Projekt 03146/01

Teilflächenbezogene Unkrautbekämpfung zur Reduzierung des Herbizideinsatzes auf der Grundlage von Unkrautverteilung und Bodeneigenschaften

Projektträger

Julius Kühn-InstitutInstitut für Pflanzenschutz in Ackerbau und Grünland
Messeweg 11-12
38104 Braunschweig
Telefon: 0531/299-3904

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Bei der Applikation von chemischen Unkrautbekämpfungsmitteln (Herbizide) wird üblicherweise eine möglichst gleichmäßige Verteilung der Spritzbrühe auf dem Feld angestrebt. Viele Untersuchungen zeigen jedoch, daß Unkräuter auf Ackerflächen nicht homogen verteilt sind. Unter dieser Voraussetzung ist eine Ganzflächenbehandlung mit Herbiziden ökologisch und ökonomisch nachteilig. Ziel der Untersuchungen war es daher, auf der Grundlage von Feldbeobachtungen, Luftbildinventuren, Unkrautkartierungen und Bodenuntersuchungen ein teilschlagorientiertes Herbizid-Behandlungskonzept zu entwickeln. Aus den Daten der Unkrautverteilung sollte anhand von Fallbeispielen abgeleitet werden, welcher Flächenumfang auf der Grundlage von Unkrautschadensschwellen und Bodeneigenschaften mit Herbiziden tatsächlich behandelt werden müßte. Es sollte gezeigt werden, daß mit diesem Behandlungskonzept eine Reduzierung des Herbizideinsatzes in der Praxis möglich ist.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDie Untersuchungen wurden auf ackerbaulich genutzten Flächen in Niedersachsen und Sachsen-Anhalt durchgeführt. Die Schläge unterschieden sich hinsichtlich Bodentyp und -art, Größe sowie der Fruchtfolge. Ferner wiesen die Ackerschläge verschiedene Unkrautverteilungsmuster auf. Auf allen Schlägen wurde die Unkrautverteilung anhand von Grob- und Detailkartierungen erfaßt. Dabei wurden Rasterpunkte mittels satellitengestützter Positionsbestimmung (DGPS = Differential Global Positioning System) eingemessen, um so die räumliche Verteilung der Verunkrautung zu lokalisieren und eine spä-tere punktgenaue Unkrautbekämpfung durchführen zu können. Mit dem geographischen Informationssystem (GIS) PC-ARC/INFO wurden Unkrautkarten erstellt.
Ergänzend zur Unkrautkartierung wurde eine Erfassung der Verunkrautung mittels Luftbildinventuren durchgeführt. Es wurden Farb- und Infrarotfilme verwendet. Die Terminierung der Luftbildflüge orientierte sich an den Entwicklungsstadien der Kultur- und Unkrautpflanzen. Die Auswertung des Luftbildmaterials erfolgte visuell und nach einer Digitalisierung der Aufnahmen mittels computergestützter Bildbearbeitung und -auswertung.
Auf der Grundlage der Unkraut- und Bodendaten wurden anhand von Fallstudien Herbizidapplikationen teilflächenspezifisch durchgeführt und die Ergebnisse ökologisch und ökonomisch bewertet.


Ergebnisse und Diskussion

Die Acker-Kratzdistel (Cirsium arvense) wurde aufgrund ihrer vegetativen Vermehrungsfähigkeit und ihrer zunehmenden Bedeutung in Sachsen-Anhalt in den Mittelpunkt der Untersuchungen gestellt. Die besten Ergebnisse der Luftbildflüge wurden nach Auflaufen der Zuckerrübe (Mitte/Ende Mai) und im Gelbreifestadium des Getreides (Mitte/Ende Juli) erzielt. Der hohe Farbkontrast ermöglichte eine gute Erkennbarkeit der Acker-Kratzdistelnester auf den Farbluftbildern in den genannten Zeiträumen. Für Acker-Kratzdistel waren Sproßdichten von 150 m-2 erforderlich, ab denen eine sichere Differenzierung im Luftbild möglich war. Die im nahen Infrarot sensibilisierte Filmemulsion kann zu einer Kontraststeigerung beitragen. Bei den Luftbildflügen konnte ferner eine Verunkrautung mit Acker-Fuchsschwanz (Alopecurus myosuroides) und Gemeiner Quecke (Agropyron repens) vor der Bekämpfungsmaßnahme in Zuckerrüben erfaßt werden. Jedoch sind für die erfolgreiche Abgrenzung hohe Besatzdichten (z. B. Acker-Fuchsschwanz: mittlere Besatzdichte 180 Pfl. m-2) und eine geringe Kulturpflanzengröße erforderlich. Nach der Bekämpfungsmaßnahme trugen Veränderungen des phänologischen Zustands der Nutz- und Unkrautpflanzen zu einer Erkennung von den Bestand überragender Spätverunkrautung in Wintergetreide und Zuckerrübe bei. Die Unkrautkartierung mittels Luftbild kann somit Hinweise auf Befallsschwerpunkte geben und für die Ausweisung von besonders zu behandelnden Teilflächen genutzt werden. Es ergeben sich insbesondere Einsatzmöglichkeiten bei der Erfassung mehrjähriger Unkräuter in Zuckerrüben oder abreifendem Getreide.
Sowohl die Acker-Kratzdistel als auch die monokotyle und dikotyle Gesamtverunkrautung bildeten mehr oder weniger ausgeprägte Befallsschwerpunkte auf den Ackerschlägen. In vielen Fällen konnten die Verteilungsschwerpunkte des Vorjahres bestätigt werden. Allerdings wichen die 1996 ermittelten Populationsdichten erheblich von den 1995 kartierten ab. Ebenfalls waren Unterschiede in der Artenzusammensetzung festzustellen. Als Ursachen für diese Unterschiede in der Abundanz und im Artenspektrum lassen sich u. a. vom Vorjahr abweichende Witterungsbedingungen und Fruchtwechsel anführen. Anhand von Vergleichskartierungen in den Jahren 1994, 1995 und 1996 konnten Aussagen hinsichtlich der Ortsstabilität der Acker-Kratzdistelnester getroffen werden. Auch bei wechselnder Kultur zeigten die Distelnester eine weitgehende Ortsstabilität. Es wurden weiterhin statistische Verrechnungen zur Aufdeckung von Koinzidenzen zwischen Bodeneigenschaften und Unkrautverteilung durchgeführt.
In den 1995 und 1996 durchgeführten Fallstudien zur teilflächenbezogenen Distelbekämpfung in Zuckerrüben und Winterweizen konnte das hohe Herbizideinsparungspotential einer Teilflächenbehandlung bestätigt werden. Auf der Grundlage der ermittelten Unkrautverteilung war eine Herbizidapplikation nur auf 51 bzw. 21 % der Gesamtfläche erforderlich. Anhand der Ergebnisse der Bodenanalytik wurde die Austragsgefährdung von Herbiziden für ausgewählte Versuchsstandorte ermittelt. Auf der Grundlage dieser Ergebnisse konnte eine Einteilung von Schlägen in Teilflächen mit unterschiedlicher Austragsgefährdung erfolgen.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Ergebnisse des Projektes wurden auf einem Workshop der Universität Hohenheim und anläßlich weiterer nationaler und internationaler Konferenzen zu Fragen der Unkrautbekämpfung vorgetragen und diskutiert. Für 1997 ist die Teilnahme an der ersten European Conference on Precision Agriculture vorgesehen. Im Juni 1997 wurden die Forschungsergebnisse auf einer Pressekonferenz einer breiten Öffentlichkeit bekannt gemacht. Für September 1997 ist die Teilnahme an einer Innovationsmesse in Leipzig vorgesehen.

NORDMEYER, H., HÄUSLER, A., NIEMANN, P. (1996): Weed mapping as a tool for patchy weed control. 2. International Weed Control Congress, Kopenhagen, 1996, 119-124.
HÄUSLER, A., NORDMEYER, H., NIEMANN, P., WITTMANN, CHR., HINTZSCHE, E. (1996): Möglichkeiten der Unkrauterkennung mittels Luftbild. KTBL-Arbeitspapier 236, 101-112.
NORDMEYER, H., HÄUSLER, A., NIEMANN, P. (1997): Patchy weed control as an approach in precision farming. Proceedings 1st European Conference on precision farming, Warwick, im Druck.


Fazit

Aufgrund der inhomogenen Verteilung der Unkräuter ist eine kleinräumig differenzierte Bekämpfung grundsätzlich sinnvoll. Ein besonderes Problem stellt dabei die zeitaufwendige Unkrautkartierung dar. Der jährliche Informationsbedarf läßt sich in bestimmten Fällen durch Luftbildauswertung und Erstellung von Datenpools reduzieren. Das Teilschlagkonzept leistet aus wissenschaftlicher Sicht im Bereich der Unkrautbekämpfung einen Beitrag zur Umweltentlastung, ohne daß Ertragseinbußen zu befürchten sind. Allerdings erfordert die Umsetzung des Konzeptes vom Landwirt fundiertes Fachwissen, die Bereitschaft, zusätzlich Zeit zu investieren, sowie die Investition in zusätzliche Technik. Insgesamt ist zu erwarten, daß die Bedeutung der teilflächenspezifischen Unkrautbekämpfung im Rahmen einer teilflächenspezifischen Landbewirtschaftung langfristig zunimmt.

Übersicht

Fördersumme

136.105,90 €

Förderzeitraum

01.09.1994 - 28.02.1997

Bundesland

Niedersachsen

Schlagwörter

Landnutzung
Naturschutz
Ressourcenschonung
Umweltkommunikation