Projekt 04128/01

Abklärung und Systematisierung der Inhalte, Arbeitshilfen, methodischen Instrumentarien und Bewertungsmodelle der Umweltverträglichkeitsprüfung projektierter Anlagen der Massentierhaltung

Projektträger

Martin-Luther-Universität Halle-WittenbergDezernat V, Abt. 3 (Forschungsangelegenheiten)
Universitätsplatz 10
06108 Halle
Telefon: /832505

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Ziel und wissenschaftliche Aufgabenstellung des Forschungsprojekts bestehen in der Abklärung und Systematisierung der Inhalte, Arbeitshilfen, methodischen Instrumentarien und Bewertungsmodelle der Umweltverträglichkeitsprüfung projektierter Anlagen der Massentierhaltung sowie wesentlicher Änderungen bereits bestehender Anlagen, und zwar auf der Grundlage einer Bestandsaufnahme und Analyse des umfangreichen Fundstellenmaterials zu Beeinträchtigungen und Belastungen der Umwelt, die von real existierenden Anlagen ausgehen können.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenHinsichtlich der anlagenspezifischen UVP-Besonderheiten von Anlagen der Massentierhaltung gilt, daß sich die gesetzlich vorgeschriebene Projekt-UVP nicht auf physisch existente Anlagen, sondern auf geplante Anlagenprojekte richtet. Voraussichtliche Umwelteinwirkungen des betreffenden Vorhabens sind also prinzipiell nicht durch direkte meßtechnische Untersuchungen erfaßbar, sondern nur durch Analogieschlüsse und vermittels gedanklicher Antizipation zukünftig zu erwartender Wirkungen, und zwar in einer Weise
· die erstens von einem medienübergreifenden, d.h. ganzheitlich-interdisziplinären (holistischen) Ansatz ausgeht,
· die zweitens den Stand der Technik berücksichtigt,
· die drittens die Umweltverträglichkeitsprüfung nicht auf eine Gesetzesverträglichkeitsprüfung reduziert, sondern die Beschreibung von Wirkungsketten (von den Emissionen umweltbelastender Stoffe über deren Transmission bis hin zur Immission im Aufnahmemedium) und von Dosis-Wirkungsbeziehungen und deren umweltrelevanten Beinflussungsmöglichkeiten durch strukturelle und BAT-Maßnahmen in den Mittelpunkt der Analyse rückt und
· die viertens in die Ermittlung, Beschreibung und Bewertung umweltbelastender Stoffausträge großer Tierhaltungsanlagen (und/oder eines örtlich bzw. territorial überhöhten Viehbesatzes) nicht nur Gerüche und andere Schadgasemissionen, sondern auch jene anthropogen bedingten Austräge einbezieht, die in Form flüssiger und fester Abgänge in den Boden und die Gewässer gelangen.


Ergebnisse und Diskussion

Die Ergebnisse des Forschungsprojekts sind ausführlich in drei Teilabschlußberichten dokumentiert. Ausschnittsweise seien aus den Berichten II und III jene Aspekte des Forschungsprojekts herausgestellt, die die mit Nutztierhaltung einhergehenden Stoffflußanalysen und Kreislaufbilanzen der Nährstoffe Stickstoff und Phosphor zum Gegenstand haben, wobei das Schwergewicht auf der Frage liegt, welcher Stellenwert der Nutztierhaltung innerhalb der nationalen Stickstoff- und Phosphorbilanz des Bereichs Landwirtschaft zukommt und auf welche Weise sich Nährstoffbilanzen und Stoffflußanalysen für die Umweltverträglichkeitsprüfung von Tierhaltungsanlagen (sowie der Nutztierhaltung insgesamt) nutzbar machen lassen. Ihren Impetus empfängt die Analyse hierbei aus einem kreislauforientierten Umweltqualitätsziel, dessen Philosophie sich wie folgt skizzieren läßt:
Je effizienter die Nährstoffe Phosphor und Stickstoff von Tier und Pflanze verwertet werden (und je verlustärmer der von den Tieren unverwertet ausgeschiedene Anteil dieser Nährstoffe als organischer Dünger in den landwirtschaftlichen Nährstoffkreislauf zurückkehrt), umso weniger belasten P und N die Umwelt. Mithin steht c.p. das Maß der Umweltverträglichkeit UVP-pflichtiger Tierhaltungsanlagen (und der Nutztierhaltung generell) im umgekehrten Verhältnis zu den Nährstoffüberschüssen, die - als Verluste den Kreislauf verlassend - auf dem Luft- und/oder Wasserpfad in die Umwelt ausgetragen werden.
Um dies zu quantifizieren, wird unter der Annahme, daß die gesamte landwirtschaftlich genutzte Fläche der Bundesrepublik Deutschland quasi von einem einzigen Betrieb bewirtschaftet werde, aus der Bruttobodenproduktion, der tierischen Bruttoeigenerzeugung, dem Futteraufkommen und weiteren Primärdaten zunächst (im Sinne einer gesamtbetrieblichen Bilanz) die aktuelle N- und P-Bilanz des Bereichs Landwirtschaft erarbeitet und durch Einbeziehung des Innenumsatzes alsdann in komplementäre Teilbilanzen für die Bereiche Nutztierhaltung (Stallbilanz) und Pflanzenproduktion (Flächenbilanz) untergliedert.
Die Analyse der Bilanzen bestätigt, daß im bundesweiten Durchschnitt von den Nutztieren nur rd. 20 % der aufgenommenen Nährstoffe retiniert werden. Alles übrige findet sich in den tierischen Ausscheidungen wieder und kann bei P nahezu vollständig, bei N zu etwa zwei Dritteln zurückgeführt werden. Diese Nährstoffrückführung stellt trotz des auf 0.85 GV/ha LF zurückgegangenen Viehbesatzes mit etwa 66 kg N/ha LF×a und nahezu 17 kg P/ha LF×a einen beachtlichen Beitrag zur Nährstoffversorgung des Pflanzenbaues dar.
Andererseits erweist sich die Nutztierhaltung auch als Mitverursacher umweltbelastender Nährstoffüberschüsse, vor allem auf Standorten mit regional überhöhtem Viehbesatz und in Massentierhaltungsanlagen ohne ausreichende Flächenausstattung


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Neben den in Kleinauflagen von jeweils 150- 200 Stck. herausgebrachten o.a. Teilabschlußberichten wurden die erzeilten Ergebnisse in vier Veröffentlichungen publiziert, so im Kühn-Archiv, der Zeitschrift für angewandte Umweltforschung und dem Archiv für Acker- und Pflanzenmbau u. Bodenkunde. Ferner wurden die Ergebnisse auf verschiedenen Posterausstellungen präsentiert. Hinzu kommen zwei 1997 vorgesehene Vorträge auf dem 106. VDLUFA-Kongreß in Leipzig und auf der 48. Jahrestagung der Europäischen Vereinigung für Tierproduktion.


Fazit

Umweltbelastende Stoffausträge sind der Landwirtschaft nicht schlechthin wesenseigen, sondern erweisen sich als Begleiterscheinung ungebremster Intensivierung sowie fortschreitender Spezialisierung und Konzentration der Produktion. Dabei gilt, daß großgliedrige Strukturen und Umweltschutz sich im Agrarsektor ebenso wenig a priori ausschließen, wie sie dies in den übrigen Bereichen von Wirtschaft und Verkehr tun.
Beim Nährstoff Phosphor tritt eine örtliche Überversorgung dann auf, wenn die Menge des jährlich aus der Stall- in die Flächenbilanz zurückzuführenden P unter Berücksichtigung der Nährstoffversorgungsstufe den jährlichen P-Entzug über längere Zeit hinweg übersteigt. Ähnliche Beziehungen sind bei Stickstoff zu beobachten, wobei bei N neben der Nitratbelastung auch gasförmige Emissionsverluste eine erhebliche Rolle spielen können. Mit anderen Worten: Das mögliche Umweltbelastungspotential überfrachteter Stallbilanzen betrifft viehstarke Gebiete und Betriebe mit hoher bis sehr hoher P-Versorgung und N-Nachlieferung der Böden, unzureichender Flächen-ausstattung und überhöhtem Mineraldüngereinsatz, während viehschwache Betriebe und Gebiete mit weniger als 0.8 bis 1.0 GV/ha LF und unterdurchschnittlicher Nährstoffversorgung hiervon nicht tangiert werden.
Abschließend ist festzustellen, daß unter den gegenwärtigen Bedingungen der Umfang der Nutztierhaltung auf P-Basis weit früher an die Grenzen ökologischer Unbedenklichkeit stößt als auf N-Basis; denn gegenüber den N-Bilanzüberschüssen erweisen sich die P-Bilanzüberschüsse in der Mehrzahl der Fälle als die erstlimitierenden.

Übersicht

Fördersumme

13.293,59 €

Förderzeitraum

01.01.1994 - 31.12.1996

Bundesland

Sachsen-Anhalt

Schlagwörter

Landnutzung