Projekt 04583/01

Experimentelle und rechnerische Ermittlung optimaler Einsatzbedingungen für doppelseitig nutzbare Solarzellenmodule und somit Steigerung ihrer Wirtschaftlichkeit

Projektträger

Institut für Solarenergieforschung (ISFH) GmbH Abteilung Solare Systeme
Am Ohrberg 1
31860 Emmerthal
Telefon: 05151/999-0

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Photovoltaische Elemente zur direkten Umwandlung von Sonnenlicht in elektrischen Strom können wesentlich zu einer umweltfreundlichen Energieversorgung beitragen, haben aber aufgrund der hohen Kosten noch nicht die dazu notwendige Verbreitung. Ziel des Projektes war es, die Möglichkeiten für den Einsatz von neuartigen beidseitig lichtausnutzenden (bifacialen) Solarzellen aufzuzeigen und deren verbesserte Wirtschaftlichkeit aufgrund gesteigerter Erträge nachzuweisen. Dazu wurden die Einsatzmöglichkeiten von bifacialen PV-Solarmodulen unter realistischen Aufständerungsbedingungen vor Gebäudefassaden und Dachflächen experimentell untersucht und ein Simulationsprogramm zur Berechnung der Einstrahlungsverhältnisse auf der Modulrückseite und der zu erwartenden Modulleistung erstellt.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenPhotovoltaische (PV)-Module eines Prototyps mit beidseitig lichtausnutzenden Solarzellen wurden auf einem neu errichteten variablen Außenmeßstand vor verschiedenen Fassaden- und Dachelementen aus hellem Baumaterial (Rauhputz, lackiertes Stahlblech, glasierte Ziegel) mit einem Kennlinienanalysator elektrisch vermessen. Um die optimalen Aufständerungsbedingungen zu ermitteln, wurden die PV-Module in unterschiedlicher Weise angeordnet, insbesondere wurde der Abstand der Module zum Hintergrund, der Abstand der Module zueinander und der Neigungswinkel der Module variiert. Gemessen wurde die Modulleistung (Strom, Spannung, Wirkungsgrad) und deren Steigerung in bezug auf einseitige Referenzmodule sowie die Modultemperatur, die Einstrahlungsleistung und andere notwendige Umgebungsdaten.
Zur rechnerischen Bestimmung der Strahlungsverhältnisse auf der Modulrückseite wurde ein Simulationsprogramm entwickelt und anhand der Meßdaten überprüft. Die Simulation erlaubt eine Abschätzung des zu erwartenden Leistungsmehrertrags für beliebige, technisch relevante Anordnungen.
Auf Basis der durch die Außenmessungen und Simulation gewonnenen Erkenntnisse wurden architektonisch und technisch einfach realisierbare Aufständerungsverfahren vorgeschlagen.


Ergebnisse und Diskussion

Für die experimentelle Vermessung von beidseitig lichtausnutzenden Solarzellen vor hellem Hintergrund wurde ein variabler Außenteststand und ein präzises Meßdatenerfassungssytem mit Kennlinienanalysator aufgebaut. Die Untersuchung der optischen Eigenschaften von handelsüblichen Baumaterialien (Rauhputz, Anstriche, lackierte Bleche, glasierte Ziegel) ergab, daß eine Vielzahl von Baustoffoberflächen das auftreffende Sonnenlicht um mehr als 80% diffus reflektieren und somit als Hintergrund für bifaciale Solarzellen sehr gut geeignet sind. Die Oberflächenstruktur oder Rauheit hat keinen Einfluß, ausschließlich der Reflexionswert ist entscheidend. Den geringsten Alterungseinfluß für Fassaden- und Dachanordnung zeigten lackierte Bleche (RAL 9016, RAL 9010) und glasierte Ziegel, helle Anstriche und Putze verlieren dagegen mit der Zeit ihr gutes Reflexionsvermögen und sollten deshalb gegebenenfalls nach einigen Jahren erneuert werden.
PV-Module mit beidseitig lichtausnutzenden Solarzellen (Verhältnis Rückseiten- zu Vorderseitenwirkungsgrad 0.72) wurden einzeln und in Gruppen vor hellen Fassaden- und Dachflächen (Reflektanz > 80%) installiert und elektrisch vermessen. Eine Temperaturerhöhung der Siliziumzellen und damit Leistungsverringerung gegenüber einseitigen Modulen wurde nicht festgestellt.
Die Anordnung eines bifacialen Einzelmoduls vor einer senkrechten Fassade (Wand) ergibt bei einer parallelen Ausrichtung des Moduls zur Fassade und einem Abstand von 50 cm den höchsten, gegen-über einem einseitigen Modul gemessenen, Mehrertrag (55%). Die für diese Aufständerungsart gemessenen mittleren Werte liegen je nach Abstand zwischen 25% und 45%. Für Module in Gruppenanordnung und einem Abstand zueinander von etwa der Modulbreite werden Mehrerträge von 25% - 38% erzielt. Diese Anordnung kann als ideal angesehen werden für Fassaden von Hallen, Parkhäusern und ähnlichen Gebäuden, bei denen die Module aus optischen oder architektonischen Gründen senkrecht stehen sollen. Bei geneigter Ausrichtung des Moduls zur Fassade werden Mehrerträge von ca. 30% für Einzelmodule und Mehrerträge von 25% - 28% für Modulgruppen nahezu unabhängig vom Abstand zur Fassade gemessen. Mit dieser Anordnung werden die höchsten Gesamterträge erzielt, da bei einem geneigten Modul auch die Vorderseite die maximale Leistung erbringt.
Für die Aufständerung von bifacialen PV-Modulen vor geneigten Dachflächen werden stark abstandsabhängige Mehrerträge festgestellt. Ein Einzelmodul mit ca. 30 cm Abstand zum Dach hat unabhängig vom Neigungswinkel einen mittleren Mehrertrag von 30% - 32%, ein ganzes Modulfeld einen Mehrertrag von 22% - 25%. Diese Anordnung eignet sich für alle geneigten Flächen, insbesondere für Industriehallen, Verschattungen und Überdachungen.
Mit Hilfe des neu erstellten Simulationsprogramms IOS (Irradiation On Surfaces) lassen sich die Einstrahlungsverhältnisse und die Homogenitätsverteilung auf der Modulrückseite berechnen, woraus sich wiederum der zu erwartende Mehrertrag eines bifacialen PV-Moduls bestimmen läßt. Für ausgewählte Anordnungen wurden diese Werte berechnet und mit den gemessenen Werten verglichen. Bei exakter Kenntnis der Parameter (Einstrahlungsleistung, Verhältnis Diffus- zu Direktstrahlung, Reflektanz, Geometrie) stimmen Messung und Simulation auf 3% - 5% genau überein. Für mehrere geplante PV-Anlagen wurde bereits eine Abschätzung durchgeführt und eine Empfehlung für die Aufständerung gegeben bzw. der zu erwartende Mehrertrag vorherbestimmt, zwei Projekte davon befinden sich in der Planungs- bzw. Realisierungsphase (ADAC, Hannover und Stadtwerke Rinteln).
Für architektonisch anspruchsvolle Lösungen stehen bereits heute verschiedenartige handelsübliche Halterungssysteme (z.B. mit Profileisen) zur Verfügung. Als Modulgröße haben sich schmale 2-reihige Module und großflächige Module mit Leerräumen zwischen den Zellreihen bewährt.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Die im Projekt gewonnen Ergebnisse wurden bei nationalen (11. Symposium Pholtovoltaische Solarenergie,1996, Staffelstein; Niedersächsisches Symposium zur Solarenergienutzung, 1996, Hameln) und internationalen (EuroSun 96, Freiburg) Tagungen mit Fachvorträgen vorgestellt und auf einer Fachmesse für Architekten und Bauschaffende (Constructec, 1996, Hannover) präsentiert.


Fazit

Die im Projekt erzielten Ergebnisse belegen, daß mit beidseitig lichtausnutzenden Solarzellen bei geschickter Wahl der Aufständerung z.B. vor hellen Fassaden und Dachflächen ein Mehrertrag von 30% - 50% gegenüber einseitigen PV-Modulen bei nur geringen Mehrkosten realisiert werden kann. Mit dem Simulationsprogramm IOS steht ein Verfahren zur Verfügung, den Mehrertrag von bifacialen PV-Anlagen nur aufgrund von Planungsunterlagen bestimmen und somit Aufständerungsart und Ertrag optimieren zu können. Bei einer künftigen Produktion der bifacialen Zelle sollte damit die Wirtschaftlichkeit der umweltfreundlichen photovoltaischen Stromgewinnung deutlich verbessert und deren Markteinführung weiter vorangebracht werden können.

Übersicht

Fördersumme

88.402,37 €

Förderzeitraum

22.06.1994 - 08.07.1998

Internet

www.isfh.de

Bundesland

Niedersachsen

Schlagwörter

Klimaschutz
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik