Projekt 03968/01

Sauerstoffanreicherung in Wasserkraftanlagen

Projektträger

Universität KasselFachgebiet Wasserbau und Wasserwirtschaft
Kurt-Wolters-Str. 3
34125 Kassel
Telefon: 0561/804-2749

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Der Sauerstoffgehalt eines Gewässers ist ein zentraler ökologischer Faktor, der für die Lebensfähigkeit des aquatischen Systems entscheidend ist. Tal- und Flusssperren verändern die gesamten ökologischen Bedingungen eines Gewässers. Gegenstand des Forschungsvorhabens ist es, die Folgen des Eingriffs mit Hilfe der Turbinenbelüftung als technische Umweltschutzmaßnahme an vorhandenen Staus zu minimieren und allgemeine Regeln für den Einsatz der Turbinenbelüftung zur Verbesserung des Sauerstoffgehalts im Unterwasser als Planungs- und Betriebshilfe aus den Versuchen abzuleiten.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenZur Untersuchung des Sauerstoffeintragvermögens der verschiedenen Anlagen und Turbinentypen werden in situ Messungen an Tal- und Flusssperren durchgeführt. Die Messperioden müssen dabei immer im Zeitraum der Sauerstoffuntersättigungen liegen. Bei Talsperren ist das während der Sommerstagnation und bei Flüssen in den Zeiten besonderer organischer Belastung, z.B. Stoßbelastung nach einem Gewitterregen, der Fall.
Zur Bestimmung des Eintragvermögens wird zum einen bei geschlossener Belüftungseinrichtung an mehreren den topographischen Bedingungen angepassten Punkten (Gitternetz) im Unter- und Oberwasser der Stauanlage ein Referenzzustand gemessen. Im direkten Anschluss daran wird unter sonst gleichen äußeren Bedingungen eine Messreihe mit teilweise oder voll geöffneter Belüftungseinrichtung durchgeführt. Aus dem Vergleich der beiden Messungen lassen sich der Sauerstoffeintrag be-rechnen und Rückschlüsse auf die Ausbreitung der angereicherten Wasserfahne im Unterwasser ziehen. Nach diesem Muster werden die Messungen für verschiedene Durchflüsse im Betriebsbereich der Wasserkraftanlagen durchgeführt.
In einem weiteren Schritt werden aus den gewonnenen Messdaten Berechnungshinweise entwickelt, die es den Planern und Betreibern von Wasserkraftanlagen ermöglichen sollen, den Betrieb in bezug auf Stromerzeugung und Sauerstoffanreicherung auf eine wissenschaftlich fundierte Basis zu stellen.


Ergebnisse und Diskussion

Folgende Punkte wurden untersucht:
· Zu welchen Jahreszeiten ist eine Belüftung erforderlich?
· Welche Eintragsleistungen können mit den vorhandenen Belüftungseinrichtungen erreicht werden?
· Welcher Energieverlust wird dadurch verursacht?
· Wie weit lässt sich die mit Sauerstoff angereicherte Wasserfahne im Unterwasser nachweisen?
· Sind andere Verfahren, insbesondere der Wehrüberfall oder die Belüftung durch Grundablässe, wirtschaftlicher zu betreiben?· Treten Probleme mit dem Turbinenbetrieb bezüglich Kavitation oder Laufverhalten auf?
· Können allgemeine Regeln zum Einsatz der Turbinenbelüftung entwickelt werden?
Die Untersuchungen erfolgten zum einen an der Wasserkraftanlage der Twistetalsperre, die über eine Turbinenbelüftung nach Wagner-Voith verfügt, zum anderen an der Wasserkraftanlage Hemfurth I der Edertalsperre, die mit einem Belüftungssystem zur Stabilisierung der Druckschwankungen im Saugrohr und der Reduzierung der Kavitation an den Laufradschaufeln ausgerüstet ist. Außerdem wurden um-fangreiche Messungen in der Fulda durchgeführt, um die punktuell vorhandenen Daten der Gewässergütemessstation bei km 93,4 durch Messwerte in einem größeren Bereich bei verschiedenen Zuständen zu erweitern. Die vorgefundene Sauerstoffsituation, die immer oberhalb von 75 % Sättigung lag, ließ Messungen zum Sauerstoffeintrag an der Wasserkraftanlage Wahnhausen nicht zu.
Als Ergebnis der Untersuchungen lässt sich festhalten:
· Im Unterwasser von eutrophen, planktonreichen Talsperren, denen das Turbinentriebwasser unterhalb der Sprungschicht entnommen wird, besteht während der Sommerstagnation ein permanenter Belüftungsbedarf.
· In staugeregelten Flussabschnitten treten kritische Sauerstoffdefizite nur selten oder gar nicht mehr auf. Problematisch sind dagegen die durch Photosyntheseleistung hervorgerufenen hohen Sauerstoffübersättigungen und die Schwankungen der Tagesganglinie.
· Die Turbinenbelüftung ist unter entsprechenden Randbedingungen wirtschaftlich einsetzbar.
· Der erzielbare Sauerstoffeintrag der untersuchten Anlagen ist nicht in allen Fällen ausreichend, so dass zusätzliche Maßnahmen erforderlich sind.
· Der eingebrachte Sauerstoff lässt sich auf weite Strecken im Unterwasser nachweisen.
· Eine Wirtschaftlichkeitsbetrachtung der Twisteseeanlage zeigt für unterschiedliche Szenarien exemplarisch die Bereiche der wirtschaftlichsten Belüftungsvarianten.
· An den untersuchten Anlagen traten keinerlei Betriebsprobleme bei Einsatz der Turbinenbelüftung auf, es ist eher eine Verbesserung der Laufeigenschaften festzustellen.
· Aus den Ergebnissen ließ sich ein Entscheidungsbaum zur Belüftungsstrategie entwickeln. In diesen sind ökologisch begründete aber noch nicht gesetzlich festgelegte Qualitätsziele als Empfehlung eingearbeitet.
· Die Turbinenbelüftung könnte, wie andere Verfahren zur Sauerstoffanreicherung, auch zum Abbau von schädlichen Sauerstoffübersättigungen eingesetzt werden.
· Bezüglich der Sauerstoffübersättigung in Fließgewässern besteht Handlungsbedarf, besonders im Hinblick auf das Projekt Lachs 2000.
Durch Probleme mit den Genehmigungsbehörden im ersten Jahr und der für das Vorhaben äußerst ungeeigneten Witterungslage im zweiten Jahr konnte das Projekt leider nicht in dem geplanten Umfang durchgeführt werden. Die erzielten Ergebnisse sind jedoch ausreichend, so dass fundierte Aussagen getroffen werden konnten. In einigen Punkten besteht weiterhin Forschungsbedarf, insbesondere im Hinblick auf den Abbau von Sauerstoffübersättigungen durch geeignete Maßnahmen.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Der Abschlussbericht wird in der Schriftenreihe des Fachgebiets als Materialienband veröffentlicht. Weiterhin ist eine Publikation in einer einschlägigen Fachzeitschrift geplant.


Fazit

Die Turbinenbelüftung kann eine guten Beitrag zur Verbesserung des Sauerstoffhaushalts liefern. Sie ist dabei in weiten Bereichen wirtschaftlicher einsetzbar als andere Verfahren. Bei den untersuchten Anlagen ist die Belüftungsleistung jedoch nicht in allen denkbaren Fällen ausreichend, so dass teilweise zusätzliche Maßnahmen erforderlich sind. Außerdem muss der Problematik der Sauerstoffübersättigung mehr Beachtung geschenkt werden.

Übersicht

Fördersumme

96.327,39 €

Förderzeitraum

12.07.1994 - 05.06.1998

Bundesland

Hessen

Schlagwörter

Klimaschutz
Naturschutz
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik