Projekt 01604/01

Modellvorhaben: Innovative Analyse- und Dokumentationsverfahren zur Erarbeitung von Therapiekonzepten im Bereich der umweltgeschädigten Wandmalereien in der Stiftskirche Königslutter

Projektträger

Bezirksregierung BraunschweigBraunschweigischer VereinigterKloster- und Studienfonds
Hennebergstr. 14
38102 Braunschweig
Telefon: 0531/484-4690

Zielsetzung und Anlass des Vorhabens

Belastungen historischer Innenräume und dazugehörender Ausstattungsteile stellen ein essentielles denkmalpflegerisches Problem dar: Feuchteinflüsse, Lichteinwirkungen, Schwankungen des Raumklimas, vor allem aber auch Einflüsse von Luftverunreinigungen erzeugen komplexe Umgebungsbedingungen, worauf Objekte und Materialien empfindlich reagieren. Die verschiedenen Entstehungsfaktoren, insbesondere das spezifische Schadenspotential und die Umwelteinflüsse, müssen bei der Vorbereitung und Durchführung von Erhaltungsmaßnahmen berücksichtigt werden. Dabei gilt es, bisweilen sehr heterogene Informationen zu erfassen, zu vernetzen und in der Regel interdisziplinär auszuwerten.
Die Entwicklung und Überprüfung von innovativen Verfahren für die Erfassung aller Schadenskomplexe wurde in einem Modellvorhaben von 1994-97 an der als Kulturdenkmal von besonderen Rang geltenden Stiftskirche in Königslutter durchgeführt. Da die Stiftskirche als potentieller Träger von vielfältigen Umweltbelastungen im industriell verdichteten Raum galt, entschied sich das Niedersächsische Landesamt für Denkmalpflege für eine tiefgreifende Dokumentation und Analyse aller vorhandenen Schäden und ihrer Entstehungszusammenhänge. Ein besonderes Augenmerk richtete man dabei auf umweltbedingte Probleme der Innenraummalerei.


Darstellung der Arbeitsschritte und der angewandten MethodenDie Wandmalereien der romanischen Stiftskirche stellen das hervorstechende Moment und zugleich ein Charakteristikum für historisierende Ausmalungen von Kirchenräumen im ausgehenden 19. Jahrhundert dar. Zu Beginn des Projektes im Jahr 1992 zeigten sie gravierende Beschädigungen in Form von Salzausblühungen, Farbveränderungen und auffallender mikrobieller Besiedlung, die auf Beeinträchtigungen auch der unterliegenden mittelalterlichen Substanzen schließen ließen.
In einem ersten Arbeitsschritt galt es, sämtliche Primärquellen zur Nutzung- Umbau- und Restaurierungsgeschichte des Objektes zusammenzutragen und für weiterführende Untersuchungen aufzubereiten. Innerhalb dieser Phase der Anamnese wurden vor allem auch die Unterlagen, die den Bauzustand vor den letzten Instandsetzungen und die statischen Sicherungsmaßnahmen dokumentierten, archivarisch erfasst und ausgewertet. Die detaillierte kunsthistorische Erfassung der Wandmalereien sowie die Anlage eines Raum-Orientierungssystems gehörte ebenfalls in diese erste Arbeitsphase.
In einer darauffolgenden, gemeinsamen Anamnese zwischen Naturwissenschaftlern und Restauratoren wurden die wichtigsten Parameter zur Lage des Objektes, essentielle Klimadaten, Jahresniederschlag, Immissionen und Heizung erfasst und ausgewertet. In diese Phase gehörte ebenfalls die kartierende Untersuchung und Aufnahme von Schadensbildern an den historischen Wandmalereien. Auf diese Weise gewann man in einem ersten Diagnoseschritt einen Überblick über die Verteilung und Häufigkeit der vorhandenen Defekte.


Ergebnisse und Diskussion

Ein hervorzuhebendes Resultat aus der Erhebung der klimatischen Umweltbedingungen war die Feststellung, dass die Lage Königlutters an der Spitze des Elms in einer Talsenke für die mit dem Wind transportierten Emissionen von nicht zu unterschätzender Bedeutung sind. Besondere Schadstoffe führen die meist von Westen, aber auch häufig von Süd-Osten kommenden Niederschläge mit sich. Aufgrund der Ergebnisse konnte vermutet werden, dass Schäden an den Wandmalereien im Innenraum aufgrund der Diffusion von Schadstoffen durch die Kirchenwände unter anderem aus der hohen Luftbelastung resultierten, die in dem industriell verdichteten Raum in Südost-Niedersachsen verursacht werden.
Als Ergebnis der im Anschluss an die Schadenskartierung durchgeführten mikrobiologischen Untersuchung der Malschichten bleibt festzuhalten, dass sich ein Zusammenhang zwischen Luftbelastungen in der Kirche und dem biogenen Befall der Ausmalung feststellen ließ. Dieser war besonders in wenig belüfteten Feuchtbereichen des Innenraumes zu beobachten.


Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation

Die Ergebnisse wurden in einem am 22. April 1996 in Braunschweig stattfindenden Fachseminar durch die jeweiligen Bearbeiter vorgestellt. Weiterhin sind die Projektresultate in folgender Publikation dokumentiert: Der Kaiserdom in Königslutter - Ein Kulturdenkmal auf dem Prüfstand, Interdisziplinäre Service-Leistungen der Denkmalpflege an einem national bedeutenden Kunstwerk, Hannover 1996


Fazit

Nicht zuletzt infolge einer iterativ aufgebauten und straff durchgeführten Arbeitssystematik des Untersuchungsprojektes wurde es möglich, im Rahmen einer integralen Objekterfassung wichtige Erkenntnisse über den Baukörper, dessen Umfeld und die wandmalereitragenden Kernbereiche zu gewinnen. Die ge-wonnenen Resultate wurden im Rahmen interner Bildungsveranstaltungen und Fachdiskussion fortgeschrieben und verdichtet. Als hervortretendes Moment wurde dabei von allen Seiten die Notwendigkeit einer behutsamen Stabilisierung des Raumklimas durch einen entsprechenden Regelmechanismus von Feuchtigkeit und Temperatur betont. Dieser Mechanismus müsse so angelegt sein, dass das Innenraumklima nicht durch kurzfristige Einwirkungen von außen beeinflusst werden kann.Aus dem Projekt konnten weitere, für die Baupflege der Kirche notwendige Arbeitsschritte für ein Erhaltungskonzept abgeleitet werden. Dazu gehört die ständige Korrelation von Problemen des Außenbaues mit denen des Kircheninnern, als auch die fortlaufende detaillierte messtechnische Erfassung der Feuchtenbelastung im Mauerinnern. Darüber hinaus werden die innerhalb des Projektverlaufes deutlich gewordenen Schadensparameter durch ein gründliches Langzeit-Monitoring kontinuierlich beobachtet und dokumentiert.
Umweltbelastungen auf Kulturgüter im Innenraum wurden bis dato wenig berücksichtigt. Innerhalb des Untersuchungsprojektes bestätigte sich, dass diese ganz erheblich sind. Sie bilden mit anderen Einflussfaktoren ein kritisches Schädigungspotential.

Übersicht

Fördersumme

102.258,38 €

Förderzeitraum

09.09.1994 - 10.07.1997

Bundesland

Niedersachsen

Schlagwörter

Kulturgüter
Umweltkommunikation