Projekt 02540/01

Maßnahmen und Verfahren zur Minderung der Lachgasfreisetzung auf Niedermoorstandorten Nordostdeutschlands

Projektträger

Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung(ZALF) e. V.Institut für Ökophysiologie derPrimärproduktion
Eberswalder Str. 84
15374 Müncheberg
Telefon: 033432/82-326

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Die in Nordostdeutschland weit verbreiteten, stickstoffreichen Niedermoore (425000 ha) stellen möglicherweise eine bislang unterschätzte Quelle für das klimarelevante Spurengas Lachgas (N2O) dar. Als Folge der in den letzten 30 Jahren stark intensivierten Nutzung dieser Standorte (u. a. tiefgreifende Entwässerung) kam es zu einer starken Beschleunigung der im Moorkörper ablaufenden N-Umsatz- und -austragsprozesse. Vor dem Hintergrund des gravierenden Strukturwandels der landwirtschaftlichen Produktion Nordostdeutschlands ergeben sich für das Projekt folgende Zielstellungen: 1. Niedermoorböden hinsichtlich ihrer Bedeutung als N2O- Quelle zu analysieren, 2. Richtlinien für die Gestaltung von extensiven Moorbewirtschaftungsverfahren mit verminderter N2O-Freisetzung abzuleiten.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenMethodik: In-Situ-Messungen zum längerfristigen Verlauf der Lachgasfreisetzung auf etablierten Feldversuchen zur umweltschonenden (extensiven) Bewirtschaftung von Niedermoorböden. Es wurden folgende, repräsentative Standorte ausgewählt: 1. Rhin-Havelluch (Brandenburg, flachgründiges Moor), 2. Friedländer Große Wiese (Land Mecklenburg-Vorpomm., tiefgründiges Moor). Zur Quantifizierung der aktuellen Lachgasfreisetzung dient die Soil-cover-Methode (Ermittlung der zeitlichen Veränderung in der Lachgaskonzentration unter geschlossenen Gassammelhauben mit Hilfe gaschromatografischer Analysesysteme). Parallel dazu erfolgt die Erfassung weiterer wichtiger Parameter (Boden, Pflanzen Witterung).
Arbeitsschritte: 1. Erprobung und Überprüfung eines Verfahrens zur präzisen Messung der Lachgasfreisetzung auf Basis der Soil-cover-Methode. 2. Ermittlung des Einflusses wichtiger Standortfaktoren (Boden und Witterung) und der Intensität der Bewirtschaftung ( N-Düngung, Weide- und Mähnutzung, Wiedervernässung) auf den Verlauf der Lachgasfreisetzung auf Niedermoorböden. 3. Bestimmung weiterer Bilanzgrößen des ober- und unterirdischen N-Austrages auf ausgewählten Meßplätzen (15N-Tracertechnik). 4. Ableitung von Schlußfolgerungen für die Gestaltung von Bewirtschaftungsverfahren, die zur Verminderung des Lachgasaustrages beitragen.


Ergebnisse und Diskussion

Die landwirtschaftlich genutzten Niedermoore Nordostdeutschlands erwiesen sich als vergleichsweise kräftige Lachgasquelle (Spitzenwerte bis zu 2772 µg N2O-N*m-2*h-1) mit erheblicher regionaler Relevanz. Sie sind nach einer ersten, auf Grundlage der ermittelten Resultate vorgenommenen Grobabschätzung mit einer summarischen Fluxrate von ca. 3125 t N2O-N*a-1 überproportional hoch, d. h. mit ca. 5,7%, an der durch die deutsche Landwirtschaft induzierten Lachgasemission beteiligt. Die jährlichen Lachgasfluxraten unterlagen einer sehr deutlichen Beeinflussung durch Art und Intensität der Nutzung. Vor allem frisch entwässerte Standorte (bis zu 26,9 kg N2O-N*ha-1*a-1) und Niedermoorgrasland mit sehr hohen mineralischen oder organischen (Rinderharn) N-Gaben erwiesen sich als starke Lachgasquellen (7,2-15,7 kg N2O-N*ha-1*a-1). Dagegen bewirkte extensive Grünlandnutzung nur einen geringfügigen Anstieg der Fluxraten (1,2-5,3 kg N2O-N*ha-1*a-1). Wiedervernässung hatte eine weitere starke Verringerung der Lachgasfreisetzung zur Folge (0,1-0,8 kg N2O-N*ha-1*a-1). Aus diesen Befunden leitete sich der Schluß ab, daß es bei konsequenter Anwendung emissionsmindernder Maßnahmen möglich sein sollte, die Lachgasfreisetzung aus nordostdeutschen Niedermooren deutlich zu reduzieren. Hierbei wird empfohlen, wie folgt vorzugehen:
1. Wiedervernässung (dauerhafte Überflutung, keine Wechselfeuchte !) von stark degradierten Standorten im Zuge der Niedermoorregeneration. Mit dieser Maßnahme wird die Lachgasemission am deutlichsten reduziert.
2. Niedermoorstandorte, die für eine Rücküberflutung nicht in Frage kommen, sollten bei möglichst gleichbleibend niedrigem Grundwasserstand als extensives Grünland bei mäßiger N-Düngung genutzt werden, wobei die Mähnutzung offenbar weitaus stärker als die Weidenutzung zur Minderung der Lachgasfreisetzung beiträgt.
3. Zur Vermeidung der häufig durch N-Düngung induzierten Emissionspeaks ist es notwendig und möglich, die Düngerapplikation auf das Frühjahr zu beschränken, denn nur in diesen Zeitraum enthält der relativ kalte, durch geringe mikrobielle Aktivität gekennzeichnete Moorkörper geringe Vorräte an leicht verfügbaren Boden-N.
4. Auch das Verhindern des Umbruches von Moorgrünland trägt neben der damit erreichten Verzögerung des Moordegradation zur Verminderung des Lachgasfreisetzung bei.
5. Da vor allem frisch entwässerte Niedermoore extrem starke Lachgasquellen darstellen, ist es nicht nur aus Gründen des Naturschutzes dringend geboten, auch die geringe Zahl noch ungestörter Niedermoore vor Grundwasserabsenkungen zu bewahren.
Exakte Einschätzungen zum Einfluß der Moornutzung auf die Lachgasemission werden jedoch durch extrem hohe zeitliche und räumliche Variabilität der Fluxraten stark erschwert. Wie mit Hilfe von gezielten Modellexperimenten (u. a. 15N-Tracerstudien) nachgewiesen werden konnte, ist die Ursache dafür in der komplexen Interaktion von Art und Intensität der Niedermoornutzung mit einer Vielzahl weiterer Faktoren wie der Witterung (insbesondere Frostperioden), dem Grad der Moordegradierung, der Pflanzenentwicklung sowie den C/N-Transformations- und -austragsprozessen im Moorkörper zu suchen. 15N-Bilanzexperimente machten zudem deutlich, daß die Lachgasemission nur eine geringen Anteil (ca. 1-3%) an den düngerbürtigen N-Verlusten auf Niedermoorgrünland hatte. Der größte Teil der Dünger-N-Verluste (zwischen 31 und 47% der applizierten N-Menge) war offensichtlich auf die im Verlauf der mikrobiellen Denitrifikation erfolgten Bildung von N2 zurückzuführen. Dies zeugt von einer hohen Dynamik der in entwässerten Niedermooren ablaufenden N-Umsetzungsprozesse.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Die im Rahmen der Bearbeitung dieses Projektes erzielten Resultate wurden wie folgt der Öffentlichkeit mitgeteilt:
Anzahl der zur Thematik in Fachzeitschriften erschienenen Veröffentlichungen: 30
Anzahl der zur Thematik vor Fachpublikum dargebotenen Vorträge/Posterpräsentationen: 41
Anzahl der zur Thematik in Massenmedien dargebotenen Präsentationen: 2


Fazit

Die Untersuchungen bestätigten die Vermutung, daß es sich bei den landwirtschaftlich genutzten Niedermooren Nordostdeutschlands um Lachgasquellen von erheblicher regionaler Bedeutung handelt. Es konnte aber auch deutlich gemacht werden, daß es umweltschonende Verfahren und Maßnahmen der wirtschaftlichen Nutzung von Niedermooren gibt, die eine effiziente Verminderung der Lachgasfreisetzung aus diesen Standorten bewirken.
Eine exakte Abschätzung der tatsächlichen Klimawirksamkeit gegenwärtiger und zukünftiger Formen der Moornutzung setzt jedoch die Berücksichtigung ihres Einflusses auf die Emission anderer wichtiger Treibhausgase wie Methan und Kohlendioxid sowie der an der Bildung und Transport von Spurengasen auf Niedermooren beteiligten Prozesse und Faktoren voraus.

Übersicht

Fördersumme

295.317,08 €

Förderzeitraum

01.11.1994 - 31.12.1997

Bundesland

Alte und Neue Bundesländer

Schlagwörter

Alte und Neue Bundesländer
Klimaschutz
Landnutzung
Naturschutz
Ressourcenschonung
Umweltforschung
Umwelttechnik