Als positive Umweltauswirkungen werden u. a. ihre weitgehende CO2-Neutralität, die Schonung begrenzter Ressourcen sowie die biologische Abbaubarkeit angeführt. Bisher war noch ungeklärt, ob diese scheinbaren Vorteile nicht mit verstärkten Belastungen in anderen Umweltbereichen einhergehen und unter welchen Bedingungen diese positiv beurteilten Eigenschaften tatsächlich wirksam werden.
Ziel des von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt geförderten Forschungsvorhabens war es, diese Fragestellungen an einem praxisrelevanten Beispiel - dem Einsatz von Loose-fill-Packmitteln aus expandiertem Polystyrol (EPS) bzw. aus Stärke - exemplarisch zu untersuchen. Unter Berücksichtigung des gesamten Lebensweges sollten dabei Schwachstellen und Optimierungspotentiale aufgezeigt sowie Grundlagen für die Beurteilung ähnlicher Fragestellungen geschaffen werden.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenMittels einer Ökobilanz nach DIN EN ISO 14040 ff. wurden verschiedene Lebenswege von Loose-fill-Packmitteln aus Expandiertem Polystyrol sowie aus Stärke bilanziert und hinsichtlich der damit verbundenen Umweltauswirkungen miteinander verglichen. Um die Qualität der Untersuchung sicherzustellen, haben unabhängige Experten eine externe Begutachtung (Critical review) vorgenommen. Zusätzlich wurden die interessierten Kreise über ein Fachgespräch vor Abschluss des Vorhabens informiert und eingebunden.
In den Szenarien zu den EPS-Loose-fill-Packmitteln wird dabei zwischen der Verwendung von Primär-Polystyrol und dem Einsatz von Sekundär-Polystyrol verschiedener Herkünfte unterschieden. In den Stärkebezogenen Szenarien findet eine Differenzierung zwischen mehreren Stärkearten, Anbauverfahren und Produktionsvarianten statt. Weiterhin werden die einmalige Nutzung sowie die mehrfache Verwendung mit unterschiedlichen Umlaufzahlen bilanziert. Bezüglich der Entsorgung berücksichtigt die Ökobilanz materialunabhängig den bundesdeutschen Entsorgungsmix für Restmüll, die Entsorgung in einer MVA, die energetische Verwertung in einer optimierten MVA sowie die Erfassung über das DSD mit anschließender rohstofflicher Verwertung. Materialspezifisch werden ferner die werkstoffliche Verwertung innerhalb und außerhalb des Produktsystems bzw. die Kompostierung und Vergärung einbezogen.


Ergebnisse und Diskussion

Unter Umweltgesichtspunkten ergeben sich keine verallgemeinerbare Aussagen für oder gegen die Verwendung von Stärke- oder EPS-Loose-fill-Packmittel. Entscheidend für das Abschneiden sind vor allem die spezifischen Konstellationen bei der Entsorgung, der Rohstoffbereitstellung und der Nutzung. Auch die im industriellen Bereich häufige Wiederverwendung wirkt sich sehr positiv auf die Ergebnisse aus.
Die Bereitstellung von Stärke verbraucht bei gleicher Menge erheblich weniger fossile Energieträger als die von Polystyrol. Die dreifach höhere Schüttdichte der Stärke-Loose-fill-Packmittel sowie der Zusatz eines aus fossilen Rohstoffen hergestellten Additivs relativieren diesen Vorteil wieder. Die Verwendung von Maisgrieß anstelle von Maisstärke wirkt sich kaum aus. Positiv im Bereich der Landwirtschaft ist es, wenn Pflanzen mit hohem Stärkeertrag verwendet werden, der Anbau extensiv erfolgt und zudem keine nachträgliche Trocknung der Erntegüter erforderlich ist. Entscheidend ist ferner, wie die Knappheit landwirtschaftlicher Nutzflächen und die ökotoxikologischen Auswirkungen eines Pflanzenschutzmittel-Einsatzes gewertet werden. Bei der Stärke-Produktion sind umweltbezogene Verbesserungen insbesondere über den Bereich der Abwasserbehandlung möglich. Bei der Entsorgung der Stärke-Packmittel schneidet der bundesdeutsche Beseitigungsmix aufgrund des hohen Deponierungsanteils knapp vor der Kompostierung am ungünstigsten ab. Das Treibhauspotential ist bei einer Entsorgung über den Beseitigungsmix aufgrund deponierungsbedingter Methanemissionen sowie bei der Kompostierung wegen fehlender energetischer Zusatznutzen insgesamt sogar höher als bei allen EPS-Szenarien. Sehr viel positiver erweist sich dagegen die energetische Verwertung der gebrauchten Stärke-Loose-fill-Packmittel. Dafür kommen sowohl eine Vergärung mit Biogasnutzung als auch eine Verbrennung mit hohem Wirkungsgrad in Frage. Nur unter dieser Voraussetzung schaffen es die Stärke-Szenarien, ähnlich positiv abzuschneiden wie die guten EPS-Szenarien. Ohne energetische Nutzung werden zudem die mit dem nachwachsenden Roh-stoff angestrebten Ziele der Treibhausneutralität und der weitgehenden Schonung fossiler Rohstoffe verfehlt.
Bei den EPS-Loose-fill-Packmitteln schneidet die Verwendung von Sekundär-Polystyrol stets besser ab als der Einsatz von Primär-Polystyrol. Die Unterschiede zwischen verschiedenen Sekundär-Polystyrolen sind dabei größer als zwischen dem ungünstigsten Sekundär- und Primär-Polystyrol. Entscheidend ist dabei der Wert, der für die im Produktsystem verwerteten Polystyrol-Abfällen angesetzt wird. Wesentlich geringeren Einfluss auf die Ergebnisse hat der Recyclingaufwand, wobei die Herstellung eines Mahlgutes gegenüber einer stromintensiven Regranulierung Vorteile aufweist. Besonders positiv wirkt es sich aus, wenn dazu Polystyrol-Abfälle genutzt werden, die andernfalls nicht verwertet würden. Nur in diesem Fall ist es möglich, über eine rohstoffliche oder energetische Verwertung in den Bereich zu kommen, der von den besten Stärke-Szenarien erreicht wird. Werden dagegen hochwertige Polystyrol-Abfälle für die Herstellung der EPS-Loose-fill-Packmittel eingesetzt, so erlaubt nur noch die werkstoffliche Verwertung ein ähnlich gutes Abschneiden wie die besten Stärke-Szenarien. Besonders auffallend sind bei allen EPS-Szenarien die vergleichsweise hohen spezifischen Beiträge beim Ozonbildungspotential, die auf die Freisetzung der Treibmittel Pentan und Butan zurückzuführen sind. Hier bietet sich über einen Wechsel des Treibmittels oder eine Abgasreinigung die Möglichkeit, die Umweltbilanz zu verbessern.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Während des Projektes wurden die interessierten Kreise über ein Fachgespräch und weitergehende Kontakte über die Projektbearbeitung informiert und so angeregt, sich mit der Thematik zu befassen. Neben Pressemitteilungen wurde bei mehreren Messeauftritten und Tagungen auf das Projekt und erste Erkenntnisse hingewiesen. Vorläufige Ergebnisse wurden im Rahmen einer FNR-Tagung veröffentlicht und fließen in eine in Kürze erscheinende internationale Veröffentlichung beim VCH/Wiley-Verlag ein. Die Hauptphase der Öffentlichkeitsarbeit beginnt jedoch erst mit dem Abschluss des Endberichtes. Neben Fachartikeln, Pressemitteilungen, Vorträgen und Präsentationen ist eine Veröffentlichung des Forschungsberichtes geplant; derzeit ist nur schwer einschätzen, inwieweit diese finanzierbar ist.


Fazit

Die interessanten und teilweise überraschenden Ergebnisse bestätigen im Nachhinein die Herangehensweise: Die mittels dieser exemplarische Ökobilanz gewonnenen Erkenntnisse geben über den konkreten Untersuchungsgegenstand hinaus wichtige Hinweise für eine nachhaltige stoffliche Nutzung nachwachsender Rohstoffe. Zudem lassen sich daraus wichtige Anregungen sowohl für die Entwicklung, die Nutzung als auch die Entsorgung von Kunststoffen gewinnen. Dies gilt insbesondere auch für biologisch abbaubare Werkstoffe, die derzeit noch unter anderen Vorzeichen diskutiert werden. Darüber hinaus würden wir uns sehr freuen, wenn die in diesem Forschungsvorhaben geleisteten Arbeiten dazu beitragen würden, ähnlich differenzierte und für eine nachhaltige Entwicklung wichtige Untersuchungen schneller und mit geringerem Aufwand durchzuführen.

Übersicht

Fördersumme

301.047,64 €

Förderzeitraum

01.06.1997 - 31.12.2000

Bundesland

Alte Bundesländer

Schlagwörter

Alte Bundesländer
Klimaschutz
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik