Projekt 01611/01

Untersuchungen über die ökotoxikologische Wirkung von mit dem Flüssigmist auf landwirtschaftliche Nutzflächen ausgebrachten Resten von Reinigungs- und Desinfektionsmitteln aus der Tierhaltung im Hinblick auf Boden und Grundwasser

Projektträger

Universität HohenheimInstitut für Tiermedizin und Tierhygiene
70574 Stuttgart
Telefon: 0711/459-2427

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Die Desinfektion von Stallungen und tierischen Abgängen ist in der Tierseuchenbekämpfung eine unbedingte Notwendigkeit. Im Seuchenfall müssen u.U. große Mengen an Flüssigmist zur Verhinderung einer Verbreitung der Infektion vor deren Ausbringung auf landwirtschaftliche Nutzflächen einer, meist chemischen Desinfektion unterzogen werden. Über die Auswirkung der Ausbringung von mit Desinfektionsmitteln versetzter Gülle auf Boden und Pflanzenwuchs gibt es nur in ganz geringem Umfang Untersuchungen. Diese Arbeit soll darüber hinaus Informationen darüber geben, ob routinemäßig zur Stalldesinfektion eingesetzte Mittel über die Gülle negative Folgen in der Umwelt hervorrufen können.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenZur Klärung der o.g. Problematik ist das Forschungsvorhaben in die zwei Bereiche Feldversuche und zusätzliche Laborversuche unterteilt.
Inwieweit die Zugabe von Desinfektionsmitteln zur Gülle bzw. Gülle an sich eine toxische Auswirkung im speziellen auf die Bodenfauna hat, wurde im Freiland auf Dauergrünlandparzellen unterschiedlicher Größe und an vier verschiedenen Standorten getestet. Neben den Desinfektionsmitteln Formaldehyd, Ätznatron, Kalkhydrat und Peressigsäure wurde ein handelsübliches Reinigungsmittel eingesetzt. Die Beprobung erfolgte nach der Ausbringung vom Frühjahr bis zum Herbst in immer größer werdenden Zeitabständen mit einem speziellen Probennehmer aus den Tiefen 0-2 cm und 8-10 cm. Die auf den Versuchsflächen eingeholten Bodenproben wurden im Labor auf ihre bodenbiologische Aktivität hin untersucht. Zur Anwendung kamen als Biotest der Leuchtbakterientest und als Maß für die Mikroorganismentätigkeit die Bestimmung der Dehydrogenaseaktivität und der CO2-Bildung. Um etwas über die Auswirkung auf die Makrofauna zu erfahren, wurden zusätzlich auf den Parzellen die Regenwürmer im Frühjahr und im Herbst quantitativ erfaßt.
Zur Prüfung der akuten Toxizität der eingesetzten Substanzen wurden im Labor zwei unabhängige Testsysteme, nämlich der Regenwurmtest mit dem Kompostwurm Eisenia foetida nach OECD-Richtlinie Nr. 207 und der Leuchtbakterientest nach Dr. Lange, angewandt.


Ergebnisse und Diskussion

Die Dehydrogenaseaktivität (TTC-Reduktion) soll den Einfluß der Behandlung der Prüfparzellen auf die Mikroorganismen zeigen. Die Werte der mikrobiologischen Aktivität in der Bodenschicht von 8 - 10 cm sind dabei einheitlich niedriger als die Werte aus der Streuschicht von 0 - 2 cm.
Die Ergebnisse aus den Versuchen zur Bodenatmung beziehen sich wie bei der Dehydrogenaseaktivität auf die Mikroorganismentätigkeit. Auch hier gibt es vorallem Unterschiede zwischen den Schichten, aus denen die Bodenproben stammen.
Vor den Freilandversuchen wurden im Labor mit dem Leuchtbakterientest die EC-50 -Werte der eingesetzten Desinfektionsmittel erfaßt. Der EC-50-Wert gibt dabei an, welche Konzentration in Prozent der einzelnen Mittel das bakterielle Leuchten um genau 50% hemmt. Formalin liegt hier bei 0,0016%, PES 15 bei 0,0001%, NaOH bei einem Schwellenwert von 0,1%.
Die Ergebnisse des Leuchtbakterientests mit Bodenproben von den Feldversuchen schwanken in Bereichen, die auch in der Literatur beschrieben sind. Dabei gilt zu beachten, daß für einzelne Werte enorme Schwankungsbreiten (-20 %) gegeben sind. Die Ergebnisse der Feldversuche zeigen eine geringe Toxizität der Desinfektionsmittel im Boden. Der mit dem Desinfektionsmittel behandelte Flüssig-mist wird nach der Ausbringung durch Niederschläge verdünnt. Stark flüchtige Desinfektionsmittel gehen teilweise in die Gasphase über. Außerdem kann eine Bindung an Bodenaggregate, sowie eine Zersetzung in Metabolite erfolgen. Diese Faktoren tragen dazu bei, daß die Toxizität im Boden stark abnimmt. Bei keiner Probe konnt der EC-50-Wert gemessen werden.
In der Laborprüfung zur Ermittlung der akuten Toxizität nach OECD-Richtlinie Nr. 207 zeigen sich Unterschiede zwischen den verwendeten Bodenarten arificial soil und LUFA-Boden 2.3. Beim lehmigen LUFA-Boden 2.3 reagieren die eingesetzten Tiere empfindlicher auf das jeweilige Desinfektionsmittel, bzw. Reinigungsmittel als beim künstlichen Substrat.
Die bisher erfaßten Daten zum Regenwurmfreilandversuch lassen keine Tendenz bezüglich der Schädigung durch die eingesetzten Mittel erkennen.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Böhm, R., Schamper, B. , Beck, A. (Stuttgart): Ökotoxikologische Untersuchungen zur Desinfektionsmittelanwendung im Tierseuchenfall. Bericht des 21. Kongreßes der Deutschen Veterinärmedizinischen Gesellschaft DVG in Bad Nauheim vom 21. bis 24. März 1995, Teil 2: Poster


Fazit

Die Labor- und Freilandversuche ergaben, daß der Leuchtbakterientest als abwasserrelevanter Biotest nicht sensibel genug für die Bodenprüfung ist. Die Dehydrogenase- Aktivität und die Bodenatmung dienen der Ermittlung der mikrobiellen Aktivität. Die Erfassung der Regenwurmpopulation soll die Auswirkung auf die Makrofauna wiedergeben.
Keines der eingesetzten Mittel erzielte einen so starken Effekt, daß die Werte nicht mehr tolerierbar wären.
Obwohl begleitende chemische Analysen zeigten, daß Formaldehyd noch nach vier Monaten Lagerung nachweisbar war, konnten keine längerfristigen graviereden ökotoxikologischen Schäden nachgewiesen werden.
Kalkmilch ist ökologisch am unbedenklichsten zu bewerten, sie dient gleichzeitig als Dünger für leicht saure Böden.
Beim Reinigungsmittel ist zu beachten, daß nach gründlichem Einweichen des Schmutzes sparsam dosiert werden sollte.
An durch Industrie und Verwaltung umsetzbaren Ergebnissen ist festzuhalten: Es besteht kein Grund aus ökotoxikologischen Gründen auf die tierseuchenrechtlich vorgeschriebenen Desinfektionsmaßnahmen zu verzichten oder diese nur eingeschränkt durchzuführen. Zur Erfüllung der Vorgaben der Biozid-Richtlinie der EU im Hinblick auf die Auswirkung von Bioziden auf Nichtzielorganismen sind für Mittel zur Reinigung und Desinfektion in der Tierhaltung ökotoxikologische Testverfahren mit aquatische Organismen nicht geeignet. Derzeit kaum nur die Prüfung des Dehydrogenase-Aktivität und der Bodenatmung in diesem Zusammenhang empfohlen werden.

Übersicht

Fördersumme

204.567,88 €

Förderzeitraum

01.09.1993 - 28.02.1996

Bundesland

Baden-Württemberg

Schlagwörter

Landnutzung
Ressourcenschonung
Umwelttechnik